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Freitag 22.11.2024, 22:39 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

Predigten

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2010 (C)

Homilie am Gedenktag 28.8. in der Sontagvorabendmesse und im Pfarrgottesdienst in St. Michael / St. Augustinus, 2. Patron der Pfarrei St. Michael / St. Augustinus Neunkirchen a. Br. und des Seelsorgebereichs »Augustinus« (Dormitz, Hetzles, Neunkirchen)

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St. Michael Neunkirchen im österlichen Hochzeitsschmuck
St. Michael Neunkirchen im österlichen Hochzeitsschmuck
Leben und glauben angesichts des Todes

Im 9. Buch seiner Confessiones spricht Augustinus mit Gott über den unerwarteten Tod seiner Mutter „Schon nahte der Tag da sie aus diesem Leben scheiden sollte - Du kanntest ihn, wir nicht.“

1 Die Stunde des Todes kennt niemand

  • Viele Gemeindeglieder starben in den letzten Wochen. Manche plötzlich, andere nach langer schwerer Krankheit. Es ist ein besonders Geschenk für einen Sterbenden, aber auch für uns Hinterbliebene, wenn wir einen geliebten Menschen in den letzten Wochen und Tagen seines Lebens noch begleiten dürfen. Christen beten immer um eine gute Sterbestunde.
  • Auch Augustinus nennt es »Gottes geheime Fügung«, dass ihm noch ein inniges intimes Gespräch mit seiner Mutter vergönnt war. Nicht ahnend, dass Monika wenige Tage später schwer erkranken und sterben würde. Als „wir beide allein, ich und sie, an ein Fenster gelehnt standen, das in den Garten innerhalb des Hauses ging, das uns beherbergte, dort in Tiber-Ostia, wo wir, dem Trubel entrückt, nach der Mühsal der langen Reise Kräfte sammelten für die Seefahrt.“
  • Es ist schön sich an vergangene gute Tage zu erinnern, aber auch an die schweren, die ausgehalten und bestanden wurden. Vor allem gilt es, das Vergangene dem Erbarmen Gottes zu geben, einander um Vergebung zu bitten für Verletzungen und Versäumnisse. Alles in Gottes Hände zu legen. So wie es die heilige von den Nationalsozialisten im KZ umgebrachte Edith Stein niederschrieb und unsere verstorbene Mesnerin Monika Trunwald auf ihr Erinerungsbild schreiben ließ:
„Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen,                                         
leg ich mein Geschick in Deine Hand.
Sei mein Heute, sei mein Morgen,                                           
sei mein Gestern, das ich überwand.

Vor allem aber geht es angesichts des Todes darum,

2 Sich nach dem ausstrecken, was vor uns liegt

  • Augustinus zu Gott sprechend: „Wir unterhielten uns also allein, köstlich innig, und, »vergessend, was hinter uns lag, auslangend nach dem, was vor uns liegt«, fragten wir uns im Angesicht der Wahrheit, die Du bist, welcher Art wohl dereinst das ewige Leben der Heiligen sei.“
  • Warum sind wir heute so auf das Diesseits fokussiert? Vielleicht deshalb, weil Gott nicht mehr die Mitte unseres Lebens ist. Was sind die paar Jahrzehnte, die wir auf Erden leben, gegenüber der Ewigkeit, die uns Gott in seinem Reich schenken will? Augustinus und Monika sprechen miteinander über das ewige Leben, die Fülle des Lebens bei Gott jenseits des Todes.
  • Sie sprechen von jenem Leben, „das freilich »kein Auge geschaut und kein Ohr vernommen, und das in keines Menschen Herz gedrungen ist«. Augustinus war ein Mensch, der die Wirklichkeit ernst nahm. Er dürstete nach Wahrheit, nach dem innersten Kern des Seins, nach der Erkenntnis Gottes. Wenn auch das ewige Leben der Heiligen so unvorstellbar ist, dennoch „lechzte begierig unser Herz nach den Wassern aus der Höhe, den Wassern »Deiner Quelle«, der »Quelle des Lebens, die bei Dir ist«.
  • Der Mensch sehnt sich nach immerwährendem Glück und beständiger Geborgenheit. Wir lernen von Augustinus und Monika, gerade angesichts des Todes uns darüber Gedanken zu machen. Wir dürfen nicht ängstlich auf den Tod starren, wie das Kaninchen auf die Schlage, bis er uns verschlingt. Oft geschieht es, dass Patient und Angehörige zwar wissen, wie es um den Kranken steht. Aber alle tun so, als wäre es keinem bekannt.
  • Eine Frau sagte nach dem Tod ihres Mannes zu mir: Eines bereue ich zutiefst, dass mein Mann und ich nie darüber gesprochen haben. Mit unserer verstorbenen Mesnerin konnte man ganz offen darüber reden. So war es möglich noch vieles rechtzeitig zu regeln. Augustinus und Monika ermutigen euch alle dazu.

3 Sie begaben sich miteinander auf den Weg des ewigen Lebens

„Im Fortgang des Gespräches ergab sich uns, dass mit der Wonne des ewigen Lebens kein Entzücken unserer fleischlichen Sinne, wie groß es sei, wie köstlich es im irdischen Lichte gleiße, sich vergleichen, ja daneben auch nur nennen lasse.“ Gerade das macht die Zukunft ja so spannend. Dabei leben beide alles andere als außerhalb der irdischen Wirklichkeit. Sie wussten, der Weg zu Gott führt über seine Schöpfung zu ihm. Darum ist ihr erster Schritt

       3.1 Das Durchwandern der Körperwelt (3)

Da erhoben wir uns mit heißerer Inbrunst nach dem »wesenhaften Sein«; und durchwanderten stufenweise die ganze Körperwelt, auch den Himmel, von dem herab Sonne, Mond und Sterne leuchten über die Erde.“ Aber dabei bleiben sie nicht stehen. Als Nächstes richten sie ihr Interesse auf

       3.2 Die Betrachtung der Geisteswelt

„Und höher stiegen wir auf im Betrachten Bereden Bewundern Deiner Werke, und wir gelangten zu unserer Geisteswelt.“ Wie viel ist im Lauf der Menschheitsgeschichte über Ursprung Sinn und Ziel unseres Lebens und der Geschichte nachgedacht worden.

       3.3 Im Nachdenken über Zeit und Ewigkeit

Schwingen sich Geist und Seele über alles hinaus. „Um die Gefilde unerschöpflicher Fülle zu erreichen, auf denen Du Israel auf ewig weidest mit der Speise der Wahrheit; und dort ist das Leben die Weisheit, die Weisheit, durch die alles Geschöpfliche entsteht, was je gewesen ist und was je sein wird;“

 

3.4 Die göttliche Weisheit leuchtet vor dem inneren Auge des Geistes und des Herzens auf.

„Und sie selbst ist ohne 'Werden, sie ist, wie sie gewesen ist, und also wird sie stetsfort sein; vielmehr, es gibt in ihr kein Gewesensein noch ein Künftigsein, sondern das Sein allein, weil sie ewig ist; denn Gewesensein und Künftigsein ist nicht ewig.“
  • Davon sich berühren lassen, lässt jetzt schon etwas von der Seligkeit und dem Glück des Himmels erahnen. Augustinus: „Und während wir so reden von dieser ewigen Weisheit, voll Sehnsucht nach ihr, da streiften wir sie leise in einem vollen Schlag des Herzens.“
  • Als sie sich wieder »dem Getön der Rede« zuwandten, geht beiden der Unterschied auf zwischen dem menschlichen und dem göttlichen Wort. Beim menschlichen Wort hat das Wort Anfang und Ende. Augustinus bekennt vor dem Herrn „Was auch wäre ähnlich deinem Wort, unserm Herrn, dem Wort, das in sich verbleibt, ohne zu altern, und doch alles erneut.!“
Wer sich auf den Reichtum der göttlichen Weisheit einlässt, der wird fähig und bereit, das irdische Leben und die irdischen Güter loszulassen.

4 Um in die Freude des Herrn einzugehen

4.1 Selbst wenn die ganze geschaffene Wirklichkeit verstummte

Würde dem, der ein Ohr dafür hat, all das sagen: »nicht wir sind's, die uns schufen, sondern es schuf uns, der da bleibt in Ewigkeit«
„Wenn also nach diesem Wort das All ins Schweigen versänke, weil es sein Lauschen zu dem erhoben hat, der es erschaffen;
und wenn nun Er allein spräche, nicht durch die Dinge, nur durch sich selbst, so dass wir sein Wort vernähmen nicht durch Menschenzunge, auch nicht durch Engelsstimme und nicht im Donner aus Wolken, noch auch in Rätsel und Gleichnis, sondern Ihn selbst vernähmen, den wir in allem Geschaffenen lieben, Ihn selbst ganz ohne dieses.“ Dann berührt uns die ewige Weisheit.

4.2 „Und wenn dies Dauer hätte und alles andere Schauen, von Art so völlig anders, uns entschwände


und einzig dieses den Schauenden ergriffe, hinnähme, versenkte in tiefinnere Wonnen, dass so nun ewig Leben wäre.“

Dann könnten wir erahnen, was das bedeutet: „Geh ein die Freude deines Herrn.“
Wir begreifen, was im 1. Johannesbrief steht: „Liebe Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ [1]

5 Betend und hoffend erfüllt sich das Leben

  • In diesen Gesprächen über das ewige Leben, „versank für uns beide die Welt mit all ihren Reizen ins Nichts.“ Und aus Monika brach es heraus: "Mein Sohn, was mich anlangt, so hat nichts mehr Reiz für mich in diesem Leben. Was ich hier noch tue, warum ich überhaupt noch hier bin, ich weiß es nicht, da ich von dieser Zeitlichkeit nichts mehr erwarte."
  • "Eines nur war es, um des willen ich noch ein Weilchen zu leben wünschte: Dich wollte ich als katholischen Christen sehen, ehe ich stürbe. Überreich hat es mein Gott mir gewährt: als seinen Knecht darf ich dich sehen, da nun auch das Erdenglück dir nichts mehr bedeutet. Was tu ich noch hier?"
  • Tief ist die Verbindung zwischen der Mutter und ihren Kindern. Der Tod kann sie nicht zerschneiden. Es gibt eine Verbindung zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Zeit und Ewigkeit.

6 Christus verbindet die Lebenden mit den Verstorbenen

  • Als Monika von einer Ohnmacht in die andere fällt und ihre Kinder weinen sieht, baut sie ihnen die Brücke zu ihrer künftigen Existenz: „Begrabet diesen Leib wo immer, er soll euch keine Sorge machen. Nur um das eine bitt ich euch, dass ihr am Altar des Herrn meiner gedenkt wo ihr auch seid." Das war ihr Vermächtnis an ihre Kinder.
  • Als glaubende Christin wusste sie sich auf ihrem Lebensweg und in ihrem Sterben von der Liebe und Hingabe Christi umfangen, die den Lebenden und Verstorbenen am Altar bei der Feier seines erlösenden Todes und seiner seligmachenden Auferstehung zuteil wird. Dorthin lenkt die heilige Monika unser Gedenken und unser Beten für unsere Verstorben; denn durch Christus, mit ihm und in ihm sind wir unter dem Beistand des Heiligen Geistes in Gott geborgen, wenn er uns aus diesem Leben ruft.
  • Der Mutter des heiligen Augustinus ist angesichts ihres Todes nur eines wichtig: Ihre KINDER sollen sich einlassen auf die bis zum Äußersten gehende in der Eucharistiefeier gegenwärtige Liebe Jesu Christi und dabei ihrer gedenken. In Jesus ist uns Gott mit seiner Liebe zuvor gekommen. Denn Gott hat uns in Jesus seinen Sohn gesandt, „damit wir durch ihn leben.“[2] Als Letztes halten wir fest:

7 Im Danken verklärt sich die Trauer

  • „Es blieb mir wohl die Freude über ihr Wort, mit dem sie mich in ihrer letzten Krankheit, noch zärtlich meiner Dienste gedenkend, ihren guten Sohn nannte und mit großer Liebeswärme davon sprach, nie habe sie aus meinem Munde ein hartes Wort oder einen kränkenden Ton vernommen.“
  • Nie können Kinder ihren Eltern, vor allem der Mutter vergelten, was sie für sie getan haben. So sieht es auch Augustinus: „Aber was ist das schon, mein Gott, der uns erschaffen, wie ließ sich die Ehre, die ich ihr erwies, vergleichen mit ihrem Dienst an mir?“ Das macht die heilige Monika groß, dass sie dem Leben und Heil ihrer Kinder mit der ganzen Kraft ihrer Person diente. Das meint Jesus im Evangelium mit „Der Größte von euch soll euer Diener sein.“
  • Die beste Möglichkeit des Dankes ist das Gebet. Augustinus betet inständig für seine verstorbene Mutter zu Gott: “Ich will denn, Du »mein Ruhm« und mein Leben, »Gott meines Herzens«, nur eine Weile von ihren guten Taten, für die ich freudig Dir danke, absehen und bete jetzt für die Sünden meiner Mutter um Vergebung zu Dir.“
  • Augustinus geht es nicht um die Heiligsprechung seiner Mutter. Denn auch die Heiligen sind Sünder. ER möchte sie im Erbarmen und in der Liebe Gottes für immer geborgen wissen. Das von Gott erbittend ist sein bester bis heute fortwirkender Dank für seine Mutter.
  • Was macht den heiligen Augustinus groß? Nach seiner Bekehrung gab er den vom römischen Staat dotierten Posten eines gefeierten Redners auf und - wie seine Mutter auf dem Sterbebett zu ihm sagte - „ein Knecht des Herrn wurdest du, dem das Erdenglück nichts mehr bedeutet.“


[1] 1 Joh 3,2
[2] 1 Joh 4,9

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