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Samstag 20.04.2024, 02:07 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

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2009 (B)

Homilie an Neujahr dem Fest der Gottesmutter in der Filialkirche Großenbuch

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Unsere Zeit und Gottes Ewigkeit
Unser Kalender sagt uns, heute Nacht um 24:00 endete das Jahr 2008, und um 0:00 begann das Neue Jahr 2009. Aus der Sicht unseres christlichen Glaubens begann das neue Kirchenjahr schon mit dem 1. Advent. Was wird es bringen, so fragen wir uns heute? Noch liegt das neue Jahr wie eine verpuppte Schmetterlingsraupe vor uns. „Die Zeit wird es zeigen“, sagen wir.

1 Die Zeit beschäftigt ständig unser Denken und unsere Phantasie.

  • Man höre nur unsere Redensarten: Die Zeit vergeht wie im Flug. Die Zeit steht still. Sie heilt alle Wunden. Wir können die Zeit nutzen. Wir können Zeit sparen. Wir können sie vergeuden. Wir können uns Zeit nehmen. Wir können die Zeit totschlagen. Wir können fragen, „hast du Zeit für mich?“ Manchmal hören wir oder sagen es selbst, „ich habe keine Zeit.“
  • Ganze Seiten kann man mit solchen Redensarten vollschreiben. So unterschiedlich die Zeit dabei erfahren wird, eines bleibt immer gleich: Zeit hat etwas mit uns, mit mir zu tun. Wir sind es, die Zeit erleben, weil wir es sind, die mit der Zeit umgehen. "Was fasziniert euch an der Zeit?", wurden Jugendliche gefragt? Ein Mädchen sagte spontan: "Daß das meine Zeit ist!"[1]
  • Obwohl die Zeit unser ganzes Leben lang da ist, können wir uns ihrer nicht beliebig bedienen. Vieles liegt fest, ist uns vorgegeben, im Beruf wie im privaten Leben oder durch eingegangene Verpflichtungen.
  • Aber auch die Zeit, die uns bleibt, steht uns nicht wahllos zur Verfügung. Die Vergangenheit nicht, so sehr wir auch manchmal möchten, daß wir über Stücke aus der Vergangenheit noch einmal verfügen könnten, sei es, um sie verschwinden zu lassen, sei es, um sie besser zu machen, oder um sie noch einmal zu genießen. Aber es steht dahin, ob wir dann anders mit unserer Zeit umgehen würden.

2 Die Zeit ist eines der größten Geheimnisse

 Wir nehmen nur kaum wahr in der Eile des Lebens.
  • Mit großer Wucht trifft uns die Aussage des heiligen Paulus im Galaterbrief „als die Zeit erfüllt war sandte Gott seinen Sohn.“ Die Zeit hat also mit Gott zu tun. Er ist der Vater aller Menschen, aber auch der Vater der Zeit. Durch ihn wird Zeit zur Heilszeit.
  • Eines Menschen Zeit, Mariens Zeit, nimmt er dafür in Anspruch. Darum heißt es, daß der Sohn Gottes „von einer Frau geboren“ wurde. Es ist eine ganz bestimmte Zeit, mit einer besonderen gesellschaftlichen und religiösen Prägung. Deshalb heißt es, daß der Sohn „dem Gesetz unterstellt“ ist.
  • Die irdische Zeit des Sohnes hat eine ganz bestimmte Heilsaufgabe, nämlich die unter dem Gesetz Stehenden freizukaufen von der Knechtschaft und sie zu befreien zur Sohnschaft. Weil wir zur Sohnschaft gelangt sind, wie der Sohn, wie Jesus, von Gott angenommen und geliebt sind, darum können wir zu ihm sagen. „Abba – guter Vater“. Es ist der Geist des Sohnes, der so in uns ruft.
  • Das erste Wort, das Markus von Jesus überliefert, ist ein Wort über die Zeit:  "Die Zeit ist erfüllt." Damit hat er sich gemeint. ER ist die Erfüllung der Zeit, jeder Zeit, auch meiner Zeit. Auf Jesus schauend wie er gelebt hat, wie er mit der Zeit umgegangen ist, lerne ich eine Menge. Jesus hat so gelebt, als ob er hundert Jahre Zeit zu leben gehabt hätte. Ich weiß von keinem, der so gelassen war wie er.[2]
Zeit und Heil gehören von Gott her zusammen. Das ist ihr innerstes Geheimnis. Deshalb dürfen sagen:

3 Zeit ist Leben, das Gott schenkt. Leben ist Zeit, die Gott schenkt.

  Renate Hegemann hat recht, wenn sie sagt: "Mache ich nicht diese Zeit zu meiner Zeit, läuft sie an mir vorbei und zerrinnt mit zwischen den Händen". Es ist wichtig, wie wir mit unserer Zeit umgehen, was wir aus ihr machen.

3.1  Mit der Zeit recht umgehen kann heißen,

- Auf den Herrn achten, denn er ist gegenwärtig. Durch ihn ist meine Zeit mit der Ewigkeit und Fülle des Lebens bei Gott verbunden.
- Auf die mir begegnenden Menschen zu achten, denn sie sind von Gott geschaffen und bejaht. Gott will von mir in ihnen geliebt werden.
- Auf mich selbst achten, denn ich bin liebenswert in seinen Augen. Er wohnt durch den Heiligen Geist mit seiner Liebe in mir.
- Ganz bei der Sache sein in allem, was ich lebe und bin, denn nichts in der Welt ist und geschieht ohne Gottes Anwesenheit und Nähe.
- Den Gottesdienst, vor allem die Eucharistie zur Mitte meines Lebens werden lassen. Ist doch »die Liturgie der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt«.[3]
In ihr bündelt sich geheimnisvoll der ganze Reichtum der Zeit. Wir sind eingeladen, "allezeit und überall dem Vater zu danken in Jesus Christus, seinem Sohn". Anrufend, flehend leben wir, indem wir um Gottes Geist und damit um die Verwandlung unserer Gaben wie unseres Lebens bitten. [4]
- Die Zeit zum Segnen zu nützen. Das legt uns die erste Lesung nahe. Mose wurde von Gott beauftragt, den Namen Jahwes auf Israel zu legen. So sollte es durch den lebendigen gegenwärtigen Gott gesegnet sein. Paulus steht ganz in dieser Tradition. Darum kündigt er den Christen in Rom an: „Ich weiß aber, wenn ich zu euch komme, werde ich mit der Fülle des Segens Christi kommen.“[5] Und kurz vorher fordert dieselben Christen auf: „Segnet eure Verfolger; segnet sie, verflucht sie nicht!“[6] Und von sich selber sagt er zu den Korinthern: „wir werden beschimpft und segnen.“[7] Nur wenn wir segnende Menschen sind, sind wir selber und unsere Zeit gesegnet.
Es geht daher um

3.2 Die Verwandlung unserer Zeit.
Unsere Zeit soll offen werden und offen bleiben für die Ewigkeit. Karl Rahner hat das wunderbar tiefsinnig ausgedrückt:

„Wer als Mensch die kleine Zeit
an das Herz der Ewigkeit nimmt,
Die er selbst in sich trägt,
Der merkt plötzlich,
dass auch die kleinsten Dinge
Unsagbare Tiefe haben . . .
Dass sie wie Wassertropfen sind,
In denen sich der ganze Himmel spiegelt.“[8]

3.3 Im Strom der Zeit

Wir bewegen uns in der Zeit, aber ursprünglicher noch bewegt auch die Zeit uns. Und wir sind nicht über die Zeit und ihre Bewegungen Herr, aber sie scheint über uns Herr zu sein. Freilich so, dass sie uns immer wieder einen Spielraum der Freiheit eröffnet.
  • Bernhard Welte sagt es in einem tiefen Bild:  Ist die Zeit nicht wie ein Strom? Sein stilles Wasser trägt und bewegt uns. Es erlaubt uns, die Arme auszustrecken und in ihm zu schwimmen, aber wir könnten es nicht, wenn der Strom uns nicht tragen würde.[9]
Und dann ist ja da noch etwas anderes, und das ist das allermerkwürdigste in diesem strömenden '"Lauf der Zeit".
Es fallen uns bisweilen die Toten ein, die wir gekannt haben. Deren Zeit scheint ganz vergangen zu sein. Waren sie bedeutend in den Augen der Menschen, dann sagt man, sie seien in die Geschichte eingegangen.
  • Was immer dies heißen mag, es heißt jedenfalls: Dass wir von dem leben, was sie hinterlassen haben, von ihrem Vermögen, von ihren Gedanken, von ihren Impulsen. Wir sind als die in unserer Zeit Lebenden immer Erben derer, die in die seltsame Vergangenheit des Todes hinweggenommen worden sind.[10]
  • Darin geht uns auf, dass auch wir selber früher oder später in diese seltsame Vergangenheit des Todes hinweggenommen werden. Es ist eine gewaltige Symphonie des Lebens, in die wir mit hinein genommen sind.
  • Und schwingt nicht in jedem Takt der Symphonie auch schon der letzte Takt mit, in dem das Werk erst ganz und vollendet sein wird in dem Augenblick, in dem es ganz vergangen sein wird? Denn erst dann steht es ganz vor uns, erst dann ist es wunderbar und auf wunderbare Weise als ungeheures Ganzes durchsichtig.

 4 Woher kommt die Zeit? Wohin geht die Zeit?

  • Wir bewegen uns, wie es scheint, in der Mitte des Stromes, aber wir sehen weder seinen Ursprung, seine Quelle noch seine Mündung. Der Strom der Zeit kommt aus den Bergen der Ewigkeit. Er hat beständig etwas von ihrer Klarheit und von ihren Abgründen in sich. Und er strömt in die Unendlichkeit, in das Meer der Ewigkeit. Dieses ist voll von Verheißungen. JESUS hat uns Gott, als seinen und unseren Vater geoffenbart, der in ihm seit Ewigkeit liebt und bis in Ewigkeit lieben wird.

Edith Stein, von Geburt Jüdin, konvertierte zum Katholischen Glauben und trat 1932 in den Orden der Karmeliterinnen ein. Sie wurde 1942 von den Nazis in Auschwitz vergast. Sie hat es gewagt ihre Zeit in die Hände des Gott und Vaters Jesu Christi zu legen, der Zeit und Ewigkeit umschließt:

Lass blind mich, HERR, die Wege gehn, die Dein sind!
Will deine Führung nicht verstehn, bin ja Dein Kind,
bist Vater der Weisheit, auch Vater mir.
Führst durch Nacht Du auch, führst doch zu Dir.
HERR, lass geschehn, was Du willst, ich bin bereit!
Auch wenn Du nie mein Leben stillst in dieser Zeit.
Bist ja der Herr der Zeit: Das Wann ist Dein -
Du ewges Jetzt, einst wird es sein.


[1] Kleines, kostbares Jetzt, Von Hans Albert Höntges CG 1998/47
[2] Hans Albert Höntges, Gelassen und  gegenwärtig zugleich CG 1988/46/377
[3] LC 10
[4]Gerhard Ruhbach Zeit ist Leben, Leben ist Zeit MD 88/4/129f.
[5] Röm 15,29
[6] Röm 12,14
[7]  1 Kor 4,12
[8] Karl Rahner, KA 94/04
[9] Bernhard Welte, Meditation über die Zeit in: MD 1981/ S.2-4
[10] ebd. MD 1981/ S.2-4

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