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GwdK2010/11-7-15 "Seele der heutigen gesamten Weltkultur werden".
Vortrag vom 14. April 1968.

Noch einmal: Fruchtbar wird diese Stunde. Wenn ich das eben Gesagte in andere Form gießen darf, vielleicht ist es dann gestattet, so zu sagen: Sie wissen, wie heute allerorten immer geredet, gepredigt wird vom Verhältnis der Kirche zur Welt. Sie wissen, wie man der Kirche von gestern Vorwürfe macht, sie hätte nur die Welt negativ gesehen, sie hätte in der Welt immer nur das gesehen, was Johannes hervorgehoben hat: Alles in der Welt, das ist Fleischeslust, Hoffahrt des Lebens, Augenlust. Alles wahr. Aber wie will denn nunmehr die Kirche die Welt sehen? Wie soll hier die Umakzentuierung sein?

Vor Augen müssen wir wohl zunächst halten, daß die Welt und die Kirche ineinander fließen. Auch die Welt ist ein Stück Kirche, und die Kirche ist ein Stück Welt. Wir müssen uns deswegen mit der Welt auseinandersetzen. Wir müssen deswegen auch das Positive und das Eigengesetzliche in der Welt mehr und mehr erfassen und einbauen in unser ganzes Lebensgefühl. Was will das heißen? Welche Sendung hat die Kirche der Welt gegenüber? Natürlich, wenn wir sagen würden: sie hat die Aufgabe, nur Ja zu sagen zu dem, was die Welt will, sehen Sie, dann würden wir ja alle morgen, übermorgen ertrinken in Weltseligkeit.

Kirche hat der Welt gegenüber eine doppelte Sendung: Zunächst, die Welt zu bejahen. Und wie sorgsam haben wir das im Laufe der Jahre getan! Ich habe kürzlich ja - das war bei Gelegenheit der Einkleidung der Schwestern - einmal ein Wort gebraucht, das lautet wohl so: Man hat früher so die Mär weitergegeben, es gäbe Paradiesesvögel, und deren Eigenart bestände darin, sie würde ständig in der Luft schweben, sie hätten keine Füße. Bei uns war das immer total anders. Von Anfang an - lassen Sie mich das jetzt hier nur kurz gedrängt sagen - lebendig das Ideal: Die Übernatürlichsten, also die dort oben immer in der anderen Welt leben, die müssen bei uns die Natürlichsten sein. Also wir kennen keine Paradiesesvögel ohne Füße, sondern nur Paradiesesvögel - ja, wie soll ich sagen? - als Vielfüßler.

Will also praktisch heißen, das ist immer unser großes Ideal gewesen, Natur und Gnade so sorgfältig ineinanderfließen zu lassen, als das menschlich armem Denken möglich ist. Ob wir dafür gesagt haben "der christliche Humanist", ob wir dafür gesagt haben "der Werktagsheilige", es kommt nur darauf an, daß wir reflexiv wieder klar sehen, wie der liebe Gott uns in alleweg vorbereitet, uns in eine Welt hineingeführt zu einer Zeit, wo man derartige Dinge nicht oder nicht in der rechten Weise gesehen und berücksichtigt hat.

Ja, wir sollen auch die Welt fassen und die Welt bejahen. Und in welchem Ausmaße? Was man heute wohl sagt? Vielleicht hebt man dann hervor, das ist ein Stück Erbe etwa von der anderen Seite: Wir müssen dafür sorgen, daß die Welt umgeformt wird. Und wie uns Johannes XXIII. so klar sagt: umgeformt wird nach eigenen Gesetzen. Auch dorten, wo es sich um Industrie handelt, Technik handelt. Also alles, was irgendwie eine Umformung der Welt, eine Vollendung der Welt, - will also heißen: eine Vollendung der Anlagen, die in die Welt hineingesetzt sind als Saatkörner, - alles, was dahin gehört.

Das ist auch ein Stück unserer eigenen Auffassung. Was sagen uns gleich die ersten Seiten des Alten Testamentes? Wir sollen uns vermehren. Und was sollen wir? Die Welt wandeln. Diese große Aufgabe haben auch wir. Wir müssen also auch der Welt ein vollendeteres Gesicht mit der Zeit einprägen.

Was das bedeutet für uns? Eine viel freiere Einstellung der Welt gegenüber. Was das verlangt von uns? Nicht nur religös sein, sondern auch dafür sorgen, daß wir beruflich in vollendeter Weise mit hineingreifen können in das Räderwerk des heutigen wissenschaftlichen Arbeitens und Denkens.

Sicher, ich mag all das jetzt nicht lange ausführen. Aber ein Zweites. Da trifft nun natürlich den Ton wieder das Religiöse. Wir sollen nicht nur die Welt umformen, sondern - fast möchte ich sagen - uns auch durch die Welt umformen lassen. Anders ausgedrückt: Unsere Aufgabe besteht darin, die Welt insgesamt mit allem, was in der Welt ist, mit allem auch, was wir und wie wir es umformend mit der Welt gemacht, das alles benutzen als eine Leiter zum lebendigen, zum ewigen, zum unendlichen Gott.

 

Und die dritte Eigenschaft? Sie müssen später oder dürfen nachprüfen, daß ich Ihnen hier nichts vortrage, was lediglich selber zusammengebraut, sondern was auf der ganzen Linie durch das Konzil in den Aussprachen immer wieder und wieder bald so, bald so hervorgehoben worden ist: Diese Kirche soll wie sie es im Frühchristentum war, wie sie es hätte immer sein sollen die Seele der gesamten Weltkultur werden. Also nicht Trennung der Kirche von der Kultur, nicht Trennung der Kirche von der Welt. Nein, die Kirche soll die Seele der Gesamtkultur, der verworrenen Kultur, der überaus weltlich gesinnten Kultur, der teuflisch beeinflußten Kultur werden. So sieht die Kirche sich selber. [??]

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Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 14.07.2011 11:36
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