Darin liegt das Charakteristische des modernen Geistes. Früher war die objektive Ordnung das Primäre. Darum damals nicht soviel seelische Kranke wie heute. Heute wird das Subjekt auf sich gelenkt und die objektive Ordnung wird zerstört. Wir leiden alle in irgendeiner Form daran. Wir müssen bloß wissen, wo der Keim liegt . . . . Nehmen Sie ein kleines Kind. Es kann noch nicht gehen. Vater und Mutter halten es an der Hand. Nehmen Sie die Hand weg, dann ist die Ordnung verrückt, das Kind fällt. Wissenschaftlich: Der Mensch ist ein soziales Wesen. Und wenn diese Bänder in ihm abgeschnitten oder verkümmert sind, wenn er auf sich selbst eingestellt ist, dann ist er weggerückt von der objektiven Ordnung. Das gilt auch von der übernatürlichen Ordnung. Wie ist der Mensch gedacht als Christ, als Gotteskind? Er muß verbunden sein, eingegliedert in das Corpus Christi Mysticum. . . . Ergreife ich aber die Hand des Flügelmannes, und die Hand derer, die dem Haupte ein- und untergeordnet sind, dann ist die objektive Seinsordnung für mich ausgewertet. Und auf der anderen Seite das Eingegottetsein in Gott. Es trifft ein modernes Problem. Heute ist die alte Frage aufgerollt worden, was das Formalprinzip der Gotteskindschaft sei. Die Frage lautet nicht, was die causa efficiens ist, sondern was ist das, was dem Gotteskind das formale Sein gibt? Wir haben gelernt: es ist die gratia creata, die heiligmachende Gnade. Scheeben, dessen Lebenswerk sich aufbaut auf dem Gedanken, der sich an die morgenländischen Väter anschließt, sagt: Das ist gut, die gratia creata ist causa formalis, aber nur inadaequata. Die causa adaequata ist neben dieser die gratia increata, ipse spiritus sanctus. Es handelt sich hier nicht darum, wer die causa efficiens ist. Das ist Gott. Sondern causa formalis. In dieser Auffassung: Bin ich als Gotteskind aufzufassen wie das Kind, das noch im Mutterleibe ist, das mit dem Sein der Mutter noch verbunden ist? Darum mein Sein als Gotteskind eine ständige Kreation. Der Hl. Geist lebt ständig mein Leben. In der andern Auffassung bin ich mehr Sohn Gottes, d.h. ich stehe hier als eine Welt für sich. Man sagt allerdings: Diese Auffassung des Kindseins entspricht mehr der morgenländischen Geisteshaltung, und die andere der abendländischen. Das ist wahr. Die morgenländische Auffassung hebt stark die causa prima hervor. Damit ist nicht gesagt, daß diese dogmatische Auffassung wurzelt in der oder jener Geisteshaltung. Es muß in sich begründet sein. Man könnte die Schwierigkeit erheben: Die Ansicht Scheebens ist ja der reine Pantheismus. Scheeben sagt: Wir haben keinen rechten Begriff von Persönlichkeit. Wie ist es bei der heiligsten Dreifaltigkeit? Sendung des hl. Geistes. Und dieser sendet ständig weiter in meine Seele, in andere Seelen. Die aszetische Anwendung ist außerordentlich reichhaltig. Wenn ich die causa inadaequata bin, dann bin ich ständig eingegottet in Gott, wie das Kind im Mutterleib. Gott ist das ständige Formalprinzip meines Lebens. Maschinenschriftlich, 44 Seiten A4, S. 17-18, * |