http://eo-bamberg.de/eob/dcms/sites/bistum/pfarreien/dekanate/forchheim/
veit_dennert/predigten/2009/07_so_b_2009_neues.html
Samstag 20.04.2024, 10:00 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

Predigten

Übersicht

2009 (B)

Homilie am 7. Sonntag in der Filialkirche St. Johannes d.T. und in der Sonntagabendmesse in St. Michael

===>> Biblische und liturgische Texte des 7.Sonntags
===>> Homilie im Orginalformat lesen oder herunterladen
===>> Gottesdienstvorlage

Seht her, nun mache ich etwas Neues.[1]

Vielleicht haben dies auch schon einmal gesagt:
Wenn ich doch noch einmal von vorne anfangen könnte,

  • Dann, ja dann würde ich manches anders machen. Das ist im Leben des einzelnen Menschen so aber auch im Leben der Völker. Aber das Leben ist kein Videospiel, wo ich einfach auf den Startknopf drücke und von vorn beginne. Was gewesen ist, wird immer sein. Aber wir können aus unseren Fehlern und Irrwegen lernen.
  • Das Leben mit Fehlern, die nicht wiedergutzumachen sind, gehört anscheinend zu unserer menschlichen Existenz. Und dennoch: die Texte dieses Sonntags sagen, dass da Hoffnung ist, aus dem Teufelskreis von Sünde und Schuld auszubrechen. Da ist dieser wunderbare Text aus dem Buch Jesaja. Gott sagt seinem Volk durch den Propheten:

„Seht her, nun mache ich etwas Neues!“

  • Das Volk ist aus eigener Schuld oder auch durch die Schuld seiner Führer in babylonische Gefangenschaft geraten; Im Psalm 81 spricht Gott von den Folgen eines von Gott abgewandten Lebens: „Da überließ ich sie ihrem verstockten Herzen und sie handelten nach ihren eigenen Plänen.“[2] Und durch den Mund des Jeremia klagt Gott: „Den ganzen Tag streckte ich meine Hände aus nach einem abtrünnigen Volk, das einen Weg ging, der nicht gut war, nach seinen eigenen Plänen.“[3] Jeremia hatte sein Ohr nahe bei den Menschen, die sich von Gott abgewandt hatten: „Aber sie werden sagen: Vergebliche Mühe! Wir wollen unseren eigenen Plänen folgen und jeder von uns will nach dem Trieb seines bösen Herzens handeln.“[4]
  • Israel hatte aufgehört, auf Gott zu hören, und findet sich im Exil wieder - fern der Heimat gedemütigt ohne Hoffnung. Die ins Exil verschleppten Israeliten träumen von vergangenen Tagen. Wie gut sie es doch in ihrer Heimat hatten. In der Erinnerungsverklärung stellt sich alles noch viel besser dar, als es in Wirklichkeit war.
  • Der Prophet sagt nicht „recht geschieht euch“, sondern er fordert sie auf: „Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten!“ Sollen sie etwa ihre Schuld verdrängen, ihre sündige Vergangenheit einfach leugnen? Sicher nicht.
  • Die Schatten der Vergangenheit sitzen auch uns im Genick: Die Gespenster des Antisemitismus, des Rassenwahns der Nazizeit, der immer wieder aufbrechende Fremdenhass.
  • Wir müssen schon fragen, „wo geht die Reise hin, wenn der Glaube in den Herzen immer mehr verdunstet, weil die Christen dem Gottesdienst fernbleiben, sich nicht mehr durch das Wort Gottes auf den Weg der Wahrheit führen lassen, sondern nur noch ihren eigenen Plänen folgen und nach den bösen Trieben ihres Herzens handeln?“
  • Die Gier nach dem schnellen Geld hat uns nicht nur eine Finanz- und Immobilienkrise gewaltigen Ausmaßes beschert, das grenzenlose unersättliche Habenwollen zerstört das Fundament eines jeden Gemeinwesens, bringt Unsicherheit hervor, erzeugt Hass.
  • Jesaja ruft dazu auf, angesichts vergangener Schuld nicht in Verzweiflung und Selbstmitleid zu versinken, sich weder darauf fixieren zu lassen, noch die Schuld zu verdrängen. Vielmehr sagt er: Gott selbst baut neue Wege, wo es nicht weiterzugehen scheint; in der Wüste bahnt er seinem Volk einen Weg, der nach Hause führt. Nicht um ein Totschweigen von vergangenen Fehlern geht es da: Gott benennt ganz klar die Sünde des Volkes. Wohl aber gewährt er trotz dieser Schuld einen Neuanfang.
  • Das Volk selbst kann durch all sein Bemühen und Dazutun das Vergangene nicht auslöschen und vergessen machen - aber Gott tut es von sich aus: „Ich bin es, der um meinetwillen deine Vergehen auslöscht, ich denke nicht mehr an deine Sünden!“ Gott sagt: „Um meinetwillen denke ich nicht mehr an euere Sünden."
  • Es geht darum, daß die Menschen erkennen, dass Gottes Wesen Liebe und Erbarmen ist. Alles kommt darauf an, diese Liebe und dieses Erbarmen anzunehmen und sich im Sakrament der Sündenvergebung schenken zulassen. Die Welt ist bei Gott in unseren Breiten nicht besser geworden, seit die meisten Christen bei uns nicht mehr zur Beichte gehen. Vielmehr zerbrechen Ehen und menschliche Beziehungen am laufenden Band.
  • Es sind die Glaubenssätze der Bibel, die mir mein Leben wesentlich erleichtern: Nicht durch meine Leistung schaffe ich mir Gerechtigkeit vor Gott, sondern weil Gott mir um seiner selbst willen Vergebung gewährt! Deshalb habe ich auch Hoffnung in Zeiten, die in mancherlei Hinsicht alles anderes als rosig zu sein scheinen: Denn Gott selber ist es, der immer wieder dafür sorgt, dass wir Zukunft haben! Die Umkehr zum Gott der Liebe und des Erbarmen ist der Weg in die Zukunft.

Gott ist der Helfer zum Neuen.

  • Jesus lebt diese Verhalten Gottes. Das Evangelium berichtet, dass Jesus ebenfalls die Sünden der Vergangenheit beseitigt; dass er einen Menschen von seiner Lähmung befreit, indem er ihn zuerst von seinen Sünden losspricht. Das ist die frohe Nachricht für alle, die von Schuld und Versagen niedergedrückt werden.
  • Hier möchte ich den Blick lenken auf die Träger des Gelähmten. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht dem Kranken zu helfen. Sie wissen, da ist einer der helfen kann, Jesus von Nazareth. Aber sie kommen auf herkömmlichem Weg nicht zu ihm durch. Doch anstatt aufzugeben und auf eine andere Gelegenheit zu warten, finden sie einen neuen Zugang zu ihm, einen überraschenden und völlig unkonventionellen: Sie öffnen das Dach und lassen den Gelähmten zu Jesus hinunter.
  • Für mich ist dies der Aufruf, über neue Zugänge zu Jesus nachzudenken. Wir dürfen uns nicht lähmen durch äussere Umstände in Kirche, Politik oder im persönlichem Leben. In den Medien und in der Presse herrschen ja hauptsächlich die Negativschlagzeilen. Unser Erzbischof soll einmal gesagt haben: "Wenn unsere Kirche so wäre, wie sie in den Medien und Zeitungen dargestellt wird, würde ich aus ihr austreten." Es ist beileibe nicht immer nur die Liebe zur Wahrheit, die zum Anprangern der Schuld anderer führt, sondern oft auch die Freude daran, andere fertig zu machen. So kann man wunderbar vom eigenen Versagen und den eigenen Defiziten ablenken.
  • Vielleicht brauche ich manchmal meinen Blickwinkel nur ein wenig zu ändern; vielleicht reicht es, wenn ich mir eine Sache mal von einer anderen Seite ansehe, ohne Vorurteile und Vorverurteilung, - und es eröffnen sich neue Möglichkeiten für mich, für kirchliche Entscheidungsträger oder auch für Politiker. In der Fernsehreihe "2000 Jahre Christentum" wurden die Verirrungen und Sünden der Christen und ihrer Führer ausgiebig dargestellt.
  • Im Rückblick und Abstand der Geschichte ist man alle mal klüger. Es ist leicht über eine Zeit zu urteilen, in der man nicht selbst gelebt hat, deren Umstände man nicht ausgeliefert war oder sie nicht aushalten mußte, deren Folgen wir heute kennen. Wer aus der sündigen Vergangenheit der Christen und der Kirche seine Ablehnung nährt, der findet Nahrung genug. Aber auch da gilt die Mahnung Jesu: "Richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden."[5]
  • Wer von uns möchte schon, dass ihm am Ende seines Lebens nur alle Fehler alles Versagen und alle Unterlassungen vorgehalten, aber all seine Treue und Hingabe verschwiegen werden? Wer redet schon von der Glaubenskraft, von der täglichen Treue, von den ungezählten guten Taten der Glaubenden, die es zu allen Zeiten gab und auch heute gibt. Sie überwiegen alles Negative bei weitem.
  • Nur der Teufel, der Widersacher Gottes hat ein Interesse daran, dass das Böse alle Aufmerksamkeit auf sich zieht und triumphiert. Die Kunst, die Medien auch das Internet werden leicht zu seinen Helfers Helfern. Und manchmal gehören auch wir dazu, wenn wir leichtfertig über andere, auch über den Papst und die Bischöfe urteilen, weil wir ja sowie so die einzigen sind, die den Überblick haben.
  • Gott verhält sich anders, weil sein Wesen Liebe und Erbarmen ist. Darum sagt er den Israeliten und uns: Ich, ich bin es, der um meinetwillen deine Vergehen auslöscht, ich denke nicht mehr an deine Sünden.[6]

Die Liebe und Treue Gottes schenkt uns den Neubeginn.

  • Diese Liebe Gottes, dieses unumstößliche Ja Gottes, das er in Jesus zu uns Menschen gesprochen und gelebt hat, läßt uns aufatmen. Es fängt damit an, dass wir unsere Scherben annehmen und bei ihm abgeben. In einem Gedicht heißt es:
Fang den Tag von heute nicht mit den Scherben von gestern an!
Der Tag von gestern, alle Tage und alle Jahre von früher sind vorbei, begraben in der Zeit.
An ihnen kannst du nichts mehr ändern!

Hat es Scherben gegeben? Schlepp sie nicht mit dir herum!

Denn sie verletzen dich Tag für Tag,
und zum Schluß kannst du nicht mehr leben.
Es gibt Scherben, die wirst du los,

wenn du sie Gott in die Hände legst.

Es gibt Scherben, die kannst du heilen, wenn du ehrlich vergibst.

Und es gibt Scherben, die du mit aller Liebe nicht heilen kannst.
Die musst du liegenlassen!


Was braucht es also für den Neubeginn?

1. das Erkennen der eigenen Schwachheit.
2. das Vertrauen, dass Gott es gut mit mir meint, ja zu mir sagt;
3. den Willen, am Neuen mitzuarbeiten.

Und unverhofft, während wir vielleicht noch über Kirchenaustritte und Glaubensmangel, über Piusbruderschaft und den Vatikan diskutieren, wird einer wie Jesaja sagen: „Es kommt schon Neues zum Vorschein merkt ihr es nicht?“[7]

 

[1] Jes 43,19
[2] Ps 81,13
[3] Jer 65,2
[4] Jer 18,12
[5] Mt 7,1; Lk 6,37
[6] Jes 43,25
[7] Jes 43,19

===>> zur Übersicht

 

http://eo-bamberg.de/eob/dcms/sites/bistum/pfarreien/dekanate/forchheim/
veit_dennert/predigten/2009/07_so_b_2009_neues.html
Samstag 20.04.2024, 10:00 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert