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Freitag 29.03.2024, 09:49 Uhr
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2010 (C)

Homilie am 6. Sonntag im Jahreskreis in der Sonntagvorabenmesse und der Sonntagabendmesse in St. Michael Neunkirchen am Brand

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Selig – Wehe [1]
Die zwei Gesichter des Lachens

  • Der 2. Teil des heutigen Evangeliums mit seinem „Wehe, die ihr jetzt lacht“, kommt mir wie ein Kontrastprogramm zum Fasching vor. Heißt die Botschaft des heutigen Evangeliums etwa: „Das Lachen wird euch schon noch vergehen“? Wäre ich ein Strafprediger, dann würde mir das ganz gut ins Konzept passen.
  • Aber die christliche Botschaft heißt „Evangelium – ευαγγελιον“ gute Nachricht, frohe Botschaft. Wieso dann im Lukasevangelium die Gegenüberstellung von Selig- und Weherufen?
  • Wie so vieles in der Welt hat auch das Lachen zwei Gesichter: Es gibt das fröhliche Lachen, das aus einem glücklichen Herzen kommt; das Lachen und Sich freuen mit anderen über einen Erfolg; das Lachen, das aus einem heiteren Gemüt kommt; das Lachen, das sich des Lebens freut. Das Lachen, das sich über das Gute freut. In diesem Lachen leuchtet schon etwas von der Seligkeit des Himmels auf.
  • Es gibt aber auch das andere Lachen: das der Schadenfreude, wenn ein anderer hereingelegt wurde. „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“ Es gibt das dreckige Lachen über sexuelle, zotige Witze, das die Quelle des menschlichen Lebens, aus der wir alle kommen, der Lächerlichkeit preisgibt. Es gibt das überhebliche Lachen, wenn andere besiegt und gedemütigt wurden. Es gibt das geringschätzige, lachende sich Abwenden vor der Not und dem Elend der Armen. Diesem Lachen gilt das „Wehe“ Jesu. Es ist das Lachen ohne Liebe. Das Lachen der Hölle.


Das Lachen Gottes, das Lachen Jesu

Viel wurde in den vergangenen Jahrzehnten darüber geschrieben, ob denn Gott lache, ob Jesus gelacht habe.
  • Von Jesus wird uns berichtet, dass er weinte über Jerusalem. Wenn auch vom Lachen Jesu nichts in den Evangelien steht, so heißt das nicht, dass er nicht gelacht habe. Wer, wie er die Botschaft der Liebe und der Befreiung des Menschen ausrichtet, wer Menschen heilt, Sündern und Ausgegrenzten Ansehen und Würde gibt, der kann auch lachen.
  • Das Alte Testament kennt jedenfalls einen Gott, der dem Menschen eine Zeit des Lachens zumisst und zuspricht. Der weise, lebensnahe Prediger im Buch Kohelet schreibt: "Für jedes Geschehen gibt es eine bestimmte Zeit, eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen."[2] Einmal scheint man im Alten Testament das fröhliche Lachen von Menschen fast akustisch zu hören. Das war damals, als die Israeliten aus der Gefangenschaft heimkehrten. Da begannen sie vor Freude zu lachen, wie es im Psalm 126 heißt: „Als der Herr das Los der Gefangenen Zions wendete, da waren wir alle wie Träumende. Da war unser Mund voll Lachen und unsere Zunge voll Jubel."
  • Der Gott der Bibel kennt nicht wie die Götter und Göttinnen der Heiden, die der Phantasie der Menschen entsprungen sind, Neid und Missgunst, weil es Menschen gut geht, sie sich darum freuen und deswegen lachen und singen. Jahwe - der Gott Israels - ist ein Gott, der sich so offenbart: "Ich bin der, der für euch da ist, der zu euch steht und mit euch geht." Jahwe schenkt dem Menschen das Leben mit seinen Freuden und Genüssen; denn er ist ein Liebhaber des Lebens, wie es im 4. Kapitel des Buches Jesus Sirach, heißt.
  • Und als Sara im hohen Alter Mutter wird und den Isaak geboren hat sagt sie: „Gott ließ mich lachen; jeder, der davon hört, wird mit mir lachen.“[3] ]

Die Armen werden selig gepriesen

  • Das Evangelium Jesu Christi ist bei Lk vorrangig die gute Nachricht für die Armen. Sie sind nach alttesdamentlicher Tradition die zu Unrecht in ihren Lebensmöglichkeiten Eingeschränkten. Immer geht es bei Lukas um wirkliche Arme, also um Menschen, die in ihrem Leben einen Mangel erleiden.
  • Dieser ist nicht auf das Materielle beschränkt. Beispiele für Armut sind im heutigen Evangelium Hunger und Tränen, Heimatlosigkeit und Ausgrenzung von lebenswichtigen Beziehungen. Leibliche und seelische Not liegen eng beieinander.[4]
  • Wir selber dürfen uns als Arme entdecken. Denn im Leben von uns allen gibt es Defizite unerfüllte Hoffnungen. Viele Menschen erleben Scheitern, Frustration, Unvermögen, leiden unter Enttäuschungen.
  • In Jesus Christus ergreift Gott eindeutig Partei für die Armen hier und jetzt. Aus der Zusage endzeitlicher Verwandlung aller Mängel erwächst jene Hoffnung, die jetzt schon in unserer Armut den Reichtum Gottes aufleuchten lässt. So kann die jetzt erlebte Armut zur „Armseligkeit“ werden.
  • Jesus sucht gerade im Lukasevangelium diese Menschen immer wieder auf und lässt ihre Leiden und Mühen ganz nah an sich heran. Auf diese Weise macht er es möglich, dass die Armen, die unter Hunger, Trauer, Krankheit, Heimatlosigkeit oder Schuld leiden, ihren Schmerz nicht verschließen, verdrängen müssen.

Weh euch ihr Reichen und Satten

  • Wehe euch, ihr Reichen”, ruft Jesus seinen Hörern zu, weil er mit hellsichtiger Anteilnahme die Vergeblichkeit und Gefährlichkeit solcher Selbsttröstung durchschaut. Lottofieber und Finanzkrise zeigen welche Macht die Gier nach Geld über Menschen haben.
  • Wovon werden Reiche sich trösten lassen, wenn ihnen diese Sicherheiten des eigenen Vermögens abhanden kommen und sie zu spät erkennen, dass die Reichtümer wahren Lebens jene sind, die wir verschenken und die uns in Liebe und Solidarität geschenkt werden?

Wer zuletzt lacht

  • Als ich Juli 1944 die Aufnahmeprüfung für das Gymnasium in Bamberg machte, mussten wir in Deutsch Sätze aus der Gegenwart in die Vergangenheit übertragen. Der Deutschlehrer schien kein Anhänger Hitlers gewesen zu sein. Die Katastrophe des 3. Reiches stand unmittelbar bevor. Hochmütig hatten die Nazis sich als Herrenrasse präsentiert und alle anderen zu Menschen 2. Klasse oder zu Untermenschen degradiert. Einer der Sätze die der Deutschlehrer ausgewählt hatte, war ein bekanntes Sprichwort: „Der Mensch denkt und Gott lenkt.“ Bei der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses wurde unter großem Schmunzeln mitgeteilt, dass einer der Schüler das Sprichwort folgendermaßen in die Vergangenheit übertragen hatte: „Der Mensch dachte, und Gott lachte.“
  • Dies stimmt mit dem Psalm 2 überein. „Die Könige der Erde stehen auf, die Großen haben sich verbündet gegen den Herrn und seinen Gesalbten.... Doch er, der im Himmel thront lacht, der Herr verspottet sie.“[5]
  • Mit seinem Zuruf, „Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes!” will Jesus uns sagen, »Ihr braucht nicht vor der eigenen Armut zu fliehen, ihr müsst sie nicht mit eigener „Habe” zudecken«. Selig sind die Armen nicht, weil es schön und erstrebenswert wäre, arm zu sein. Armut, Mangel und Tränen als solche sind keine Kennzeichen der Herrschaft Gottes oder seines Schöpferwillens.
  • Selig sind die Armen deshalb, weil Gott mit seiner ganzen Leidenschaft und Zuwendung mit den Armen so solidarisch sein will, wie es uns Jesus vorgelebt hat. Er möchte mit seiner barmherzig liebenden Macht genau jene Stelle in uns besetzen, an der wir uns anderen, fremden Mächten von innen und außen ausgesetzt sehen. Dort aber, wo er herrscht, entsteht die Hoffnung, dass wir auf dem Weg des Freiwerdens von den Verderben bringenden Mächten voranschreiten.
  • Wir dürfen weinen und traurig sein über die Ungerechtigkeit, über den Gegensatz von Arm und Reich, über die Ungerechtigkeit in unserer Welt.
  • Wir dürfen weinen und traurig sein über unsere eigenen Defizite, über unser Unvermögen, auch über unsere Sünden. Wenn wir es nur vor und mit Gott tun. Er sagt allen Armen, auch uns, wenn wir unsere Armut entdecken und zugeben: „Selig, die ihr jetzt weint, ihr werdet lachen!“[6]
  • Es gibt ein strahlendes gutes Lachen, das von Gott kommt. Im Buch der Weisheit heißt es von der starken gottesfürchtigen Frau „Noch am letzten Tag wird sie lachen.“ So gesehen stimmt das Sprichwort „Wer zuletzt lacht, lacht am besten.“
[1] Homilie zu Lk 6,17.20-26

[2] Koh 3,4
[3] Gen 21,6
[4] DBH 1994 - 94SONN06.TXT
[5] Ps 2,3f.
[6] Lk 6,21

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