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2010 (C)

Homilie am 16.Sonntag im JK C zu Lk 10,38-42 in St. Johannes d.T. Großenbuch

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 Auf Jesus hörend hellwach werden für das Leben
Worauf kommt es dabei an? Zwei Verhaltensweisen wollen wir ins Visier nehmen:
1 Aktionismus und Verweilen

Unsere Gesellschaft ist heute von einem weit ausgreifenden Aktionismus erfasst. Immer muss etwas los sein. Die Freizeitindustrie hält uns ständig mit neuen Angeboten auf Trab und treibt uns von einem Event in den anderen.  Tätig sein, in Bewegung sein, Mobilität ist alles. Dabei würde Verweilen, zu sich Kommen, bei sich sein, vor Gott, dem Ursprung und das Ziel unseres Lebens da sein, auf Seele und Leib heilend wirken; denn "von IHM kommt jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk."[1]

Es lohnt sich daher die Frage zu stellen


2 Was zählt letztendlich um wach zu werden für das Leben?

  • Die Abrahamsgeschichte wie auch die Gerichtsrede Jesu zeigen, was in den Augen Gottes letztendlich zählt: In jedem Menschen, selbst dem Geringsten, auch dem scheinbar zufällig Vorübergehenden, uns Begegnenden, sollen wir unsere Brüder und Schwestern erkennen und ihnen Gutes tun, Ihre Not sehen und lindern, den Fremden Gastfreundschaft bei uns gewähren. In ihnen will Gott uns begegnen und uns segnen.
  • Abraham kannte die Fremden nicht, die in der Mittagshitze vor seinem Zelt vorbeikamen. Aber er wollte sie nicht weiterziehen lassen, ohne ihnen Gutes zu tun. Abrahams Gastlichkeit und das göttliche Verheißungswort am Schluss sind die Schwerpunkte dieser Erzählung. Gott kam zu Abraham unerwartet, unauffällig.   
  • Wer so handelt wie Abraham, wird schon in diesem Leben Gott als Segen bringenden Freund erfahren und beim Hochzeitsmahl des ewigen Lebens als von Gott angesehener Gast hoch willkommen sein. Es wird sich als wahr erweisen, was Jesus auf das kommende Gericht verweisend sagt: "Was ihr dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan." Wer sich so verhält, dem gilt das endgültige seligmachende Heil "Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist." [2]
Das Evangelium erzählt zunächst eine alltägliche Begebenheit:

3 Jesus kehrt bei Freunden ein,

bei drei mit ihm befreundeten Geschwistern, bei Marta, Maria und Lazarus. Es geht um Gastfreundschaft und Gespräch, Zuwendung und Hinhören. Marta sorgt für das leibliche Wohl des Gastes. Maria hört ihm zu. Beide Frauen sind für Jesus da, jede auf ihre Art. Die Beschwerde Martas über die Jesus zuhörende Maria, ist der Anlass für eine wichtige Weisung Jesu.

 

3.1 Beide, Marta und Maria sind vor Jesus
  • Ein Theologe hat einmal von der »Häresie - der Irrlehre - der Aktion“ gesprochen. Der Heilige Benedikt, Begründer des Mönchtums im Abendland hat die Gefahr erkannt und an vielen Einsiedlern erlebt, jede Einseitigkeit gefährdet die gute Entwicklung der Persönlichkeit. Darum hat er seinen Mönchen das Ora et Labora, das Bete und Arbeite in die Regel geschrieben. Bei vielen sind heute an die Stelle des Betens Freizeitaktivitäten getreten.
  • Es geht in unserer Szene nicht um die Konkurrenz zwischen Aktion und Kontemplation, zwischen beruflicher oder häuslicher Arbeit und dem Hören auf Jesus. Marta und Maria sind nicht Gegner, sondern Geschwister. Sie ergänzen einander, aber sie bekämpfen sich nicht. Was aber meint Jesus, wenn er sagt: Nur eines sei notwendig?
3.2 Was ist das Eine, die Not des Lebens Wendende?
  • Es ist sicherlich wichtig, dass wir in all unseren Begegnungen auch um das Äußere besorgt sind, um das Bedienen, um den Rahmen. Der aber bleibt nur Rahmen, das Eigentliche vollzieht sich und geschieht im Innern, in dem, was eben durch Maria verkörpert ist. Sie nimmt sich Zeit für den Gast. Sie öffnet sich ihm. Und er öffnet sich ihr. Wo das in Lauterkeit und Bescheidenheit geschieht, wird Gottes Anwesenheit erfahren.
  • Das ist auch die Frage, die wir in unseren Begegnungen, bei allem, was wir äußerlich herrichten, stellen müssen: Haben wir genug Zeit füreinander, damit das Eigentliche sich ereignen kann? - Maria hört auf IHN. Sie dafür lobend stellt Jesus fest: "Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden."
  • Freilich Marta hat für das Verhalten Marias wenig Verständnis. Vielleicht ist sie auch ein wenig eifersüchtig auf Maria. Sie beschwert sich bei Jesus, „Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ Damit weist sie Jesus noch mehr zurecht als ihre Schwester. Schließlich kocht sie vor allem für ihn. Für Marta haben die natürlichen Bedürfnisse des Menschen Vorrang vor den geistlichen und übernatürlichen. Schließlich liegt uns die Erde näher als der Himmel.
  • Nur zu schnell vergessen wir, dass die Erde ohne den Himmel keine Zukunft hat. Der Himmel fängt hier und jetzt an, weil Gott in seiner Schöpfung gegenwärtig ist. In der Menschwerdung seines Sohnes hat er sich mit seiner Erde und mit uns Menschen vereinigt. In der Auferstehung Jesu ist ein Mensch und mit ihm ein Teil der Schöpfung schon im Himmel. Ist doch Jesus als Mensch aus demselben Stoff wie wir und wir als Menschen aus dem gleichen Stoff wie das All.
  • Der vordergründig denkende und empfindende Mensch sorgt und müht sich vordringlich um seine Irdische Existenz. Wäre das schon alles, dann handelten wir damit folgerichtig.
  • Aber wer den Verheißungen Gottes auf die Fülle des Lebens bei ihm traut, für den ist das zukünftige Leben bei Gott jenseits der irdisch-vergänglichen Welt der Schatz im Acker, den es zu heben gilt, die kostbare Perle, die wir unbedingt erwerben müssen. So gesehen, hat Maria tatsächlich das Bessere, das wirklich notwendige gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.[3]

 

3.3 Dieses eine wirklich Notwendige kommt durch Jesus von Gott her auf uns zu.
  • Man kann es nicht selber schaffen, sondern muss es sich von Gott zeigen und schenken lassen. Grundsätzlich aber gilt: Ob einer arbeitet oder meditiert, ob er in einer Praxis, im Haushalt, auf dem Acker oder im Büro arbeitet- "entscheidend ist, dass er auf mich hört und sich vom Geist aus der Höhe leiten lässt!” will Jesus uns durch das heutige Evangelium sagen.
  • Das Geheimnis seines Reiches der Wahrheit und Liebe, des Friedens und der ewigen Seligkeit eröffnet uns Jesus. Darum schärft Paulus den Kolossern ein „Christus ist unter euch, er ist die Hoffnung auf Herrlichkeit.“[4]

4 Auf ihn also sollen wir hören

  • Das gilt für jeden Lebensbereich, für die Begegnung mit MitarbeiternInnen im Beruf, für die Begegnung zwischen Arzt und Patient, zwischen Seelsorger und geistlichen Rat Suchenden, zwischen Ehepartnern, zwischen Eltern und Kindern: Wenn jemand mit uns spricht, sich uns mitteilt, uns mit aufmerksamer Zuwendung begegnet, und wir für ihn offen sind und ihm zuhören, dann fühlen wir uns angenommen. So kommt jene dritte Kraft ins Spiel, die das bewirkt, was wir nicht erzeugen können, was zwar so ganz menschlich, aber nicht menschlich machbar ist: wir erfahren Sinn und bekommen Mut unseren Lebensweg weiter zugehen.
  • Vielen Zeitgenossen, auch vielen Getauften bei uns, ist die aufmerksame Achtsamkeit des Hinhörens durch das sich Ausliefern an das Vielerlei abhanden gekommen. Sie vermögen nicht mehr Jesus, dem wahren Messias Gottes, und schon gar nicht seiner Kirche zuzuhören, sondern für sie ist Maß gebend, was die Medien oder selbst ernannte Propheten sagen. So ist es möglich geworden, dass die absurdesten Pseudowahrheiten und Weltanschauungen sich bei uns breit machen können.
  • Nur wer ganz bei sich ist, kann auch bei ganz dem ihm begegnenden Menschen sein. Nur wer ganz bei sich ist, kann auch bei dem Gott der Bibel, Jahwe, dem Ich-Bin-Da, sein. Wir Christen sind keine Pantheisten, die meinen alles sei Gott. Unser Gott begegnet uns als personales unfassbares Gegenüber, als unser großes Du. ER ist als der Allgegenwärtige immer und überall ansprechbar. Er hat uns in Jesus Christus sein menschliches Antlitz gezeigt, uns angesehen und angesprochen, ist in ihm mit unserer ganzen Existenz bis hinein in den Tod eins geworden.
  • Darum tun wir alles, um in seiner Liebe zu bleiben, damit wir in unseren menschlichen Beziehungen lieben können, wie er uns geliebt hat. Nur so kann Gefährtenschaft entstehen, die eine wirkliche Zukunft hat.
  • Deshalb suchen wir IHN, damit wir unsere Mitmenschen, auch den liebsten entlasten können von der Haftpflicht für unser Glück.
  • Voller Hoffnung suchen wir IHN, damit alle Begegnungen immer mehr gelingen und in ihnen etwas aufleuchtet von diesem besseren Teil, der uns nie genommen werden kann, auch nicht durch unseren leiblichen Tod.
  • Weil Gott unser absolutes Du ist, weil er uns durch Jesus liebend und erbarmend ansieht, sein Ansehen schenkt, uns als einmalige Person ganz ernst nimmt, darum begegnen wir einander mit Respekt und Liebe, mit Wertschätzung und Erbarmen.
  • So werden wir auf Jesus hörend hellwach für das Leben. Hellwach auch für die Anwesenheit Gottes in unserer Welt. Hellwach auch in Krankheit und Sterben für die Anwesenheit des auferstandenen Herrn, der unsere wahre Zukunft ist; Denn wir leiden ja mit ihm, weil wir dem Wort der Frohen Botschaft trauend mit ihm auferstehen und verherrlicht werden. Wir sind nur Gast auf Erden. Durch das Wort der Heiligen Schrift, das uns die Kirche des Herrn auftischt, lädt er uns ein heute, hier und jetzt bei ihm einzukehren, damit er unseren Hunger und Durst nach Leben stillen kann.


[1] Jak 1,17
[2] Mt 25,34
[3] Lk 10,42
[4] Kol 1,27