Zur theologischen Begründung von Autorität und Gehorsam bei P. Josef Kentenich
- Robert Zollitsch –
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Wer Autorität und Gehorsam in einer Zeit, in der sie vielen fragwürdig geworden sind, neu darstellen und im Leben vertieft verwirklichen will, muss über deren theologische Begründung bewusst reflektieren. P.J. Kentenich tut dies, indem er die katholisch-kirchliche Tradition befragt, sie in seine Synthese einbaut[1] und neu zu aktualisieren versucht. Angesichts dieses Anspruchs soll im Folgenden der Begründung von Autorität und Gehorsam bei P.J. Kentenich im Blick auf die theologischen Begründungen der kirchlichen Tradition und gegenwärtiger Theologie nachgegangen werden.
I. Die Gehorsams- und Autoritätsauffassung P.J. Kentenichs und deren Begründung
1. P.J. Kentenich umschreibt sein Gehorsamsverständnis im Blick auf das Leben folgendermaßen? "Gehorsam ist die liebebeseelte, vorsehungsgläubige Hingabe an den göttlichen Willen, wie er sich in den Geboten Gottes, in den Führungen und Fügungen des Lebens und in den Menschen kundtut. Es ist die einzig mögliche Haltung, die dem Geschöpfe seinem Schöpfer und dem Kinde seinem Vater gegenüber geziemt. Es ist die Anbetung, die der Vater von ihm wünscht."[2] In dieser Umschreibung des Gehorsams durch P. Kentenich kommt seine Auffassung in ihrer umfassenden Sicht zum Ausdruck. Es dürfte gut sein, die einzelnen Elemente zu erheben:
a. Im Gehorsam geht es immer um die Erfüllung des Willens Gottes. Das ist der entscheidende Aspekt, hinter dem alles andere zurücktritt und auch zurückzutreten hat.
b. Damit erhebt sich aber sofort die Frage, wie dieser Wille Gottes vom Menschen erkannt wird. P.J. Kentenich gibt in der obigen Umschreibung drei Wege an: Die Gebote Gottes (1) die Führungen und Fügungen des Lebens (2) und die Menschen (die in Gottes Auftrag Weisungen geben).[3]
(1) Die „Gebote Gottes“: Damit sind zum einen die positiv göttlichen Gebote und Weisungen gemeint, wie sie in der positiven göttlichen Offenbarung dem Menschen gegeben sind. Zum andern gehören dazu die "Gebote Gottes", wie sie für den Menschen aus der Seinsordnung erkennbar sind. So kann P.J. Kentenich an anderer Stelle[4] statt von "Geboten Gottes" einfach von "Sein" sprechen. Der "Ordo essendi"[5] ist das erste Moment der Erkenntnis des Willens Gottes[6] und der Rahmen für die beiden anderen Wege (vor allem für den zweiten), innerhalb dessen sie für den Menschen Gottes Willen erkennen lassen.[7]
(2) Die "Führungen und Fügungen des Lebens"; Gott teilt dem Menschen seinen Willen durch die Ereignisse und persönlichen Anregungen mit.[8] Dieser Punkt korrespondiert in besonderer Weise mit dem Adjektiv "vorsehungsgläubig" in der obigen Definition und macht besonders aufmerksam auf die feinen persönlichen Hinweise Gottes im Alltagsgeschehen. Dieser Weg der Erkenntnis des Willens Gottes steht zwischen den beiden anderen (l) und (2), ist also eingebunden in sie: d.h. er ist nicht ohne die beiden anderen zu sehen und erhält meist erst durch sie seine eindeutige Auslegung. Zugleich ist er aber ein entschieden aktuelles, individuelles und dynamisches Moment auf dem Wege der Erkenntnis des Willems Gottes und von daher eine notwendige Ergänzung des Weges über die Seinsordnung bzw. die positiven Gebote Gottes.
(3) Die Kundgabe des göttlichen Willens durch Menschen. Dieser dritte Weg schaltet auf jeden Fall andere Menschen ein in die Vermittlung des Willens Gottes[9] - auch über die (immer notwendige, aber mehr) sachliche Vermittlung des ersten Weges hinaus, auf dem die Erkenntnis der "Gebote" Gottes weitergegeben wird. c. Der Gehorsam gegen Gott realisiert sich damit auch als Gehorsam Menschen gegenüber, sofern sie den Willen Gottes kundtun[10]. Hierin kommt das personale Moment der Vermittlung voll ins Spiel. Die Definition J. Kentenichs setzt zentral an, wenn sie zunächst nur vom Gehorsam Gott gegenüber spricht und den Gehorsam gegenüber den Menschen über den Weg der Erkenntnis des Willens Gottes fasst. Damit ist der Gehorsam den Menschen gegenüber eindeutig (auf Gott hin) relativiert, aber nicht übersehen. Im Gegenteil, wenn der Gehorsam gegenüber Menschen in der rechten Relation gesehen wird, kann er auch ohne Gefahren in seiner Tiefe entfaltet und gelebt werden.
d. Das personale Moment des Gehorsamsverständnisses P.J. Kentenichs kommt auch darin zum Ausdruck, dass er Gehorsam als "Hingabe an den göttlichen Willen" fasst. Es geht nicht nur um das formale Übernehmen eines fremden Willens als Maßstab des eigenen Handelns[11], sondern um die Übereignung des Menschen an Gott bzw. deren Realisierung im Gehorsam. Im Begriff Hingabe ist zugleich Sinn und Ziel des Gehorsams mit zum Ausdruck gebracht.
e. Ebenso ist auf die beiden Adjektive zu achten, durch die P. J. Kentenich die Hingabe im Gehorsam näher bestimmt: "Gehorsam ist die liebebeseelte, vorsehungsgläubiqe Hingabe an den göttlichen Willen."
(1) Wiederum ist das formale Übernehmen eines fremden Willens als Maßstab des eigenen Handelns inhaltlich mitbestimmt durch das Moment der Liebe. Sowenig zunächst Gehorsam sich unbedingt das Moment der Liebe ausspricht, so sehr sieht P.J. Kentenich in der Liebe ein Wesensmoment des religiösen Gehorsams, so dass bei ihm die oboedientia immer eine oboedientia caritate formata ist - ähnlich wie bei der fides caritate formata. „Liebebeseelt“ und "Hingabe" sind zweifellos eng aufeinander bezogen und erhellen sich gegenseitig. (2) Mit der Bestimmung „Vorsehungsgläubig“ ist ein Wesensmoment der Spiritualität P. J. Kentenichs in die Definition aufgenommen. Sie will in diesem Zusammenhang besagen, dass der Gott Gehorchende ganz darauf ausgerichtet ist, Gottes Willen ja zu erkennen und jeweils zum Maßstab seines Handelns zu machen. Damit ist auch das persönliche Bemühen um die Erkenntnis des Willens Gottes und die innere Dynamik dieses zum Ausdruck gebracht.
2. In der Begründung des Gehorsams sucht P. Kentenich alle Seiten zu berücksichtigen:
a. Der Gehorsam Gott gegenüber eine Begründung in der Seinsordnung und den entsprechenden positiven Gebote Gottes. Als Geschöpf ist der Mensch Gott, seinem Schöpfer, zum Gehorsam verpflichtet.[12] Leben und Lehre Jesu haben dies bestätigt. Sein Grundverhältnis zum Vater ist die Hingabe im Liebesgehorsam.[13] Was er in seinem Leben verwirklicht hat, hat er auch von den Seinen verlangt: "Den Willen des Vaters zu tun."[14]
b. Dies gilt aber nicht nur für den unmittelbaren Gehorsam dem Vater gegenüber, sondern auch im Blick auf den Gehorsam den Menschen gegenüber:
(1) Jesus war seinen irdischen Eltern 30 Jahre untertan und hat damit Gehorsam Menschen gegenüber gelebt. Er tat und forderte ein gleiches den irdischen Autoritäten gegenüber.[15] Desgleichen forderte er von den Menschen Gehorsam denen gegenüber, die er gesandt hat, also Gehorsam gegenüber Menschen.[16] Leben und Lehre Jesu fordern demnach den Gehorsam Menschen gegenüber.
(2) Im Verhältnis der Kinder zu den Eltern (positiv anerkannt im 4. Gebot des Dekalogs) zeigt sich exemplarisch eine Unterordnung von Menschen unter Menschen.[17] Mit Thomas v. Aquin[18] ist sich P.J. Kentenich einig, dass aufgrund der Schöpfungsordnung diese Unter- bzw. Überordnung gegeben ist. Dazu gehört auch die Einfügung des einzelnen in das übergeordnet Ganze, die Gemeinschaft, und der daraus resultierende Gehorsam.[19] Dies gilt vor allem im Blick auf die Kirche als Leib Christi und die in der Sendungsstruktur der Kirche grundgelegten Verantwortung und Bevollmächtigung des einen für die anderen, die zu Unter- und Überordnung bzw. zu Autorität und Gehorsam führt.[20]
(3) Als sekundäre Begründung fließen mit ein, dass der Gehorsam den Menschen vor der Gefahr der Selbsttäuschung schützt und vor dem zuweilen kranken und ungeordneten Eigenwillen bewahren soll.[21] Zu dieser religiös-aszetischen Begründung kommt die apostolische hinzu: Der Gehorsam sichert die hochgradige Einsatzbereitschaft im Sinne der Werkzeugshaltung.[22] und bringt die Ausrichtung aller auf das apostolische Ziel. Nicht zuletzt gehört hierher die Nachfolge des Herrn als des gehorsamen Ebed des Jahwes.[23]
(4) Den letzten metaphysischen Grund sieht P.J.Kentenich im Handeln Gottes durch Zweitursachen, in dem er das „große Weltregierungsgesetz“ sieht. Aus thomasischem Denken heraus übernimmt er unter Berufung auf Thomas v. Aquin thomistische Formulierung: "Deus operatur per causas secundas liberas."[24] Gott regiert die Welt durch die Menschen als freiwirkende Zweitursachen in seiner Hand. Dazu überträgt er ihnen (etwas) von seiner Macht. (Gesetz der organischen Übertragung.) Durch sie führt er die Menschen. Durch den Gehorsam ihnen gegenüber und die Bindung der Menschen an sie, will er (nach dem Gesetz der organischen Weiterleitung) die Menschen an sich binden und zu sich, dem ewigen Gott, hinführen.[25] Dadurch wird der Mensch, dem Gott in solcher Weise Vollmacht überträgt, zum Stellvertreter und Transparent Gottes.[26]
c. Mit dieser Begründung des Gehorsams ist auch die Autorität begründet. Aus all den genannten Gründen folgt, dass Gott bestimmte Menschen mit Autorität über andere ausgestattet hat. Das Axiom "Deus operatur per causas secundas liberas" begründet zunächst die Teilhabe an Gottes Autorität und in ihrer Konsequenz den Gehorsam diesen Menschen gegenüber. Autorität und Gehorsam sind in der Seins oder Schöpfungsordnung begründet und nicht in der Erbsünde.[27] Durch die Verstrickung der Menschen in Sünde und Schuld ergeben sich nur gewisse Formen, Gefahren, Härten und auch Grenzen dieser Struktur.
3. Die Gehorsamsauffassung P.J. Kentenichs schöpft ihre letzte Begründung aus der Metaphysik.[28] Man kann darum mit Recht bei P.J. Kentenich von einem metaphysischen Gehorsamsbegriff sprechen. Dabei darf man aber nicht übersehen, dass P.J. Kentenich in den metaphysischen Ansatz die kirchliche Gehorsamserfahrung und -tradition aufgenommen und ihn damit angereichert und ergänzt hat. Das zeigt sich bereits ansatzhaft in der eingangs zitierten Umschreibung des Gehorsams ("liebebeseelte, vorsehungsgläubige Hingabe") und wird sich durch den Vergleich mit der Tradition des kirchlichen Gehorsams deutlich erweisen.
II. Der Vergleich der Gehorsamsauffassung und -beqründung mit anderen kirchlichen Gehorsamsauffassungen
1. Die Gehorsamsauffassung J. Kentenichs enthält die entscheidenden Elemente des kirchlichen Ordensgehorsams.
a. Der Gehorsam des Mönchtums begann damit, dass ein Neuer ("Novize"), im geistlichen Leben noch wenig Erfahrener sich der Führung eines erfahrenen Mönches unterstellt zur Erlangung der evangelischen Vollkommenheit. Es war ein aszetischer Gehorsam zur Einübung in vollkommene Selbstverleugnung und zur Überwindung des fleischlichen Eigenwillens, der der Nachfolge Christi hinderlich ist. In diesen ausgesprochenen Führungsgehorsam kam das Moment der vollkommenen Nachfolge des Herrn, der dem Vater ganz gehorsam war in der vollkommenen Hingabe seiner selbst, da er gehorsam war bis zum Tode.[29] Der Führungsgehorsam war damit zugleich zu einem mystischen Gehorsam geworden. Die Weggabe seiner selbst an Gott vollzieht dabei der Mensch zeichenhaft dadurch, dass er auf sein innerstes Recht, die Selbstbestimmung, verzichtet in die Hände eines Menschen, der als Führer zu Gott zugleich als dessen Stellvertreter für ihn eingesetzt wird.[30] Das mystisch verstandene Meister-Schüler- bzw. Vater-Sohn- Verhältnis ist den alten Formen des Ordensgehorsams gemeinsam (etwa Basilius, Augustinus, Benedikt) und ist auch voll in die Gehorsamsauffassung P.J. Kentenichs aufgenommen.
b. Die Regel Benedikts betont ausdrücklich, dass der Mönch im Gehorsam Christus nachahmen solle, der zum Diener der Geringsten der Brüder geworden war. Darum gilt es, einander gegenseitig zu gehorchen. Wie man aber Christus gehorchen muss als dem Mittler zum Vater, so auch dem Abt als Stellvertreter Christi.[31] Bei aller Betonung der stabilitas loci kommt bei Benedikt dem Abt eine recht starke Stellung zu, die aber fast einseitig rechtlich gesichert zu sein scheint und weniger ebenmäßig (durch Geistpflege etwa) aus der Fülle der Vaterschaft. Man könnte sich an römisch- praktisches Denken erinnert fühlen, das sich gerne in Rechtsnormen niederschlägt. Diese mehr praktische Seite scheint auch bei Augustinus neben dem Gedanken der geistlichen Vater- bzw. Sohnschaft recht ausgeprägt zu sein, wenn er sehr stark die horizontale Begründung des Gehorsams hervorhebt: Der Gehorsam ist notwendig zur Erhaltung der Mönchsgemeinschaft, die das Leben der Gemeinde der Apostelgeschichte verwirklichen soll.[32] Hinzu kommt das Motiv des Mitleides: Der Mönch soll Erbarmen haben mit seinem Vorgesetzten angesichts dessen großer Verantwortung und ihm darum gehorchen.[33] Sowohl bei Benedikt wie auch bei Augustinus sind praktische und mystische Gründe herausgestellt. Die eigentlich theologischen Gründe bleiben im Hintergrund, die metaphysische Sicht fehlt.
c. Franziskus, zunächst der Theologie und Metaphysik und jeder rechtlichen Normierung abhold, entfaltet seinen Gehorsam ganz aus seiner Christus-Mystik heraus. Im Gehorsam soll der Bruder Christus nachfolgen. Erlösung und Heil erreichen den Menschen nur im Gehorsam, Ungehorsam ist mit Sünde gleichzusetzen. Dieser Gehorsam aber gilt nicht nur dem Vorgesetzten gegenüber, sondern jedem Bruder, jedem Menschen gegenüber, insofern in jedem Bruder, ja in jedem Menschen der Herr begegnet und seinen Anspruch anmeldet. Immer gilt die Gehorsamsforderung ganz und radikal.[34] Bei ihm taucht bereits der durch Ignatius von Loyola berühmt gewordene Vergleich mit dem Leichnam auf.[35] In der Betonung des Gehorsams den Brüdern gegenüber zeigt sich nicht nur das Demutsverständnis des hl. Franz, sondern auch seine schlichte Vorsehungsgläubigkeit, die gerade für seinen Armutsstil bestimmend war. In jedem Menschen kann Christus begegnen, auf vielfältige Weise tut Gott seinen Willen kund (nicht nur über die Oberen); darum gilt überall und jedem gegenüber Gehorsam. So kann P.J. Kentenich mit Recht sagen: "Franziskanische Art zeichnet sich durch schlichte Vorsehungsgläubigkeit aus. Die Definition spricht vom vorsehungsgläubigen Gehorsam."[36] Man könnte den franziskanischen Gehorsam wohl am besten als "mystisch-vorsehungsgläubig" charakterisieren. Die Auffassung des Franziskus hat manch unausgeglichene Züge (etwa das Verhältnis des Gehorsams zu den Oberen und des Gehorsams dem Bruder gegenüber). Die Begründung ist nicht allseitig, hebt nur einzelne Momente hervor. Solange diese nur affirmativ (und nicht exklusiv) verstanden werden im Wissen darum, dass nicht alle Seiten angesprochen sind, ist dies auch nicht gefährlich. Es kann es aber werden, wenn diese Tatsache übersehen und das mystische Ideal zum Gesetz erhoben wird. Erst eine allseitig theologisch-metaphysische. Begründung wie. bei P.J. Kentenich kann Grundlage für institutionelle Strukturen und Abgrenzung des Gehorsams (im Blick auf die Freiheit des einzelnen etwa oder Machtmissbrauch des Vorgesetzten) dringen. Das franziskanische Anliegen aber ist bei P.J. Kentenich aufgenommen, wenn er von vorsehungsgläubiger[37] Hingabe[38] im Rahmen des Gehorsams spricht.
d. Ignatius von Loyola hat eine vielfältige Begründung des Gehorsams, ohne dass man ohne weiteres sagen könnte, wo für ihn der allein zentrale Punkt liegt.
(1) Er stellt sehr stark die mystische Sicht des Gehorsams heraus: Der Obere vertritt Christus, darum ist ihm zu gehorchen, nicht um seiner Klugheit willen.[39] Das Ziel des Gehorsams aber ist die Hingabe seiner selbst an Gott, das Ganzopfer an den Herrn.[40] Der Mensch verzichtet auf sein Eigentumsrecht im Blick auf seinen Willlen, auf Selbstbestimmung[41] und bringt den eigenen Willen Gott zum Brandopfer dar[42]. Darin ist er dem Märtyrer vergleichbar[43].
(2) Zur mystischen Sicht kommt die aszetische: Der Gehorsam dient dazu, den einzelnen zur Vollkommenheit zu führen, da der Wille des einzelnen auf Irrwege geraten kann.[44] (3) Eine große Rolle spielt jedoch die strategische Begründung des Gehorsams. Nur durch vollkommene Unterwerfung des einzelnen im Gehorsam kann der Obere seinen Einfluss und Antrieb mitteilen und den Einsatz der Gemeinschaft stoßkräftig leiten. Ignatius bringt den Vergleich mit der Bewegung der Himmelskörper als faszinierendes Bild für die Lenkung der Gemeinschaft.[45] Diese hierarchische Struktur des Universums soll in der menschlichen Gemeinschaft zur Vollendung kommen.[46] Der Gehorsam sichert die Schlagkraft des Ordens und ist dazu notwendig. Dahinter steckt zweifellos ein militärisches Denken, in dem fehlerloser und unerbittlicher Gehorsam herrscht. Erst recht muss dies sein in einer "fliegenden Truppe"[47]. Da die "stabilitas loci" Benedikts wegfällt, muss alles auf die "stabilitas personae" des formalen Gehorsams gegenüber den Oberen konzentriert werden.[48] Dem hat sich auch die Freiheit des einzelnen im Interesse der Schlagkraft des Ordens unterzuordnen.[49] Die entscheidendsten Momente in der Gehorsamsbegründung des Ignatius dürften wohl das strategische und mystische Moment sein. So kann man seine Auffassung als "strategisch-mystisch"[50] bezeichnen. Gerade durch die starke Betonung des strategischen Gesichtspunktes unterscheidet er sich am meisten von den Gehorsamsauffassungen vor ihm. Von zwei Faktoren ist Ignatius besonders ergriffen: Von der Möglichkeit des Ganzopfers an Gott durch den Gehorsam und vom Führungsideal. Dieser alles durchdringenden Zieldynamik seines Denkens ordnet er alles unter. Darin liegt auch der Kern seiner Gehorsamslehre. In diesem Rahmen bringt er tiefste religiöse und psychologische Einsichten - auch in konkreter Anwendung, aber er bringt keine systematische Theologie oder ausgeglichene Metaphysik des Gehorsams.Was er an Theologie und Metaphysik des Gehorsams aufgenommen hat, ist ganz der Dynamik - der strategisch-mystischen Sicht untergeordnet und darin aufgehoben. Die letzte metaphysische Schau fehlt.[51]
e. Bei Franz von Sales werden die traditionellen Auffassungen und Begründungen aufgegriffen: Gehorsam gegenüber den Stellvertretern Gottes, Gehorsam als Einordnung in die gottverfügte Schöpfungsordnung (Gehorsam als Forderung der Gerechtigkeit), Gehorsam zur persönlichen Führung,[52] Gehorsam als Realisierung der Nachfolge Christi.[53] All das wird aber übergriffen und überformt von der Dynamik der Liebe. Bei Franz von Sales ist Gehorsam die entscheidende Realisierung der Liebe. Weil der Liebende nur den Willen Gottes zu verwirklichen sucht und gegenüber dem eigenen Willen und persönlichen Neigungen aus Erfahrung skeptisch ist, sucht er im Gehorsam die volle Annahme des Willens Gottes zu verwirklichen. Weil es aber um die Liebe und nicht um das Gesetz geht, ist nicht die Norm das Erste, sondern die Hingabe und der größere Gehorsam. Liebe und Hochherzigkeit gehören zusammen. Der Blick geht nach oben, nicht nach unten. Der Gehorsam ist der sicherste Weg zu Gott. In allem zeigt sich eine stark mystische Auffassung.[54] Die Dynamik eines Franz von Sales zieht nach oben und vermag zu befreien. P.J. Kentenich hat dies aufgegriffen in seiner Idealerziehung, im Bemühen um Hochherzigkeit, in der Übernahme der Liebe als das alles überformende Moment - bis hin zur Aufnahme des Begriffes "liebebeseelt" in die Umschreibung des Gehorsams. Seine Auffassung stimmt mit der des Franz von Sales tatsächlich soweit überein, dass man meinen könnte, er habe sie kopiert.[55] In Wirklichkeit aber hat er sie in seinen metaphysischen Ansatz integriert.[56] Doch in der alles überrollenden Dynamik der Liebe kommt bei Franz von Sales die Metaphysik und allseitige Theologie des Gehorsams etwas zu kurz. Darum fehlt auch der Blick für die Grenzen des Gehorsams und dementsprechend für die institutionelle Absicherung von Gehorsam und Freiheit. Aber gerade gegenüber Benedikt und Ignatius stellt Franz von Sales eine entscheidende Ergänzung und eine wesentliche Korrektur dar. Mit ihm sind die Grundtypen kirchlichen Gehorsams zunächst einmal erhoben.
2. A. Müller gibt[57] eine Definition des Gehorsams, die - nach seiner ausdrücklichen Meinung - "notwendig zweischichtig ist":
(1) "Der Gehorsam der Menschen gegen Gott ist die freie Entscheidung der Menschen, den erkannten Willen Gottes als der absoluten Wahrheit und des absoluten Gutes zum Maßstab des eigenen Handelns zu machen.
(2) Der Gehorsam des Menschen gegen Menschen ist die freie Entscheidung eines Menschen, den Willen eines anderen Menschen, insofern er Vermittler des göttlichen Willens ist, zum Maßstab des eigenen Handelns zu machen." Als Formen des Gehorsams nennt A. Müller;
a) Führungsqehorsam: Er gilt für Menschen, die der Führung bedürfen: für Kinder, bis sie erwachsen sind; für Erwachsene, die der partiellen Führung bedürfen, weil sie ohne Führung den Willen Gottes nicht vollkommen erkennen und erfüllen würden.[58]
b) Ordnungsgehorsam: Er bezieht sich auf die menschliche Gemeinschaft, auf die der Mensch angewiesen ist aufgrund seiner Geschöpflichkeit[59].
c) Liebesgehorsam: Motiv des Handelns ist nicht der Befehl, sondern die Liebe. Er beginnt nicht mit dem Befehlsanspruch, sondern mit dem Gehorsamsangebot und ist nicht einseitig, sondern gegenseitig. Er erstreckt sich auch auf (im Blick auf den Ordnungsgehorsam) nebensächliche Fragen und wird nicht als Pflicht, sondern vorwiegend als Bedürfnis oder Vorrecht erlebt. Der Führungsgehorsam des Kindes soll möglichst aufgehen in Liebesgehorsam. In vielen Formen des Ordensgehorsams ist der Liebesgehorsam, mitenthalten.[60] Auch bei A. Müller steht im Hintergrund, dass Gott sich der Menschen als Vermittler seines Willens bedient. Insofern gilt ihnen Gehorsam. Damit geht er ineins mit P.J. Kentenich und der kirchlichen Tradition. Wenn man aber den Führungsgehorsam losgelöst vom Liebesgehorsam sieht und den Führungsgehorsam einschränkt auf den partiellen Bereich, in dem der einzelne den Willen Gottes nicht vollkommen erkennen kann,[61] ist man in Gefahr, zu übersehen, dass das Axiom P.J. Kentenichs "Deus operatur per causas secundas liberas" allgemein gilt. D.h. der Mensch bedarf in der Regel anderer Menschen, durch die ihm Gott seinen Willen kundtut. Darum ist die Definition durch die sehr formale Bestimmung in Gefahr, den Gehorsam auf den engsten Bereich zu beschränken, womit zwar die (notwendige) Grenze, aber nicht die (angezielte) Fülle angesprochen ist. Hier wirkt nach, dass A. Müller nicht zur ganz allgemeinen Formulierung des metaphysischen Axioms fand, um von dort her das ganze und ständige Handeln Gottes und dementsprechend den Gehorsam in den Blick zu nehmen. Doch A. Müller scheint dies zu spüren, wenn er schließlich im Liebesgehorsam die eigentliche Form des Gehorsams versteht, eine Form, "die gewissermaßen ihren Sinn in sich selber trägt. Man braucht nicht zu denken, es handle sich bei ihm nicht mehr um Gehorsam im eigentlichen Sinn, sondern es ist eher angezeigt, in der Gehorsamsidee das Moment des Liebesgehorsams zu integrieren. Sonst fallen in uns letztlich Geschöpflichkeit und Gotteskindschaft auseinander."[62] P . J . Kentenich tut dies bereits im Ansatz, wenn er von "liebebeseelter Hingabe" beim Gehorsam spricht. F. Scholz[63] geht ebenfalls von der formalen Seite des Gehorsams aus, wenn er schreibt "Gehorsam ist die Bereitschaft des Willens, sich den gebietenden Anordnungen der rechtmäßigen Autorität in Gesinnung und Tat (bzw. Unterlassung) anzugleichen."[64] In der Begründung des Gehorsams[65] geht er zunächst mit Thomas von Aquin aus von der "gottgegründeten Naturordnung". Er bleibt aber einzig stehen bei dem Aspekt der Gemeinschaft, der Hinordnung des einzelnen auf die Gemeinschaft und die Einordnung in sie. Die allgemeine metaphysische Begründung vom Weltregierungsgesetz her kommt gar nicht in den Blick, noch die Frage der Erkenntnis des Willens Gottes. Obwohl man in der Definition durch das Stichwort der Angleichung in der Gesinnung zunächst ein weitergebendes personales Element erwarten könnte, kommt im Grunde (beim Erwachsenen) nur das Gemeinwohl als Begründung zur Geltung. Ebenso bleibt der moraltheologische Artikel "Gehorsam" von L. Berg[66] in seiner Begründung einzig beim Gemeinwohl stehen. Erst der Schluss des Artikels versucht, den Gehorsam weiter zu fassen, bei dem aber durch die gebrauchte Verbform des Irrealis unklar bleibt, wieweit der Verfasser sich damit identifiziert; "Gehorsam im weiteren Sinne kann die Erfüllung einer jeden sittlichen Verpflichtung heißen, sofern dieser Ausdruck des gebietenden göttlichen Willens oder einer gesetzgebenden menschlichen Macht ist. So verstanden würde der Gehorsam die ganze Sittlichkeit umfassen, wäre die generelle moralische Haltung, aus der alles getan wird, um Gottes Gebote oder menschliche Gesetze zu erfüllen. Dieser Gehorsam wäre die Wurzel aller sittlichen Tugenden, die sich in ihm vollenden."[67]
f. Thomas von Aquin geht aus vom ordo causarum in der Schöpfung, den er als hierarchische Unter- und Überordnung fasst. Innerhalb der Naturdinge sollen die höheren die niederen bewegen durch ihre überlegene Naturkraft. So sollen auch in den menschlichen Dingen die höheren die niederen bewegen, durch ihren Willen aus der Kraft gottverliehener Autorität.[68] Thomas hatte sich den formalen Einwand gestellt: Wer einem anderen gehorcht, müsse dessen Willen zum Gesetz seines Handelns machen. Das aber sei einzig der göttliche Wille; darum dürfe der Mensch nur Gott gehorchen. Seine Antwort lautet: "Der göttliche Wille ist die erste Regel, durch die alles vernünftige Wollen geregelt wird; ihm kommt der eine Wille näher als der andere gemäß einer göttlich gesetzten Ordnung. Und darum kann der Wille des einen Menschen, der befiehlt, gleichsam zweite Regel des anderen sein, der gehorcht."[69] Diese Ordnung findet sich bereits in der Überordnung der vernunftbegabten Dinge über die anderen[70] und innerhalb des menschlichen Bereichs, wo es bereits um des Gemeinwohls willen Über- und Unterordnung gibt.[71] Diese schließt Gehorsam ein.[72] Wenn aber der eine Wille dem Willen Gottes nähersteht als der andere, wird er auch benutzt, um den anderen im Auftrag Gottes zu führen und zu leiten.[73] Thomas entwickelt hier ganz im Bild der pseudodionysischen Vorstellungswelt verknüpft mit der aristotelischen Philosophie den Ansatz seiner Gehorsamslehre, ohne sie voll zu entfalten. Was aber im Bild des hierarchischen Stufenbaus demonstriert wird, ist nichts anderes als der ordo causarum, innerhalb dessen Gott nicht unmittelbar, sondern mittelbar durch causae secundae wirkt. Die Darstellungen des Thomas lassen sich zurückführen auf das metaphysische Prinzip als auf ihren Hauptnenner: Deus operatur per causas secundas (liberas). Ohne dass Thomas das Prinzip in diesem Zusammenhang formuliert oder auch nur genannt hätte, steht es als fundamentales Prinzip seines Denkens im Hintergrund - im Bild des pseudodionysischen Hierarchiedenkens, innerhalb dessen das Höhere das Niedere bewegt. Die Gehorsamsbegründung des Thomas ist metaphysisch (aus dem ordo essendi heraus), wenn auch die eigentliche Entfaltung und Systematisierung noch fehlt.
III Die Synthese P.J. Kentenichs
Mit dem thomistischen Axiom "Deus operatur per causas secundas liberas" hat P.J. Kentenich eine allgemeine metaphysische Begründung von Autorität und Gehorsam gegeben. Aus diesem Grundsatz entfaltet sich der Gedanke, dass Gottes Wille durch Menschen vertreten werden kann, dass Menschen teilnehmen an seiner Macht und Tätigkeit.[74] Die causa prima wird durch die causa secunda repräsentiert. Die ganze Gedankenwelt der repraesentatio Christi durch den Oberen lässt sich von hier aus entfalten.[75] Im Gehorsam macht sich der Gehorchende selbst wiederum zur causa secunda in der Hand Gottes, insofern er dessen Willen erfüllt und dabei auch dessen Aufträge entgegennimmt. So erwächst dem Gehorsam von hier aus die apostolische Ausrichtung, die für den militärischen Gehorsam des Ignatius so ausschlaggebend ist. P.J. Kentenich möchte in seiner Gehorsamsauffassung nicht weniger apostolisch ausgerichtet sein, aber er entfaltet dies nicht in sich, sondern aus dem Gedanken der dem Auftraggeber verpflichteten Zweitursächlichkeit heraus.[76] Auch bei P.J. Kentenich ist das Weltapostolat die causa finalis der Gemeinschaft[77], aber nicht deren Grund. Der Ordnungsgehorsam und das Gemeinwohl haben voll ihren Platz in P.J. Kentenichs Auffassung. Durch die Oberen bzw. Autoritätsträger wird im einzelnen die wesenhafte Ausrichtung des Menschen auf die Gemeinschaft geleitet. Ja, die Autoritätsträger werden nicht nur vordergründig von der Gemeinschaft her verstanden, sondern in metaphysischer Zurückstraffung als causae secundae in der Hand der causa prima gesehen. Hier gibt es kein Auseinanderfallen und kein Sich-selbständig-machen irdisch-weltlicher Bereiche. Bereits das Mönchtum sieht den Führungsgehorsam nicht nur als Ausgleich der Unmündigkeit und Unselbständigkeit, sondern im Sinne geistlicher Vater- bzw. Sohnschaft. Die Erkenntnis, dass Gott generell durch Zweitursachen führt, macht positiv darauf aufmerksam, dass der Führungsgehorsam umfassend zu sehen ist als entscheidende Quelle der Erkenntnis des Willens Gottes in diesem Leben - im Sinne der ständigen Führung durch Gott hin zum Voll alter Christi. Selbstverständlich weiß P.J. Kentenich um die spezielle geistliche Führung im Sinne des Meister-Schülerverhältnisses und besonders der allgemeinen Form der Seelenführung. Hier hat er selbst als charismatischer Führer Wege gewiesen, dem sich viele in spezieller Gefolgschaft angeschlossen haben. Diese charismatisch begründete Führerschaft ist ein besonders intensiver Spezialfall im Gesetz der Zweitursachen, da sich Menschen dadurch ganz bestimmte Wege gewiesen wissen. Damit sind wir bereits beim personalen Moment, das in der Vater-Sohn-Auffassung des Mönchtums deutlich sichtbar, aber bei Ignatius etwas stärker in den Hintergrund getreten war. P.J. Kentenich greift es voll auf.[78] Die Zweitursachen sind für ihn vor allem die freiwirkenden, also personalen Zweitursachen. Sie werden auch als solche bewusst angenommen.[79] Darum fasst P.J. Kentenich den Gehorsam als liebebeseelte Hingabe, als Hingabe einer Person an die andere, wobei auch das Gesetz der Zweitursachen gilt. Die Vermittlung des Willens Gottes ist primär personale Vermittlung. Die Christusnachfolge (eine der häufig vorgebrachten Begründungen des Gehorsams, bei P.J. Kentenich ebenfalls stark entfaltet)[80] wird voll eingebracht in die Gefolgschaft im Gehorsam. Über Gefolgschaft den Zweitursachen gegenüber vollzieht sich die konkrete Nachfolge des gehorsamen Christus. Dieses personale Element ist getragen von der Liebe. Mit Franz von Sales betont P.J. Kentenich die Liebe besonders. Der Liebesgehorsam ist sein eigentliches Ziel. Diese Liebe gilt Gott - aber auch in und über die Zweitursachen. In P.J. Kentenichs organischer Schau durchdringen sich Liebe zu Gott und Liebe zu seinen irdischen Repräsentanten. Erziehung und Geistpflege dienen der Liebe und der "liebebeseelten Hingabe". Wo die Geistpflege in diesem Sinne gesichert ist, ist auch die Liebe gesichert. P.J. Kentenich möchte die Abtstellung des Benediktinerordens in diesem Sinne sehen - als väterliche Liebesautorität im Sinne der stabilitas personae (die er darum anders akzentuiert als Ignatius). Durch das Eindringen der Liebe erhält er eine lebensmäßige Machtfülle, eine mehr "geistliche" anstelle der vorweg rechtlichen Autorität. So wird man mit Recht sagen dürfen, dass in der metaphysischen Gehorsams- und Autoritätsbegründung P.J. Kentenichs alle anderen Begründungen mit enthalten sind und sich daraus ableiten lassen. Ebenso darf man feststellen, dass er in seiner Gehorsamsauffassung die kirchlich-mystischen, ja selbst die jesuitisch-militärischen Traditionen in den thomasisch-metaphysischen Ansatz integriert und in einer allseitigen Synthese verarbeitet hat.
[1] vgl. dazu; Robert Zollitsch, Das Gehorsamsverständnis bei P. Josef Kentenich, in: Das Gehorsamsverständnis bei Pater Josef Kentenich, hrsg. Josef-Kentenich-Institut, Vallendar 1971, 24-63 (zit.: R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis) [2] R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 23 [3] Dies ist nur eine der verschiedenen Formulierungen und Darstellung der Erkenntnisquellen bei P.J. Kentenich. In der "Marianischen Werkzeugsfrömmigkeit" fasst er sie folgendermaßen zusammen: "Es liegt ihr (sc. der Werkzeugsfrömmigkeit) im Blute, als Quelle zu diesem Zwecke ständig zu benutzen den Werkzeugscharakter der geschaffenen Dinge: Mag es sich dabei handeln um das gesprochene Wort, um freiwirkende Zweitursachen, um die Seinsstruktur der Dinge, um Zeitströmungen und Weltgeschehen oder um Fügungen und Zulassungen im persönlichen Leben." (34) Im folgenden (45f) sind "Fügungen und Zulassungen" unter die Zeitströmungen subsumiert. So fragt, sich, ob hier eine vollständige Zusammenstellung intendiert ist. In der "Weihnachtstagung 1967" (Vallendar o.J.) sind die Erkenntnisquellen in der Trias "die Zeit, das Sein und die Seele" zusammengefasst (44-64; ebenso: J. Kentenich, Texte zum Vorsehungsglauben, hrsg. August Ziegler, Vallendar 1970, 212-221). Eine vollständige Zusammenfassung versucht Herta Schlosser (Der neue Mensch - Die neue Gesellschaftsordnung, Vallendar 1971, 16 f) in folgender Systematisierung: "Neben den absolut zu nehmenden Offenbarungswahrheiten als transzendenter Erkenntnisquelle hebt Pater Kentenich als weltimmanente Erkenntnisquellen besonders die folgenden drei hervor: erstens die historischen Fakten, kontinuierlich und dynamisch aufgefasst, zweitens die psychischen Gegebenheiten in Individuum und Gesellschaft, drittens das Sein der Personen und Dinge." (vgl. auch: ebd. 292f, 295, 300) In systematischer Hinsicht überschneiden sich die verschiedenen Formulierungen; vgl. auch unten Anm. 7 [5] "Ordo essendi" und "Sein" kann in diesem Fall umfassend verstanden werden, nämlich wie die vom Glauben erhellte und geführte Vernunft das "Sein" erkennt als natürliche Seins- und übernatürliche Heilsordnung zugleich. Ein ähnlicher Sprachgebrauch liegt bei P.J. Kentenich beim Begriff "metaphysisch" vor. Metaphysisch wird nicht nur im Sinn der natürlichen Philosophie (im Unterschied zu Offenbarung) gebraucht; mit diesem Begriff kennzeichnet P.J. Kentenich die letzten Strukturen der Seins- (und Erlösungs- ) 0rdnung , wie sie die vom Glauben erleuchtete und von Theologie und Philosophie geleitete Vernunft erkennt. [6] Vgl. J. Kentenich, Marianische Werkzeugsfrömmigkeit, 37ff [7] Einfacher und durchaus auch im Sinne von P.J. Kentenich wäre es wohl, wenn man den damit dargestellten Erkenntnisweg auseinandernähme (vgl. Marianische Werkzeugsfrömmigkeit, 34, s.o. Anm. 3).So käme man ähnlich wie H. Schlosser (s.o. Anm. 3) zu vier Wegen: a) Gottes (übernatürliche) Offenbarung ("Gottes gesprochenes Wort"), wie sie in der hl. Schrift und Auslegung der Kirche auf uns kommt. b) Die Seinsordnung ("Sein"), wie sie die vom Glauben erleuchtete und von der Offenbarung geleitete Vernunft erkennt: im Blick auf Welt, Menschen und Lebensvorgänge (vgl. H. Schlosser, Der neue Mensch - Die neue Gesellschaftsordnung, 29 2f, 294f; Weihnachtstagung 1967, 45, 53, 58 1 Texte zum Vorsehungsglauben,214ff) c) Die Führungen und Fügungen des Lebens; dazu gehören "Seele" (s. Texte zum Vorsehungsglauben, 213f: "Die individuellen Anregungen des Heiligen Geistes befragen."); Zeitströmungen und Weltgeschehen (vgl. Texte zum Vorsehungsglauben, 21 2 f ; H. Schlosser, Der neue Mensch - Die neue Gesellschaftsordnung, 295, 300; Weihnachtstagung 1967, 52: Marianische Werkzeugsfrömmigkeit, 34; J. Kentenich, Oktoberbrief 1949, Vallendar 1970, 13ff) d) Die freiwirkenden personalen Zweitursachen = Menschen, die uns etwas zu sagen haben bzw. durch die uns Gott etwas sagt (vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis 46-5 1, 60-62; auch: Karl- Heinz Mengedodt, Deus operatur per causas secundas liberas, in: Das Gehorsamsverständnis bei Pater Josef Kentenich, hrsg. Josef-Kentenich-Institut, Vallendar 1971, 76-96; siehe auch dazu die folgenden Ausführungen) [10] vgl. Anm. 7 d) I .gl. R. ,Gehorsamsverständnis, 36-38, 23f [11] Vgl. Alois Müller, Das Problem von Befehl und Gehorsam im Leben der Kirche, Einsiedeln 1971,136 [12] Vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 34f [13] Vgl. Hebr 10,5-7; Phil 2,8; R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 35 [14] Vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 35f [15] Vgl. Lk 2,51 ; Mt 17 ,24-27; 22,21; Jo 19,11; R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 35. [16] Lk 10,16; Apg 9, 5f f; vgl R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 35/36 [17] vgl. Chileterziat, 72/73; Marianische Werkzeugsfrömmigkeit, 64 [18] Vgl. STH II-II, 80; II-II,102,2;II-II, 104,1 [19] vgl. Benjamin Hoch, allgemeine theologische Begründung des Gehorsams. Referat SS 1971, 2; Hermann Weiß, Zur theologischen Begründung der Autorität, Referat SS 1971, 1; vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 62, Anm. 194 [20] vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 38-41 [21] vgl. ebd. 44-46; B. Hoch, Allgemeine theologische Begründung des Gehorsams, 2f [22] Vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 42-44 [23] Vgl. die obigen Punkte 2a und b [24] Vgl. Chileterziat, 72; J. Kentenich, Worte zur Stunde, 66; Marianische Werkzeugsfrömmigkeit, 63f; J. Kentenich, Allgemeine Prinzipienlehre der apostolischen Bewegung von Schönstatt, 88; dazu: R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 36-38; K. H. Mengedodt, Deus operat per causas secundas liberas, 64-98 [25] Vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 37f, 49f [27] Vgl. Das Verhältnis Eltern-Kinder; Lehrer-Schüler; Einzelner - Gemeinschaft [28] Vgl. J. Kentenich, Studie 1949, 25; zu „Metaphysik“ vgl. oben Anm,5 [30] Vgl. A. Müller, Das Problem von Befehl und Gehorsam im Leben der Kirche, 179f [31] vgl. H. Weiß, Der Gehorsam bei Benedikt von Nursia, Referat IUS 1970/71 , 4 [32] vgl. Hans Urs von Balthasar, Die großen Ordensregeln, Einsiedeln 1961,151 [33] 2. Regel Kap . II ; . B Balthasar , Die großen Ordensregeln, 155; vgl. Rudi Frühling, Gehorsam nach der Regel des hl. Augustin, Referat WS 1970/71 , 3; vgl. Hebr 13,17 [34] vgl. Testament Kap. 9; Franziskus, Quellenschriften, Werl 1951, I, 96, 16-18; nach ESer-Grau, Antwort der Liebe, Werl 1958, 197 [35] 2 Celano 152; V 378, a.a.O., 198; vgl. zum Ganzen: Kurt Faulhaber, Der wahre und heilige Gehorsam nach dem Beispiel und der Lehre unseres Vaters Franziskus, Referat WS 1970/71; Albert Biesinger, Gehorsam bei Franz von Assisi, Referat WS 1970/71 [37] vgl. "schlichte Vorsehungsgläubigkeit" bei Franz [38] vgl. die Christusmystik bei Franz von Assisi [39] A. Müller, Das Problem von Befehl und Gehorsam im Leben der Kirche, 141f [40] vgl. den Gehorsamsbrief, in; Hugo Rahner, Ignatius von Loyola- Geistliche Briefe, Einsiedeln 1956, 243-256, bes. 246; vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 27f [41]vgl. A. Müller, Das Problem von Befehl Gehorsam im Leben der Kirche, 141,143 [42] vgl. ebd. 144; Gehorsamsbrief, 246 [44] vgl. auch den besonderen Gehorsam der Jesuiten dem Papst gegenüber; dazu: A. Müller, Das Problem von Befehl und Gehorsam im Leben der Kirche, 145f [45] Gehorsamsbrief, 247/248 [46] Vgl. auch den besonderen Gehorsam der Jesuiten dem Papst gegenüber; dazu: A. Müller, Das Problem von Befehl und Gehorsam im Leben der Kirche, 145f [47] Vgl. Studie 1949, 50 [48] vgl. Studie 1959, 5, 50 [49] vgl. Die Forderung der jährlichen Gewissenseröffnung dem Oberen gegenüber, Konstitutionen , 319 [50] J. Kentenich, Vortrag vom 17. 11 . 1965 in Rom [51] vgl. auch: A. Müller, Das Problem von Befehl und Gehorsam im Leben der Kirche, 147 — 149 5 Rudolf Hauck, Gehorsam bei Ignatius und den Jesuiten, Referat WS 1970/71 [52] Vgl. das Verhältnis zu Franziska von Chantal [53] vgl. Franz-Karl Blust, Gehorsamsbegriff bei Franz von Sales im Vergleich zu P.J. Kentenich, Referat WS 1970/71 [54] vgl. Fridolin Matt, Die Gehorsamsauffassung des hl. Franz von Sales, Referat WS 1970/71 [55] vgl. Studie 1949, 51 [56] vgl. zum Ganzen: Studie 1949, 51-65 [57] vgl. A. Müller, Das Problem von Befehl und Gehorsam im Leben der Kirche, 136 [61] Das zeigt auch seine zusammenfassende Schlussfolgerung: "So zeigt sich aus allem, dass der Gehorsam gegen Menschen ein in der menschlichen Natur grundgelegter, gottgewollter Modus ist, wie der Mensch, vor allem erstens der unmündige und zweitens der gemeinschaftsbezogene Mensch in seinem Handeln den Maßstab der lex aeterna erreicht." ebd. 154 [63] F. Scholz, Art. Gehorsam, in: H. Fries, Handbuch theologischer Grundbegriffe, München 1962, 457-461 [66] L. Berg, Gehorsam, in: LThK, 2. Aufl. 1960, Bd. IV, 602-604; einen systematisch-theologischen Artikel bringt das LThK nicht. [68] Vgl. STh II-II, 104,1 [69] STh II-II , 104,1 ad 2 [71] Sth II-II, 104,1 und 6 [73] vgl. zum Ganzen: K.-H. Mengedodt, Deus operatur per causas secundas liberas, 87-89A. Müller, Das Problem von Befehl und Gehorsam im Leben der Kirche, 128-136 [74] vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 46-50 [75] vgl. die verschiedenen mystischen Begründungen [76] vgl. Marianische Werkzeugsfrömmigkeit [77] Allgemeine Prinzipienlehre, 28 [78] vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 60-62 [79] vgl. das Gesetz der organischen Übertragung und Weiterleitung [80] vgl. R. Zollitsch, Gehorsamsverständnis, 42; auch: ebd. Anm. 94 und 95
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