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Freitag 06.12.2024, 03:22 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

Predigten

Homilie am 6. Ostersonntag in Rödlas zur Apg 10,23-48

 

Aus der Enge in die Weite

1 Gottesfürchtige Heiden

Viele der sog. Heiden zur Zeit der Urkirche waren keine Atheisten. Das Geheimnis des Göttlichen wurde auch von vielen sog. Heiden gespürt. Und viele von ihnen lebten in Verantwortung vor diesem Mysterium des Göttlichen, das sie als anwesend erfuhren.

Es war also in ihnen eine Haltung vorhanden, welche die Thora des AT mit "Gott fürchten" beschreibt. Sie zeigt sich in der zuvorkommenden Art, mit der die Gott Fürchtenden den Tauben und Blinden begegnen,[1] die alten Menschen ehren,[2] sich an Gott festhalten, wenn es um Wahrheitsfindung durch Schwören geht.[3]

Und gerade durch solches Verhalten sagt Josua, »sollen alle Völker der Erde erkennen, dass die Hand des Herrn stark ist« und dass solche Haltungen aus der Furcht Gottes erwachsen.[4] Kohelet verheißt sogar dem Gottesfürchtigen, dass es ihm gut geht.[5]

Von dem römischen Hauptmann Kornelius in Cäsarea sagt die Apostelgeschichte, »er lebte mit seinem ganzen Haus fromm und gottesfürchtig, gab dem Volk reichlich Almosen und betete beständig zu Gott.“[6]

Er war also ein Mensch, der voller Respekt war für den jüdischen Gottesglauben, der über das Geheimnis Gottes nachdachte. Vielleicht hat er diesen Gott bei seiner nachmittäglichen Siesta sogar angesprochen, zu ihm gebetet. Die Apg jedenfalls berichtet: In einem visionären Erlebnis zur Nachmittagsstunde sieht er einen Engel Gottes bei sich eintreten, der ihn beim seinem Namen anspricht.[7]

Auf seine erschrockene Frage: »Was ist Herr«? sagt der Engel zu ihm: »Deine Gebete und Almosen sind zu Gott gelangt, und er hat sich an sie erinnert. Schick jetzt einige Männer nach Joppe und lass einen gewissen Simon herbeiholen, der den Beinamen Petrus hat. Er ist zu Gast bei einem Gerber namens Simon, der ein Haus am Meer hat«.[8]

Diese Initiative Gottes lässt Kornelius aktiv werden. »Als der Engel, der mit ihm sprach, weggegangen war, rief Kornelius zwei seiner Haussklaven und einen frommen Soldaten aus seinem Gefolge. Er erzählte ihnen alles und schickte sie nach Joppe«.[9] Das gab es schon öfters in der Geschichte seit der Auferstehung Jesu. Nichtchristen z.B. schicken nach Boten des christlichen Glaubens. Wir sehen:

2 Gott veranlasst die Missionierung der Heiden

Als die Boten des Kornelius unterwegs sind, begibt sich Petrus auf das Dach des Hauses, um zu beten. Als Petrus dabei hungrig wird und etwas zu essen will, überfällt ihn ein ekstatischer Zustand, eine Verzückung.

Er sieht den Himmel offen und ein zur Schale geformtes Leinentuch voller dem Juden verbotener Tiere herabkommen. Er wird aufgefordert sie zu schlachten und davon zu essen. Er wehrt sich mit Händen und Füßen. Spontan antwortet er: „Niemals, Herr! Noch nie habe ich etwas Unheiliges und Unreines gegessen.“[10] Gott hat es nicht leicht mit Petrus. Er ist fest in seinen jüdischen Vorstellungen über rein und unrein gefangen.

»Da richtet sich die Stimme ein zweites Mal an ihn: Was Gott für rein erklärt, nenne du nicht unrein«! [11] Es ist nicht einfach den Geist des Petrus an die Weite der Liebe Gottes heranzuführen, zu erkennen, dass das Heil Gottes nicht an menschlichen Vorschriften scheitern darf, die sicher auch ihr Gutes haben, aber doch zeit- und kulturbedingt sind. Was das Ganze soll, darüber ist sich Petrus noch nicht klar. Das geht ihm erst bei der Begegnung mit Kornelius auf.

Aber da stehen die Boten des Kornelius schon vor der Tür und fragen nach Petrus. Und nachdem sie ihren Herrn als gottesfürchtig und als bei allen Juden beliebt geschildert haben, ist Petrus bereit, mit ihnen zu gehen.

Manchmal hat der Herr mit seinen Gesandten und Boten des Evangeliums, mit ihrer Prägung und ihren Traditionen ganz schön Mühe sie auf seine Wege zu bringen. Auch für sie, wie für jeden getauften und gefirmten Christen gilt es das durch den Propheten Jesaja gesprochene Gotteswort zu bedenken: "So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken.“[12]

Als Jünger und die Jüngerinnen Jesu können wir erst dann unsere missionarische Aufgabe erfüllen, wenn wir uns von Gott missionieren lassen. Wir müssen immer wieder neu lernen, in seiner Liebe zu bleiben, um seine Liebe leben zu können. Staunend stellen wir fest:

3 Gott überwindet die Enge des Petrus.

Als Kornelius vor dem sein Haus betretenden Petrus niederfällt, richtet ihn Petrus auf und sagt: "Steh auf! auch ich bin nur ein Mensch." Petrus begreift, ganz gleich zu wem der Herr ihn sendet, dieser muss an ihm ablesen können, dass er nicht aus eigener, sondern aus Gottes Kraft lebt und handelt.

"Steh auf!" Mit dieser Aufforderung zeigt Petrus, dass Ehrfurchtsbezeugungen nur Gott gelten, dass die Jünger Jesu keinen Personenkult zulassen. Die Beziehung zu Gott ist entscheidend. "Ich bin der Herr, und sonst niemand", ruft uns Gott durch den Propheten Jesaja zu.[13] 66mal klingt diese Ich-Bin-Aussage im AT auf und zeigt die ausschließliche Bedeutung der Gottesbeziehung.

"Steh auf!" ist zugleich eine Einladung zur freundschaftlichen Begegnung auf Augenhöhe. Kirche ist Gemeinschaft der Aufrechten, die sich gegenseitig ohne Unterwürfigkeit achten. Gott fürchten ist die Haltung, sich von ihm anschauen und ansprechen zu lassen. Es ist die Empfänglichkeit des Menschen für das Freundschaftsangebot Gottes.

Nachdem Kornelius dargelegt hat, wie es kam, dass er den Petrus zu sich bat, geht diesem auf, was Gott in der Vision klar machen wollte: „Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.“[14]

Und am Ende seiner Predigt über das Christusereignis geschieht es: "Der Heilige Geist kam auf alle herab, die das Wort hörten.“[15] Es ist das Pfingsten der Heiden. Was da geschieht, zeigt den Willen Gottes mit den Heiden endgültig an. Es eine der bedeutendsten Stunden der Christenheit.

Die Begleiter des Petrus, gläubig gewordene Juden, können es nicht fassen, "dass auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde."[16]

Woran erkennen die Begleiter des Petrus dies? "Sie hörten sie in Zungen reden und Gott preisen."[17] Dieses begeisternde, Gott und seinen Messias Jesus lobpreisende Verhalten überzeugt sie. Und wer so wie sie den Heiligen Geist empfangen hat, dem kann man die Taufe nicht verweigern.[18]

So öffnet Gott die junge Kirche für alle Menschen

Bei dem Heiden Kornelius fängt er an. Dann bringt er seinen Gesandten und Boten Petrus auf Vordermann. Und beim Verkünden und Hören des Evangeliums gießt er seinen Geist aus. Immer ist Gott am Werk.

Mit der Taufe des Kornelius und seiner Hausgenossen wird das Ganze besiegelt. Sie tauchen ein in Christi Tod und Auferstehung, werden  eingefügt in den Leib des Auferstandenen.

Sie werden in den Raum der Kirche aufgenommen, in dem die Einzelnen zu Freunden Christi werden. Thomas von Aquin deutet die Gabe des Heiligen Geistes als Freundschaft Gottes.

Petrus wird am Ende zum "Bleiben" eingeladen. Petrus teilt Zeit und Wohnung mit den Unbeschnittenen, was den "Hebräern" von Jerusalem nach Apg 11,2 f als ungesetzlich erscheint. Aber gerade dadurch sprengt er die Engführung des Heilsdenkens auf für die Weite des göttlichen Heilswillens.

Er macht die Christen aus dem Heidentum in der Kirche hoffähig, d.h. die Kirche wird zur Heilsgemeinschaft aus Juden und Heiden. Halten auch wir die Augen und das Herz offen für Menschen, die gottesfürchtig sind und das Gutes tun, die dem christlichen Glauben positiv gegenüber stehen, aber noch nicht zum Glauben an den Auferstandenen und das ewige Leben gefunden haben.

Sprechen wir sie an, machen wir sie bekannt mit der Hoffnung und Zuversicht, die uns der Glaube an den Gott und Vater Jesu Christi schenkt. Vermitteln wir die Begegnung mit einem kompetenten Menschen der Kirche. Denn Gott will sein Heil allen, die ihn suchen, schenken. Denn ihm ist in jedem Volk willkommen, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.[19]

 

 

[1] Lev 19,14

[2] Lev 19,32

[3] Dtn 10,20

[4] Jos 4,24

[5] Koh 8,12

[6] Apg 10,2

[7] Apg 10,3

[8] Apg 10,4-6

[9] Apg 10,7 f.

[10] Apg 10,14

[11] Apg 10,15

[12] Jes 55,9

[13] Jes 45,5

[14] Apg 10,34 f.

[15] Apg 10,44

[16] Apg 10,45 b

[17] Apg 10,46

[18] Apg 10,47

[19] Apg 10,35

 

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