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Samstag 20.04.2024, 12:17 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

Predigten

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Lesejahr C 2015/12 bis 2016/11

Predigt - Homilie am 23. Sonntag C in Rödlas »Regina pacis«

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Eine Insel der Barmherzigkeit im Meer der Gleichgültigkeit sein[1]
Unter diesem Leitwort steht die gerade stattfindende Pfarrwallfahrt nach Vierzehnheiligen. Anhand der Bibeltexte des 23. Sonntags will ich zeigen, wie wir aus der Kraft des Wortes Gottes dieses Leitwort verwirklichen können. Dazu ist als Erstes folgende Entscheidung notwendig:
1 Ich will aus der Bibel leben
Durch die vielen Flüchtlinge aus Syrien, Irak und aus afrikanischen Ländern sind auf einmal die kriegerischen Unruhen des Nahen Ostens und Afrikas vor unserer Haustür angekommen. Das Problem ist nicht neu.
Vor genau 12 Jahren fand im Libanon die 6. Vollversammlung der katholischen Bibelföderation statt. Der Libanon – in ihm leben Christen und Muslime - wurde von 1975 bis 1990 von einem Bürgerkrieg der beiden Volksgruppen erschüttert. Mit Blick auf den Nahen Osten sagte in seiner Eröffnungsrede der Präsident der Bibelföderation Bischof Vincenzo Paglia:
1.1 Prophetische Worte, die heute auch für uns aktuell sind
  • "In einer Welt der Spaltung und Brüche, in einer Welt, in der Vergebung selten und Rache nur allzu häufig vorkommen, in einer Welt, in der Liebe schwer und Krieg leicht ist, in einer solchen Welt sollten wir Christen von neuem das Abenteuer des Sämanns aus dem Evangelium auf uns nehmen."[2]
  • Der Schwung des 2.Vat. Konzils, das »die Schatzkammer der Heiligen Schrift weit aufmachen« wollte[3], hat bei uns nachgelassen. In der Heiligen Schrift leuchtet nach Paulus »Gottes Kraft und Weisheit« auf.
  • Das regelmäßig in der Bibel Lesen hat nachgelassen, Bibelgespräche und biblische Predigten werden seltener. Um diese für die Vitalität der Kirche verhängnisvolle Entwicklung zu stoppen, ist ein neuer biblischer Aufbruch in den Pfarrgemeinden von großer Wichtigkeit. Daher der Wille: Ich will aus der Bibel leben!
1.2 Die Kraft und Weisheit Gottes soll durch uns in die Welt hinein wirken
  • Das geschieht nur, wenn wir Christen in der Bibel zuhause sind. Deshalb sagte Bischof Paglia: "In der Tat hilft die Lektüre der Bibel nicht nur unseren Gemeinden dabei, im Glauben und in der Liebe zu wachsen, sondern sie sollte der ganzen Welt jene Worte der allumfassenden Geschwisterlichkeit anbieten, die sie so dringend braucht."[4] Geschwisterlichkeit statt Gleichgültigkeit, Barmherzigkeit statt Abschottung!
  •  Anhand der Bibelworte des heutigen Sonntags will ich zeigen,
2 Das Hören auf jedes Wort Gottes hilft uns, aus Gottes Kraft zu leben
Im Dreischritt nähern wir uns den Bibeltexten des Sonntags:
2.1 Hören wir aus unserer Zeit kommend in die 1. Lesung hinein
Das Wissen unserer Zeit ist so vielfältig, dass der einzelne Mensch nur einen winzigen Bruchteil davon fassen kann. Überall wird nach Fachleuten gerufen, aber die wissen meist auch nur über den kleinen Bereich ihres Fachgebietes Bescheid.
2.1.1 Die Zusammenhänge in Natur und gesellschaftlichem Leben zu erkennen, ist äußerst schwer
  • Auch Fachleute irren nicht selten. Kurz und bündig sagt das Buch der Weisheit: "Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken." [5]
  • Wenn uns schon die Einsicht in die sichtbare Welt so schwer fällt, wie erst recht dann in die Pläne Gottes, der alles ins Sein gerufen und durch seinen Geist belebt und leitet.  Darum fragt die Lesung: "Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen, oder wer begreift, was der Herr will?"[6]
  • Aus eigener Kraft und Einsicht stehen wir vor der irdischen und himmlischen Wirklichkeit wirklich wie der vor eine schwere Last gespannte Ochs vorm Berg.
2.1.2 Aber Gott lässt den an ihn glaubenden Menschen in seiner Begrenztheit nicht allein
  • Weil er uns nach seinem Bild geschaffen hat, lässt er uns teilhaben an seinen Plänen und seiner Weisheit durch seinen Geist, den er in der Taufe in uns ausgegossen hat.
  • Dieser Geist, der die Liebe Gottes in Person ist, schenkt uns sterblichen Menschen Einsicht in den Heilsplan Gottes, macht unsere oft krummen Weg gerade, hilft uns auf unserem Glaubens- und Lebensweg weiter zu gehen, auch wenn es schmerzt und weh tut.
  • In einem Satz bringt die Lesung diese Wahrheit auf den Punkt: „Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihm nicht Weisheit gegeben und deinen heiligen Geist aus der Höhe gesandt hast?“[7]
2.1.3  Der Geist Gottes lehrt uns, was Gott gefällt.
  • Durch Gottes Weisheit, die in Jesus Mensch wurde, werden wir gerettet. Er ist in unserer kurzen Lebensfrist und in unserer vergehenden Existenz unsere Zuflucht von Geschlecht zu Geschlecht.
  • Sein Geist schenkt uns Einsicht in Gottes Pläne und Weisheit. Darum werde ich am Beginn eines jeden Tages zu ihm rufen: »Komm Heiliger Geist, öffne meine Augen, mein Herz und meinen Verstand, damit ich erkenne, was Gott heute durch mich Gutes wirken will.«
  • Der  2. Schritt führt uns zum Brief des Paulus an Philemon ein Brief aus dem Gefängnis:
2.2  Paulus setzt sich für den entlaufen Sklaven Onesimos ein
  • In seinem kurzen Brief an Philemon macht er deutlich, Leben aus Gottes Kraft - die aus der in Jesus Christus Mensch gewordenen Liebe - befähigt dich, den Untergebenen und von dir Abhängigen nicht als Herr und Sklavenhalter, sondern als Bruder in Christo zu begegnen. Nur Gott in seiner alles überblickenden und in Freiheit erwählenden Liebe darf sagen: "Ich bin der Herr und sonst niemand."[8]
  • An den Jüngern, die Jesus zu Recht Ihren Herrn und Meister nennen, verrichtet er den Sklavendienst der Fußwaschung. Er sagt ihnen damit: "Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein."[9]
  •  Deshalb, so Paulus, wird auch Philemon seinen durch Paulus Christ gewordenen fortgelaufenen Sklaven Onesimos wieder bei sich aufnehmen, aber nicht als Sklaven, sondern als geliebten Bruder im Herrn. Barmherzigkeit siegt über die Macht des Sklavenhalters.

  • Bei aus dem Geist und der Liebe Gottes lebenden Menschen, gibt es nicht mehr oben und unten, Herr oder Herrin und Knechte und Mägde, sondern Brüder und Schwestern. Wer aus Gottes Kraft und Liebe lebt, der dient in seiner Stellung und mit seinem Vermögen dem anderen.
2.3 Der dritte Schritt führt uns im Evangelium ganz in die Nähe Jesu
2.3.1 Hart und unmenschlich klingen die Worte Jesu
  • „Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.“[10]
  •  Wörtlich übersetzt heißt es sogar »hasst«. Wie sind diese unmenschlich klingenden Worte zu verstehen?
Leben aus Gottes Kraft heißt nach dem Evangelium:
2.3.2 Gott und seinem Messias Jesus Christus kommt er der 1. Platz in unserem Leben zu
  • Das Wort vom "gering achten" der irdischen Beziehungen will zunächst provokativ auf die Bedeutung unserer Gottes- und Christusbeziehung hinweisen; denn viele waren in der jungen Kirche gegen den Willen ihrer Angehörigen Christen geworden und gerieten unter großen familiären Druck. Christ werden war oft mit  dem Ausschluss aus der Familie oder mit der Verfolgung durch die heidnische Behörden verbunden.

  • Positiv verstanden bedeutet dieses Wort Jesu: Die Wertschätzung Gottes und des Mensch gewordenen und auferstandenen Christus muss unsere Liebe zu Vater und Mutter, Frau, Mann und Kindern, zu den christlichen Brüdern und Schwestern weit übertreffen.
2.3.3 Nur wenn wir Gott ganz gehören, wird sich seine Kraft in uns voll entfalten
  • Menschen, auch die Liebsten, dürfen sich nicht zwischen uns und Gott stellen.

  • Andererseits: Je mehr wir aus der Kraft Gottes, aus seinem Geist und aus der Freundschaft mit Jesus, seinem Christus, leben, desto mehr werden wir in den uns anvertrauten und geliebten Menschen sein Bild suchen und erkennen. Wir werden ihnen mit großer Wertschätzung, ihre Würde als Gottes Geschöpfe und Gottes Söhne  und Töchter achtend begegnen.

  • Ich fasse zusammen. Die Schrifttexte des 23. Sonntags sagen uns:
3 Leben aus Gottes Kraft
lässt uns trotz der undurchsichtigen Weltlage und der Krise des Glaubens in den Industrieländern vertrauensvoll in unserer Zeit leben, weil Gott der Herr des Alls und der Geschichte ist.
Leben aus Gottes Kraft befähigt uns, nicht auf Macht und Eigennutz unser Leben zu bauen, sondern geschwisterlich miteinander umzugehen, einander wertschätzend und dienend beizustehen.
Dem Wort Jesu folgend werden wir den Mut aufbringen
3.1 Im Meer der Gleichgültigkeit und des Eigennutzes eine Insel der göttlichen Barmherzigkeit zu sein
  • Leben aus Gottes Kraft befähigt uns, Gott und seinem auferstandenen Messias den ersten Platz in unserem Denken und Lieben einzuräumen.
  • Gerade dadurch werden wir fähig, den von uns geliebten und  anvertrauten Menschen, aber auch den Fremden aus anderen Kulturen mit noch größerer Liebe und Wertschätzung zu begegnen; denn Gott ist der Vater aller Menschen und Jesus Christus hat sich für alle hingegeben, um ihnen in seiner Auferstehung die Fülle des Lebens und der Beziehung bei Gott zu eröffnen.
3.2 Wir erkennen: Jeder Text der Bibel hilft uns, aus Gottes Kraft  zu leben.
  • Der grosse indische Hindu Mahatma Gandhi hat die Christen eingeladen, die biblische Botschaft "neu zu lesen und sie in Hinblick darauf auszulegen, was um uns herum geschieht."
  •  Wenn wir Christen uns das zu Herzen nehmen, dann werden wir im Meer der Gleichgültigkeit zur Insel der Barmherzigkeit.

[1] Leitwort der Pfarrwallfahrt nach Vierzehnheiligen 2016
[2] Bibel und Kirche 1/2004  Ansprache des Präsidenten S. 2 - 4
[3] LC 51
[4] Bibel und Kirche 1/2004  S. 2 - 4
[5] Weish 9,14
[6] Weish 9,13
[7] Weish 9,17
[8] Jes 45,5
[9] Mt 20,26f.
[10] Lk 14,26

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