Die Theologie hat für die Art, wie Gott die Welt regiert, das Axiom geprägt: Deus operatur per causas secundas liberas. Das heißt: Gott wirkt allezeit durch und in sorgfältiger Anpassung an freitätige Zweitursachen. Danach ist und bleibt er die causa prima, die die Zügel allezeit unerschütterlich fest in allweiser, allgütiger und allmächtiger Hand hält; der mit persönlicher Freiheit ausgestattete Mensch ist bei der göttlichen Weltregierung die frei mitwirkende causa secunda. Man kann dafür auch sagen: Gott ist der absolut souverän wirkende Bau- und Werkmeister, der einen umfassenden Liebes-, Weisheits- und Allmachtsplan entworfen hat vom gesamten Weltgeschehen. Er hat es von Ewigkeit her getan. Im Laufe der Zeit sucht er diesen Plan bis in alle Einzelheiten zu verwirklichen. Dabei ist der Mensch, der freie Mensch, in seiner Hand ein frei sich bewegendes Werkzeug in seins-, lebens- und wirkgemäßer Zweieinheit mit dem unendlichen, mit dem unfaßbaren absoluten Bau- und Werkmeister. -(S. 327) Das hindert uns aber nicht, festzustellen, daß die Thesen für uns einen besonderen Sinn haben. Das ist genau die Art, wie Gott erfahrungsgemäß freie Menschen frei in seinen Dienst nimmt. Dann erst gingen wir dazu über, das votum decisivum in begrenztem Maße den einzelnen Gliederungen zuzubilligen und ins Spiel zu bringen. Nochmals sei wiederholt: Das ist die Art, wie Gott freie Zweitursachen an der Regierung der Welt teilnehmen läßt. Ehe er auf menschliche Schultern Verantwortung lädt, macht er sie tragfähig und verantwortungsbewußt. Man übersehe nicht, wieviel selbstlose Arbeit eine solche Handlungsweise in sich schließt, wo sie Gott sorgsam nachzuahmen sich bemüht. Man werde sich aber auch bewußt, wie viele Fäden nach allen Richtungen ausgespannt werden müssen, ehe ein Netz fertig ist; man erinnere sich daran, wie eine solche Führung des freien Menschen durchaus würdig ist, vor allem, wie sie allezeit in Ehrfurcht vor der Majestät der Freiheit steht und ihr die warme Liebe des Herzens und die unentwegte Sorgewaltung des Kopfes und Willens schenkt. Wer sich die Regierung und Führung anderer leicht machen will, mag von vornherein auf solch vielfältig gegliederte Methode verzichten. Er mag - wenn er will - absolutistisch regieren oder hemmungslos die Zügel schießen lassen: auf Dauererfolg darf er jedoch weder im einen noch im anderen Falle rechnen. Fruchtbar ist und bleibt - aufs Ganze gesehen - für gewöhnlich nur, wer Gott möglichst vollkommen in Regierung und Führung nachahmt. -(S. 401)- gedruckt in: Herta Schlosser, Der neue Mensch - Die neue Gesellschaftsordnung, Vallendar 1971, S. 327; S.401 *** |