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2008 Kirchweih

Homilie zum Fest der Kirchweih der Lateranbasilika in Rom am 9. Nov. 2008 in St. Johannes d. T. in Großenbuch

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Der Tempel Gottes [1]

Der Lebensquell Wasser

Wird auch für uns immer wichtiger; Denn gutes Trinkwasser ist nicht überall ausreichend vorhanden. Um die Kostbarkeit des Wassers wissen die Menschen im vorderen Orient und erst recht in den Wüsten dieser Erde schon seit Jahrtausenden.
  • Noch heute sprudelt aus dem Innern des Jerusalemer Tempelberges die Gihon-Quelle. Im achten Jahrhundert vor Christus angelegt ist sie bis heute durch einen begehbaren Kanal mit dem Teich Schiloach verbunden. Diese einzige Wasserquelle für Jerusalem galt immer schon als heilige Quelle. Das Johannes Evangelium berichtet an zwei Stellen von ihrer heilenden Kraft.[2] Ehemals bewässerte sie im Kidrontal üppig blühende und reichlich fruchtbringende Gärten.

Bild für das Heil Gottes

Die Erinnerung an diese Quelle und ihre fruchtbringende Bedeutung wird nun für den Propheten Ezechiel und für die im fernen Babilon in der Verbannung lebenden Israeliten zum Bild des von Gott geschenkten Heils.
  • Von dem nach der Heimkehr aus dem Exil neu errichteten Tempel mit seiner Quelle geht neues Leben aus. Die Wüste wird belebt, das salzhaltige "Tote Meer" wird zum neuen Lebensraum umgeschaffen. Aber auch die fruchttragenden Bäume an den beiden Ufern des weithin strömenden Quellbaches, der zum großen und tiefen Fluss wird, in dem "alle Lebewesen" leben können, dazu Fische ohne Zahl, beweisen die Wirkung dieser Quelle.
  • Der Leben bringende und Frucht erzeugende "Gottes-Strom" wird zum Bild für die Fülle des Lebens das Gott seinem Volk schenkt. „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“[3] Jahwe hat wieder Wohnung genommen unter seinem Volk, das sich zu ihm bekehrt und dem er sich neu zugewandt hat.
  • So wird die Vision von der Tempelquelle und ihren heilbringenden Wirkungen zum großen Trost- und Hoffnungsmotiv für das Volk in der Verbannung, zur Einladung, sich unbeirrbar an Jahwe zu halten, sich zu ihm von Herzen zu bekehren. Für uns, das neutestamentliche Gottesvolk, ist

Jesus - der wahre Tempel Gottes

  • In Jesus Christus hat Gott seinen wahren Tempel unter den Menschen erbaut; von ihm und von jedem, der an ihn glaubt - gehen Ströme lebendigen Wassers aus, d. h. durch Jesu Leben und Sterben, seine Auferstehung und Erhöhung, sowie durch die in Verbindung mit ihm lebenden Menschen strömen Heil und Leben in die ganze Welt hinein und verwandelt sie zum Guten.
  • Die Lateran-Basilika, deren Weihefest heute gefeiert wird, ist "Omnium Urbis et Orbis ecclesiarum Mater et Caput", „Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt Rom und des Erdkreises.“ Sie, wie alle Gotteshäuser, werden durch die von den Gläubigen in Wort und Sakrament gefeierte und bedankte Gegenwart des dreifaltigen Gottes zu Kraftquellen, durch die das göttliche Leben in die Welt hineinströmt, sie belebt und befruchtet.
  • Der wahre Tempel ist da, wo Gott im Geist und in Wahrheit angebetet wird.[4] Wo das nicht geschieht, bleibt vom Tempel vielleicht noch das Gebäude stehen. Er ist aber nicht mehr das geistliche Kraftzentrum, das in die Welt hineinstrahlt. Es wird überflüssig und verschwindet schließlich.
  • Jesus hat, wie jeder fromme Jude, den Tempel von Jerusalem geliebt und ist dorthin gegangen, um zu beten. Er hat auch die Menschen geliebt, die zum Tempel kamen und dort mehr an ihre Geschäfte als an Gott dachten. Der heilige Zorn packt ihn. Er vertreibt die Verkäufer samt ihrer Ware vom Tempelplatz. Dies ist Ausdruck seiner leidenschaftlichen Liebe zum Vater im Himmel, dem der Tempel geweiht ist.
  • Aber die Tempelreinigung ist auch Anzeichen des nahen Gerichts. Der Tempel wird zerstört werden. Gott will in einem lebendigen Heiligtum wohnen: in Christus, dem menschgewordenen und auferstandenen Herrn, und in der Kirche, d. h. in der Gemeinde derer, die an Christus glauben und mit ihm Gemeinschaft haben. Aber auch in jedem Menschen, der durch die Taufe und den Glauben Glied am Leibe Christi ist.

Wir, die Getauften, sind der Tempel Gottes

  • Es ist schön und gut, wenn sie daheim in den eigenen vier Wänden in der Heiligen Schrift lesen und beten. Genau so wichtig ist es, sich mit der Gemeinde des Herrn als lebendiger Tempel Gottes im Hause Gottes zu versammeln. Das gilt nicht nur für die Feier der Eucharistie, welcher der geweihte Priester vorsteht, das gilt aber ebenso für einen Wortgottesdienst oder für eine Rosenkranzandacht, die von beauftragten Laien gehalten werden. Immer gilt die Verheißung des Herrn: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen."
  • Die Kirche Jesu Christi wird dort lebendig, wo sich Jung und Alt, Frauen und Männer als Gemeinde um den Auferstandenen versammeln. Wir treffen uns in  der Regel nicht mehr im Haus eines Mitchristen, sondern in unserer Kirche, die eigens für die Anbetung Gottes durch die Gemeinde Jesu errichtet wurde.
  • Herzlich willkommen sind heute wie zu den Anfängen der Kirche alle Schwestern und Brüder im Glauben - ob sie bei uns wohnen oder bei uns zu Gast sind. Und wir sollten dies auch den uns unbekannten Menschen zeigen, wenn sie neben uns in der Bank sind. Und wir laden Sie ein, wenn sie kein Gotteslob haben, in unseres zu schauen,  um mitsingen zu können.

Kirche bauen

  • Kirche, Gemeinde Jesus wird nicht von selber. Sie muss auferbaut werden. Der Apostel Paulus bezeichnet sich in der 2. Lesung selbst als "einen guten Baumeister" der Gemeinde (von Korinth): Er hat den Grund gelegt, ein anderer Mitarbeiter baut darauf weiter, hoffentlich mit der nötigen Achtsamkeit und Verantwortung. Jesus Christus bildet in jedem Fall den Grundstein, das Fundament des "Gottesbaues", den die Gläubigen zusammen bilden. Wichtig ist: Diese (und jede) Gemeinde ist Tempel Gottes, weil Gott durch den heiligen Geist in ihnen wohnt.
  • Wer die Jüngergemeinde zugrunde richtet, indem er ihre Einheit zerstört oder einfach von ihr fern bleibt, muss sich vor dem Gericht Gottes verantworten. Er missachtet seinen Schöpfer und Erlöser. Löst sich aus der durch Jesus gestifteten Heilsgemeinschaft. Ihn trifft das Wort des Apostels Paulus. „Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben.“[5]
  • Wo Gottes heiliger Geist anwesend ist, macht es keinen Sinn, Menschen zu vergöttern oder gegeneinander auszuspielen, wie es in der Gemeinde von Korinth vorkam. Christus allein ist der Herr der Gemeinde, er ist das Fundament, auf dem das Haus ruht;[6] durch ihn ist die Jüngergemeinde eine göttliche Wirklichkeit in dieser Welt.
  • Gott sei Dank haben wir endlich aufgehört, unsere Pfarrer mit Pfarr-Herrn zu betiteln. Jesus Christus ist der Herr seiner Kirche, unserer Pfarrgemeinde. Ihm dienen wir, Priester und Laien.

Zerstörung und Auferbauung

Die Beschädigung oder Zerstörung eines Heiligtums ist ein Angriff auf die Kirche als Ganzes. Hindus haben in den vergangenen Wochen zahlreiche katholische Kirchen in Indien zerstört. Sie wollen damit den Lebensnerv der Christen treffen.
  • Als 1994 durch einen Sprengstoffanschlag der Mafia die Lateranbasilika schwer beschädigt wurde, ging ein Aufschrei durch die Reihen der Kunstfreunde, aber noch mehr der Christen in aller Welt. Denn dieses Attentat verstanden alle nicht nur als Beschädigung von unersetzlichem Kulturgut, sondern auch als Stoß ins Herz der Mutter aller Kirchen Roms und des Erdkreises.
  • Aber noch gefährlicher ist, die von innen kommende Zerstörung des Tempels Gottes. Diese geschieht durch das unchristliche, in ein Neuheidentum zurückfallende Leben vieler Christen. Sie geschieht auch dort, wo die Liturgie mit dem Blick auf die Uhr herunter gespult wird. Zerstörung geschieht, wo die Einheit durch Neid oder persönliches Geltungsbedürfnis gefährdet wird.
  • Meine Zeit, eines jeden Menschen Zeit, ist uns von Gott, dem Herrn über Leben und Zeit geschenkt. Jede Zeit, die wir auf ihn hörend und ihn anbetend an ihn zurück schenken, ist eine Investition für die Ewigkeit. Jede Stunde, die wir dem Leben und Heil anderer Menschen dienend verschenken, ist eine wertbeständige Anlage für das ewige Haus,[7] das Gott im Himmel denen bereitet, die ihn lieben.[8]
  • Jesus ist der wahre Tempel Gottes, den die Menschen zerstört haben, den Gott aber am dritten Tag wieder aufgerichtet hat. In der Freundschaft mit ihm wird unsere einzigartige Würde offenbar. Wir, jeder einzelne, sind seit unserer Taufe und den Glauben durch Gottes Geist Tempel Gottes.
  • Wir, die sich als Schwestern und Brüder Christi im Hause Gottes versammelnden Menschen, sind der in der Welt sichtbar werdende Tempel Gottes, der jedem von Menschenhand erbauten Haus Gottes, Leben und Glanz verleiht.
  • Es ist schön, dass mitten in Großenbuch dieses Gotteshaus steht und seine Tür tagsüber immer offen ist. Aber nur wenn wir, die Christen, sich hier versammeln und Gott anbeten, wird es als Tempel Gottes in die Welt hineinstrahlen, wird es zum Haus in dem die Quelle des Lebens sprudelt.


[1] Lesungen des Festes: Ez 47,1-2.8-9.12; 1 Kor 3,9c-11;16-17; Joh 2,13-22
[2] Joh 5,7; 9,7
[3] Ez 36,26
[4] Joh 4,23
[5] 2 Kor 3,17
[6] 2 Kor 3,11
[7] 2 Kor 5,1
[8] 1 Kor 2,9

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