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Freitag 29.03.2024, 09:30 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert


Predigten

2005

Das Königtum des Lamm-Seins

Gerne erinnere ich mich

an die Feier des Christkönigsfestes in meiner Kindheit und Jugend. Mitten in der Nazidiktatur Hitlers und nach deren Zusammenbruch 1945 sangen wir begeistert, das 1934 von Karl Kienle geschaffene Lied »Zum ewigen Hohenpriester« mit dem Kehrvers: "Christus, du allein, du sollst König sein, für alle Welt und Zeit, für alle Ewigkeit."

Nach dem 2.Weltkrieg zog die katholische Jugend jedes Jahr zum Christkönigsfest mit vielen Bannern und einer großen Schar zum Dom in Bamberg, um Christus als ihrem König zu huldigen. Denn alle hatten erlebt, wie schrecklich es ist, von Menschen regiert zu werden, die nur sich selber Gesetz sind und denen die Verantwortung vor Gott fehlt.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland haben aus dieser schlimmen Erfahrung lernend dieses Gesetz im ersten Satz so begonnen: "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben."

Wir dürfen gespannt sein, wer bei der Vereidigung der neuen Bundesregierung unter Angela Merkel sich auf diese Verantwortung vor Gott einlässt.

Das Lamm Gottes ist würdig, Macht zu empfangen

Im heutigen Eingangsvers aus der Offenbarung des Johannes heißt es: "Würdig ist das Lamm, das geschlachtet ist, Macht zu empfangen.“[1] Johannes der Täufer hatte auf Jesus deutend gesagt: "Seht das Lamm Gottes".[2] Jesus, der Gekreuzigte und Auferstandene ist in den Augen Gottes würdig Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre.

Das Lamm-Sein Gottes in Jesus

Das Lamm-Sein Gottes in Jesus gilt es heute am Christkönigsfest zu verinnerlichen. Was bewirkt dieses Lamm-Sein Gottes in Jesus?

Angesichts des Lammes Gottes erkennt sich der Sünder Augustinus "als unglückliches Lamm, das von der Herde abirrend durch hässliche Räude entstellt ward."[3]

Der Kapuzinertheologe Anton Rotzetter sagt: Biblisch verstanden meint Lamm Entschuldung, Entlastung. Für ihn bedeutet das: "In der Begegnung mit Jesus habe ich aufgehört, vollkommen sein zu müssen."

Über solch persönliche Erfahrung hinaus hat das Lamm-Sein Gottes in Jesus eine ungemein politische Bedeutung. Papst Benedikt verwies es in seiner Einführungspredigt auf die Praxis des alten Orients hin, "dass die Könige sich als Hirten ihrer Völker bezeichneten. Dies war ein Bild ihrer Macht, ein zynisches Bild: Die Völker waren wie Schafe für sie, über die der Hirte verfügt.“

Auf Jahwe, den Gott und Vater Jesu verweisend fuhr der Papst fort: „Der wahre Hirte aller Menschen, der lebendige Gott, ist selbst zum Lamm geworden, er hat sich auf die Seite der Lämmer, der Getretenen und Geschlachteten gestellt. Gerade so zeigt er sich als der wirkliche Hirt. 'Ich bin der wahre Hirte... Ich gebe mein Leben für die Schafe', sagt Jesus von sich."[4] Daraus folgert Benedikt XVI: "Nicht die Gewalt erlöst, sondern die Liebe."

In Jesus verkörpert

Die in der Lesung aus dem Propheten Ezechiel sich aussprechende Sorge Gottes um uns Menschen wird in Jesus menschliche Person. In ihm wird Gottes Lamm-Sein Mensch, Mitmensch, Liebe.

In der Offenbarung hören wir den Seher Johannes sprechen: "Und ich sah: Zwischen dem Thron und den vier Lebewesen und mitten unter den Ältesten stand ein Lamm; es sah aus wie geschlachtet."[5]

Dass Jesus als geschlachtetes Paschalamm, dessen Blut eschatologische Heilswirkung hat, "steht", verweist auf die Auferweckung und Erhöhung des von Ewigkeit her in Gott existierenden Jesus.

Jesus als das geschlachtete Lamm verweist uns auf seinen Kreuzestod. Er solidarisiert sich mit den geschunden und geschlachteten Menschen bis zum Äußersten. Die Heilswirkung des Todes Jesu besteht nach der Apokalypse vor allem darin, dass durch das geschlachtete Lamm inmitten einer Welt des Bösen das neue Gottesvolk ersteht [6] und vor seinen Feinden geschützt wird, die ihm nach dem Leben trachten.[7] Und die 2. Lesung aus dem 1. Korintherbrief verkündet: "Christus ist von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen."[8] Und wer zu ihm gehört, der wird auch mit Christus lebendig gemacht. Dieses zu Ihm gehören wird sich beim letzten Gericht darin erweisen, dass wir sein Lamm-Sein gelebt haben, indem wir in den Geringsten Christus erkennen und ihnen beistehen.

Das Evangelium zeigt deutlich, dass alle Menschen und Völker einmal dem beim Vater erhöhten und die Sorge Gottes um seine Menschen verkörpernden Christus antworten müssen, ob und wie sie mit den Geringsten, die Jesus seine Brüder und Schwestern nennt, umgegangen sind. Wir alle sind also

Dem Lamm verantwortlich

Das Evangelium stehende schwere Wort von der Scheidung der Menschen und Völker will uns nicht niederschmettern. Es macht uns vielmehr hellhörig und hellsichtig für Lamm-Sein Gottes in Jesus dem Messias Gottes, dem Christus. Wie er sich den Geringsten zuwendet, mit ihnen umgeht, das ist der Maßstab für unser. Und es darf und muss uns beunruhigen, wenn wir dem nicht entsprechen.

Dass Jesus von der Scheidung der Völker spricht, macht deutlich, wir sind nicht nur als einzelne für unser Tun und Lassen verantwortlich. Als Glieder unseres Volkes und der Kirche von Bamberg sind wir für diese Körperschaften, für ihr Werden und Sein, für ihre Entwicklung zum Guten wie zum Bösen mitverantwortlich. Wir dürfen in Kirche und Welt nicht einfach alles laufen lassen oder uns mit einem "ohne mich" aus der Verantwortung verabschieden.

Ich empfinde es ein gutes Zeichen, dass die künftige Bundeskanzlerin sagt: "Ich will dem Land dienen."

Paulus spricht aber auch davon, "dass der Auferstandene jede Macht, Gewalt und Kraft vernichtet wird und seine Herrschaft Gott, dem Vater, übergibt."[9] Vernichtet wird also jede menschliche Macht, die nur sich selber und nicht den dem Wohl der Menschen und der Schöpfung dient; jede Macht, die ausbeutet, die Würde des Menschen und der Schöpfung Gottes mit Füßen tritt; die gegen das Reich Gottes sich auflehnt und verhindert, dass Gottes Liebe regiert.

Im Blick auf Jesus, in dem das Lamm-Sein Gottes Mensch geworden ist, wird jede sich selbst vergötzende Macht demaskiert und mit dem Siegel des Untergangs versehen. Hitler, Stalin, Mao waren solche Menschen verachtende und verschlingende Machtgötzen.

Mit Jesus das Lamm-Sein leben, um mit ihm verherrlicht zu werden

Das Bekenntnis zu Christus dem König ist erst dann echt, wenn wir mit Jesus das Lamm-Sein Gottes leben. Nachfolge Jesu, Jüngerschaft, heißt darum, das in Jesus Mensch gewordene Lamm-Sein Gottes in unserem eigenen Leben, in unseren Begegnungen zu verwirklichen.

Am Jordan sich der Bußtaufe des Johannes unterziehend stellt sich Jesus auf die Seite der Sünder. Sünder, Kranke und Arme sind es, denen er seine heilende und Mut machende Nähe schenkt. Zwischen zwei Raubmörder stirbt er am Kreuz, dem einen verheißend, dass er noch heute mit ihm im Paradies Gottes sein werde. Sündern und Kranken werden wir daher unsere besondere Zuwendung, Liebe und Hilfe schenken. Für sie werden wir also Augen, Herz und Hände öffnen.

Den Menschen und ihrem Heil dienend, macht Jesus sein Wort wahr: "Der größte von Euch soll Euer Diener sein."[10] Damit er sich dessen bewusst bleibt, nennt sich der Papst »servus servorum Dei« "Diener der Diener Gottes." Deshalb spricht auch das 2. Vatikanum nicht vom Amt, sondern vom Dienst der Priester, vom Dienst am Wort Gottes und den Sakramenten, vom Petrusdienst des Papstes.

Karl Rahner begründete die Notwendigkeit von uns Priestern in der Kirche nicht von der »Christusrepräsentanz« her, sondern von der Unentbehrlichkeit eines stabilen, gesellschaftlich greifbaren Dienstes an Glaube, Hoffnung u. Liebe der Glaubenden, eines Dienstes am Verstehen u. der Praxis der Einheit von Gottes- u. Menschenliebe.

König in den Augen Gottes ist nur der, der dem Leben und Heil anderer dient. In diesem Sinn ist Jesus der Größte, der König der Könige. Denn er baut ein Reich auf, das Gottes, seines Lamm-Seins, würdig ist: "das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens."[11]

Königin ist daher auch die heilige Elisabeth. In ihrem kurzen 24 Jahre dauernden Leben schenkte sie ihre letzten Jahre ganz den Kranken und Armen. Für sie gab sie ihre gesicherte Existenz auf der Wartburg auf. Sie stieg im wirklichen und geistlichen Sinn hinunter zu den ärmsten und geringsten der Brüder und Schwestern Jesu.

Ganz das Lamm-Sein lebend darf sie mit vielen die Stimme des in seiner Herrlichkeit kommenden Menschensohnes vernehmen: »Was du einem dieser Geringsten getan hast, das hast du mir getan. Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Erde für euch bestimmt ist«.

Gott gebe es, dass wir dem entsprechen.

 

[1] Offb 5,12

[2] Joh 1,36

[3] Confessiones. III Kap. 2

[4] Joh 10, 14f

[5] Offb 5,6

[6] (5,9f.)

[7] vgl. 14,15

[8] 1 Kor 15,20

[9] 1 Kor 15,24

[10] Mt 23,11

[11] Präfation an Christkönig

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