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Mittwoch 24.04.2024, 08:33 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

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2009

Homilie am 32.Sonntag B 2009 in der Sonntagabendmesse in St. Michael Neunkirchen gehalten

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Ein für alle mal erlöst

1 Unser Leben - Eine Kette von Zufällen - oder durch Gottes Liebe bestimmt?

  • Der 1965 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Biochemiker Jacques Lucien Monod deutete unser Leben so: Der Mensch - allein im All, aus Zufall aufgetaucht,über seine Pflicht wurde nirgends entschieden. In seinm Buch »Zufall und Notwendigkeit« sagt er vom Leben des Menschen: „Wenn er diese Botschaft in ihrer vollen Bedeutung aufnimmt, dann muss der Mensch [...] seine totale Verlassenheit, seine radikale Fremdheit erkennen. Er weiß nun, dass er seinen Platz wie ein Zigeuner am Rande des Universums hat, das für seine Musik taub ist und gleichgültig gegen seine Hoffnungen, Leiden oder Verbrechen."
  • Hier zeigt sich die Sünde als die Absonderung von Gott dem Schöpfer des Alls in ihrer schrecklichen Konsequenz. Alles wird gleich-gültig, Liebe und Hass, Leiden und Verbrechen, Hoffnung und Verzweiflung.
  •  Diese Absonderung von Gott, von seiner Schöpfung, vom Mitmenschen und von sich selbst, diese Sünde der Welt, durchbricht Gott selber durch das Kommen Christi und dessen freiwilligen Opfertod. In ihm nimmt er die ganze Schuld der Welt, ihre Absonderung und Entfremdung vom Schöpfer und Vollender des Menschen auf sich.
  • Er opfert sich, damit wir und die ganze Schöpfung wieder freien Zugang finden können zu Gott und zu einander. Mit Christus und seinem Opfertod hat das neue Zeitalter begonnen. Der Tempel und das Priestertum des Alten Bundes sind hinfällig geworden; sie waren Zeichen, Hinweise auf den wahren Tempel und das wahre Opfer Christi. Christus hat die Schuld der Welt auf sich genommen und gesühnt, er allein. Und er wird kommen, um sein Werk zu vollenden.

2 Opfer - muss das sein?

  • Das Wort Opfer möchten viele am liebsten aus ihrem Wortschatz streichen. In einer Wohlfühlgesellschaft stört es. Ob es die finanziellen Opfer sind, welche die Deutsche Einheit oder die Finanz- und Wirtschaftskrise uns Steuerzahlern kosten. Wir erschrecken, wenn die Nachrichten von den Opfern eines Verkehrsunfalls oder von Naturkatastrophen an unser Ohr dringen. Wir sind aufgeklärt und humanisiert. Wir wollen ohne Opfer leben. Wir wollen keinen Gott, dem man Opfer bringen muss.
  • Doch seit es Menschen gibt, opfern Menschen andere Menschen, leben auf deren Kosten und setzen auf deren Kosten eigene Interessen durch. Wir wollen unser individuelles Leben gut gestalten und dabei nicht selbst zum Opfer werden. Doch gerade wenn wir nur für uns selbst leben wollen, benutzen und verbrauchen wir andere, verletzen das Gleichgewicht der Schöpfung, leben in gestörten Verhältnissen, laden Schuld auf uns, fallen heraus aus der Gemeinschaft mit Gott.
  • Im schlimmsten Fall werden Menschen Opfer eines Verbrechens. Der Amoklauf eines Angehörigen des amerikanischen Militärs in Texas ist nur eines jener wiederkehrenden, Opfer fordernden Ereignisse. Er kostete in diesen Tagen 12 Soldaten das Leben. Etliche schweben noch in Lebensgefahr.
  • Es berührt uns eigenartig, wenn wir in der ersten Lesung und im Evangelium jeweils von einer Witwe hören, die ihr Letztes hergibt. Die eine teilt die letzte Ration Nahrung mit dem hungernden Propheten, die andere gibt ihr letztes Geld für den Tempel.
  • Hätten im 2.Weltkrieg nicht hunderttausende alliierter Soldaten ihr Leben geopfert,wären wir nicht von der Diktatur Hitlers befreit worden.
  • Von Jesus Christus, den der Hebräerbrief als Hohenpriester der künftigen Güter verkündet, heißt es: "er ist ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt." [1]

3 Ein für alle mal

  • In archaischen Zeiten hat man, um Gott wieder gnädig zu stimmen, Lämmer und Böcke geopfert. Braucht Gott Blutopfer? Nein. Er nimmt die Folgen unserer Gottvergessenheit auf sich, tritt durch Christus zwischen uns und unsere Schuld. „Denn das hat er ein für allemal getan, als er sich selbst dargebracht hat.“[2] Er opfert nicht etwas, er opfert sich selbst, lässt sich die Schuld der Welt aufladen, um sie ein für allemal wegzutragen. Ungeschehen machen lässt sich unsere Schuld nicht. Sie steht vor Gott, sie muss angeschaut werden. Das ist Gericht. Doch die Versöhnung Gottes ist ein für allemal unumstößlich.
  • Gott selber liefert sich in Jesus den Menschen aus. Dieses Blutvergießen reicht! Dieser Tod wurde erlitten, damit wir endlich begreifen: „Es ist vollbracht!" „Es ist besser, dass ein einziger Mensch für das Volk stirbt", sagte der Hohepriester Kajaphas[3]  ohne zu ahnen, wie Recht er hat: Es reicht!
  • Es reicht, dass einer, der Gott-Mensch für uns alle den Weg des Karfreitags angetreten hat, dass ER als Opfer dasteht, verspottet, gequält, hingerichtet. Hört auf mit den Blutopfern, den Tötungswünschen, der Lebenszerstörung, den Sperrgebieten und Todeslinien. Hört auf immer wieder Mauern zu errichten, die den Blick verstellen für die ganze Wirklichkeit des Lebens. Zu dieser gehört auch das Kreuz, das ja nach dem Willen der EU Richter im öffentlichen Bereich verschwinden soll.
  • Die Studenten des evang. Predigerseminars Finkenwalde, in dem Dietrich Bonhoeffer lehrte, entschieden sich 1936 für die Gestaltung eines besonderen Gottesdienst Raumes. Die Turnhalle wurde mit bescheidenen Mitteln in eine Kapelle verwandelt. Auf der Stirnwand aber erschien in leuchtenden Goldbuchstaben wie eine Flammenschrift das Schlüsselwort der heutigen Lesung aus dem Hebräerbrief: e˙fa¿pax (EPHAPAX) = ein für allemal![4]
  • Es war die Antwort schlechthin in der Zeit des wachsenden Naziterrors. Es gehörte Mut dazu, die Kapelle so zu gestalten. Ein fremder, schwer zugänglicher Brief des Neuen Testaments spricht in schwerer Zeit das befreiende Wort. Kein erbaulicher Bibelvers mit schönem Bild, sondern ein prägnantes Motto als mächtiger Graffito. Dahinter steht die kraftvolle erste These der Barmer Erklärung der Bekennenden Kirche: "Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir hören, dem wir im Leben wie im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben."
  • Die zweite Lesung begann mit dem Vers 24: "Denn Christus ist nicht in ein von Menschenhand errichtetes Heiligtum hineingegangen, in ein Abbild des wirklichen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt für uns vor Gottes Angesicht zu erscheinen.“ Darum ist

4 Der Himmel die einzige Wirklichkeit, die Bestand hat

4.1 In Christus, mit ihm und durch ihn haben die Schöpfung und der Mensch ein für allemal Zugang zu Gott.

 

Von diesem erreichten Ziel her empfängt sein Opfer seine Unüberbietbarkeit und Endgültigkeit. Es bleibt nicht im Innerweltlichen stecken, es ist nicht zu vergleichen mit den von der Schwachheit des Menschen ausgehenden Bemühungen um den Zugang zu Gott, die keine Freiheit von der Sünde geben können. Denn alle Opfer und Gaben der Menschen können das Gewissen der Opfernden »nicht zur Vollkommenheit führen«.[5] Nach dem Zeugnis des Hebräerbriefs ist es Gott der uns durch JESUS zu Hilfe kommt. Aufgrund seines Willens „sind wir durch die Opfergabe des Leibes Jesu Christi ein für alle Mal geheiligt.“[6]

4.2 »Er ging hinein« meint einen einmaligen, abgeschlossenen Vorgang der Vergangenheit (vgl. 9,12).
Auch unsere Gottesdienste, so liebevoll und sorgfältig sie gestaltet werden, sind nur ein nachträgliches Einschwingen in eine Liturgie, die anderswo gefeiert wird. Wir fügen dem "Ein für allemal" nichts hinzu! Wir wiederholen sein Kreuzesopfer nicht, auch nicht "unblutig"! Wir feiern und bezeugen in der Messfeier das, was ein für allemal reicht - für uns alle! Es wirkt fort bis mit der Wiederkunft Christi die Erlösung vollendet ist.

 

4.3 Ähnlich dem Lebensweg Jesu vollzieht sich der unsrige.

Auch wir gehen durch Sterben und Tod zur Anschauung Gottes. Daher gibt es für uns nichts Besseres und Großartigeres auf diesem Weg als das Opfer Christi. Es allein verschafft uns Zugang zu Gott. So hat es Gott für die Endzeit der Geschichte in und durch Jesus geoffenbart.

Über die ewige Bleibe bei Gott entscheidet das Gericht, welches das mit dem Tode abgeschlossene Leben nach seinem Ertrag befragt. Der Gedanke des ewigen Geborgenseins bei Gott erlaubt niemandem, aus der Verantwortung für sein endliches Dasein herauszuflüchten, denn nur das bis zum Tode gelebte Leben soll in die »Auferstehung der Toten«,[7] hinübergeführt werden. Darum befindet das »ewige Gericht« darüber, ob der Mensch auf Gott hin, der allein der Lebendige ist, gelebt[8] oder sich nur in »toten Werken« aufgehalten hat[9].

4.4 Einmalig ist unser Leben und Sterben.

Auch Christus stand unter dem Gesetz der Endlichkeit und wir mit ihm. Nur mit dem, was er auf Erden lebend getan hat, wurde er zu Gott über die Welt und den Tod erhöht. »Er ist einmal geopfert worden« - die Passivform zeigt Gott selber als den, der im Opfer Christi gehandelt hat »um die Sünden der Vielen hinwegzutragen«.

5 Das Kreuz reicht also aus, um den Zugang zu Gott zu ermöglichen.

  • Wenn wir sterben, erscheint Christus zum 2.mal jedem persönlich. Am Ende der Zeit vor der ganzen Weltöffentlichkeit. Deshalb werden wir, solange wir leben, umkehren und die Vergebung unserer Sünden erbitten.
  • Er will uns ja in seiner Kirche die durch seinen Opfertod erworbene Versöhnung mit Gott schenken. Im Sakrament der Sündenvergebung spricht uns die Kirche durch den geweihten Priester die Vergebung ganz persönlich zu. Ihn so erwartend wird er uns das endgültige Heil zu schenken. Das heißt einschlussweise: Die Sühne der Sünden durch ihn ermöglicht ein Leben, das nicht mehr in Furcht das Gericht zu erwarten braucht,[10] das nicht mehr im Bannkreis der Todesfurcht steht[11], sondern wirkliche Hoffnung haben darf.
  • So ist unser einmaliges Sterben, unser einmaliger Tod, die Chance am erlösenden Geschehen der Lebenshingabe Jesu teilzuhaben. Daher möchten wir wie er Gott gehorsam werden bis zum Tod und sei er ein gewaltsamer schmachvoller wie bei Jesus. Jesus der uns auf diesem Weg vorausging, erwartet uns wenn wir sterben. Er erscheint nicht wegen unserer Sünden, sondern um zu retten, die ihn erwarten und die er durch die Opfergabe seines Leibes ein für allemal geheiligt hat.[12]

 

[1] Hebr 9,12
[2] Hebr 7,27
[3] Joh 18,14
[4] Hebr 7.27; 9,12; 10,10; Röm 6,10
[5] Hebr 9.9
[6] Hebr 10,10
[7] Hebr 6,2
[8] Hebr 9,14
[9] Hebr 6,1; 9,14
[10] Hebr 10,27
[11] Heb 2,15
[12] Hebr 9,28; 10,10

 

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