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Freitag 19.04.2024, 06:36 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

Predigten

Übersicht

Lesejahr 2011 (A)

Homilie zu1. LESUNG Apg 2, 1-11; 2. LESUNG Röm 8, 8-17; EVANGELIUM Joh 20, 19-23; in Großenbuch St. Johannes der Täufer

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Renovabis Gebetsbild 2011
Renovabis Gebetsbild 2011
Veni Creator Spiritus - Komm Schöpfer Geist
[1]

Was wir gewohnt, geht uns leicht von den Lippen. So auch das Lied »Komm Schöpfer Geist« oder »veni creator Spiritus«.

1 Sind wir uns bewusst, worum wir bitten?

Wollen wir uns auf die Konsequenzen einlassen, die daraus entstehen?

Im alten Testament gibt es ein eigenes Wort für "erschaffen" aus dem Nichts. Die hebräische Bibel beginnt mit diesen Worten:  Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.[2]

Das hebr. Wort bara wird nur im Zusammenhang mit Gott verwendet, der das All aus dem Nichts erschafft. Und gleich im 2.Vers heißt es „und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“[3] Er bringt Ordnung in das Chaos, in das Tohuwabohu. Er gibt der Schöpfung ihre Gestalt.

Wenn wir den heiligen Geist anrufen als Schöpfergeist, dann müssen und sollen wir damit rechnen, dass er etwas Neues erschafft, Ordnung in unser Leben bringt, ihm Gott wohlgefällige Gestalt verleiht.

 

1.1 Das heißt also die eigene Freiheit Gott geben.
  • Ihm ganz und gar vertrauen. Heißt, wie der Prophet Jesaja zu Gott sprechen:  "Du Herr bist unser Vater. Wir sind der Ton, und du bist unser Töpfer, wir alle sind das Werk deine Hände." [4]
  • Den Schöpfer Geist auf sich herab zu rufen, bedeutet also, sich dem freien Handeln Gottes zu überlassen, so wie wir es im Vater unser beten "dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden."
  •  Den Schöpfergeist auf sich herab zu rufen, bedeutet jede Bedingung fallen zu lassen und zu allem bereit zu sein. Es bedeutet Gott zu vertrauen sowie Maria, als sie sagte: "siehe, ich bin den Magd des Herren; mir geschehe, wie du es gesagt hast."[5]
So sieht Didymus von Alexandria, der Blinde, im vierten Jahrhundert in

 

Kopie des Grünewald Bildes aus dem Maria Schnee Altar
Kopie des Grünewald Bildes aus dem Maria Schnee Altar - v.Pfarrer Pal, in Großenbuch St. Joh.d.T.
1.2 Maria die erhabenste Offenbarung des Geistes als Schöpfer:
    • "Die schöpferische Macht des Höchsten bildete den Leib Christi, als der heilige Geist über die Jungfrau Maria kam."[6]
    • Schön und klar hat der heilige Basilius der Große das schöpferische Wirken Gottes durch den heiligen Geist beschrieben: "der Vater ist die Hauptursache, derjenige, aus dem alles ist; der Sohn ist die wirkende Ursache, derjenige durch den alles erschaffen ist; der Heilige Geist ist die vollendende Ursache." Ist dadurch die Handlungskraft des Vaters eingeschränkt? Fragt Basilius. Keineswegs. Es zeigt sich vielmehr die innergöttliche Einheit des Handelns: "Der Vater will durch den Sohn existieren lassen und durch den Geist zur Vollendung führen." [7]

2 Das erlösende Handeln Jesu Christi findet durch das Wirken des Heiligen Geistes seine Vollendung.

2.1 Das Urerlebnis der Jüngerschaft Jesu an Pfingsten
  • Die Herabkunft des heiligen Geistes verwandelt das sprachliche Chaos von Babel in eine neue Harmonie der Stimmen. Durch das schöpferische Wirken des Geistes Gottes, so sagt es keine hundert Jahre später der heilige Irenäus von Lyon, „erhebt sich heute aus allen Sprachen einmütig ein Hymnus zu Gott«.
  • Es ist wie bei einem Konzertbesuch. Das Orchester ist schon auf dem Podium und jeder stimmt sein Instrument. Es ist ein wildes Durcheinander von Tönen. Steigt der Dirigent aufs Podium schweigen mit einem Mal alle probenden Instrumente. Er hebt den Taktstock und eine wunderbare Symphonie beginnt zu erklingen.

 

2.2 Der Schöpfer Geist überwindet der das innere und äußere Chaos in uns und in der Welt und führt zur Einheit.
  • Literatur und Film führen uns ständig den dem Chaos ausgesetzten Menschen vor Augen. Der russische Dichter Dostojewskij gab seinem Roman »Der Spieler« den Untertitel »Aufzeichnungen aus dem Untergrund«. Immer wieder verlassen Menschen den Schöpfungsweg vom Sein zum Nichts, vom Licht in die Finsternis, vom Sinn zur Sinnlosigkeit.
  • Wer allem Erleben und Tun ein negatives Vorzeichen gibt, gerät immer tiefer in die Depression.
  • Das »Veni Creator« anstimmend bitten wir: "Komm Schöpfer Geist, schwebe und wehe auch über meinem Chaos. Mache meine Finsternis hell. Mache aus mir einen Mikrokosmos, eine kleine Welt, die Schönes, Harmonie, Wahrheit und Reinheit ausstrahlt, eben eine neue Schöpfung. Denn Gott ist „mein Licht und mein Heil“. Er ist „die Kraft meines Lebens.“[8]

 

2.3 Das Sprachenwunder von Pfingsten hat sich zu einem globalen Wunder ausgeweitet
  • Heute wird das Evangelium, die Frohe Botschaft vom Sieg der Liebe Christi über Sünde, Tod und Teufel in allen Sprachen der Welt den Menschen verkündet. Jeder kann die Botschaft Jesu in seiner Muttersprache hören und lesen.

3 Was macht der Heilige Geist mit uns?

3.1 Er schenkt uns eine neue Sicht unserer menschlichen Existenz
  • Einer der lange über die Worte des »Veni creator spiritus« meditiert hat, berichtet was diese Meditation mit ihm gemacht hat. Zunächst verstummt er. Er fühlt sich wie gelähmt, "wie der Lehm war, ehe Gott ihm das Leben einhauchte." Dann ergreift ihn die Erkenntnis: "Hauptdarsteller des Universums, Urheber des Lebens ist Gott."
  • Von da schaut er auf die ihn umgebenden Menschen. Es steigt die Frage in ihm auf: "Von wie vielen Menschen ist die Erde bevölkert? Über alle diese Menschen gilt es auszurufen „Veni creator spiritus – Komm Heiliger Geist!"
  • Die Erfahrung der unermesslichen Zahl, der Myriaden von Himmelskörpern, der unauslotbaren Weite des expandierenden Alls, der Komplexität des Mikro- wie des Makrokosmos macht uns ganz klein.
  • Aber dies darf uns nicht zu ohnmächtiger Resignation verführen, sondern so sagt der Meditierende: "Dieses Gewirr von Nerven, Neuronen, Zellkernen, all das was unser vegetatives, intellektuelles und emotionales Lebens steuert, vertraue ich diesem Schöpfer-Geist an.“
  • Und erfährt fort: „Er hat den menschlichen Typus in der Vollkommenheit jeder einzelnen seiner Zellen erschaffen, damit in seinen Händen alles in harmonischer Weise wiederhergestellt werden kann, in Schönheit, in Wahrheit, in Reinheit. In der Heiligkeit der Gotteskindschaft. Veni creator spiritus!“ [9]

 

3.2 Als Getaufte unter der Führung des Geistes Gottes leben
  • Der Christ als Träger des Geistes Gottes muss nicht mehr auf das Fleisch, auf das Vergängliche seine Zukunft bauen. Als Getaufte dürfen wir uns vom Schöpfer Geist leiten lassen. Wenn wir unter dem sehnsuchtsvollen Ruf »Veni creator Spritius - Komm Schöpfer Geist« leben, gewinnt die Sohnschaft Jesu in uns Gestalt.(2.Ls)
  • Der schöpferische Geist nimmt uns die Angst vor Gott und seiner Übermächtigkeit. Er ermutigt uns, den Gott und Vater Jesu, mit »Abba, lieber Vater« anzusprechen[10]. Ja, "der Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind." [11]
  • In Gemeinschaft mit dem für uns Leiden und Tod auf sich nehmenden Jesus Christus, unser Kreuz mit ihm tragend, unsere Leiden mit den seinen verbindend werden wir auch mit ihm verherrlicht und Erben Gottes.[12]

 

 3.3 Der Heilige Geist ist die Gabe des Auferstandenen an seine Jünger.
  •  Von seinem Geist angehaucht dürfen und sollen sie in seiner Vollmacht stehend die Sünden vergeben, so dass sie bei Gott vergeben sind.(Evang.) So erneuert der heilige Geist das Angesicht der Erde.
  • Wann immer wir Menschen uns absondern von Gott, von unseren Mitmenschen, von Gottes Schöpfung; unser Ich oder unsere Triebe zum Maß des Verhaltens machen also sündigen, verhindern oder zerstören wir das Wirken des Heiligen Geistes.
  • Ob jemand dem Schöpfer Geist Raum in seinem Denken, Leben und Planen Raum gibt, wird an den Früchten des Geistes ablesbar. Sie sind nach Paulus: "Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung;"[13]

4 Gott war nicht früher mal der Schöpfer; Er »ist« es immer.

  • Er bewahrt die Schöpfung auch nicht nur, er stärkt sie unaufhörlich, teilt ihr ständig Sein und Energie mit, treibt sie voran, beseelt und erneuert sie. Martin Luther hat es sehr prägnant gesagt: "Erschaffen ist unaufhörlich erneuern."
  • Der Heilige Geist lässt das Chaos zum Kosmos werden. »Ungeordnetheit zur Ordnung, Wirrnis zur Harmonie, Verkrüppelung zur Schönheit«.[14]
  • Der Morgenländische Kirchenvater Basilius warnt: »Wenn du versuchst, der Schöpfung den Geist zu entziehen, geraten alle Dinge durcheinander, und ihr Leben erscheint ohne Gesetz, ohne Ordnung, ohne jegliche Bestimmung.«[15]

 

Athenagoras, der 1972 verstorbene Patriarch der Orthodoxen Kirche hat treffend gesagt, was ohne Pfingsten bei uns los wäre:
Ohne den Heiligen Geist ist Gott fern,
bleibt Christus in der Vergangenheit,
ist das Evangelium ein toter Buchstabe,
die Kirche ein bloßer Verein,
die Autorität eine Herrschaftsform,
die Mission Propaganda,
die Liturgie eine Geisterbeschwörung
und das christliche Leben
eine Sklavenmoral.
Deshalb werden wir mutig aus tiefster Überzeugung immer wieder beten: »Komm Schöpfer Geist!«
Oder wie es Romano Guardini wagte:

Sende deinen Geist, dass er mich umschaffe.
Gib mir den neuen Sinn, der imstande ist,
Das Deinige von dir her zu denken.



[1] Homilie am Pfingstsonntag zu 1. LESUNG Apg 2, 1-11; 2. LESUNG Röm 8, 8-17; EVANGELIUM Joh 20, 19-23; Am Pfingstmontag zu 1. LESUNG Apg 10, 34-35.42-48a; 2. LESUNG Eph 4, 1b-6; EVANGELIUM Joh 15, 26 - 16, 3.12-15; Quelle: Raniero Cantalamessa, Komm, Schöpfer Geist, Verlag Herder 2007 2.Auflage S.46-59
[2] Gen 1,1
[3] Gen 1,2
[4] Jes 64,7
[5] Lk 1,38
[6] zitiert ebd. S.53
[7] Cantalamessa, Komm Schöpfer Geist S.54 o.
[8] Ps 27,1
[9] ebd, S.57
[10] Röm 8,15
[11] Röm 8,16
[12] Röm 8,17
[13] Gal 5,22f
[14] Cantalamessa, Komm Schöpfer Geist S.54
[15] Zitiert bd. S.55

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