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Freitag 26.04.2024, 12:23 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

Predigten

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2008 (A) Heilige Woche

Homlie zu Joh 19,25.37 am Karfreitag in St. Michael Neunkirchen bei der Feier des Todes des Herrn

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Kreuzigung (1628) ursprünglich im Kreuzaltar der Heilig-Grab-Kapelle, heute in der Augstinuskapelle (ehem. Kapitelsaal des Augustiner Chorherrnstifts.
Kreuzigung (1628) ursprünglich im Kreuzaltar der Heilig-Grab-Kapelle, heute in der Augstinuskapelle (ehem. Kapitelsaal des Augustiner Chorherrnstifts.
Unter dem Kreuz Jesu stehen

Eine kurze Predigt ist mir aufgetragen. Ich will versuchen einen Akzent zu setzten, damit das Karfreitagsgeschehen unsere Lebenswirklichkeit durchdringt und formt.
Worum geht es in dieser Stunde, da wir des Leidens und Sterbens Jesu Christi feiernd gedenken? Um frommes Erschaudern? Um Gefühle der Traurigkeit? Um Entsetzen über menschliche Bosheit?

Es geht vor allem darum, dass wir »auf den schauen, den sie durchbohrt haben« und dass wir wie Maria, seine Mutter, Maria, die Frau des Klopas, Maria von Magdala, wie sein Jünger Johannes uns unter sein Kreuz stellen.
  • Im Jahr 1968 knüpft der junge Professor Joseph Ratzinger in seinen „Meditationen zur Karwoche“[1] an den Vers an, den auch wir gerade gehört haben:
„Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben.“[2]
Von ihm aus entwickelt er eine beeindruckende Theologie der Selbsthingabe, die Jesus in den Zusammenhang des Alten Testamentes setzt. Er schreibt: „Aller vorchristlicher Kult beruht letztlich auf der Idee der Vertretung: Der Mensch weiß, dass er im Grunde sich selbst geben müsste, wenn er Gott auf gottgemäße Weise verehren will, aber er erfährt zugleich die Unmöglichkeit, sich selbst zu geben und so entwickelt sich der Ersatz: Hekatomben von Brandopfern lodern auf den Altären der Antike, ein gewaltiges Kultwesen wird ausgebaut – aber über alledem liegt eine bedrückende Vergeblichkeit, denn es gibt nichts, wodurch der Mensch sich selbst ersetzen könnte: Was er auch immer bietet, es bleibt zu wenig."
  • In seiner Meditation zieht Ratzinger eine Parallele von Golgota zum Tempel auf dem Zionsberg: „Während im Tempel die Osterlämmer verbluten, stirbt draußen vor den Toren der Stadt ein Mensch, stirbt Gottes Sohn, getötet von denselben, die ihn im Tempel zu verherrlichen meinen. Gott stirbt als Mensch – er gibt sich selber ganz den Menschen, die sich ihm nicht zu geben vermögen, und setzt so an die Stelle des vergeblichen kultischen Ersatzes die Wirklichkeit seiner allgenügenden Liebe.“
  • "Die Wirklichkeit der Liebe, die sich selber gibt, ist an die Stelle des Spiels mit dem Ersatz getreten, das nun für immer ausgespielt ist. Der Tempelvorhang ist zerrissen; fortan gibt es keinen Kult mehr, als die Teilhabe an der Liebe Jesu Christi, die der immer währende kosmische Versöhnungstag ist." In jeder Messe zieht uns Jesus in diese seine Selbsthingabe mit hinein.
  • "Die Idee des Ersatzes, der Vertretung hat in Jesus Christus einen unerhörten, neuen Sinn bekommen. Gott selbst ist in Jesus Christus an unsere Stelle getreten und nur von diesem Geheimnis der Vertretung her leben wir alle.“Wenn wir uns daher heute unter sein Kreuz stellen und auf den Durchbohrten blicken, können wir uns seinem uns ergreifenden und verwandelnden Blick nicht entziehen. Christsein heißt Nachfolge Christi: Unter seinem Kreuz stehend will er uns an sich ziehen, damit wir in der Kraft seiner Selbsthingabe uns selber Gott für das Heil der Welt ganz schenken. Geht das überhaupt? Sind wir dazu in der Lage?
Die Heiligen zeigen es uns.
  • Schauen wir aufEdith Stein, die in Breslau geborene Jüdin und Philosophin. Sie konvertierte 1922 zum katholischen Glauben und trat 1933 in den Orden der Carmeliterinnen in Köln ein. Sie war bereit als Glied am Leibe Christi mit Christus zu leiden und das Kreuz zu tragen. Zu ihrer Profess wählte sie sich den Klosternamen Teresia Benedicta de Cruce = Teresia, die vom Kreuz Gesegnete. Sie verstand diesen Namen als Titel, der sie adelte. Unter dem Kreuz Jesu und mit dem Gekreuzigten ging sie ihren Weg, der in den Gaskammern des Konzentrationslagers Auschwitz am 9. August 1942 sich vollendete. Als die Gestapo sie zusammen mit ihrer Schwester Rosa im Carmel von Echt verhaftete, sagte sie zu dieser: "Wir tun es für unser Volk." Stellvertretende Selbsthingabe!

Unter der Überschrift »Kreuzesliebe« schrieb sie am 24. Nov. 1933:

"Nur Erlöste, nur Kinder der Gnade können ja Christi Kreuzträger sein.
Nur aus der Vereinigung mit dem göttlichen Haupt bekommt menschliches Leiden sühnende Kraft.
Zu leiden und im Leiden selig zu sein, auf der Erde zu stehen, über die schmutzigen und rauen Wege dieser Erde zu gehen und doch mit Christus zur Rechten des Vaters zu thronen, mit den Kindern dieser Welt zu lachen und zu weinen und mit den Chören der Engel ohne Unterlaß Gottes Lob zu singen, das ist das Leben des Christen, bis der Morgen der Ewigkeit anbricht."[3]
  • An ihr und vielen Märtyrern des 20. Jhts. wird nachvollziehbar, was es heißt, unter dem Kreuz des Herrn zu stehen, mit ihm das Kreuz zu tragen. Mit den am 16.Nov.1937 geschriebenen Versen ruft sie uns zu:
Schau auf zum Kreuz:
Es breitet seine Balken,
Wie einer seine Arme öffnet,
Als wollt' er alle Welt umfassen:
Kommt her, ihr alle, Mühsel'ge und Belad'ne,
Auch ihr, die ihr mir rieft: ans Kreuz mit ihm.
Es ist das Bild des Gottes, der am Kreuz erblich.
Es steigt vom Erdengrund hinauf zum Himmel
Gleich Ihm, der auf zum Himmel fuhr,
Und tragen möcht' es alle mit hinauf.
Umfasse nur das Kreuz, so hast Du Ihn,
Der Wahrheit, Weg und Leben ist.
Trägst Du Dein Kreuz, so trägt es Dich
Und wird Dir Seligkeit.[4]


[1] Zitate in Liturgie Konkret 2008/03
[2] Joh 19,37
[3] Edith Stein, Geistliche Texte II, Kreuzesliebe S. 110-113
[4] Edith Stein, Geistliche Texte II, Signum crucis S:47f

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