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Donnerstag 25.04.2024, 02:36 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

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2007 (C)

Homilie am nachgeholten 12.Sonntag (C) in Großenbuch St. Johannes

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„IHR ABER, FÜR WEN HALTET IHR MICH? " (Ev)

Das Wesen des Christentums

  • 1949 hat der berühmte Religionsphilosoph Romano Guardini ein kleines Büchlein verfasst, das den Titel trug: Das Wesen des Christentums. Darin stellt er fest, dass wir heute nicht mehr in einer einheitlichen christlichen geprägten Welt unser Leben führen. Überall begegnen uns »auch andere religiöse Möglichkeiten«.[1]
  • Das Leitwort unserer Pfarrwallfahrt »den Glauben leben und weitergeben«, können wir nur dann verwirklichen, wenn wir uns darüber im Klaren sind, was denn das Wesentliche unseres christlichen Glaubens ist. »Das Christliche ist letztlich keine Weisheitslehre oder Deutung des Daseins« wie etwa der Buddhismus. Das wird es zwar auch sein, »aber darin besteht nicht sein Wesenskern. Den bildet Jesus von Nazareth, dessen konkretes Dasein, Werk und Schicksal – d.h. also eine geschichtliche Person«.[2]
  • Wollen wir Christen sein und den christlichen Glauben weitergeben, müssen wir vorher eine Antwort auf die zwei Fragen Jesu im heutigen Evangelium finden: „Für wen halten die Leute den Menschensohn“ und „für wen haltet ihr mich?“ Als erstes fragt uns Jesu im heutigen Evangelium:

"Für wen halten die Leute den Menschensohn?“

  • Vor Jahren wurden in der Studie „Was glauben die Deutschen?" die Ergebnisse einer umfassenden Umfrage zu religiösen Fragen veröffentlicht.
  • Gefragt nach der Bedeutung Jesu antworteten 3%: Jesus habe nie gelebt.
  • 15 % meinten, Jesus habe vor fast 2000 Jahren gelebt. Heute leben wir in einer ganz anderen Welt. Für mich hat Jesus keine Bedeutung mehr.
  • 39% sagten, Jesus war nur ein Mensch, aber ein großer Mensch, der andere Menschen zum Guten führen wollte. Er kann mir deshalb noch ein Vorbild sein.
  • 42% bekennen, Gott hat Jesus, seinen Sohn, zu den Menschen gesandt, um sie zu erlösen. Jesus wurde von den Toten auferweckt, und ich kann zu ihm beten. Seine Jünger und Jüngerinnen fragt Jesus im heutigen Evangelium:

„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“

  • Diese Frage, an die Jünger gerichtet, beantwortet Petrus mit dem Satz: "Du bist der Messias Gottes!" Dieses Bekenntnis steht nicht isoliert im Leben des Petrus. Er hat es nicht dabei bewenden lassen, sondern er hat den Glauben, der sich in diesem Bekenntnis spiegelt, gelebt. Er hat nach Jesu Auferweckung und nach der Geistsendung die Kirche geformt und geleitet. Er hat Kranke geheilt und andere Wunder im Namen Jesu gewirkt. Er hat sich für Jesus und dessen Botschaft eingesetzt. Und dieser Einsatz hat ihn schließlich das Leben gekostet. Vor zwei Tagen feierten wir am Fest Peter und Paul, dieses Glaubenszeugnis des Petrus und Paulus

„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?"

  • Jedes Evangelium überliefert uns diese Frage Jesu und die Antwort des Petrus. Im ältesten Evangelium des Markus heißt die Antwort: "Du bist der Messias." Bei Matthäus: "Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!" Bei Lukas kurz und bündig: "Für den Messias Gottes." Und bei Johannes bekennt Petrus nach der Frage Jesu, ob sie ihn verlassen wollen, stellvertretend für alle Apostel, "wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes."[3] Einander ergänzend weist jede Antwort auf die Tiefe des göttlichen Geheimnisses hin, das der Person Jesu innewohnt.
  • Wenn wir hier heute Morgen auf diese Frage Jesus antworten: „Jesus ist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes", ist darin der Inhalt unseres christlichen Glaubens ganz kurz zusammengefasst.
  • Dieser Satz bedeutet, dass Jesus ein Leben gelebt hat, das sich ausschließlich an GOTT und seinem Willen orientierte. Dieser unbedingten Hingabe an Gott entsprach eine ebensolche an die Menschen. In dieser „doppelten" Hingabe, die mit seinem Tod endete, eröffnete Jesus der Menschheit und damit uns einen neuen Zugang zu Gott, die Möglichkeit der Freundschaft und des intensiven Lebens mit ihm.
  • Diesen Weg der Hingabe bestätigt Gott; er stellt sich sozusagen hinter Jesus und sagt „Ja! " zu dem, was Jesus gesagt und getan hat. Er lässt ihn nicht im Tod, sondern schenkt ihm in der Auferweckung neues Leben.
  • Wir, die wir auf Jesus Christus vertrauen und auf seinen Namen getauft sind, sind eingeladen und aufgefordert, in diesen Weg der Hingabe einzutreten, d.h. zu versuchen, so zu leben, wie Jesus es uns vorgelebt hat, jedenfalls, so gut wir es können.

Das Beispiel vom Seiltänzer

  • Eine Geschichte erzählt, daß in einer Stadt ein Seiltänzer in schwindelnder Höhe seine Kunststücke vorführte.
  • Zum Schluss die Hauptattraktion: Er schiebt eine Schubkarre über das schwankende Seil. Als er sicher auf der anderen Seite angekommen ist, fragt er die Zuschauer, ob sie es ihm zutrauten, die Karre auch wieder zurückzuschieben. Die Menge klatscht begeistert Beifall.
  • Er fragt aber noch ein zweites Mal, und wieder erhält er zustimmenden Beifall. Dann fragt er einen einzelnen, der unten am Mast steht: "Sie da, trauen Sie mir auch zu, dass ich die Karre wieder zurückschiebe?" „Aber sicher!", ruft der zurück und klatscht. „Dann", sagt der Akrobat, „dann kommen Sie doch herauf, und steigen Sie ein, dann schiebe ich Sie hinüber!"
  • Nein! So hatte er es schließlich nicht gemeint! Mitmachen wollte er nun doch nicht, die Zustimmung reichte doch wohl!
  • Reicht die bloße Zustimmung wirklich? Ich glaube nicht; denn die letzte, offenkundige Bestätigung des Seiltänzers hängt davon ab, ob sich der, der unten am Mast steht, in der Schubkarre über das Seil fahren lässt oder nicht. Und die Glaubwürdigkeit dessen, der vorher sein Vertrauen in die Kunst des Seiltänzers geäußert hat, hängt ebenfalls davon ab.

Die Konsequenz für uns?

  • Die Art und Weise, wie wir als Christinnen und Christen leben, sollte deutlich werden lassen, wer dieser Jesus für uns ist, was er uns bedeutet: der Sohn dessen, der ganz für die Menschen da ist; und daß es sich lohnt, sich auf diesen Jesus einzulassen und das eigene Leben auf der Freundschaft mit ihm aufzubauen.
  • Und unsere Glaubwürdigkeit hängt wesentlich davon ab, ob unser Leben ein Leben „in der Nachfolge Jesu" ist, ein Leben, das die Beziehung Gottes zum Menschen auch in zwischenmenschlichen Beziehungen deutlich werden lässt.
  • Glaubwürdig sind wir nur dann, wenn wir zum Gekreuzigten, von den Menschen durchbohrten Jesus aufschauen und uns zu ihm bekennen.[4] Uns solidarisieren mit seinen geschundenen, hungernden, ausgebeuteten Brüdern und Schwestern weltweit.
  • Bekennen und Tun gehören zusammen! Ein Bekenntnis als solches nützt wenig, wenn sein Inhalt nicht irgendwie spürbar und sichtbar wird. An uns und unserem Verhalten soll ablesbar sein, was wir meinen, wenn wir sagen, Jesus sei für unser Leben wichtig. Wir haben Christus in der Taufe wie ein Gewand angelegt.
  • Dazu ein Beispiel was das heißen kann: Anja Nenntwich wurde in der ehemaligen DDR, in der Niederlausitz geboren. "Zwar sind meine Eltern getauft, doch im DDR-Regime wurde die Religion stark unterdrückt. Darum bin ich nicht getauft worden", erklärt die junge Frau. Aufgrund einer Stellenanzeige kam sie 1996 nach Schöppingen, um dort in der Fleischerei Möllenkotte eine Ausbildung zu machen.
  • "In der Familie Möllenkotte wurde ich zum ersten Mal mit christlichem Alltag vertraut, zum Beispiel mit dem Tischgebet vor den Mahlzeiten", erzählt Anja Nenntwich von ihren ersten Berührungspunkten mit gelebtem Glauben. Das habe sich verstärkt, als sie bald darauf Freunde in der Katholischen Landjugend-Bewegung (KLJB) fand: "Mit Ralf, der jetzt auch mein Taufpate ist, habe ich viel über Kirche und Religion geredet", berichtet Taufbewerberin.[5]

Eingeladen und berufen

  • Zur Freundschaft mit Jesus sind wir eingeladen und berufen: eingeladen, weil Jesus, weil Gott sich nach uns sehnt. „Eifersüchtig sehnt er sich nach dem Geist, den er in uns wohnen ließ.“[6] Er sehnt sich danach, daß wir das Geschenk seiner Freundschaft, das er uns in seinem Sohn Jesus Christus anbietet, annehmen, damit unser Leben gelingt! Denn wenn die durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossene Liebe Gottes in uns wirkend zur Tat der Liebe drängt, dann erkennt Gott in uns sein Ebenbild, gewinnt das Göttliche in uns und durch uns Gestalt.
  • Berufen sind wir zur Freundschaft mit ihm, weil er sich auch etwas von uns erhofft. Nicht aus eigener Kraft müssen wir unsere Berufung leben, sondern innerhalb einer engen Beziehung, einer innigen Freundschaft! Als seine erwachsenen Töchter und Söhne will er uns reich beschenken und zeigen, wie wichtig wir ihm sind und wie sehr er uns liebt.
  • Jesus fragt jeden von uns: „Wer bin ich für Dich? Spüren die dir begegnenden Menschen an Deinem Reden und Tun, dass du zu mir gehörst, mein Geist dich beseelt?"
  • Den Glauben leben und weitergeben kann auch heißen, mit Jesus täglich mein Kreuz auf mich zu nehmen; mit ihm all das zu tragen, auszuhalten, was ich nicht ändern kann, was mit schwer wird in Beruf und Familie. Den Glauben leben und weitergeben kann auch heißen, mit Jesus das Kreuz des Spotts oder Anfeindung zu tragen, weil ich mich zu ihm, dem Messias, dem geliebten Sohn Gottes und zu seiner Kirche bekenne. In der Freundschaft Jesu, in der Huld Gottes leben zu dürfen, ist besser als ein Leben ohne Gott, das im Nichtigen sich verläuft.[7]
  • Wenn ich mein Christsein in der persönlichen Freundschaft mit Jesus verwirkliche, wenn meine Seele an dem Gott und Vater Jesu Christi hängt,[8] wird er meine Hilfe sein in allen Bereichen des Lebens. Seine rechte Hand wird mich festhalten im Leben und im Sterben, so wie er es an Jesus getan hat, als er ihn von den Toten auferweckte.


[1] Romano Guardini, Das Wesen des Christentums S.9 Werkbund Verlag Würzburg 1949
[2] ebd. S.12
[3] Joh 6,69
[4] Sach 12,10
[5] Kirchenseite Bistum Münster
[6] Jak 4,5
[7] Ps 63,4
[8] Ps 63,9

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