Lassen Sie mich jetzt vorwegnehmen, was nachher eigens noch einmal, wenn wir Zeit hätten, tiefgründig dargestellt werden müßte. Es ist ein ganz großes Gesetz, das unsere modernen Erneuerer entweder nicht kennen, oder vergessen haben. Es ist das Weltordnungsgesetz. Dieses kennt in einzelnen folgende Punkte: Erstens: Die niedere Ordnung will immer aufgefaßt werden als Ausdruck der höheren Ordnung. Um gleich die Möglichkeit zu schaffen, den Gedanken mitzuvollziehen, nehmen Sie die Gottesmutter als Glied der niederen Ordnung. Die höhere Ordnung ist der dreifaltige Gott. Wenn ich also in der rechten Weise an der Gottesmutter hänge, ist das immer Ausdruck des Hängens am Heiland und am dreifaltigen Gott. Wo das nicht der Fall ist, sind wir auf dem Wege der Häresie, wenigstens der praktischen Häresie. Zweitens: Die niedere Ordnung - wir bleiben wieder konkret bei der lieben Gottesmutter stehen - ist Schutz und Sicherung der höheren Ordnung. All das klingt total anders als das, was heute überall durch den Blätterwald hindurch zittert. Es ist also nicht etwa so, daß das Hängen an der niederen Ordnung - hier än der Gottesmutter - das Hängen am Heiland, am dreifaltigen Gott hindern und mindern könnte; die niedere Ordnung ist Sicherung und Schutz für die Höhere. Das nachzuweisen würde jetzt zu weit führen. Es mag genügen, wenn wir dadurch innerlich geweckt, meinetwegen gereizt werden, den Dingen noch einmal nachzugehen. Drittens ist die niedere Ordnung eines der vorzüglichsten Mittel, um die höhere Ordnung zu erkennen und sich der höheren Ordnung auszuliefern. Nicht wahr, von hier aus verstehen wir, wie Pius X. die hier angedeuteten Gesetzmäßigkeiten in die Form gießen konnte: "Der Weg über die Gottesmutter, - die Liebe zu ihr -, ist der leichteste, der sicherste, der kürzeste Weg, um zur Christusinnigkeit und zur Vaterergriffenheit zu kommen." Hätte ich Zeit und Gelegenheit, dann würde ich wohl ein wenig innehalten und die Dinge, die ich hier berührt habe, in die gewaltigen Zusammenhänge des heutigen Zusammenbruchs der menschlichen und christlichen Gesellschaftsordnung hineinzustellen. Das müssen wir uns aber vielleicht für später aufsparen. Jedenfalls ahnen Sie, daß nicht blinder Eifer Pate gestanden, wenn wir uns der Gottesmutter hingegeben und wenn wir sie gekrönt haben. Sie ahnen, daß das, was wir Schönstätter bisher, nicht selten im bewußten Kontrast zu ungezählt vielen Dingen, die heute gang und gäbe sind, getan haben, nicht Spielerei ist, sondern daß das alles wohl beachtet werden will. Wenn ich hier einen Augenblick verweilen darf, dann meine ich, müßten wir uns an den 31. Mai 1949 erinnern, zumal wir heute ja den 31. Mai feiern. Der 31. Mai 1949, - historische Reminiszensen lasse ich einmal beiseite und hebe nur Grundsätzliches hervor -, schließt in sich die Inszenierung eines Kreuzzuges des organischen Denkens als Überwindung des mechanischen, mechanistischen Denkens; schließt in sich die Inszenierung eines gewaltigen Kreuzzuges des organischen Liebens im Gegensatz zum mechanischen Lieben und schließt tiefgreifend in sich die Inszenierung eines Kreuzzuges des organischen Lebens. Dieser Kreuzzug, den wir eigentlich von 1914 an schon inszeniert haben, eilte am 31. Mai 1949 einem Höhepunkte zu und hat an sich alle Verwirrungen der folgenden Jahre verursacht. Wenn Sie damit in Zusammenhang bringen, daß wir allezeit die Zweieinheit zwischen der Gottesmutter und dem Heiland beachten, so ist das Geschehen des 31. Mai 1949 natürlich nur ein Fall, hinter dem allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten stecken. Schon allein wenn Sie hören, wie wir diesen Kreuzzug inszeniert haben und wenn Sie die Dinge im Zusammenhang sehen, ahnen Sie, daß wir damit den Lebensnerv zu treffen glaubten, auf den ungezählt viele Formen des geistig religiösen Wirrwarrs der heutigen Zeit zurückzuführen sind. -(S.26-29) O meine Gebieterin, o meine Mutter! Ich opfere mich dir ganz auf." Nach unserer schönstätter Denkweise dürfen wir festhalten, daß jede Weihe ein beiderseitiges Liebesbündnis ist. Wenn wir der Gottesmutter etwas anbieten, bietet sie uns von sich aus ein Gleiches an. Liebesbündnis! Wenn ich bete: "Ich opfere mich dir ganz auf", antwortet die Gottesmutter:"Ich opfere mich din ganz". Es ist aber nicht so, als ob die Gottesmutter nun sagen würde: "Aha, du gehörst jetzt mir, ich behalte dich aber auch!" Eigenartig ist, vielleicht fiel Ihnen das noch nicht einmal auf, daß die Gottesmutter dort, wo sie neuerdings erscheint und die Kirche, die Welt, den einzelnen Visionär belehren will, immer gleich aufmerksam macht: "Du mußt mich gern haben". Es ist schier, als ob sie sich in den Vordergrund stellte. Wer die großen psychologischen und soziologischen Zusammenhänge der heutigen Kultur kennt, hört heraus: "Ihr habt keine rechte-Stellung zur Schöpfung, zur Zweitursache! das Zentralste aber, um was es heute geht, ist die richtige Stellung zur Schöpfung, zur Zweitursache. Darum habe ich den Mut zu sagen, daß ihr mich gern haben, mich lieben müßt, und daß ihr tun müßt, was ich sage." Jetzt dürfen Sie allerdings nicht überhören, daß die Gottesmutter nur sagt, was der liebe Gott uns durch sie sagen will. Wir haben vorher gesprochen vom Kreuzzug des organischen Liebens. Ja, wir haben in der Familie lange Zeit versucht - und das ist auch Gegenstand der Kämpfe der letzten zehn, zwanzig Jahre gewesen -, nicht nur das Ordnungsgesetz, sondern auch das Regierungsgesetz des ewigen Gottes auf seine psychologische Sinngebung zurückzuführen. Das ist das Gesetz der organischen Übertragung, der organischen Weiterleitung. Wer die Gottesmutter liebt, liebt naturgemäß auch den lebendigen Gott. In demselben Maß, wobei natürlich die Äußerungen, wo es sich um das affektvolle Leben handelt, differenziert sein können, als ich mich ihr schenke, ist das ein Schutzmittel für das Sichschenken an den Heiland, an den dreifaltigen Gott. Wenn das nicht der Fall ist, dann deswegen, weil das mechanistische Denken verwirrt und auch in unserem christlichen Leben alles durcheinander bringt. Wenn ein Protestant die Frage beantworten müßte, was er von einer derart innigen Vereinigung zwischen dem Heiland und der Gottesmutter hält, so könnte er darauf verweisen, daß die Heilige Schrift nicht klar genug darüber gesprochen hat. Wenn er aber den Grundsatz vertritt, daß es nur eine Gottunmittelbarkeit gibt, ist sein Denken von vornherein disponiert, zu dieser befragten Stellung der Gottesmutter nein zu sagen. - Zweieinheit! Das müssen Sie festhalten. Das ist also der Kreuzzug eines organischen Lebens. Man schreit heute von allen Dächern herunter, pfeift aus allen Fenstern heraus, der moderne Mensch habe eine krankhafte Kontaktnot. Man meint, wir müßten mehr Feste feiern, müßten mehr zusammensitzen und trinken und rauchen. Ja, tun Sie das nur! Da werden Sie in Ewigkeit die Kontaktnot nicht überwinden. Und wenn Sie nur den lieben Gott lieben wollen und keine Vorerlebnisse haben in der natürlichen Ordnung, - sicher, der Herrgott kann Wunder wirken, sicher, es gibt auch Wege, um ohne derartige irdische Vorerlebnisse zum Ziel zu gelangen, aber es ist nicht das Normale. Wollen wir die heutige Zeit erneuern, müssen wir sie zum Umdenken erziehen. Sie finden in "Himmelwärts" ein Sätzlein: "Laß, Vater, endlich ganz die Kehr mich finden..." Hier ist natürlich die vollkommenen Kehr gemeint. Weg von allem gefährlich Irdischen und hin zu Gott! Ungezählt viele moderne Menschen müssen das Wort aber umdeuten: Weg vom Supernaturalismus. Laß endlich mich die Kehr zum Menschlichen wieder finden. Laß endlich mich die Kehr finden zum echt natürlich Urwüchsigen und dann von da aus aufwärts zum lebendigen Gott. -(S.36-38) Lassen Sie sich noch einmal sagen, mir persönlich ging es immer um die Sendung der Gottesmutter für die heutige und für die kommende Zeit. Es war deswegen ein eigenartiger "Instinkt", der sich immer wieder orientiert hat, wie wir damals gesagt, am neuesten Zeitenufer. Nicht so, als hätten wir abstoßen wollen mit unserem Kahn, mit unserem Schiff vom alten Zeitenufer, das wäre ja unkatholisch gewesen. Beides, das alte und das neue Zeitenufer, haben wir allezeit miteinander in Verbindung gebracht. So mögen Sie schlußfolgern, daß das ein großer Irrtum ist, wenn man da und dort meint, Schönstatt habe der heutigen nachkonziliaren Kirche nichts zu sagen ... Alles in allem also, um was ging es? Immer wieder um die Sendung der lieben Gottesmutter. Mir ist aber schon sehr früh klar geworden, daß für germanisches Denken das Haupthindernis (um die Sendung der Gottesmutter zu erkennen und anzuerkennen), nicht so sehr im biblischen Geschehen, in biblischen Formulierungen liegt, sondern in einer eigenartigen geistigen Struktur. Wenn diese Geistestruktur nicht überwunden ist, darf man nicht erwarten, daß germanisches Denken, wenigstens in den gelehrten Kreisen, sich umorientieren läßt und fähig, bereit und geneigt ist, der Gottesmutter die Stellung einzuräumen, die ihr nach Gottes Absicht gebührt, zumal für die Neugestaltung der Kirche und die Neugestaltung der Welt am kommenden Zeitenufer. Sie werden darum verstehen, wenn wir wirksam der Gottesmutter den Weg bahnen und dafür sorgen wollen, daß die Gottesmutter auch vom deutschen Geiste anerkannt wird, dann müssen wir versuchen, das große psychologische Hindernis zu beseitigen und dafür zu sorgen, daß das mechanistische Denken überwunden wird. Jetzt müßte ich Ihnen natürlich ausführlich auseinandersetzen, was unter dem mechanistischen Denken zu verstehen ist. Es bedeutet ein mechanistisches, abstraktes Trennen von Dingen, die zueinander gehören. Das große Hindernis im heutigen Protestantismus, und nicht selten auch in katholischen, zumal in gebildeten, häufig in theologischen Kreisen, besteht darin, daß man sich nicht vorstellen kann, in und durch die Hingabe an eine Person könne man sich gleichzeitig gesichert einer anderen Person hingeben. Man meint - und deswegen die große Schwierigkeit gegenüber der Marienverehrung - die Liebe zur Gottesmutter sei ein Hindernis oder jedenfalls kein Förderungsmittel für die Liebe zum Heiland, zum Himmelsvater oder zum Heiligen Geist. Dem habe ich dann später, nachdem vorher das Weltregierungsgesetz einigermaßen geklärt war, das große Weltordnungsgesetz gegenübergestellt. Das Weltordnungsgesetz besagt: die niedere Ordnung ist für die höhere Ordnung da. Die Liebe zur Gottesmutter dient also der Liebe zum Heiland, zum dreifaltigen Gott. Wir könnten noch weitergehen und hinabsteigen auf die Erde, die rein natürliche Ordnung. Nehmen Sie einmal die Liebe zu Vater und Mutter und deren Bedeutung für unser Verhältnis zur Gottesmutter oder zum ewigen Vatergott. Dieses Gesetz, das allgemein gültig ist, wird heute aber kaum erkannt, viel weniger anerkannt. ... Die Hingabe an ein Transparent des himmlischen Vaters, es kann auch ein Transparent der Gottesmutter sein, bedeutet keine Isolierung, kein Auseinanderreißen, keine Trennung von Personen der niederen und höheren Ordnung, sondern ist nach katholischem Denken ein Ausdruck der Liebe zum ewigen Vater selbst. Ich könnte Ihnen das ohne weiteres nachweisen am Beispiel einer gut katholischen Familie. Natürlich ist das bei einem unmündigen Menschen, das heißt bei einem noch nicht voll zur Reife gekommenen Menschen, ein funktionelles, nicht ein reflexives Geschehen. Wenn also ein Kind an seinem Vater hängt und katholisch erzogen ist, ist dieses Hängen am Vater eine Funktion, ein Ausdruck der Liebe zum himmlischen Vater. Wie das innerlich zusammenhängt, will ich jetzt nicht darstellen. Wenn Sie nur die Gesetzmäßigkeit einmal kurz auf sich wirken lassen. Eine echte Liebe zu einem irdischen Vater ist aber nicht nur Ausdruck, sondern auch Schutz für unsere Liebe zum ewigen Vater. Ähnliches gilt von der Liebe zur Gottesmutter, insofern sie der niederen Ordnung angehört. Die Liebe zur Gottesmutter sollte an sich immer Ausdruck und Sicherung für unsere Liebe zum Heiland sein. Sie müssen jetzt nachprüfen, ob das nicht normalerweise auch so ist. Die Liebe zur Gottesmutter ist dann aber auch ein einzigartiges Mittel, um zum Heiland zu kommen. Was heißt das? Die Liebe zu einem Transparent Gottes ist also Mittel, Sicherung und Ausdruck der Liebe zum himmlischen Vater. -(S.52-55) Manuskriptdruck, 184 Seiten (hrsg. von der Schönstattfamilie der Diözese Rottenburg o.J.) S. 26-29; S.36-38; S.52-55 ** |