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Lesejahr B 2017/12 bis 2018/11

Predigtthema - 
Dem Herrn sein Esel sein

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Palmsonntag - Dem Herrn sein Esel sein
Wir werden nach der Palmprozession die Passion Jesu hören,
Sein Leiden und Sterben wird uns verkündet. Als er unter dem Jubel der Menschen in Jerusalem einzieht, scheint dies noch weit weg zu sein. Und doch beginnt das Ende bereits jetzt.
Wir blicken vom Einzug Jesu, den wir jetzt nachvollziehen auf das kommende Geschehen – auf Jesus selbst – und begreifen, was es heißt dem Herrn sein Esel zu sein.
1 Der Esel ist keine Randgestalt
Im Palmsonntagsgeschehen hat der Esel einen festen Platz bekommen – und auch in meinem Herzen. An diesem Esel, auf dem Jesus in Jerusalem einzieht, bleibe ich jedes Jahr neu hängen.
Dabei ist daran gar nicht so viel ungewöhnlich. Der Esel ist aus dem Straßenbild und von den bunten, mit Leben erfüllten Märkten Südeuropas und des nahen Ostens nicht wegzudenken.
Er ist ein verbreitetes Lasttier – die Stadt Damaskus trug den Beinamen „Eselsstadt“, weil sie als Handelsmetropole »Treffpunkt der Esel« war. In den Zehn Geboten ist unter dem Eigentum des Nächsten ausdrücklich der Esel geschützt.[1] Und doch denke ich über die Bedeutung des Esels in der Passionsgeschichte nach, berichten doch alle vier Evangelisten von Jesu Einzug auf diesem Tier. Drei Gedanken möchte ich nachgehen.
1.1 Der Esel gilt als ein bescheidenes Tier
So verbreitet der Esel war und ist, so sehr gilt er doch als einfaches und bescheidenes Tier und steht im Gegensatz zu einem edlen Pferd.
Der Esel spiegelt etwas von der Lebensart Jesu wider: Ihm liegt es fern, die Stadt als stolzer Reiter einzunehmen. Er, der keinen Ort hat, wo er sein Haupt hinlegen kann (Mt 8,20) und der den Jüngern die Füße waschen möchte (Joh 13), ist gekommen, um Diener zu sein, nicht Herr.
Jeder, der Jesus auf seinem Weg nachfolgen möchte, sei es als Christ oder gar als Amtsträger, kommt nicht um die Frage herum: Wie trittst du in die Fußspuren Jesu? Erkennt man an deinem Auftreten, für wen du gehst?
1.2 Der Esel ist ein Lasttier
Jesu Weg ist ein schwerer Weg. Wer sich mit ihm auf den Weg macht, der wählt nicht die leichtere Lösung. Glauben bewahrt nicht vor Problemen, auch nicht vor Leid!
Wann immer Menschen fragen, warum sie denn leiden müssen, obwohl sie immer in die Kirche gegangen seien und alle Gebote erfüllt hätten, seien sie an den Esel des Herrn erinnert, der ihn mitsamt seiner Geschichte und seiner Angst getragen hat.
Aber auch das Wort Jesu von der leichten Last gilt es zu bedenken: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir … denn mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht“[2] (Mt 11,29f).
Wer seine Last mit Jesus im Rücken trägt, wird auch spüren dürfen, dass sie ihn nicht erdrückt, sondern dass aus ihr zugleich Kraft zum Tragen, Kraft zum Leben erwächst.

1.3 Der Esel gilt als törichtes Tier
Bei aller Nützlichkeit gilt der Esel – vielleicht wegen seiner Sturheit – als dumm, töricht, einfältig. Wie oft werden Menschen als „Esel“ bezeichnet, wenn sie scheinbar dumm und einfältig handeln. Bin ich ein Esel, wenn ich Jesus auf seinem Weg folge?
Manchmal kommen Menschen Zweifel, die meinen, auf dem Weg des Glaubens nur Scheitern und Erfolglosigkeit zu erleben.
 Möglicherweise ist das auch der Hintergrund für ein auf dem Palatin in Rom gefundenes Spottkreuz: Es zeigt einen Gekreuzigten mit einem Eselskopf, davor einen Soldaten in Gebetshaltung mit der Unterschrift „Alexaminos betet seinen Gott an! “ Der Kreuz-Weg Jesu wirkt, oberflächlich betrachtet, nicht gerade attraktiv und schon gar nicht erlösend.
Und doch haben die Glaubenden aller Jahrhunderte in der Torheit des Kreuzes seine erlösende Kraft spüren dürfen. Von Krankheit und Sorgen Geplagte halten sich immer noch gerade am Kreuz fest, weil es ihr letzter Halt ist.
1984 starb der aus Neunkirchen stammende und hier seinen Ruhestand verbringende Priester Michael Weber früher Pfarrer in Weingarts und Regensberg. Er hat uns seine Primizstola vermacht. Auf ihr steht: „Ave crux spes unica - Sei gegrüßt Kreuz einzige Hoffnung.“
Der Esel ist so töricht nicht, wenn er den Herrn auf seinen Rücken lädt, denn – so Paulus – „das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen“.[3]
2 Wir – der Esel des Herrn
2.1 Wir kennen den Esel von der Krippe
Zwar kommt er in den Evangelien dort nicht vor, er ist vielmehr eine Reminiszenz an ein Wort aus dem Propheten Jesaja, bei dem es heißt: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht“.[4]
Der Weg Jesu – der Plan Gottes – ist schwer durchschaubar, vom Anfang bis zum Ende. Er gibt so viele Rätsel auf wie das Leben eines jeden von uns.
Ein Licht wird dabei nicht dem aufgehen, der das Leben mit seinen Kreuzwegen zu erklären versucht, sondern der es mit dem Herrn zu leben wagt.

2.2 "Bruder Esel" nannte Franz von Assisi den menschlichen Leib
Mancher geht unter der Last des Lebens und der Jahre im Alter gebeugt. Aber solange Christus durch den Glauben in unseren Herzen lebt, bleiben wir mit ihm auf dem Weg nach Jerusalem.
Mit dem großen Brasilianischen Bischof Helder Camâra darf ich sagen: "Lass mich dein Esel sein, Christus, auf dem du zu all diesen Menschen kommst."

2.3 Wir alle sind mit Jesus auf dem Weg nach Jerusalem
Eine Schwerkranke erzählte einem Priester von einer Studienreise nach Israel, die sie vor ein paar Jahren gemacht hat. Auf dieser Fahrt hatte sie einen Mann kennen gelernt. Mit ihm zusammen entdeckte sie Jerusalem. Es seien wundervolle Wochen gewesen, sagt sie.
Und nun hat sie in der vergangenen Nacht von ihm geträumt. Er war bei ihr die ganze Nacht hier im Krankenzimmer - ganz nah bei ihr. Er hat sie eingeladen, wiederzukommen nach Jerusalem. Sie macht Pläne und versicherte dem Priester, dass sie nach Jerusalem reisen werde.
Eine Woche später findet ihre Beerdigung statt. Der Friedhof liegt etwas oberhalb des Ortes. Auf dem Weg dorthin muss der Priester an den letzten Gang eines jeden von uns denken: ”Wir alle ziehen hinauf nach Jerusalem... ”
Die kommenden Tage laden in besonderer Weise wieder dazu ein, den eigenen Lebensweg im Angesicht des Lebensweges Jesu zu bedenken. Wir dürfen uns ein bisschen neuen Mut schenken lassen, der Esel Jesu zu sein, vor allem wenn wir körperlich und seelisch schwer zu tragen haben.
Ich jedenfalls bin dankbar und froh, dass ich Jesu Esel sein darf, der ihn in Freud und Leid zu den Menschen trägt.
[1] (Ex 20,17; Dtn 5,14)
[2] Mt 11,29
[3] 1 Kor 1,25

[4] Jes 1,3