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Samstag 20.04.2024, 13:54 Uhr
(c) 2024 Veit Dennert

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Die Heiligen - gelebtes Evangelium
1 Die entzogenen Heiligen
In einer alten Kirche westlich von Stockholm gibt es einen seltsamen Brauch, für den es lange Zeit keine Erklärung gab. Die Gläubigen der Gemeinde kommen in die Kirche und verneigen sich vor einer weißen Wand, ehe sie in ihre Bank gehen. „Es ist ein Brauch", sagen sie, „eine lange Tradition. Wir wissen eigentlich auch nicht, weshalb wir das tun."
Erst Denkmalpfleger konnten schließlich eine Antwort finden. In der Reformationszeit wurden in den Kirchen in Schweden die Heiligenbilder übertüncht. Hinter der Tünche an dieser Wand war einst ein Ma­rienbild, ein heute freigelegtes Fresko, vor dem sich die Gläubigen, da­mals noch katholisch, verneigten und ihre Kerzen anzündeten, so wie wir dies heute noch vor den Bildern und Statuen der Muttergottes und der Heiligen tun.
Schweigend, ehrfürchtig und viel­leicht auch suchend verehrten sie, was ihnen vor 450 Jahren entzogen worden war.
1.1 Vielen Menschen von heute - sind die Heiligen entzogen
Sie sind verborgen unter der Tünche der weißen Wand, auf die vielleicht anderes gemalt worden ist: Moderneres, Vordringlicheres, Aktuelleres. Gibt es nicht an­dere Menschenbilder, andere Größen, andere Gestalten, angefangen von den Titelseiten der Illustrierten über die Zeitungen und hin zu den Bildschirmen unserer Fernsehapparate? In welcher Wohnung hängt noch ein Heiligenbild?
Ja, die Barockkirchen haben den Himmel auf die Erde heruntergeholt: In den Audienzsälen großer Könige und in den Festhallen durften die Engel und die Heiligen nicht fehlen. Von unten ging der Weg nach oben und verdichtete sich in den Kuppeln in den Spi­ralen von Leibern und Wolken, in Reigen der Erlösten und im Lobge­sang auf den dreifaltigen Gott.
1.2 Der Christ geht mit in der Prozession der Heiligen
In diese Prozession der Heiligen nimmt uns die Kirche heute am Allerheiligenfest hinein. Wir selbst schreiten mit in diesem Zug „aus allen Nationen und Völkern und Sprachen".
Wir gehören auch dazu, denn jeder, der glaubt, gehört zu diesem Zug, und jeder, der Christus nachfolgt, spricht dieselbe Sprache, die Sprache des Evangeliums.
Je mehr wir in freundschaftlicher Beziehung zu Jesus sind, desto eher verstehen wir, was uns sein Evangelium lehrt und die Seligpreisun­gen verheißen.
 Was Gott dem Volk Israel in der Tora, bei den Propheten und in den Psalmen ans Herz legt, gelangt in Jesus zur höchsten Vollendung.
 
2 Gott schuf den Menschen nach seinem Bild - als Mann und Frau schuf er ihn
2.1 Menschenbilder der Vergangenheit
Z.Z. Jesu war im ganzen Römerreich rund um das Mittelmeer der gesuchte Typ der römische Bürger mit den römi­schen Mannes‑ und Staatstugenden. Selig, wer von sich sagen konnte: „Civis Romanus sum"—„Ich bin römischer Staatsbürger!"
Dann gab es eine lange Zeit, da der Adelige, der ideale Mensch war. In der Renaissance Zeit des 15. Jhts. war es der schöne und kräftige Mann.
Goethes Menschenbild war eine Mischung aus Antike und dem Humanismus des 18. Jahrhun­derts: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut".
2.2 Menschenbilder heute
Und so gibt es noch viele Menschenbilder: den erfolgreichen Unter­nehmer, den Hochleistungssportler, den Olympiasieger, den Musikstar, den Spitzenpolitiker, den durch Bodybuilding gestylten Mann und die Frau mit Sex‑Appeal.
Im Dritten Reich war es der arische Mensch und der Reinrassige - der allen anderen Völkern überlegene Deutsche.
Im Ostblock war es der Stachanow-Arbeiter und der neue kommunistische Mensch—ein Traumbild, das sich nie verwirklicht hat.
Gerade an dieser —man muss schon sagen— menschen-unwürdigen Einseitigkeit sieht man, dass der neue Mensch, den Jesus selig preist, ein ganz anderer ist.
3 Das Menschenbild Jesu - unser Bild vom Menschen
Es ist ein Menschenbild, das jedem erreichbar ist und das sich in jedem christlichen Leben irgendwie abbilden sollte. So ist in diesen Se­ligpreisungen Jesu jeder angesprochen, und es liegt an jedem von uns, wie er sich selbst in dieses Bild vom neuen Menschen einordnet.
3.1 Selig, die arm sind vor Gott
So heißt die erste Seligpreisung. In der Welt ist angesehen, wer reich, schön, erfolgreich ist. Bei Gott sind die Kleinen angesehen. „Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut“, singt Maria im Magnifikat.
Von dem seine Armut und Sündhaftigkeit erkennenden und bekennenden Zöllner sagt Jesus, er ging gerechtfertigt nach Hause. Gottes erbarmende Liebe hat ihn heil gemacht.
Wenn ich zugebe, daß alles, was ich bin und habe, von Gott geschenkt ist, daß ich ein Empfangender bin, angewiesen auf seine Gnade und Liebe, dann verheißt er mir das Himmelreich.
Wenn wir heute mit der Kirche Allerheiligen feiern, bekennen wir uns grundsätzlich zu diesem Menschenbild. Die Heiligen haben es ange­strebt, und es hat in tausend und abertausend Gesichtern seine individuelle, seine ganz persönliche Ausgestaltung gefunden. Heilig konnte nicht nur ein Papst werden, heilig konnte auch eine einfache Frau aus dem Volke sein.
3.2 Der Mensch nach dem Bild Gottes
Bei jedem Heiligen schauen wir den neuen Menschen, den Menschen nach dem Bilde Gottes und nach den Richtlinien des Evangeliums.
Sie haben das Evangelium ihren Zeitgenossen ausgelegt. Sie waren die besten Exegeten und der wichtigste Kommentar zum Evangelium. Sie ha­ben gezeigt und gelebt, welche Reichtümer des Geistes und des Herzens aus der Heiligen Schrift gewonnen werden können.
Ihr Leben ist selbst ein Evangelium geworden, und wer ihr Leben erforscht und ihre Schriften liest, wird immer wieder überrascht sein, wie aktuell ihr Leben mit seinen Aufgaben in ihrer jeweiligen Zeit gewesen ist.
Man kann wirklich sagen: „Heilige sind nichts anderes als die aufsprühenden Funken aus der Lichtfülle Christi, aufflammend an immer neuen Orten und zu im­mer neuen Zeiten der Geschichte" (Bernhard Hannsler)
3.3 Christsein ist lebbar
An den Heiligen können wir ablesen, daß Christentum lebbar ist. Christliches Leben ist nicht eine Theorie für Spezialisten, für besonders geeignete Leute oder für Eigenbrötler. Nein: der neue Mensch, den Jesus meint, ist schon so oft verwirklicht worden—von einfachen Leuten, von Menschen, die mitten im Leben gestanden sind, von Jungen und Alten.
Sie haben christliches Leben gelebt, sie haben den neuen Menschen verwirklicht, jenes Menschenbild, das nicht veraltet, das nicht heute mühsam und unter Zwang aufgebaut wird, um dann vom nächsten System wieder kassiert zu werden.
 Der neue Mensch, den Jesus meint und den wir als Heiligen verehren, ist der zeitlos gültige Mensch des christlichen Glaubens und der christlichen Tat, den es natürlich auch heute gibt.
 Der heilige Augustinus (+ 430) hat einmal gesagt: „Besser ist es, wie ein Lahmer auf dem rechten Weg zu gehen, als Läufer auf einem Irrweg zu sein."
3.4 Es genügt, dass Gott uns kennt
Bleiben wir auf dem rechten Weg! Orientieren wir uns am Evangelium! Nehmen wir uns an Sonn- und Feiertagen Zeit zur Mitfeier der Heiligen Messe! Das Wort Gottes, das wir hören, die Liebe und Hingabe Jesu bis in den Tod, die wir feiern, sind die besten Wegweiser auf dem Weg, der in die Fülle des Lebens bei Gott führt.
Auf dem von Gott gezeigten Weg bleibend werden wir dann einmal zu jenen Heiligen gehören, die auf einem römischen Katakombenbild mit einem Heiligenschein dargestellt werden und mit der Bildunterschrift: „Heilige, deren Namen niemand kennt als Gott allein". Das genügt. Es genügt, wenn Gott uns kennt.

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