Charisma, vom griechischen Wort "charis" (Gnadengabe), hat im profanen Sprachgebrauch eine vielfältige Ausformung bis hin zur Verflachung erfahren. P. Kentenich hingegen knüpft an das paulinische Verständnis von Charisma an (Röm 12; 1 Kor 12), das jene Gaben bezeichnet, die der >>Heilige Geist unter den Gläubigen verteilt und sie für die Übernahme verschiedener Dienste zur Erneuerung der Kirche und zum Wohl der Menschen geeignet und bereit macht (LG 12; GS 32; AA 3). Sie sind weder Randphänomene noch Sondererscheinungen, wie die traditionelle Schultheologie Jahrhunderte lang behauptete, sondern geistgeschenkte und geistgewirkte Triebkräfte in Personen oder Gemeinschaften. "Ohne Charisma gäbe es keine tiefgehende, dauernde Dynamik in der Kirchengeschichte" (BT 1952 II, 46). P. Kentenich charakterisiert eine charismatische Sendung als "Sendung, die zwar inhaltlich verwurzelt ist in der Tradition der Kirche, die aber die öffentliche Meinung, die in der Kirche herrscht, überragt" (BT 1952 I, 23). In eine ähnliche Richtung weist seine Unterscheidung von charismatischer und hierarchischer Sendung und die entsprechende Spannung von Amt und Charisma: "Das Amt ist naturgemäß konservativ eingestellt und deshalb auf Statik angewiesen, während das Charisma auf Fortschritt, auf Bewegung, auf Neuerung hinsteuert und so das dynamische Prinzip in der Kirche verkörpert" (1957). P. Kentenich spricht Schönstatt im Strombett säkularer Aufbrüche in der Kirche (Benedikt, Franziskus, Ignatius, Pallotti) eine spezifische, charismatische Sendung zur Formung des geistbeseelten, idealgebundenen Menschen in einer gelübdelosen, vollkommenen Gemeinschaft für die neueste Zeit zu (BT 1952 II, 48.69 u. a.). Immer wieder spricht er vom Charisma des >>Vorsehungsglaubens und des Marianischen als einer besonderen Gabe für die Schönstattfamilie. Dass P. Kentenich Träger einer charismatischen Sendung ist, seine Gründung an ihr teilnimmt und sie mit schöpferischer Treue zu verwirklichen hat, wurde von Papst Johannes Paul II. hervorgehoben: "Ihr seid berufen, an der Gnade, die euer Gründer erhalten hat, teilzuhaben und sie der ganzen Kirche anzubieten. Denn das Charisma der Gründer erweist sich als eine geistgewirkte Erfahrung, die den eigenen Schülern überliefert wurde, damit sie danach leben, sie hüten, vertiefen und ständig weiterentwickeln..." (Ansprache an die Schönstattfamilie, 20.9. 1985). Literatur: J. Kentenich, Brasilienterziat. Terziat in Santa Maria / Brasilien (16.2.-5.3.1952), verv. A 5, Bd I, 21-37 J. Kentenich, Brasilienterziat. Terziat in Santa Maria / Brasilien (16.2.-5.3.1952), verv. A 5, Bd II, 45-59. 66 J. Kentenich, Randglossen zu den neuesten Vorgängen fürs Archiv (25. Februar - September 1957), masch., A 4, 624 S., 361-407 Causa Secunda. Textbuch zur Zweitursachenlehre bei P. Josef Kentenich, hrsg. vom Josef-Kentenich-Institut, Freiburg i.Br. 1979, 189 G.M. Boll, Schönstatt ein charismatischer Lebensaufbruch in der Kirche, in: J. Sauer (Hrsg.), Lebenswege des Glaubens, Freiburg 1978, 204 221 F.J. Errazuriz, Gründungscharismen. Ihre Anerkennung in der Kirche, Regnum 26 (1992) 49-59 L. Penners, Eine Pädagogik, 180 f. H.W. Unkel, Leben aus dem praktischen Vorsehungsglauben 2, 41 f. 223 f. J. Gewiess / K. Rahner, Art. Charisma, in: LThK II, 1025 1030 H. Mühlen, Art. Charisma/charismatisch, in: Praktisches Lexikon der Spiritualität, Freiburg 1988, 183 186 Angel Strada Schönstatt-Lexikon: Herausgeber: Internationales Josef-Kentenich-Institut für Forschung und Lehre e.V. (IKF) Verlag: Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt - All rights by Patris-Verlag - www.patris-verlag.de Online-Präsentation: Josef-Kentenich-Institut e.V. (JKI)
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