Kulmbach
Machtpause
Rolf Wicker
Nachdem das Projekt "Rüstzeug" in Kronach nicht realisert werden konnte, suchte der Künstler Rolf Wicker nach einem alternativen Standort und fand ihn in Kulmbach-Melkendorf. Der Ortsname Melkendorf taucht erstmals anläßlich der Gründung des Bistums Bamberg im Jahr 1007 auf - der direkte Bezug zum Bistumsjubiläum liegt also auf der Hand. Rolf Wicker entwickelte für diesen neuen Standort ein völlig neues Konzept: im Umgriff der heute evangelisch-lutherischen Dorfkirche St. Aegidius setzt Rolf Wicker eine Holzbank um die erst vor kurzem gepflanzte Luther-Eiche.
Der Künstler nennt seine Arbeit "Machtpause". Das Besondere der Sitzbank ist ihre Form; sie reicht um den gesamten Baum und bildet sich aus zwei Quadraten, die um 45° zueinander verdreht sind. Die Sitzflächen der beiden Quadrate sind dabei ineinander verschlungen. Daraus ergibt sich ein Achteck, das in seiner Form auf die Ornamentik des "Sternenmantels" Kaiser Heinrichs II. zurückgeht.
Die äußtern Abmessungen betragen 4,80 x 4, 80 m, die Sitzfläche hat eine Tiefe von 45 cm und durchschnittliche Sitzhöhe von ca. 50 cm. Das Untergestell aus Metall besteht aus Vierkantprofilen (40/40), feuerverzinkt mit grauer Farbbeschichtung, der "geflochtene" Sitzbelag ist aus jeweils 4 Balken massiver deutscher Eiche gefertigt.
Sowohl durch die gewählte Form als auch durch den Standort um die Luthereiche, nicht zuletzt aber mit dem Titel "Machtpause" weckt Wicker vielfältige Assoziationen. Wer würde bei dem Titel nicht an die verschlungenen Beziehungen zwischen Bamberg und Kulmbach, zwischen Protestantismus und Katholizismus denken? Der künstlerischen Strategie des "Mimikry" verpflichtet, drängt sich das Kunstwerk und seine möglichen Interpretationen nicht in den Vordergrund; es respektiert die örtlichen Gegebenheiten und unterordnet sich ihnen unter. Erst auf den zweiten Blick wird man gewahr, daß die Sitzbank nicht nur funktionaler öffentlicher Raum ist, an dem man sich ausruhen und miteinander ins Gespräch kommen kann.
© Internationales Künstlerhaus Villa Concordia
© Internationales Künstlerhaus Villa Concordia