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Donnerstag 25.04.2024, 14:10 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

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2008 (A)

Homilie am Fest Taufe Jesu in Rödlas und in der Abendmesse in Neunkirchen

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Taufstelle in St. Michael Neunkirchen (1752)
Taufstelle in St. Michael Neunkirchen (1752)
Wir Sünder sind von Gott liebend angenommen[1]


1. Zwischen dem Fest Epiphanie und Taufe Jesu liegen 30 Jahre

seines für uns verborgenen Lebens in Nazareth. Lediglich Lukas berichtet von der Wallfahrt des 12jährigen zusammen mit seinen Eltern und Verwandten nach Jerusalem. Von diesem Alter an zählten Jungendliche zu den Erwachsenen. Von da an, bis zum Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu, sind es immerhin noch 18 Jahre. Lukas beschreibt diese Zeit des jungen Jesus mit einem Satz als Zeit des Werdens und Reifens: "Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen."[2] Das ist alles. Aber es ist das Wesentliche.

2 Das öffentliche Leben und Wirken Jesu

2.1 beginnt mit einem zeichenhaften Geschehen.

  • Johannes der Täufer ruft das Volk Gottes zur Umkehr auf, damit es bereit werde für den Messias. Johannes weiß sich in der prophetischen Tradition Israels stehend als Wegbereiter des Messias, wie es der Prophet Jesaja vorausgeschaut hat. Darum bindet er die ihm folgenden Jünger nicht an sich. Als er Jesus auf sich zukommen sieht, sagt er zu ihnen: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“[3] Vor den Juden und seinen Jüngern bezeugt er: „Ich bin nicht der Messias, sondern nur ein Gesandter, der ihm vorausgeht.“[4] Er selber bezeichnet sich als Freund des Bräutigams, der sich über dessen Stimme freut.[5] Diesem will er selbstlos zuarbeiten: "Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden."[6]
  • Jesus geht nicht als Zuschauer zu Johannes hinunter an den Jordan. Vielmehr, er reiht sich ein in die Schar der Sünder, der zu Gott Umkehrenden. In dem er sich wie sie von Johannes taufen lässt, zeigt er sich solidarisch mit den sündigen umkehrbereiten Menschen: Wir alle sitzen mit ihm im selben Wasser, im selben Boot.[7] (Elmar Gruber)
  • Wir können in den Fluten des Lebens nicht mehr untergehen und ertrinken, weil Gott sich in Jesus, seinem geliebten Sohn ganz auf unsere Seite gestellt hat. Und eben nicht zuerst auf unsere schöne Seite, sondern auf unsere garstige, vom Unglauben angenagte, von der Absonderung von Gott, von uns selber und von unseren Mitmenschen entstellte und der Heilung bedürftigen Seite.

2.2 Johannes der Täufer wehrt sich dagegen;

denn er erkennt in Jesus den ganz in Gott gegründeten und beheimateten Gerechten, den Menschen fern aller Absonderung, aller Sünde. Vielmehr hätte er, Johannes, es nötig von Jesus getauft zu werden.

2.2.1 Das Problem wird in der Antwort Jesu gelöst.

Jesus verweist auf den über ihnen beiden stehenden größeren Willen Gottes. Ihm haben sie sich zu beugen. Jesus schließt sich unter diesem größeren Gesetz mit dem Täufer zusammen, indem er "uns" sagt: "Es ist für uns geziemend". Was in den Augen Gottes richtig ist, muss nämlich erfüllt, das heißt getan werden.

2.2.2 "Gerechtigkeit" gehört zu den Schlüsselbegriffen

der Theologie des Matthäus und ist genau zu bestimmen: Sie meint das rechte, vollkommene Verhalten des Jüngers, wie es in der Botschaft Jesu gelehrt und gefordert wird. Diese Gerechtigkeit, die jene der Schriftgelehrten und Pharisäer bei weitem übertreffen soll (vgl. 5,20), ist die Antwort des Menschen auf das Evangelium, das in Jesus Christus ergeht als die letzte und unüberbietbare Kundgabe Gottes.
Es heißt aber,

2.2.3 "Alle" Gerechtigkeit muss erfüllt werden.

  • Es darf keine Ausnahmen geben, auch Jesus macht oder beansprucht keine Ausnahme. Auch Jesus will und muss sich ganz unter den Willen Gottes stellen. Der Mensch Jesus unterstellt sich ganz und gar seinem Gott, der sein Schöpfer und Erlöser ist. Und er stellt sich auf die Seite der sündigen, der Umkehr und Befreiung immerfort bedürftigen Menschen, ja er stellt sich damit auf die Seite der ganzen Schöpfung.
  • Die Taufe Jesu am Jordan sagt uns: Eines ist ganz gewiss, mitten unter den Menschen, die Gott suchen und von ihm das Heil erwarten, ist Jesus Christus. Er ist bei ihnen, richtet mitten unter ihnen, unter uns sein Leben ganz auf Gott, auf seinen Willen aus. Er nimmt uns auf diesem Weg zu Gott mit.
Gott aber lässt uns nicht im Unklaren darüber, dass dieser Weg der richtige ist.

2. 3 Gott antwortet auf dieses zeichenhafte Tun Jesu.

2.3.1 Bei der Taufe Jesus geschieht Epiphanie

  • Im visionären Schauen und Hören offenbart sich Gott Jesus. Der Vater nennt Jesus, der sich in die Reihe der Sünder gestellt hat, seinen geliebten Sohn. Der Geist Gottes ruht auf ihm. Dieser wird ihn in die Wüste hinausführen, dann nach Galiläa, nach Jerusalem, und schließlich nach Golgota. In der Kraft dieses Geistes wird Jesus sich in Gehorsam und Liebe bis in den Tod hingeben für die Menschen, die sich abgesondert haben von Gott, von sich selbst und von ihren Mitmenschen. Die Bibel beschreibt dies mit »für die Sünde der Welt«. Durch seine Liebe und Hingabe wird er tatsächlich zum „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt.“[8]
  • Jesus lebt, was Jesaja in der 1. Lesung vom Knecht Gottes in prophetischer Schau sagt: "Seht, das ist mein Knecht, den ich stütze; das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen. Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er bringt den Völkern das Recht."
  • Auch Petrus lernte erst nach einem langen Weg des Ringens in einer visionären Schau, dass Gott sich in Jesus auf die Seite aller suchenden, zur Umkehr bereiten Menschen gestellt hat. In den Worten an den römischen Hauptmann Kornelius und dessen Familie bringt er diese von Gott geschenkte Einsicht zum Ausdruck, »dass Gott nicht auf die Person sieht«. Er durchbricht die religiöse Mauer, die zwischen Juden und Heiden aufgerichtet ist. ”Ihm ist in jedem Volk willkommen, wer ihn fürchtet, und tut, was recht ist.“
  • Man könnte dieses Treffen als historisches Ereignis bezeichnen, denn weil Petrus diese Mauer überwand, hat der christliche Glaube »Bewegungsfreiheit« bekommen und konnte sich bis an die Enden der Erde ausbreiten. Ob rein oder unrein, ob Jude oder Heide, alle Schranken sind aufgehoben. - Nach dieser Begegnung ließ sich Kornelius mit seiner Familie von Petrus taufen. Menschen wie Petrus sind nötiger denn je; Menschen, die klar und unerschütterlich bekennen, woraus sie ihre Hoffnung schöpfen und worauf sich für sie die Gemeinschaft der Christen gründet und wodurch die Einheit des Menschengeschlechtes zustande kommt.
  • Die Stimme aus dem Himmel besagt etwas ganz Konkretes: Wer die Menschen so liebt, wie Gott sie liebt, der ist Gottes geliebter Sohn. Wenn wir so lieben, haben wir teil an der Sohnschaft Jesu, werden wir mit Recht Söhne und Töchter Gottes genannt.
Weil Gott sich in Jesus ganz auf unsere Seite, in unsere Mitte gestellt hat, wissen wir

2.3.2 Wir sündige Menschen sind ganz von Gott angenommen.

Unter dem Stichwort »Geburt« hat dies der schweizerische Dichterpfarrer Kurt Marti eindrucksvoll verdichtet[9]:
ich wurde nicht gefragt
bei meiner zeugung
und die mich zeugten
wurden auch nicht gefragt
bei ihrer zeugung
niemand wurde gefragt
außer dem einen
 
und der sagte
ja
 
ich wurde nicht gefragt
bei meiner geburt
und die mich gebar
wurde auch nicht gefragt
bei ihrer geburt
niemand wurde gefragt
außer dem einen
 
und der sagte
ja


  • Als Mensch, und erst recht als Christ, werde ich daher wie Jesus das Ja Gottes zu mir zu meinem Ja werden lassen. Denn »die Annahme seiner selbst« - so der Titel eines Büchleins von Romano Guardini - gründet in der »religiösen Innewerdung, dass mein Anfang in Gott liegt«. Guardini spricht von dem »auf mich gerichteten Willen Gottes, ich solle sein, und der sein, der ich bin«.[10]
  • Johannes der Täufer und Jesus werden bei ihrer Begegnung am Jordan für diese Sicht des Lebens das von Gott gegebene Beispiel. Die Annahme meiner selbst und die Annahme meiner Mitmenschen wird gelingen, wenn ich innerlich ganz auf Gott ausgerichtet lebe, der Liebe und Erbarmen ist. Wir haben dafür das Wort Frömmigkeit. Sie bedeutet nach Guardini, »sich immer wieder aus diesem Willen Gottes entgegen zu nehmen«. (S.18) Dann werden auch wir die Stimme vom Himmel hören: »Du bist mein geliebter Sohn. Du bist meine geliebte Tochter. An dir habe ich Gefallen gefunden«.[11]


[1] Homilie zu L Jes 42,5a.1–4.6–7; 2. L Apg 10,34–38; Ev Mt 3,13–17
[2] Lk 2,52
[3] Joh 1,29
[4] Joh 3,28
[5] Joh 3,29
[6] Joh 3,30
[7] Elmar Gruber, Sonntags Gedanken zum Lesjahr A S.44
[8] Joh 1,29
[9] Mit Genehmigung des Radius-Verlags entnommen aus: kurt marti, geduld und revolte. die gedichte am rand
(c) 2002 Radius-Verlag,
[10] Romano Guardini, Die Annahme seiner selbst, S.18; Werkbund Verlag 1960,
[11] vgl. Mt 3,17

 

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