Kooperatives Lernen
Seit 1997 praktizieren wir das Kooperative Lernen in etlichen Klassen unserer Schule. Mitgebracht haben wir das Unterrichtsmodell als "Cooperative Learning" aus Kanada. Im Laufe der Zeit haben wir daraus auf unsere spezifischen Bedürfnisse hin das "Kooperative Lernen" entwickelt. Es handelt sich hier um einen Kleingruppenunterricht, der jedoch entscheidend anders und wesentlich mehr ist als traditioneller Gruppenunterricht.
Eine Gegenüberstellung soll dies verdeutlichen:
Kooperative Lerngruppen
- Durch eine Vielzahl von systematisch geplanten Maßnahmen wird eine positive gegenseitige Abhängigkeit strukturiert.
- Die Einzelnen werden angeleitet, sowohl für die eigenen Lernprozesse als auch für die der anderen Gruppenmitglieder Verantwortung zu übernehmen.
- Die Gruppenzusammensetzung ist bewusst heterogen gestaltet.
- Teamaufbauende Aktivitäten werden stetig durchgeführt. Sie fördern Vertrauen, Verantwortung für das Gruppengeschehen und einen festen Gruppenzusammenhalt.
- Die einzelnen Mitglieder übernehmen verschiedene Rollen und teilen sich die (Führungs-) aufgaben der Gruppe.
- Soziale Fertigkeiten (social skills) werden systematisch gelehrt, praktiziert und bewusst weiterentwickelt. Soziales Lernen wird ein eigenständiges Lernfeld!
- Der Lehrer beobachtet ständig die Gruppenarbeit, dokumentiert seine Beobachtungen, gibt Rückmeldung über das Funktionieren im Team und interveniert wenn nötig.
Traditionelle Gruppenarbeit
- Positive gegenseitige Abhängigkeit ist nicht strukturiert.
- Die Einzelnen fühlen sich meist nur sich selbst gegenüber verantwortlich, nicht aber für die Gruppenmitglieder.
- Die Gruppenzusammensetzung ist meist homogen. Die, die sich mögen, arbeiten zusammen; weniger Beliebte bleiben ausgeschlossen.
- Keine teamaufbauenden Aktivitäten!
Ein Teammitglied ist meist der selbst erklärte Leiter der Gruppe. - Soziale Fertigkeiten werden vorausgesetzt (fehlen aber häufig).
- Systematisches Feedback erfolgt weniger ausgeprägt.
Ausgehend von der Annahme, dass schulisches Lernen sich grundsätzlich als ein komplexes soziales Geschehen und nicht nur als rein kognitiver Vorgang vollzieht, werden die kommunikativen, kooperativen, interaktiven und emotionalen Prozesse, das soziale Miteinander in der Kleingruppe, gewissenhaft unter die Lupe genommen und strukturiert. Soziales Lernen - konkretisiert in einzelnen Sozialfertigkeiten (social skills) - nimmt neben dem fachlichen Lernen einen gleichwertigen Rang ein, wird zum eigenständigen Lernfeld.
Wir definieren das Kooperative Lernen deshalb folgendermaßen:
Kooperatives Lernen ist eine besondere Form von Kleingruppenunterricht, der - anders als der traditionelle Gruppenunterricht - die sozialen Prozesse beim Lernen besonders thematisiert, akzentuiert und strukturiert. Der Entwicklung von der losen Gruppe zum "echten" Team mit erkennbarer Identität kommt hohe Bedeutung zu. Durch vielfältige Maßnahmen und Aktivitäten wird die Eigenverantwortlichkeit für die Gruppenlernprozesse angebahnt und ausgebaut. Durch sensibel geplante Prozesse wird eine positive gegenseitige Abhängigkeit der Gruppenmitglieder erzeugt, was sich sowohl auf die sozialen Interaktionsprozesse als auch auf die Arbeitsergebnisse oder -produkte günstig auswirkt.
Hervorzuheben ist:
Die Gruppenprozesse beim KL sind mindestens genauso wichtig wie das Arbeitsprodukt.
Grundannahmen des Kooperativen Lernens
Das Kooperative Lernen geht zunächst von 3 grundlegenden Prinzipien aus:
1. Lernen wird in weiten Teilen als ein sozialer Prozess gesehen, in dem man durch vielfältige Auseinandersetzung mit Anderen Wissen und Kompetenz erwirbt.
2. Schüler wollen gern in Kontakt mit ihren Mitschülern sein. Dieses wird im lehrerzentrierten Unterricht oft als Stören ("Schwätzen") unterbunden oder sanktioniert. Beim Kooperativen Lernen wird das Bedürfnis nach Interaktion mit Gleichaltrigen in der strukturierten Kleingruppensituation konstruktiv und positiv genutzt.
3. Lernen durch Lehren bringt Vorteile und wirkt nachhaltiger. Im Kleingruppenunterricht werden bewusst und geplant Situationen erzeugt, in denen Schüler sich gegenseitig Lerninhalte "beibringen".
Fünf Basiselemente des Kooperativen Lernens
(Johnson, Johnson & Holubec 1993)
Effektive Kleingruppenarbeit in Gang setzen bedeutet, den Gruppenmitgliedern klar zu machen, wie wichtig Zusammenarbeit ist und dass der Erfolg der Gruppe von jedem Einzelnen und seinem persönlichen Einsatz abhängig ist. Dies kann erreicht werden, indem man fünf Basiselemente in die Kleingruppenarbeit einführt. Letztendlich werden diese Elemente Werkzeuge zum Problemlösen und zum erfolgreichen Arbeiten in Gruppen.
Soziale Fertigkeiten/Teamkompetenz (social skills):
Interaktionsformen, die dazu beitragen, dass die Gruppenprozesse gedeihlich verlaufen (z.B. sich melden, sich gegenseitig ermutigen, einander zuhören, Hilfen anbieten, sich gegenseitig loben). Solche Fähigkeiten verbessern die Kommunikation, das Vertrauen, die Verhandlungsfähigkeit, die Entscheidungsfindung und befördern angemessene Konfliktlösungsstrategien.
Face-to-Face Interaktion:
Die Gruppenmitglieder sitzen nahe beieinander, so dass sich alle ohne Mühe sehen und hören können und die Kommunikation und die Arbeitsprozesse auf diese Weise optimiert werden.
Persönliche Übernahme von Verantwortung:
Jedes Gruppenmitglied fühlt sich verantwortlich sowohl für die eigenen als auch die Gruppen - Lernprozesse und trägt tatkräftig zur Vollendung dieser Aufgabe bei. Die Gruppenmitglieder sind daran interessiert, dass die Lernresultate jedes Mitgliedes maximiert werden.
Bewertung/Evaluation der Gruppenprozesse:
Die Gruppenmitglieder reflektieren und bewerten ihre gemeinsamen Anstrengungen, um ihre kooperativen Kompetenzen und ihre Arbeitsstrategien stetig zu verbessern.
Positive gegenseitige Abhängigkeit:
Alle Mitglieder einer Gruppe fühlen sich verbunden durch das Hinarbeiten auf ein gemeinsames Ziel. Die Gruppe insgesamt ist nur erfolgreich, wenn jeder Einzelne dazu beiträgt.
Kooperatives Lernen
- die wesentlichen Bestimmungsstücke auf einen Blick-
Kooperative Gruppenarbeit basiert auf positiver gegenseitiger Abhängigkeit der Gruppenmitglieder untereinander. Gruppenrelevante Sozialziele werden formuliert und strukturiert, für deren Erfüllung als Gruppenaufgabe jedes Mitglied Sorge trägt.
Die Gruppenmitglieder zeigen persönliche Verantwortlichkeit. Diese wird immer wieder unter die Lupe genommen und bewertet. Jedem Mitglied wird fortwährend Feedback über den persönlichen Fortschritt in dieser Hinsicht gegeben. Auch der Gruppe insgesamt wird Rückmeldung über die gemeinsamen Anstrengungen gegeben.
Die Gruppenzusammensetzung ist heterogen in Bezug auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten und auch hinsichtlich persönlicher Charakteristiken.
Alle Mitglieder tragen Verantwortung für das Ganze, deshalb gibt es keinen designierten Gruppenführer.
Es besteht eine Gesamtverantwortung für die persönliche Leistung jedes Einzelnen. Die Gruppenmitglieder helfen und ermuntern sich gegenseitig und tragen somit dazu bei, dass jedes Mitglied die ihm zugeordnete Aufgabe optimal erfüllen kann.
Kooperative Gruppenarbeit fokussiert beides: Maximieren des Lernfortschrittes jedes Einzelnen als auch Anbahnen und Aufrechterhalten einer guten (Arbeits-) Beziehung zwischen den Gruppenmitgliedern.
Für das erfolgreiche kooperative Arbeiten miteinander sind eine ganze Reihe von sozialen Fertigkeiten notwendig (z.B. "aktives Zuhören" oder "Kritik in sozialförderlicher Weise äußern" usw.). Diese werden als ein eigenständiges Lernfeld aufgegriffen und besonders sorgfältig gelehrt.
Die Lehrperson beobachtet das kooperative Arbeiten, analysiert das Gruppengeschehen und gibt den Gruppen ein Feedback in Bezug auf ihr Arbeitsprodukt und die Qualität ihrer Zusammenarbeit.
Zum Kooperativen Lernen haben wir bereits Instrumente und Handreichungen entwickelt:
- "Das TeamPinBoard" von Gerhard Kleindiek und
- Das Handbuch "Kooperatives Lernen - Eine Synthese von fachlichem und sozialem Lernen in der Kleingruppe" von Margit Weidner.
- Zum Kooperativen Lernen haben wir schon viele Fortbildungen und Workshops gehalten und viele Gäste hier in der Schule zum Hospitieren gehabt.