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Mittwoch 13.11.2024, 23:47 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

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2010 (C)

Homilie am 7. Ostersonntag im Pfarrgottesdienst in St. Michael Neunkirchen

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 "Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein."

1. Jesus bittet im Evangelium den Vater, »alle, die durch das Wort der Apostel an ihn glauben sollen eins sein«.[1]

  • Bei diesem Wort unseres Herrn kommt uns schmerzlich zum Bewusstsein wie zerrissen die Christenheit ist. Die Zahl der christlichen Kirchen und Sekten geht in die Hunderte, wenn nicht in die Tausende. Seit dem letzten Jahrhundert ist die Vielfalt der religiösen Sondergruppen, die sich auf Jesus Christus beziehen, selbst für Fachleute nicht mehr zu überblicken.
  •  Was Jesus heute im Evangelium bittend vor Gott ausspricht ignorieren viele Christen. Jesus will, dass sich sein Verhältnis zum Vater und des Vaters zu ihm fortsetze im Verhältnis der Jünger zueinander. "Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast."[2] Wir sollen uns also als Jüngerinnen und Jünger Jesu in die innige Beziehung zwischen dem Vater und Jesus hineinbegeben.

2. Was zeichnet die Beziehung zwischen Jesus und seinem Vater aus?

  • Jesus war in allem, was er sagte und dachte und tat, ganz auf Gott, den er seinen Vater nennt, eingestellt. Auf ihn hörend ging er jederzeit auf Gottes Absichten ein, er lebte ganz für ihn und in ihm. Und der Vater war ganz eng mit Jesus verbunden. Er war in ihm so sehr gegenwärtig, dass die Begegnung mit Jesus für einen aufgeschlossenen Menschen zur Gottesbegegnung wurde.
  • Der Vater im Himmel und Jesus sind vollkommen eins. So ist Jesus ganz durchlässig für Gott. Er kann von sich sagen, "Wer mich sieht, hat den gesehen, der mich gesandt hat."[3] Oder wie Paulus es schon lange vor dem Johannesevangelium in einem Christushymnus der Gemeinde von Kolossä mitteilt: "Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung." [4]
  • Die Jüngergemeinschaft, die Kirche sollte also transparent sein, es sollte aus hier hervorleuchten die innige Einheit vom Vater mit Jesus und von Jesus mit dem Vater. Das ist die Aufgabe der Jüngerinnen und Jünger Jesu zu allen Zeiten, bis er wiederkommt in Herrlichkeit, um die Erlösung zu vollenden..
  • Nicht eine in viele konkurrierende Gruppen gespaltene Christenheit, sondern eine die Einheit lebende Christenheit, ist in den Augen der Welt glaubwürdig. Wenn die christlichen Kirchen heute für die Menschen anziehend sein wollen, müssen sie sich überlegen, was sie von sich aus tun können und was sie darüber hinaus von Gott erbitten müssen, damit sie glaubwürdiges Zeichen der Einheit des Vaters mit Jesus und der Einheit Jesu mit dem Vater sind.
  • Wer wirklich Christ ist, geht auf andere Christen zu. Seine individuelle Eigenheiten und Meinungsverschiedenheiten wird er oder sie hintanstellen. Wir werden uns so verhalten, dass wir in den Augen des anderen als Ebenbild Gottes, als Bruder und Schwester des einen Herrn Jesus Christus erkennbar sind.
  • Das geht natürlich nicht von selbst. Es verlangt, täglich in der Gegenwart Gottes und unseres Herrn Jesus Christus zu leben. Jeden Tag sollte es im Leben eines Christen wenigstens einen kleinen Zeitraum geben um ein Wort aus der Urkunde unseres Glaubens um ein Wort der Bibel in sich aufzunehmen. Wir werden am Beginn des Tages den geschenkten Tag mit seinen Aufgaben und Pflichten ihm weihen. Der Christ tut gut daran, seine Begegnungen vor Gott und vor Jesus voraus zu meditieren, damit sie in der Haltung Jesu geschehen.
  • Eine Gemeinde, eine Kirche, eine Christenheit, die auf solche Weise transparent ist für die Einheit zwischen dem Vater und dem Sohn, zwischen Gott und Jesus, werden die Aufmerksamkeit Außenstehender auf sich ziehen.
  • Durch Christen, die so leben, bekommen Suchende Mut an den zu glauben, den die Gemeinde als ihren Gründer bekennt: an den von Gott gesandten Jesus Christus. Ehrlicher Weise müssen wir sagen, dieser Erwartung und Bitte Christi entsprechen wir Christen nur bruchstückhaft.
  • Kraft unserer Freiheit und vor allem unserer moralischen Schwäche, infolge unseres Konkurrenzdenkens und vor allem des Neides, vereiteln wir Christen das vor Gott ausgesprochene Herzensanliegen Jesu. Wie können wir mithelfen, das Ärgernis einer uneinigen Christenheit zu überwinden?

3. Das Vaticanum II gibt im Ökumenismusdekret wichtige Anregungen

3.1 Die Sorge um die Wiederherstellung der Einheit ist Sache der ganzen Kirche, sowohl der Gläubigen wie auch der Hirten, und geht einen jeden an... (Art. 5)

3.2 Jede Erneuerung der Kirche besteht wesentlich im Wachstum der Treue zur eigenen Berufung

  • Nur so können wir auf dem Weg der Einheit voranschreiten. Also nicht eine Verwässerung des Christentums bringt uns der von Christus gewünschten Einheit näher, sondern die Konzentration auf das Wesentliche.
  • Die Kirche wird auf dem Weg ihrer Pilgerschaft von Christus zu dieser dauernden Reform gerufen, deren sie allzeit bedarf, soweit sie menschliche und irdische Einrichtung ist. (Art. 6)
  • Das Konzil nennt ausdrücklich die biblische und liturgische Erneuerung, die Predigt des Wortes Gottes und die Katechese, das Laienapostolat, neue Formen des gottgeweihten Lebens, die Spiritualität der Ehe, die Lehre und Wirksamkeit der Kirche im sozialen Bereich als wichtigste Lebensäußerungen der Kirche, die wesentliche Schritte auf dem Weg zur Einheit sind.

3.3 Das Konzil weist uns darauf hin, dass es keinen Fortschritt auf dem Weg zur Einheit geben kann ohne innere Bekehrung.

  • Denn aus dem Neuwerden des Geistes, aus der Selbstverleugnung und aus dem freien Strömen der Liebe erwächst und reift das Verlangen nach Einheit.
  • Das Konzil spricht auch deutlich von den Sünden gegen die Einheit, deren wir uns alle schuldig gemacht haben und noch immer machen. Alle Christgläubigen sollen sich bewusst sein, dass sie die Einheit der Christen umso besser fördern, ja sogar einüben, je mehr sie nach einem reinen Leben gemäß dem Evangelium streben. (Art. 7)

3.4 Diese Bekehrung des Herzens und die Heiligkeit des Lebens

  • In Verbindung mit dem privaten und öffentlichen Gebet für die Einheit der Christen ist als Seele der ganzen ökumenischen Bewegung anzusehen. Ökumenische Gottesdienste sind nicht nur für ein paar Auserwählte oder nur für in einer Bekenntnis verbindenden Ehe Lebende gedacht, sondern sollten das Anliegen eines jeden Christen sein, dem die Bitte des Herrn um Einheit der Christen im Vater und in ihm wichtig ist.
  • Wir sollen es regelmäßig tun und so dem Wunsch des Konzils nachkommen, das im Ökumenismusdekret Art 8 feststellt. »Solche gemeinsamen Gebete sind ein höchst wirksames Mittel, um die Gnade der Einheit zu erflehen, und ein echter Ausdruck der Gemeinsamkeit, in der wir Katholiken mit den getrennten Brüdern und Schwestern Kraft der einen Taufe verbunden sind« "Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen."[5]

3.5 Das eigentliche Band der Einheit nennt Jesus heute am Schluss des Evangeliums, wo er von der Liebe spricht, mit der ihn der Vater geliebt hat.

  • Diese Liebe hat er seinen Jüngern ins Herz strömen lassen. In der Taufe wurde Gottes Liebe durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen. Durch diese Liebe will der dreifaltige und dreieinige Gott in seiner Kirche gegenwärtig bleiben.
  • Von dieser Liebe sagt der heilige Albert der Große einmal, dass sie für die Christenheit dichter ist als prächtige Dome und Münster. Uns aber sind oft theologische Lehrgebäude und lieb gewordene Gewohnheiten und Traditionen wichtiger als die Einheit der Kirche.
  • Das Gebet Jesu um die Einheit der Kirche sollte uns nie mehr aus dem Herzen und dem Sinn gehen. Es sollte uns anspornen, für Verständigung unter den christlichen Gruppen und Gemeinschaften zu arbeiten, wie und wo immer wir können. Dazu gehört auch, dass wir einander besser kennen und verstehen lernen.

4. Lassen wir zum Schluss nochmals das Konzils zu Wort kommen.

  • Im Artikel 9 des Ökumenismusdekrets heißt es »Man muss den Geist und die Gesinnungsart der getrennten Brüder kennen. Dazu bedarf es notwendig des Studiums, das der Wahrheit verpflichtet ist und in wohlwollender Gesinnung durchzuführen ist«.
  • Wir hören recht: es geht um wohlwollende Gesinnung in unseren Begegnungen mit den Christen anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften. Das Wichtigste am Ökumenischen Kirchentag in München, sind nicht aufregende von den Medien erwartete und verbreitete Statements bestimmter Theologen und Theologinnen, sondern das gemeinsame Aufspüren der Wurzeln unseres christlichen Glaubens und das aufmerksame miteinander Hinhören auf das Evangelium Jesu. Der daraus aufsteigende gemeinsame Lobpreis Gottes und die vom Geist der Liebe und des Respekts geschehenden Begegnungen sind das Zeugnis, das die Welt heute braucht.
  • Die Dichterin Ricarda Huch hat einmal gesagt:" Die LIEBE IST DAS EINZIGE DAS NICHT WENIGER WIRD - WENN WIR ES VERSCHWENDEN."
  • Wenn wir mit der Liebe, die der Vater zum Sohn und Christus zum Vater hat, einander begegnen, werden unsere Begegnungen und unser Bemühen um Einheit gesegnet sein.


[1] Joh 17,20f.
[2] Joh 17,21
[3] Joh 12,45
[4] Kol 1,15
[5] Mt 18,20

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