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Mittwoch 24.04.2024, 05:41 Uhr
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2010 (C)

Homilie am Gründonnerstag in Hetzles St. Laurentius

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 Das Paschamysterium[1]

Das Evangelium will mehr sein als ein Protokoll. Es ist heilige Geschichte, in der jede Bemerkung durchdrungen ist von der Geschichte Gottes mit seinem Volk, also Heilsgeschichte ist. Dieser Horizont der Heilsgeschichte tut sich schon im ersten Vers des 13. Kapitels des Johannesevangeliums auf. Das heutige Evangelium beginnt so:

"Es war vor dem Paschafest."

Das ist mehr als nur eine Zeitangabe. Wie bei einem Gongschlag schwingt bei der Erwähnung dieses Datums das ganze Schicksal des ersten Gottesvolkes, das ganze Schicksal Jesu, aber auch des neuen Gottesvolkes der Kirche mit.
Viermal fängt eine Begebenheit im Leben Jesus so an. Jedesmal geht es um das Geheimnis seiner Lebenshingabe in der Gottes Macht und Herrlichkeit sich offenbart.
  • "Das Paschafest der Juden war nahe" heißt es zu Beginn der Tempelreinigung, als Jesus vom "Tempel seines Leibes" spricht. „Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.“[2]
  • Auch bei der Brotvermehrung war es "kurz vor dem Paschafest", als er sich in der anschließenden Brotrede, als das "Brot den Lebens" offenbart: "Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt."[3] So steht auch sein Mahl ganz und gar unter dem Zeichen des Paschamysteriums, dem rettenden oder richtenden Vorübergang des Herrn.
  • Die Salbung in Betanien geschah "sechs Tage vor dem Paschafest". Sie geschah, wie Jesus sagt, für den Tag seines Begräbnisses.[4]
  • Wenn bei der Fußwaschung erwähnt wird, „es war vor dem Paschafest“, dann wird diese zum Vorzeichen seiner "Liebe bis zur Vollendung". Das ganze Geschehen ist bezogen auf das Pascha, den richtenden und rettenden Vorübergang Jahwes. Beim ersten Pascha brachte es das Gericht über Ägypten, das sich dem Willen Gottes widersetzte, für Israel, das sich unter das Blut des Lammes stellte, brachte es Schutz und Rettung aus der Sklaverei in Ägypten.
  • Das Evangelium ist heilige Geschichte, Heilsgeschichte, in der Gott sich offenbart, zuletzt in seinem Sohn, in Jesus von Nazareth. Deshalb sind auch die Feste des neuen Gottesvolkes, der Kirche, nicht einfach nur historische Reminiszenzen, nicht schwelgen in der Vergangenheit, sondern Vergegenwärtigung des Heilshandelns Gottes, das hier und heute an uns geschieht.
  • Ostern ist zwar auch in unserer einst christlich geprägten Gesellschaft ein Feiertag, ein Ruhetag, und auch der Sonntag hat immer noch einen, wenn auch angefochtenen Platz in unserem Land. Aber das ist heute für viele ein ganz anderes Ostern, ein ganz anderer Sonntag als der kirchliche. Der kirchliche Sonntag ist ein kleines Osterfest. Die ganze Woche wird unter das Licht des einen großen Osterfestes gestellt. Und das wahre Osterfest ist das Fest "seiner Liebe bis zur Vollendung." Es ist jene Liebe, die Raum und Zeit überschreitet, Leiden, Tod und Grab überwindet und uns für alle Ewigkeit zuteil wird.

 

Es war das wesentlichste Anliegen der Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils, das Paschamysterium werde für alle sichtbar und erfahrbar zur Mitte des christlichen Lebens und Feierns.
  • Dieser Schritt auf diese Mitte unseres Christseins hin wird auch morgen bei der Karfreitagsprozession in Neunkirchen sichtbar. War ursprünglich war das letzte Bild das Heilige Grab. Seit 20 Jahren ist es e Figur des Auferstandenen. So wird sichtbar, am Ende triumphiert nicht Tod sondern der vom Vater von den Toten auferweckte Christus. Nicht das Grab ist die Endstation des Lebens, sondern wir werden mit Christus auferweckt zur Fülle des ewigen Lebens bei Gott.
  •  Den Karfreitag können wir nur deshalb aushalten, ja feiern, weil es Ostern gibt, weil Christus vom Vater auferweckt und zum Haupt der ganzen Schöpfung erhöht wurde. Das ganze Liturgische Leben soll um die von den Aposteln verkündete  Botschaft kreisen, „ der Sohn Gottes  uns durch seinen Tod und seine Auferstehung  der Macht des Satans entrissen und in das Reich seines Vaters versetzt hat".[5] Den "Herrentag", also den Sonntag, nennt das Konzil, "den Urfeiertag...das Fundament und den Kern des ganzen liturgischen Jahres.[6]
  • Welch ein Privileg für uns Christen,  wir jedes Jahr auf Ostern hinleben und jede Woche aus dem Osterfest leben dürfen, dem Fest da sich Gottes Liebe vollendet. Dadurch steht unser ganzes Leben im Zeichen der schöpferischen, den Tod überwindenden Liebe Gottes.
  • Dieses Geschenkes bewusst werden wir nicht nur für die Rettung des Sonntags kämpfen, sondern wir werden voller Freude die Woche über auf ihn hinleben. Die Werktagsgottesdienste wären dann Schritte zum Sonntag hin. Wir "müssten" dann nicht am Sonntag in die Kirche gehen. Vielmehr würden wir voller Freude sprechen „Wie freute ich mich, als man mir sagte, zum Haus des Herrn wollen wir gehen.“ Und, Zum Altar will ich treten, zum Gott meiner Freude.“[7] Wir würden uns wirklich Zeit für diese Feier nehmen. Wir würden im Wort und in den heiligen Zeichen verweilen und uns nicht dem Diktat der Zeit und unserer Armbandfessel der Uhr unterwerfen.

„Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen.“

  • Jesus ist ein Wissender. Er bedarf dieses Wissens, damit er sein Los nicht einfach wie ein Verhängnis über sich ergehen lässt. Weil Jesus weiß, was über ihn kommen wird, vermag er eine Tat der Liebe daraus zu machen.
  • Mancher von uns hat es schon ausgesprochen: "Wenn ich gewusst hätte, was da auf mich zukommt, hätte ich mich nicht darauf eingelassen." Solch eine Äußerung gibt es sogar von einem Heiligen, dem Johannes Bosco. Als sein Werk allmählich lebensfähig wurde, sagte er einmal: "Wenn ich gewusst hätte, wie viel es mich kosten würde, ich weiß nicht, ob ich es begonnen hätte."
  • Solche Gedanken haben auch wir, ob wir nun eine Aufgabe übernommen haben, die uns überfordert, eine Ehe eingegangen sind, die zur Belastung wurde, oder einen uns überfordernden Beruf gewählt haben.
  • Solche Gedanken sind auch mir nicht fremd. Im Nachhinein konnte ich feststellen: es war gut, sich auf die gestellten Aufgaben einzulassen. Ich durfte dabei die Erfahrung machen,  der Herr mir beistand und mich führte.
  • "Jesus wusste", und dennoch hat er nicht gezögert zum Paschafest nach Jerusalem hinaufzugehen. Dieses Vorauswissen war für Jesus sein ganzes Leben lang eine Quelle des Leidens. Das Wissen um sein kommendes Leiden und seinen grausamen Tod hat sein Leben zu einem Kreuzweg gemacht, zu einem großen lebenslangen Opfer der Liebe.
  • Im Licht des Glaubens und der Liebe erscheint das nahende Ende Jesu als ein "Hinübergehen zum Vater". Jesus läuft nicht davon, wie mancher Politiker, der alles hinwirft, weil er die Widerstände nicht erträgt, der aber mit üppig fließender Pension in Freuden weiterleben kann.
  • Jesus geht seinen Weg bewusst, also wissend, weil er fest daran glaubt, dieser Weg endet nicht im Tod. Gott, den er „Abba, guter Vater“ nennt, wird dafür sorgen. Der Tod ist nur die sichtbare Außenseite des irdischen Lebens, bei der die Ungläubigen hängen bleiben.
  • Jesus vertraut sich ganz der schöpferischen nie aufhörenden Liebe seines himmlischen Vaters an. Darum kann er sich ganz und gar an die Seinen, seine Jünger, an uns hinschenken, im Zeichen des Brotes und Weines, im Sklavendienst der Fußwaschung und im Sklaventod am Kreuz.
  • Angesichts seiner Liebe werde ich mich fragen: Wie sehe ich das im Leben auf mich zukommende Leid? Sehe ich es als etwas, was mich trifft durch das Zusammenspiel der Kräfte von Natur und Geschichte, oder als Einladung, meine Liebe dem Vater im Himmel und den Menschen, die mit mir sind, zu schenken?
  • Sich in Liebe herzuschenken an Gott, sein Reich, seine Kirche, seine Kinder, seine Welt, seine Schöpfung, das ist das Opfer mit dem wir aus dieser Welt zum Vater heimgehen.

"Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung."

  • "Bis zur Vollendung". Zu welcher und wessen Vollendung? Das Evangelium gibt selber die Antwort: "Als Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht."[8] Sein Tod am Kreuz - immer zu sehen in Einheit mit seiner Auferstehung - ist der höchste Vollzug der Liebe Jesu zu den Seinen. So öffnet er für jeden Menschen, mag noch so Schlimmes über ihn kommen, die Tür zur Auferstehung und Vollendung.
  • Die Fußwaschung ist Symbol für den Kreuzestod, für das Hinabsteigen in die tiefste Erniedrigung. In ihr geht die göttliche Liebe bis zum Äußersten. Sie ist äußerste Solidarität mit allen Menschen, die getreten und zertreten, ihrer Ehre beraubt physisch und psychisch vernichtet werden. Durch diese Liebe hat Jesus das Böse überwunden, auch das Unheil des Verrats.
Die Fußwaschung, die wir nach der Predigt meditieren wollen, sagt uns:
1. Lass diese Liebe Jesu an dir geschehen, nimm sie an!
2. Lass sie zur Quelle für deine Liebe und Hingabe an Gott und die Menschen werden!
Es ist Pascha – rettender Vorübergang des Herrn.


[1] Jan Bots, Mir geschehe nach deinem Wort 1997, S.89 f.
[2] Joh 2,19
[3] Joh 6,4.48.51
[4] Joh 12,1.7
[5] (Vat II. Liturgie 6)
[6] (Vat.II. Lit.106)
[7] Ps 122,1 und 43,4
[8] Joh 19,30

 

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