Anzeigen

 

Haus Moriah Josef-Kentenich-Institut Kentenich-Texte KT Stichwortsuche

 Text
CmL1996 VI 1 Christus als Sinn der Geschichte
J. Kentenich, aus: Brief aus Buenos Aires, Argentinien, an die Schönstattfamilie zum 18.10.1949

So wird der Sinn der Geschichte Vorbereitung, Fortsetzung, Abrundung und Vollendung der Lebensgeschichte Christi zwecks vollkommener Liebesvereinigung mit dem Vater. Die Zeit vor ihm ist die Vorbereitung auf sein Kommen, das im Protoevangelium (Gen 3,15) deutlich genug angesagt worden ist. Die Zeit nach ihm ist die geheimnisvolle Wiederholung der einzelnen Phasen seines Lebens sowohl in bestimmten Individuen als auch in ganzen Geschlechtern. Bald ist es der kindliche Heiland, der Individuum und Zeit beherrscht und beiden das Gepräge gibt, bald der kämpfende Christus. Hier wiederholt sich in greifbarer Weise der Schauer des Karfreitags, dort der Jubel des Ostertages. Als der erste Mensch das Paradies überschritt, um mit Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies im Herzen in die Verbannung zu gehen, gesellte sich Christus mit dem Protoevangelium in der Hand zu ihm, um ihn in seiner Nachkommenschaft nie mehr zu verlassen. Als Logos spermaticos folgt er den Heiden, und in geheimnisvoller Umhüllung begleitet er den Christen. Hier bereitet er Advent oder Weihnachten vor, wenn auch nur wenige kommen, um ihn anzubeten, wenn auch nur wenige bereit sind, ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe darzubringen. Dort erneuert er sein Nazarethleben. Er tut es überall, wo christliche Familien ihm den Zutritt gestatten. Predigend und heilend durchzieht er in Priestern und Laien die Welt. Allerorten verlangt sein Wort und Wirken unerbittlich eine starke Scheidung der Geister. In geheimnisvoller Weise lebt er noch einmal die Karwoche mit allen und in allen, die wie Paulus an ihrem Leibe ersetzen, was Christi Leiden noch fehlt (vgl. Kol 1,24), die stille bleiben, wenn die Massen den Pilatussen ihrer Zeit mit stürmischem Drängen zurufen: „Kreuzige ihn!“, die nicht zusammenbrechen, wenn Judasnaturen an ihnen zum Verräter werden und sie für dreißig Silberlinge verkaufen. Tag für Tag feiert er Ostern, wenn er auch nur wenig gläubige Zeugen seiner Auferstehung und seines glorreichen Sieges findet. Allen, die beharrlich sind im Beten und Brotbrechen, sendet er den Heiligen Geist.

In Christus löst sich jede Tragik im Leben und Zeitgeschehen. Von Tragik spricht man, wenn schwache Menschenkraft mit stärkeren, höheren Mächten in Konflikt gerät und dabei so zusammenbricht, daß aus der Niederlage reicher Segen fließt. Der Theologe sagt dafür in unserem Fall: In Christus wandelt sich das mysterium iniquitatis (Geheimnis der Bosheit) in das mysterium gratiae (Geheimnis der Gnade).

Erschienen in:
Joseph Kentenich
Christus mein Leben
Ausgewählte Texte zum Christus-Jahr 1997
Herausgegeben von Günther M Boll, M. Pia Buesge, Peter Wolf
Patris-Verlag Vallendar-Schönstatt
www.patris-verlag.de

 

Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 24.11.2009 17:32
  Zurück zur Übersicht
 
 

Seite drucken Seite versendenImpressum