http://eo-bamberg.de/eob/dcms/sites/bistum/pfarreien/dekanate/forchheim/
veit_dennert/predigten/2008/23_so.a2008_wallfahrermesse
Samstag 20.04.2024, 00:29 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

Predigten

Übersicht

2008 (A)

Homilie zu 2 Kor 3,17 bei der Wallfahrermesse in Vierzehnheiligen - Zum 15.mal zog unsere Pfarrwallfahrt nach 14heiligen

===>> Biblische Texte des Sonntags
===>> Predigt im Orginalformat lesen oder herunterladen
===>> Gottesdienstvorlage

Geistl. Rat Veit Dennert bei der Predigt
Geistl. Rat Veit Dennert bei der Predigt
Wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit

Die Gedanken sind frei?

Begeistert haben wir in meiner Jugendzeit das Lied gesungen: "Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?" Es war das Aufbegehren gegen den Gedankenterror der Nazizeit. Die 3. Strophe hätte genauso gut gegen das DDR Regime gesungen werden können: »Und sperrt man mich ein im finsteren Kerker das alles sind rein vergebliche Werke. Denn meine Gedanken zerreißen die Schranken und Mauern entzwei: Die Gedanken sind frei!"
  • Die Gedanken sind frei! So frei aber auch wieder nicht. Ich muss mich schon fragen, warum denke ich so? Welche Ziele verfolge ich mit meinem Denken? Welche Folgen haben sie für mich, meine Mitmenschen, unsere Mitgeschöpfe, unsere Erde? Ist mein Denken von der Wahrheit und Liebe geleitet. Oder ist es gar gespeist vom Habenwollen, vom Neid, von der Missgunst, vom Hass?

Freiheit ist eine Gabe Gottes.

  • Gott will den freien Menschen, der frei ist, das Gute zu tun und die Liebe zu leben. Daher die Mahnung des Paulus in der 2. Lesung: "Bleibt niemand etwas schuldig; nur die Liebe schuldet ihr einander immer. Wer den andern liebt, hat das Gesetz erfüllt." [1] Nicht »freie Liebe«, sondern frei sein für die Liebe, die wir jedem Menschen schulden; weil Gott jeden Menschen in Liebe und für die Liebe geschaffen hat. Manchmal müssen wir uns von Dingen, die uns knechten, oder von Menschen, die uns hindern, das Rechte und Gute zu tun, befreien, damit wir frei werden für Gott, für die Wahrheit, für das Gute.

Gott ist der Befreier seines Volkes

  • Manchmal, so die Erfahrung Israels, nimmt Gott selber die Befreiung in die Hand. Gott selber erinnert sein Volk. "Ich habe euch aus der Gewalt Ägyptens und aus der Gewalt all eurer Unterdrücker befreit." [2] Israel wird nicht müde seinen Gott als Befreier zu besingen. "Zu dir riefen sie und wurden befreit, dir vertrauten sie und wurden nicht zuschanden." [3] Ja, selbst in der tiefsten Erniedrigung kommt der Herr den zu ihm Rufenden zu Hilfe und befreit sie. "Du ließest Menschen über unsere Köpfe schreiten. Wir gingen durch Feuer und Wasser. Doch du hast uns in die Freiheit hinausgeführt."[4] Und der Psalm 72 singt: "Von Unterdrückung und Gewalttat befreit er sie, ihr Blut ist in seinen Augen kostbar.“ [5]
  • Gottes Gebote sind Wegweiser und Gaben seiner für uns sorgenden Liebe auf dem Weg des Lebens. Sie bewahren uns davor durch den Missbrauch der Freiheit Unheil zu stiften. Darum sagt Johannes in seinem 1.Brief: "Denn die Liebe zu Gott besteht darin, dass wir seine Gebote halten. Seine Gebote sind nicht schwer."[6]

Gott befreit durch Jesus die Menschheit

  • Das Wirken Jesu ist befreiendes Wirken. Er heilt die Kranken, befreit sie von Dämonen, erweckt Tote zum Leben. Er speist die Hungernden. Immer ist es befreiendes Wort, befreiendes Tun. Nur ein Beispiel: Dem Taubstummen, der weder hören noch sprechen konnte, so dass Jesus ob dieser Not seufzt, sagt er: „Effata!, das heißt: Öffne dich!"
  • Und "sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden."[7] Und Jesus selber sagt in de Synagoge seiner Heimatstadt Nazareth von seiner Sendung, dass sie eine befreiende ist, die in der Kraft des Geistes geschieht. "damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze."[8]

Freiheit braucht Zurechtweisung

  • In die Lesungen und das Evangelium hineinhörend springen uns Worte wie »warnen«, »Du sollst nicht« und »zurechtweisen« an. Die Jungen werden die Nase rümpfend sagen, "immer dieses einengende an mir Herumkritisieren. Ich habe die Nase voll davon." Die älteren werden resignierend denken: "Du kannst ja sagen, was du willst. Es hört ja keiner auf dich. Die machen ja doch, was sie wollen."
Die Freiheit ist ein hohes Gut. Aber wer die Freiheit liebt, weiß auch, wie gefährdet sie ist, wie sie zur Willkür und Tyrannei werden kann.
  • Das erste Gottesvolk hatte oft mit missbrauchter Freiheit zu kämpfen. Gott sandte seine Propheten mit der undankbaren und gefährlichen Aufgabe vor Missständen und ihren Folgen zu warnen.
  • Das Buch Ezechiel beginnt mit einer Vision des Propheten, die ihn zum »Wächter« und »Warner« Israels beruft. Er soll Seelsorger sein für die Entwurzelten, die im 6.Jh. v. Chr. von den Babyloniern verschleppt wurden. Er soll verhindern, dass ihr Glaube in der Umgebung fremder Götter und Tempel untergeht, nachdem die aufrüttelnden Bußpredigten Jeremias vergeblich waren. An Deutlichkeit fehlt es der Botschaft Ezechiels nicht. Jeder, der sündigt, soll sterben. - Schuld greift immer das Leben an, und sie greift Gott, den Urheber des Lebens, an.
  • Die junge Kirche hat ihre Vorsteher "επισκοποι – Wächter“ genannt. Daher kommt unser Wort »Bischof«. Er soll über das Haus Gottes, die ihm anvertraute Gemeinde wachen, dass die Freiheit nicht zur Willkür und damit zum Abweichen vom rechten Weg des Heils missbraucht wird. Er soll alles tun, dass die Christen frei sind für die Wahrheit, für das Gute, für die Liebe.

Das gilt aber auch von jedem christlichen Haus, für Vater und Mutter, für Großvater und Großmutter. Warnen und Zurechtweisen, den rechten Weg weisen, gehören zum Leben dazu.

  • Entzieht sich der Prophet, der Bischof, der Pfarrer, der Familienvater dieser Aufgabe, dann fordert Gott Rechenschaft von ihm. Nützt die Warnung und Zurechtweisung nichts, dann ist der nicht Hörende ganz allein verantwortlich. Die Sache ist todernst.

Freiheit braucht auch die Befreiung von der Sünde.

  • Erst wer frei geworden ist von der Macht der Sünde und des Bösen, wird ermessen in welche Freiheit er gelangt und wozu ihm diese geschenkt ist. In dialektischer Meisterschaft zeigt Paulus den römischen Christen, was ihnen durch die Taufe, durch das Eingetauchtsein in Christus zuteil wurde: "Jetzt, da ihr aus der Macht der Sünde befreit und zu Sklaven Gottes geworden seid, habt ihr einen Gewinn, der zu eurer Heiligung führt und das ewige Leben bringt."[9]
  • Sobald sich einer dem Herrn, also Christus zuwendet, "wird die Hülle entfernt."[10] Er ist befreit zu neuem Sehen und Verstehen. Jesus Scheitern am Kreuz wird von Gott durch die Auferweckung von den Toten zum Heilsereignis für die Menschheit. Christus wird in seiner Sendung als Messias und Befreier Gottes erkannt. Die Enge der am Buchstaben und am Gesetz hängenden Frommen wird gesprengt. Der Blick und das Denken weiten sich. Aus dem »ewigen Tod« wird »ewiges Leben«.

Befreiung zum Glauben

  • Geschieht, wenn sich der Mensch Gott und seinem Christus zuwendet. Denn so sagt Paulus in dem vor unserem Leitwort stehenden Vers. "Sobald sich aber einer dem Herrn zuwendet, wird die Hülle entfernt." [11]Es wird ihm die neue von Gott gegebene Sicht der Geschichte und des Lebens geschenkt. In unserem dem Leitwort vorausgehenden Versteil steht: Der Herr ist der Geist, der alles bewegt und bewirkt, der weht wo er will. »Herr« meint sowohl Gott wie auch seinen Christus, den Gott in der Auferweckung von den Toten zum Kyrios und Herrn gemacht hat.
  • Wenn ich mich also dem Gott und Vater Jesu Christi und Jesus, seinem Christus, ganz zuwende, bei ihm bin allen Fasern meines Seins und Lebens dann wird wahr: "und wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit." [12] Das Geschenk des Glaubens ist also eine fortwirkende befreiende Tat Gottes an uns, die wir an Jesus Christus glauben. Damit sind wir beim

Kern unserer christlichen Freiheit

Über die Freiheit der Person nachdenkend, fällt mir jenes berühmte Wort des Apostels Paulus im Galterbrief ein: "Es ist nicht Jude, nicht Grieche, nicht Sklave nicht Freier, nicht Mann nicht Frau, alle seid ihr eins in Christus"[13]
  • Wenn im antiken Griechenland von Freiheit die Rede war, meinte dies ausschließlich die Freiheit weniger Männer, die weder Sklave, noch Weib noch Barbar waren. Nur ein solcher Mann war Mensch, der größere Rest war Nicht-Mensch. Wenn aber Paulus von Freiheit spricht, meint er alle. Erlösung in Christus heißt auch: Lösung von der Macht der Unterschiede. Alle Mensche haben vor Gott die gleiche Würde. Sie sind auf sein Bild hin geschaffen.
  • Wir brauchen den Vergleich mit anderen Religionen nicht zu scheuen. Im indischen Hinduismus z.B. sind die Menschen bis heute in ein starres Kastensystem eingesperrt aus dem es kein Entrinnen gibt. Warum werden die Christen, obwohl sie in Nordindien nicht einmal 1% der Bevölkerung ausmachen, verfolgt, gehen ihre Kirchen und Schulen in Flammen auf? Weil im Christentum jeder ohne Ansehen der Person willkommen ist. Und jeder als Mensch ernst genommen wird, eine Chance zum Leben bekommt. Und weil im Christentum die Macht der Unterschiede aufgehoben ist. Solche Befreiung schmeckt vielen Hindus nicht.


[1] Röm 13,8
[2] Ri 6,9
[3] Ps 22,6
[4] Ps 66,12
[5] Ps 72,14
[6] 1 Joh 5,3
[7] Mk 7,34f.
[8] Lk 4,18
[9] Röm 6,22
[10] 2 Kor 3,16
[11] 2 Kor 3,16
[12] 2 Kor 3,17
[13] Gal 3,28

 

===>> zur Übersicht 

http://eo-bamberg.de/eob/dcms/sites/bistum/pfarreien/dekanate/forchheim/
veit_dennert/predigten/2008/23_so.a2008_wallfahrermesse
Samstag 20.04.2024, 00:29 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert