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EK2004-82 - Von der sesshaften zur pilgernden Kirche
Aus: J. Kentenich, Exerzitien für den Verband der Schönstattpriester in Würzburg, 21.-25.11.1966.

Vor allem meine ich jetzt Gewicht legen zu müssen auf die Betonung des Wortes „pilgernde Kirche“ im Gegensatz zur „sesshaften Kirche“. Wir kommen durchweg, zumal die ältere Generation, aus einer sesshaften Kirche. Allerdings aus einer sesshaften Kirche, die auch besondere charakteristische Merkmale an der Stirne trägt: eine sesshafte Kirche möchte sich zunächst juristisch selber bejahen und abgrenzen. Das geht ja nicht, es darf in einer sesshaften Kirche nicht alles in Bewegung sein. Es darf aber auch nicht alles starr sein in einer sesshaften Kirche. Deshalb das Bedürfnis juristischer Formulierungen und juristischer Abgrenzungen. Durchaus zurecht bestehend. Aber hier die Gefahr, der wir dann leicht in einer sesshaften Kirche erliegen: dass wir uns dann zufrieden fühlen, wenn wir alle Gesetze bejaht haben. Die Gefahr des Pharisäertums, die Gefahr eines innerlichen und äußerlichen Formalismus.

Wiederum: eine sesshafte Kirche möchte auch eine gewisse wirtschaftliche Sicherung haben. Deswegen die Sicherung durch Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Alles zurecht bestehend. Aber worin liegt die Gefahr? Dass wir uns nach allen Richtungen hin neu sichern. Der Charakter der Sesshaftigkeit umgreift dann das ganze Sein des Katholiken, der in dieser sesshaften Kirche zuhause ist, wie auch das gesamte Sein der Kirche selber.

Darüber hinaus die Gefahr - und das halte ich für das Allerwichtigste -, dass in der sesshaften Kirche der Wagemutcharakter, der Wagnischarakter des Glaubens vollständig nivelliert wird und zugrunde geht. Sicher, wenn wir hier wieder typisiert deuten wollen, dann haben wir folgenden Lebensvorgang:

Es soll uns hier auf Erden in der sesshaften Kirche gut gehen. Alle Vorteile, wohl auch alle Grenzen der Sesshaftigkeit sind damit gegeben. Aber weil die Kirche uns auch vorbereitet für das Glück in der anderen Welt, liegt es sehr nahe, die Konsequenz zu ziehen: Ja, wir wollen es gut haben hier auf Erden, gesetzlich geschützt sein mit unseren Rechten, wirtschaftlich alles zur Verfügung haben, was wir brauchen, aber wir wollen es auch gut im Himmel haben. Und wenn wir es dort oben auch gut haben wollen, und wenn dann als Bedingung zu glauben verlangt wird, warum soll ich nicht den Glauben aufbringen? Das kostet mich ja nicht viel, es geht mir ja gut. Sehen Sie deswegen, der Glaube bekommt eine eigenartige Prägung; was ihm genommen wird, ist der Wagnischarakter. Und das ist mit das Schlimmste.

Wagnischarakter - selbstverständlich: wenn es sich um eine ständig in Bewegung sich befindende Kirche handelt, die auch auf den Stürmen des Meeres wie eine Flotte, wie ein Schiff sich hin und her schleudern lässt, dann geht das nicht ohne Wagnis. Und mich dünkt, auf die Frage, woher es kommt, dass heute vielfach unser Glaube schwach und schwindsüchtig geworden, sei wenigstens als eine Antwort registriert: das ist das Schicksalhafte des Glaubens in einer sesshaften Kirche. Dass der Glaube an sich einen Wagnischarakter verlangt, das lässt sich aus den verschiedensten Quellen erweisen.

Aus:
Peter Wolf (Hrsg.)
Erneuerte Kirche in der Sicht Josef Kentenichs
Ausgewählte Texte
Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt
www.patris-verlag.de

 

Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 20.11.2009 22:27
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