Wir bleiben noch mal ein wenig stehen. Es hat den Vorteil, daß wir nachher Konsequenzen ziehen können, die für unser Denken (und) Empfinden von einer großen Bedeutung werden können. Woran soll ich nun erinnern? Soll ich denken an die Kleine Theresia? Nun ja, da wissen wir, welche Konsequenz sie gerade fur den modernen Menschen -. Denn das hat ja Pius XI. uns klar auseinandergesetzt, daß sie auch eine gewisse Sendung hat für das neue, kommende Menschenbild, und zwar eine lehrhafte Bedeutung, ein neues Denken. Gut also: Sie sieht ihr Verhältnis zwischen Gott, dem Spieler, und sich selber als dem Mitspieler gerne unter dem Gesichtspunkte des Ballspielens. Ja, wie sieht das aber praktisch aus? In ihrem Sinne darf ich mir jetzt nicht einen Ball vorstellen, ich bin also der Ball. Ich darf mir unter dem Ball nicht so ein großes Schaustück vorstellen, das irgendwo so für Besucher glänzend verwahrt ist, an einer glänzenden Stelle einen so verwunderlichen Ball, einen Ball, der etwas Eigen-, Einzigartiges darstellt. Nein, sie ist ein Ball. So stellt sie sich selber vor als einen Ball im Alltagsleben. Und der wird vom spielenden Gott scheinbar willkürlich gebraucht. Da haben wir es wieder. Darum dreht es sich: Das Unfaßbare, das scheinbar Willkürliche (gesprochen: Unwillkürliche), Un(be)greifbare, das sucht eine Antwort. Und das ist die Antwort, die heute die ganze Welt sucht. Nicht wahr, wir von Anfang an haben eine eigenartig spezifische, spezielle Auffassung vom lebendigen Gott vertreten: der Gott des Lebens. (Das? mussen Sie gut hören: der Gott des Lebens, der die Zügel unseres Lebens in der Hand hält, der Gott des Lebens, der die Zügel des Weltgeschehens ständig in der Hand hält. Nicht so, als hätten wir den Gott der Altäre oder den Gott unseres Herzens vergessen. Ach nein, der will auch gesehen, (der will) auch in den Vordergrund gestellt werden. Aber zu einer Zeit, wo die Welt begonnen hat, zumal im alten Europa, zu erstarren in kosmischer Kälte -. Verstehen Sie, was das heißt: in kosmischer Kälte? Das ist nicht nur biologisch zu verstehen - eine kosmische Kälte: alles wird kalt - nein, nein, das ist die kosmische Kälte, die den Menschen umgibt, die kosmische Kälte, die den Menschen innerlich erstarren, erkalten läßt. Weshalb? Weil er das Leben nicht mehr versteht, weil das Leben ihm so ungezählt viele Rätsel aufgibt. Er sieht sich nicht durch. Kosmische Kälte! Sehen Sie, der Gott des Lebens, der muß wieder uns begegnen in kosmischer Wärme! Das Herz muß wieder warm werden ihm gegenüber; und dann, dann am meisten, dann in hervorragender Weise, wenn alles um uns herum dunkel ist. Sprung ins Dunkle! Wie haben wir so häufig im Laufe der Jahre sagen dürfen und werden das noch des öfteren auch in Zukunft wiederholen dürfen: Todessprung für den Verstand, den rein natürlichen Verstand! Wer diese Todessprünge heute nicht wagt, der ist zutiefst verloren. Todessprung für den Willen! Todessprung für das Herz! Das geht heute gar nicht anders. Wollen wir das Leben richtig deuten und das Leben meistern, unser Leben, auch das Leben, das uns morgen, übermorgen erwartet -. Denn das ahnen wir: Die Zeitepoche, die alles durcheinandergewirbelt, ist noch lange nicht am Ende- das wird noch lange dauern! Ob wir das überhaupt noch einmal erleben, daß wieder Ruhe in die Welt hineinkommt? Und mich dünkt, daß durch das Konzil, so wie es konkret in die Geschichte hineingegriffen (hat), gegenwärtig die negativen Wirkungen stärker sind als die positiven. So viel Unsicherheit in eigenen Kreisen, ein Rütteln und Schütteln an alten Fundamenten! Schon allein, wenn wir etwa denken, was die Exegese uns heute auftischt. Ja, du meine Güte, dann sind ja die Fundamente des Christentumes total erschüttert! (Z.B.) die Menschwerdung (Christi) durch die Art, wie die Kindheitsgeschichte dargestellt wird, und die Göttlichkeit des Christentumes durch die Art, wie an sich die Auferstehung des Herrn gedeutet wird. (Es) ist ja alles, alles ist heute in Fluß. Und was dann das schlimmste ist: Das geht hinein in unsere Priesterkreise. Da stehen wir an sich, wie das immer ist, (vor dem) Spannungsverhältnis der Generationen. Aber wie stark ist heute die Spannung! Das ist (so): morgen können wir einander ja fast nicht mehr verstehen! Also alles in allem: Der Gott des Lebens, der will heute wieder tiefer gefaßt werden. Den müßten wir auch wieder viel mehr dem Volke zeigen und in uns selber lebendig werden lassen. Jetzt noch einmal: Wie faßt die Kleine Theresia das auf? Das ist eine göttliche Naivität! (Die) schwersten Probleme sind einfach damit gedeutet, daß sie sich sagt: Was bin ich? Denken Sie wieder an das Spiel: Ich bin einfach vorbehaltlos dem göttlichen Spieler ausgeliefert. Der mag mit mir machen, was er will: ob er den Ball mit Nadeln durchsticht, zertritt, in den Schmutz wirft -. Ja, das ist es ja. Wenn wir biblisch das wieder ausdrücken wollen oder im Anschluß an die Bibel, müssen wir sagen: Das Wort, das der liebe Gott heute lieber denn je hört, wie heißt das Wort? Ecce ancilla domini! Ja, Vater; ja! Dein Wille stets geschehe, ob er mir Freude bringt, ob Leid, ob Wehe! Nicht wahr, das ist ja an sich im wesentlichen die Antwort, die auch wir in den verflossenen Jahren gegeben (haben). Wieviel Undurchsichtiges, wieviel Unerklärliches, nicht nur für den Verstand, sondern auch für unser Denken (und) Empfinden, die Art und Weise, wie der liebe Gott mit Schönstatt gespielt hat, mit allen Gliederungen gespielt, mit den einzelnen gespielt hat! Spielball in der Hand Gottes, das ist Schönstatt gewesen (und) wird es auch weiter sein. Aber wenn der, der das alles in der Hand hat, ein logischer Logos ist, nicht ein alogischer Logos, dann ist es klar: dann ist alles in den großen Plan hineingebaut, und Jede Etappe der Geschichte bereitet die neue Etappe vor; dann ist es klar, wie stark wir interessiert sind an der Frage, (der) Frage nach den Sinndeutung der verflossenen 14 Jahre und die Frage nach der Sinngebung für die kommende Zeit, Sinnerfüllung der verflossenen Erlebnisse und Sinngebung für die kommenden Erlebnisse. Alles Fragen. Sie spüren, der Begriff "göttliche Komödie" hst einen überaus tiefen Sinn. Nicht so, als wenn das neue Gedanken wären, aber doch Gedanken, die uns wiederum wecken, in die Tiefe zu graben. Vorträge vor den Schönstattpriestern der Diözese Münster in Münster / Haus Mariengrund - 03. 01. - 04. 01. 1966 |