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Lesejahr 2012 (B)

Homilie zu den Texten des 30.Sonntags (Missio) in Dormitz und Hetzles

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Unsere eigene Missionierung und Evangelisierung als Voraussetzung für die Missionierung und Evangelisierung der Welt
[1]

1 Masse und Macht

  • »Panem et circenses - Brot und Spiele« nannte das antike Rom jene Massenveranstaltungen mit denen man das damalige Großstadtpublikum bei Laune hielt. In der Masse spielen der Einzelne und sein Schicksal keine Rolle mehr.
  • Bis heute üben Massenveranstaltungen eine große Faszination aus. Es fasziniert vor allem die jungen Menschen, wenn alle das Gleiche erleben. Freilich Massenveranstaltungen können auch bedrohlich sein. Sie können die eigene Einsicht und den eigenen Willen ausschalten. Die Massenveranstaltungen der Nationalsozialisten und der Kommunisten in Moskau und Peking verfolgten genau diesen Zweck.
  • Elias Canetti - der Verfasser von »Masse und Macht« berichtet von einem ähnlichen Erlebnis. Während des Arbeiteraufstandes am 15. Juli 1927 in Wien wird der an sich unbeteiligte Canetti vom Strom der Demonstranten mitgerissen. Was da mit ihm geschah beschreibt er später so: „Es sind 53 Jahre her, und die Erregung dieses Tages liegt mir noch heute in den Knochen. Ich wurde zu einem Teil der Masse, ich ging vollkommen in ihr auf, ich spürte nicht den leisesten Widerstand gegen das, was sie unternahm.“ Sie stürmten den Justizpalast und legten Feuer.
  • Bei Mission und Evangelisierung geht es nicht um Massenbekehrungen und Massentaufen, so wie das von manchen Sekten praktiziert wird. Es geht darum, dass der Mensch als einmalige Person für Gott und für seinen Mensch gewordenen Sohn Jesus Christus, für sein Evangelium gewonnen wird. Das Leitwort des Sonntags der Weltmission weist in diese Richtung.

2 "Dein Wort ist ein Licht für meine Pfade."
2.1 Jesus - die Menge und der Blinde

  • Mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge verlässt Jesus Jericho Richtung Jerusalem. Wo Menschen in größerer Menge zusammenkommen, geht der Einzelne schnell unter. Der Blinde am Wegrand und sein Schreien stören. "Viele wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen."[2]
  • Aber das Vertrauen auf Jesu Macht und Hilfe ist stärker. "Er schrie noch viel lauter: "Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!" Jesus nimmt nicht einfach - wie viele Mächtige damals und heute - ein Bad in der Menge, um seine eigene Größe zu genießen. Ihm geht es um den einzelnen Menschen, vor allem dem Menschen, der Hilfe braucht. Diesem Menschen schenkt er seine ganze Zuwendung. "Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her!"
  • Die ihn Begleitenden und Folgenden sollen, die der Hilfe und Erlösung Bedürftigen zu ihm rufen. Das ist die Aufgabe der Jünger und Jüngerinnen Jesus, aller zu ihm Gehörenden und ihm Folgenden. Wir als Getaufte und Gefirmte sollen die Blinden unserer Tage, die nicht mehr wissen wo's lang geht, rufen und ermutigen zu Jesus zu gehen. "Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich."
  • So findet auch ein Blinder zu Jesus. Den letzten entscheidenden Schritt kann er jetzt selber tun. Denn Erlösung und Befreiung geschehen in der persönlichen Begegnung mit Jesus.
  • Er braucht nur auf die Frage des Herrn - "Was soll ich dir tun? - antworten "Rabbuni, mein Meister, ich möchte wieder sehen können." Der Glaube an Jesus, den Messias, den Christus Gottes, öffnet ihm die Augen. Und das ist seine Antwort auf das Große, was der Herr an ihm getan hat? "Er folgte Jesus auf seinem Weg." Jesus ist zum Licht für seine Pfade für seinen Lebensweg geworden.

2.2 Die Aufgabe der Jünger und Jüngerinnen ist Mission

  • Alle, die mit ihm auf dem Weg sind - auf dem Weg nach Jerusalem, auf dem Weg seiner Hingabe bis in den Tod und auf dem Weg seiner Auferstehung und Heimkehr zum Vater, wir alle sind von ihm gesandt zur Mission, zur Evangelisierung. "Macht alle Menschen zu meinen Jüngern indem ihr sie  alles halten lehrt, was ich euch geboten habe und tauft sie." [3]
  • Mission, Evangelisierung ist hier bei uns und bis an die Grenzen der Erde nötig; denn überall gibt es Menschen die nicht nur leiblich, sondern auch seelisch blind sind für den Weg des Heils, für den Sinn des Lebens.
  • Das 2. Vat. Konzil hat es uns wieder ins Gedächtnis gerufen "Die pilgernde Kirche ist ihrem Wesen nach »missionarisch« (d. h. als Gesandte unterwegs), da sie selbst ihren Ursprung aus der Sendung des Sohnes und der Sendung des Heiligen Geistes herleitet gemäß dem Plan Gottes des Vaters."[4]
  • Wir selber sind ja auch durch Mission und Evangelisierung Christen geworden. Wir geben also weiter, was wir durch Christus, durch seine Kirche, also durch Christen empfangen haben. In dem wir aus diesem Ursprung leben und handeln, erfüllen wir den Heilsplan Gottes. "Dieser Plan entspringt der »quellhaften Liebe«, dem Liebeswollen Gottes des Vaters." [5]
  • Aus dieser Liebe sind wir durch die Liebesvereinigung unserer Eltern als Gottes besondere Geschöpfe hervorgegangen und durch seine Gnade, seine liebende Zuwendung in die Gemeinschaft mit ihm in der Taufe gerufen worden. Immer betont das Konzil dieses unverdiente Geschenk der Gotteskindschaft. "Er hat die göttliche Güte freigebig ausgegossen und gießt sie immerfort aus, so daß er, der Schöpfer von allem, endlich »alles in allem«[6] sein wird, indem er zugleich seine Herrlichkeit und unsere Seligkeit bewirkt."[7]

2.3 Wie vollziehen wir im Alltag diese missionarische Aufgabe?

2.3.1 Durch Selbst-Missionierung und Selbst-Evangelisierung

 

  • Mission kann nur geschehen, wenn wir bereit sind, das Geschenk des Glaubens anzunehmen. Benedikt XVI hat bei seiner Generalaudienz am vergangenen Mittwoch auf dem Petersplatz dies klar herausgestellt „Der Glaube ist ein Geschenk, das Gott allen Menschen anbietet und das den Sinn gibt, den wir uns selber nicht geben können und den wir doch brauchen.“ [8]
  • Wer mit innerer Aufmerksamkeit beobachtet, was sich um uns herum tut, wird dem zustimmen, was der Papst am Mittwoch sagte „Oft scheint die spirituelle Wüste immer größer zu werden, und eine gewisse Kultur des Machbaren als des allein Gültigen lässt den Menschen im Tiefsten orientierungslos zurück. Es steigen Fragen auf: „Welchen Sinn hat es zu leben?“ „Ist es gut, ein Mensch zu sein?“, „Gibt es eine Zukunft für den Menschen?“
  • Der Papst folgert draus: "Wir brauchen nicht nur technisches Können, wir brauchen auch Liebe, Sinn, Hoffnung, ein sicheres Fundament, das uns hilft zu leben. Dies gibt uns der Glaube.“[9]
  • Durch die gewonnene Einsicht in die Hellsichtigkeit des christlichen Glaubens und die innere Zustimmung zum Glauben der Kirche werden wir bereit den zweiten wichtigen Schritt der Selbst-Missionierung und Selbst-Evangelisierung zu machen. Benedikt XVI nennt diesen Schritt

 

2.3.2 "Ein Sich-Anvertrauen an ein „Du“, an Gott, der mir Hoffnung und Zuversicht schenkt, der mich liebt"
  • Klar und unmissverständlich sagt uns der Papst, was Glauben heute heißt „In lebendiger Beziehung zu Gott zu stehen, der Liebe Gottes zu trauen, der im Geheimnis Christi ganz in unser Menschsein herabgestiegen ist, um uns zu sich hinaufzuziehen. Wir können auch heute an Gott glauben, weil Er uns nahekommt und uns anrührt."[10]
  • Aus dieser persönlichen Beziehung zu Gott wird der Glaube ein zutiefst freier und menschlicher Akt, in dem - wie der Papst sagte - der Mensch sich selbst, seine eigenen Sicherheiten und Denkmuster überschreitet, "um in voller Freiheit und Freude, mit Verstand und Herz zu Gott ja zu sagen. Und dieses Ja verwandelt unser Leben und führt es zur Fülle seines Seins“.[11]
  • Nur in der gemeinsamen Geborgenheit und Kraft der Liebe Gottes lässt sich eine Ehe ein Leben lang durchhalten, wird sie zu Gold, zu einer Kostbarkeit für welche die Ehegatten, die Kinder und Enkel und die Pfarrgemeinde heute Gott danken.

 

2.3.3 Diese lebendige Beziehung zu Gott und zu Jesus muss gepflegt werden
  • Uns dabei zu helfen, dazu ist die Kirche da, dazu sind die Jünger und Jüngerinnen Jesu berufen und gesandt. "Ruft ihn her!" sagt Jesus damals und heute zu uns. Ruft und bringt die Menschen Euerer Tage und Umgebung zu Jesus und durch ihn zu Gott.
  • Das Interesse an der Mission der Kirche bis an die Grenzen der Erde, das Wahrnehmen der eigenen Berufung für Gott zu missionieren, das Gebet für die Missionare und Missionarinnen, die Unterstützung mit Geld wird nur von denen getragen, die selbst vom Herrn ergriffen sind.
  • Darum sagte der Papst am Mittwoch zu den Pilgern und zu uns "Unsere Zeit braucht Menschen, die vom Herrn ergriffen sind und durch die Vertrautheit mit der Heiligen Schrift und durch die Sakramente im Glauben wachsen. So wollen wir von der Erfahrung eines neuen Lebens in Christus und von der Gegenwart Gottes erzählen. Unser Leben sollte wie ein aufgeschlagenes Buch sein, aus dem unsere Begegnungen mit Gott lesbar werden. Gott, der uns offen macht für ein neues Leben in Fülle. Der Herr mache euch froh und stark im Glauben“.[12]

 

[1] Schrifttexte des 30.S.: Jer 31, 7-9; Hebr 5, 1-6; Mk 10, 46-52
[2] Mk 10,48
[3] Mt 28,19f.
[4] AG 2
[5] Ad gentes AG 2
[6] 1 Kor 15,28
[7] Mittwoch Generalaudienz Benedikts XVI 24.10.2012
[8] ebd.
[9] Ebd.
[10] Ebd.
[11] Ebd.
[12] Ebd.