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Freitag 19.04.2024, 07:10 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

Predigten

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2008 (A)

Homilie zu Röm 3, 21-25a.28 und Mt 7,21-27 am 9. Sonntag im Jahreskreis in der Sonntagabendmesse in St. Michael Neunkirchen

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Geschenkte Erlösung statt Selbsterlösung[1]

Symbold der Schönheit und Fülle des Lebens
Symbold der Schönheit und Fülle des Lebens
Selbsterlösung?

Schon immer waren die Menschen versucht zu glauben, sie könnten die Gunst der Götter durch Opfer gewinnen. In Syrakus kann man heute noch den 190 Meter langen Altar des Hieron aus vorchristlicher Zeit sehen, wo bis zu 500 Stiere jährlich auf einmal geopfert wurden.

Selbsterlösung ist auch heute eine große Versuchung für nicht wenige. Seit mehr als 15 Jahren klingt mit der Satz einer jungen aus der Kirche ausgetretenen Frau in den Ohren: "ich will nicht, dass jemand für mich gestorben ist."

Also Erlösung nicht durch Jesus Christus, nicht dank seiner Liebe und Hingabe bis zum letzten Atemzug, sondern durch eigene Leistung, vielleicht durch Meditation, oder irgendwelche okkulte Praktiken?
Kann man sich den Himmel verdienen?
Kann der Mensch sich selber retten? Hieß es nicht auch bei uns: "Rette deine Seele"? Kann sich der Sünder selber von Schuld befreien? Kann sich ein Angeklagter selber frei sprechen? Kann sich ein Ertrinkender am eigenen Schopf aus dem Wasser ziehen?
  • Jeder kann und muss etwas zu seiner Rettung und Erlösung beitragen. Wir Christen tun dies, indem wir an die Gerechtigkeit Gottes, an seine sich erbarmende Liebe glauben, die er uns in JESUS CHRISTUS schenkt. Das ist die Frohe Nachricht, die Paulus den Christen in Rom verkündet: »Gerechtigkeit aus Glauben« wird allen geschenkt, die an Jesus Christus als ihren Heiland und Erlöser glauben. Paulus geht dabei von der Befindlichkeit der Menschen aus: "Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus."[2]
  • Paulus ging es um folgende Einsicht: Wenn jemand – wie die frommen Schriftgelehrten seiner Zeit – glaubt, er könne nur durch eine penible Befolgung aller Einzelgebote gerettet werden und „in den Himmel kommen“, dann ist er als Mensch zwangsläufig überfordert: Ich kann gar nicht mehr anders denn als Sünder gelten, weil ich unmöglich alle Gebote befolgen kann, weil der Mensch Gott seinem Schöpfer immer etwas schuldig bleibt.
Die Erfahrung Luthers
  • Den Augustinermönch Martinus Luther haben die Aussagen des Paulus im Römerbrief damals ins Herz getroffen und ihm eine völlig neue Sicht auf seinen und unseren Gott verschafft. Diesen Gott, den er bis dahin nur als unbarmherzig strafenden kennen gelernt hatte, konnte nicht gerecht werden. Was auch immer er tat, wie viel auch er fastete, wie oft auch immer er beichtete: Niemals konnte er es, davon war er überzeugt, diesem Gott recht machen. Dennoch möchte jeder, der an das ewige Leben glaubt, in den Himmel kommen. Wie aber soll das gehen?
Jeder Mensch strebt nach Selbständigkeit.
  • Schon das heranwachsende Kind, kaum der Sprache mächtig, gebraucht schon das Wort "selber". z.B. »selber essen«. Es ist wichtig, dass der Mensch zum Eigenstand heranreift, aber er darf dabei nicht vergessen, dass er sich nicht selber verdankt, dass er Geschöpf Gottes durch die Liebe seiner Eltern geworden ist.
»Jeder und jede ist seines Glückes Schmied«,
sagt das Sprichwort. Das meint nicht, dass ich mein Glück selbst produziere, sondern dass ich das, was Gottes Schöpfung mir anbietet, was gute Menschen mit mir zu teilen bereit sind, dankbar annehme. Dass ich, das was Gott mir durch Jesus und seine Kirche an Heilsgaben schenkt, wachsam und freudig in mir wirken lasse.
  • Natürlich werde ich Hilfen, die mir die Erfahrung der Menschheit zur Verfügung stellt, wie autogenes Training, Meditation und Entspannungsübungen gerne annehmen, weil sie mir helfen, zur Ruhe, zu mir selber zu kommen, zu meiner inneren Mitte zu finden. Aber sie dürfen nicht zum Selbstzweck oder gar zum Religionsersatz werden.
Buddhismus für Christen?
Wir erleben heute in den westlichen Ländern ein großes Interesse am Buddhismus, verstärkt durch das Auftreten des Dalai Lama.
  • Vor kurzem hörte ich auf Radio Horeb ein sehr interessantes Interview mit dem Holländer Martin Kamphuis, der 8 Jahre als Buddhist in Nepal und Tibet lebte. Der aber nach der Begegnung mit überzeugenden Christen zum christlichen Glauben fand. Er kennt beides: Buddhismus und Christentum.
Erleuchtung und Nirwana
  • Westliche Menschen sähen, so sagte er, den Buddhismus als Möglichkeit Übersinnliches zu erleben, Erleuchtung zu erreichen, in ein ruhiges Glücksgefühl zu gelangen, hier schon glücklich zu sein.
  • Er machte auf die Illusion westlicher Menschen aufmerksam, die unter Erleuchtung und Nirwana einen Zustand der Glückseligkeit verstehen. Wörtlich sagte er: "Tatsächlich geht es dabei um eine Auflösung des Ich und ein Erstreben einer Leere, in der alle Empfindungen von Leid und Glück aufhören sollen." Der Buddhismus habe nicht nur friedliche Züge. Der tibetische Buddhist glaubt an Wesenheiten die friedlich und zornig zugleich sind. Diese bringen kriegerische Aspekte mit sich, die irgendwann stattfinden müssen. Es werde in etwa vierhundert Jahren einen Weltkrieg geben, wo die Buddhisten gegen alle Feinde des Buddhismus antreten.
Martin Kamphuis zeigte auf, dass die

Buddhistische Glaubensauffassung mit dem christlichen Glauben unvereinbar
ist: "Der christliche Mensch begegnet Gott selber als Schöpfer und Erlöser, Gott der uns gemacht und gewollt hat. Sein Anliegen ist es, mit uns Gemeinschaft zu haben. So einen Gott kennt der Buddhist nicht. Auch die Glückseligkeit, die sie anstreben ist jenseits eines Gottes. Damit wird geleugnet, dass es ein Geschöpf, einen Gott und einen Schöpfer gibt."

Achtsamkeit und Mitgefühl
  • Der Dalai Lama, der sich als autoritärer Herrscher versteht, der bestimmen kann, was seine Anhänger tun oder lassen sollen, spricht viel von Achtsamkeit und Mitgefühl. Was meint er damit?
  • »Wenn wir den Begriff Mitgefühl nehmen, dann denken wir Christen auch an den christlichen Terminus der Barmherzigkeit. Mitgefühl im Buddhismus ist ein Gefühl, das man durch spirituelle Praktiken anderen Wesen gegenüber entwickelt, die noch nicht erleuchtet sind«.
  • Im Buddhismus geht es auch bei Achtsamkeit und Mitgefühl um eine Praxis, die der Selbsterlösung dient. Im Buddhismus sind also »Barmherzigkeit und Mitgefühl für andere nur Mittel zum Zweck, um weiter erleuchtet zu werden. Im Christentum sind Mitgefühl und Achtsamkeit Konsequenzen aus der uns von Gott geschenkten Erlösung. Dafür danken wir Gott, indem wir nicht nur ihn lieben, sondern auch unseren Mitmenschen barmherzig, mitfühlend, ihre Not lindernd, begegnen. Wir erkennen in ihnen den Bruder, die Schwester, die so wie wir von Gott geschaffen und mit der gleichen Würde ausgestattet sind.
Was ist das Fundament der christlichen Existenz?
Unser Selbststand
  • erschöpft sich nicht darin, dass ich in mir feststehe, dass ich selbständig lebe: Ich weiß vielmehr, dass es ohne ein gutes tragfähiges Fundament keinen Selbststand gibt, der wirklich trägt. Auf seine Bergrede verweisend bezeichnet Jesus dieses Fundament so: "Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute." (v24) Diese seine Worte beginnen mit den Seligpreisungen. Und die erste, gleichsam die Überschrift über alle, lautet: "Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich." Arm sein vor Gott heißt: Ich bin ein Empfangender und als solcher ein Beschenkter. Den Himmel kann ich mir nicht verdienen. Gott schenkt ihn dem, der an Jesus als seinen Messias glaubt und das Heil, die Vergebung der Schuld, also seine Gerechtmachung durch Gott dankbar annimmt und darauf mit Liebe zu Gott, zu seinen Mitmenschen, ja zur ganzen Schöpfung antwortet. Wir sind also
Gerecht gemacht durch Glauben
  • 1999 haben die Katholische Kirche und die Lutheraner dies in der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ bekräftigt. Darin heißt es unter anderem: „Wir bekennen gemeinsam, dass der Sünder durch den Glauben an das Heilshandeln Gottes in Christus gerechtfertigt wird; dieses Heil wird ihm vom Heiligen Geist in der Taufe als Fundament seines ganzen christlichen Lebens geschenkt. Der Mensch vertraut im rechtfertigenden Glauben auf Gottes gnädige Verheißung, in dem die Hoffnung auf Gott und die Liebe zu ihm eingeschlossen sind. Dieser Glaube ist in der Liebe tätig; darum kann und darf der Christ nicht ohne Werke bleiben. Aber alles, was im Menschen dem freien Geschenk des Glaubens vorausgeht und nachfolgt, ist nicht Grund der Rechtfertigung und verdient sie nicht.“[3]
Gott unser ewiges Du
  • Ein Jesuit erzählte vor über 40 Jahren bei einem Priesterkonveniat in Hof, was er bei einem Besuch buddhistisch geprägter japanischer Studenten in Deutschland erlebte. Die Studenten fragten ihn, woran denn die Christen glauben? Er sagte ihnen: Wir glauben, dass jeder Mensch ganz persönlich von Gott gewollt, angesehen und geliebt ist. Dass wir Gott mit »Du« ansprechen dürfen. Und dass er uns anspricht durch Jesus, seinen Messias, der ganz eins mit ihm ist. Dass Gott unser ewiges Du uns zur Teilhabe an der Fülle seines Lebens berufen hat.
  • Mit vor Staunen geöffnetem Mund hörten die Studenten ihm zu. Sie konnten es nicht fassen. "Jeder Mensch von Gott ganz persönlich gewollt, angesehen und geliebt? Gott unser ewiges Du?"
Welch ein Fundament bietet uns doch unser christlicher Glaube!
  • Wir müssen uns nicht selbst erlösen, nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf von Sünde und Schuld herausziehen. Wir brauchen unser Ich nicht auszulöschen, wir dürfen zu Gott sagen: Du, unser guter Vater im Himmel, der uns mehr liebt als ein guter irdischer Vater, eine gute Mutter uns lieben kann. Du hast uns befreit und erlöst durch deinen Messias und geliebten Sohn Jesus Christus. Er hat die Menschen geliebt und sich für sie hingegeben bis zum letzten Blutstropfen. Er ist unser Freund und Bruder, Weg, Wahrheit und Leben auf dem Weg zur Fülle des Lebens bei Dir, o mein Gott!
Welch ein Fundament für jeden, der glaubt, in den Stürmen der Geschichte und des Lebens!

[1] Homilie zu Röm 3, 21-25a.28 und Mt 7,21-27
[2] Röm 3,23 f.

[3] Am 31.Oktober 1999 wurde von den Spitzenvertretern des Lutherischen Weltbundes und des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" unterzeichnet.

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