Startseite | Predigten
Boxbild
  Druckversion   Seite versenden

Predigten

Fest des 1. Christichen Märtyrers des Diakon Stephanus

 

Mit Christus leiden
Menschwerdung und Passion
Menschwerdung und Passion

Das adventliche Weihnachtslied »uns kommt ein Schiff geladen«,[1] das wir bei dieser Messe vor der Begegnung mit dem Herrn im Heiligen Mahl singen, ist der Schlüssel zum Festgeheimnis des 2.Weihnachtstages, dem Fest des ersten Märtyrers der jungen Christenheit, der Diakons Stephanus.

Etwas durch einen Weihnachtsbaum verdeckt steht seine Gestalt von Ihnen aus gesehen links auf dem barocken Aufsatz des früheren Hochaltars. Zusammen mit dem heiligen Laurentius auf der rechten Seite steht er für eine der drei wesentlichen Aufgaben der Kirche: Für die Diakonia (griechisch) oder Caritas (lateinisch). Gemeint ist das Zeugnis für Christus durch den Dienst am Nächsten, besonders an den Armen, den Witwen und Waisen. Stephanus steht also für ein handfestes Zeugnis für das Evangelium.

In Jesus gibt sich der Mensch gewordene Gott für uns verloren. Denn jeder, der ins irdische Leben eintritt, wird dieses Leben eines Tages verlieren, entweder durch einen gewaltsamen oder einen natürlichen Tod.

Das Kind in der Krippe gibt sich später in der Blüte seiner Jahre am Kreuz für uns verloren. Darum singen wir in der 4. Strophe:

Zu Bethlehem geboren / Im Stall ein Kindelein
gibt sich für uns verloren / Gelobet muss es sein.

In dem darauf folgenden Vers geht es um uns, um unsere Beziehung zu dem Kind von Bethlehem. Wie können wir ihm nahe kommen? Die 5.Strophe gibt uns die Antwort:

Und wer dies Kind mit Freuden / Umfangen, küssen will.
Muss vorher mit ihm leiden / groß Pein und Marter viel.

Weihnachten und Passion gehören zusammen

Er ist da, der süße Christus, den die Weihnachtslieder- und -Schalmeien meinen. Aber er ist ungetrennt von dem bitteren Christus, dem Herrn der Passion, und es gibt eine Reihenfolge des Ergreifens und Begreifens, und sie ist unumkehrbar.
Im Gang des geistlichen Jahres kommt Weihnachten vor dem Karfreitag; aber dieses „Vorher mit ihm leiden" bleibt in Kraft. „Dieses Vorher", ist ein hartes, unpoetisches Wort, hart und unpoetisch ist ja auch die Botschaft selbst: Wer Christi Ruf folgt, der folgt einem Zeichen, dem widersprochen wird bis an der Welt Ende; wer Christi Sache wählt, wählt die Fremdlingsschaft auf diese Erde.

Stephanus zeigt den christlichen Weg

Schon früh hat die Kirche das Fest des heiligen Stephanus, des ersten Blutzeugen für Christus, auf den Tag nach Weihnachten gelegt. Wer dem Kind von Bethlehem nahe sein will, muss vorher mit ihm leiden. Kaum eine andere Wahrheit des Christentums ist in den letzten Jahrzehnten so verdrängt worden.
Ich bin auf Erden, um glücklich zu werden, so lautet heute die Parole. Aber jeder weiß, die Augenblicke des Glücks sind selten. Wenn uns aber das Kreuz als Schlüssel zum wirklichen Glück in die Hand gedrückt wird, dann schrecken wir voller Grauen zurück. Aber was ist Kreuz? – Vor allem das, was wir nicht gewaltlos ändern können. Oder wir werden von anderen Menschen aufs Kreuz gelegt.

Die Zeit der Bewährung kommt für jeden

„Groß Pein und Marter viel,“ heißt es im Lied in der Sprache des 16. Jahrhunderts als die Konfessionskriege wüteten. Nun werden wir uns vor solchen großen Worten hüten, aber ich denke - die Zeit der besonderen Bewährung unter der Naziherrschaft , unter der stalinistischen bolschewistischen Diktatur in der Sowjetunion und unter der Menschen verachtenden Herrschaft Maos in China ist uns noch sehr nahe. Für die Christen im Südsudan oder auch in Bethlehem oder im islamisch dominierten Indonesien ist es jetzt bedrückende Wirklichkeit.
Auch dürfen wir nicht vergessen, was in unserem Land und Volk geschah. Meine Generation hat es noch erlebt. Wir denken an zwei Zeugen im Dezember des Jahres 1944, die zwar konfessionell voneinander getrennt, aber doch auf besondere Weise einander ganz nahe, Advent „im Angesicht des Todes" feierten: Dietrich Bonhoeffer und der Jesuitenpater Alfred Delp.
Wir denken an jedes kleine Stück Gehorsam und an den Opfer- und Zeugenmut ungezählter Christen im Laufe der Kirchengeschichte, die vor der Welt dieses Zeugnis für das Kommen des Herrn in Herrlichkeit abgelegt haben und ablegen.
Ich denke z.B auch an den vor 10 Jahren selig gesprochenen Domprobst Bernhard Lichtenberg. Der in der Nachbarschaft der Reichskanzlei als Pfarrer in Berlin St. Hedwig gegen die Verbrechen der Nazis an Juden und KZ-Häftlingen protestierte. Er scheute sich nicht, jeden Tag öffentlich für sie zu beten. Es kostete ihm das Leben.

Überzeugte Christen wie Stephanus

werden der Welt das Zeugnis immer geben, dass wir durch die Menschwerdung und Lebenshingabe Jesu Christi gerettet sind. Warum dürfen wir der Welt dieses Zeugnis nicht schuldig bleiben? Weil sie, die Welt, auch heute davon lebt, auch wenn sie's so deutlich selbst nicht weiß und wissen will.

Weltweit gibt es heute Menschen wie Mutter Teresa es vorgelebt hat. Ich denke z.B. an die junge Schwester, die im Hauptbahnhof von Berlin Obdachlose vor Ort versorgt. Weniger spektakulär kann jeder einzelne von uns sein Zeugnis für Christus in Familie, Beruf und Nachbarschaft bringen. Wenn es dafür auch oft keinen Dank und keine Urkunde gibt, dieses Zeugnis geht nicht ins Leere, sondern führt in die Fülle des Lebens.
Darum singt die 6. Strophe unseres Liedes:

Danach mit ihm auch sterben / und geistlich auferstehn,
das ewig Leben erben, / Wie an ihm ist geschehn.

Was wird kommen?

So lautet die alte, bange Weltfrage, gestern und heute. Mit Stephanus glaubend dürfen wir sagen: Christus wird kommen und mit ihm das Leben in Fülle in der Ewigkeit Gottes. Nicht als Kind in Windeln, sondern wie Stephanus bezeugt als Weltenrichter kommt er: „Ich sehe den Himmel offen, und den Menschensohn zur Rechten Gottes sitzen.“

Sei wachsam, mahnt mich der Glaube. Versuche nicht, dich am Wirrwarr der Weltantworten festzubeißen. Die Antwort unseres Liedes, die sollten wir immer von neuem buchstabieren, einüben und begreifen; und wenn wir sie annehmen könnten mit allem, was in uns ist, dann hätten wir nicht mehr viel zu fürchten; Und die Frage „Was kommt“ wird unwichtig, weil ER, der Menschensohn, kommt. Er steht am Ende deines und meines Weges. Und er wird alles richten.

[1] GL 114

===>> Zurück zur Übersicht