PredigtenÜbersichtLesejahr B 2017/12 bis 2018/11Predigtthema - Misereor - Erneuerung der WeltKlicken Sie auf die unten stehenden Überschriften, um zu den Texten zu gelangen===>> Zur den liturgischen und biblischen Texten des Tages ===>> Gottesdienst Vorlage zum ansehen oder herunterladen ===>> Predigt im Orginalformat lesen oder herunterladen ===>> Predigt als Podcast anhören oder herunterladen
Die Erneuerung der Welt in einem Neuen Bund (Pfr. Dennert) Die indische katholische Kirche führt die Fastenaktion in diesem Jahr abgestimmt und gemeinsam mit unserer katholischen Kirche in Deutschland durch. In beiden Ländern, Indien und Deutschland, wird über die Frage „Heute schon die Welt verändert?“ nachgedacht. In seiner Predigt, die wir nun auszugsweise und ergänzt mit einer Betrachtung des Hungertuchs hören, richtet sich Bischof Mascarenhas, der Generalsekretär der indischen Bischofskonferenz, der Deutschland aus mehreren Aufenthalten kennt, an die deutschen Gemeinden. Die Feier von Leiden, Tod und Auferstehung unseres Herrn rückt näher. Heute breiten die Lesungen des fünften Fastensonntags, des Sonntags vor Palmsonntag, das wunderbare Geschenk des Herrn an sein Volk vor uns aus: 1 Erneuerung der Welt in einem Neuen Bund. Der Neue Bund, den Gott mit seinem Volk schließt, bedeutet 1.1 eine neue Beziehung zwischen Gott und den Menschen, deren Mittler Jesus ist. Dieser Neue Bund bringt eine vollständige Erneuerung der Menschheit und der Welt mit sich. Der Neue Bund ruft uns auf: zur Veränderung der Welt. Sie braucht diese Erneuerung und diesen Wandel heute mehr als je zuvor. Der Neue Bund umschließt vier wichtige Bereiche: − Zu allererst die Erneuerung der Welt; − zweitens Jesus als Mittler des Neuen Bundes durch seinen Gehorsam gegenüber Gott; − drittens die Einladung, umzukehren − und zuletzt Gottes Versprechen, uns die Schuld zu vergeben. 1.2 Der Neue Bund wandelt also das Alte, gibt der Gegenwart wesentliche Impulse und schenkt Hoffnung für die Zukunft. Viele Aspekte unserer zerbrochenen Welt brauchen Erneuerung. Gleich zu Beginn der Enzyklika Laudato Si’ nennt unser Heiliger Vater die Welt unser „gemeinsames Haus“, das wie eine Schwester ist, mit der wir das Leben teilen und wie eine schöne Mutter, die uns in ihre Arme schließt. Doch er äußert tiefe Besorgnis: „Diese Schwester schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen, die Gott in sie hineingelegt hat.“ 1.3 Die Erneuerung des Alten, so sagt uns der Prophet Jeremia, bedeutet, dass Gott selbst unser Herz berührt. Er schreibt uns diesen Bund der Fürsorge für unser gemeinsames Haus ins Herz, damit wir an zukünftige Generationen denken, die kein gemeinsames Haus mehr hätten, wenn wir es zerstören würden. Er schreibt ihn uns ins Herz, damit wir offener und empfindsamer werden für die Bedürfnisse der Armen und Ausgegrenzten, die am meisten unter der Zerstörung der Welt leiden, wie der Heilige Vater in Laudato Si’ betont. 2 Das Hungertuch (TR) Nehmen wir an dieser Stelle das Hungertuch in den Blick und lassen wir uns von dem Kunstwerk helfen, uns vorzustellen, wie Berührung aussehen kann. Das Hungertuch wird nur von zwei großen farbige Flächen, grün und gelb, gebildet, die klar voneinander getrennt sind. Treten wir näher, kommen uns aus dem farbigen Hintergrund zwei Menschen entgegen. 2.1 Zwei Menschen – verbunden durch ihre Arme, durch ihren Blick . Nichts ist da, was ablenkt. Nur der Mensch. Der Mensch, den ich kenne. Der Mensch in unserer Nachbarschaft. Der Mensch, der immer einsam in der Ecke sitzt. Der Mensch in Afrika. Der Mensch in Indien. Das Bild zeigt nur das Wichtige: Zwei Menschen auf Augenhöhe. So sind wir geschaffen. Doch gerade Hunger und Not können die Perspektive verschieben. Konfrontation mit unserer Armut, mit unserer Angst, unserer Einsamkeit und Bedürftigkeit verstören leicht den Blick. Wir blicken den anderen nicht an, sondern wir blicken von oben nach unten herab, wir blicken von der Warte des Sattseins auf das Hungern, wir blicken, von der Machtposition ganz oben auf die des Geduckten ganz unten. 2.2 Worauf schaue ich hinunter? Wohin schaue ich auf? Nach dem indischen Kastensystem dürfen die sogenannten „Unberührbaren“, heute „Dalits“ genannt, teilweise keinen körperlichen Kontakt mit Höherstehenden haben, weil sie als unrein angesehen werden. Es darf kein gemeinsames Mahl geben. Ihnen sind die schmutzigen Arbeiten zugedacht. Sie leben oft abgesondert. Diese seit langem bestehende und durch das englische Kolonialsystem verstärkte Praxis ist verboten, doch schwer zu überwinden. Durch Projekte der indischen Kirche, unterstützt von MISEREOR, arbeiten ganze Dörfer daran, ihr Gemeinwesen zu stärken – und das über alle Kastenunterschiede hinweg, um ihre Rechte vom Staat gemeinsam einzufordern. Und hier? Gibt es nicht bei uns ähnliche Diskriminierungen? Existieren für uns nicht auch unausgesprochen Menschen „zweiter Klasse“, zu denen wir lieber Abstand halten? Mit wem können wir uns diese Berührung, wie wir sie auf dem Hungertuch sehen, nur schwer vorstellen? Warum? Wo haben wir Kontakt zu Ausgegrenzten, wo grenzen wir uns selbst aus? (Pfr. Dennert) 3 Jesus ist Mittler des Neuen Bundes, der nicht unterscheidet zwischen Asiaten und Europäern, Afrikanern und Amerikanern, Indern und Deutschen. Im Gegenteil, er vereint alle Völker zu einer Familie, zu Brüdern und Schwestern im gemeinsamen Haus. 3.1 In der Nachfolge Jesu Weizenkorn werden Im Evangelium erinnert Jesus uns daran, dass wir in seiner Nachfolge – wie er – zum Weizenkorn werden sollen, das stirbt, damit es nicht allein bleibt, sondern Frucht hervorbringt. In seiner Verkündigung sprach Jesus wieder und wieder von der Notwendigkeit, Opfer zu bringen, und den Egoismus zu überwinden, um anderen Leben zu ermöglichen: „Es gibt keine größere Liebe“, sagt er, „als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ Außerdem heißt es: „Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.“ 3.2 Hingabe und Engagement Wie der Heilige Vater schreibt, braucht auch die heutige Welt Hingabe und Engagement; wir müssen die “Wegwerfkultur” – wie er sie nennt – aufgeben und wieder eine Kultur der Barmherzigkeit und des Mitgefühls leben. Der Heilige Vater mahnt eindringlich: „Eine technologische und wirtschaftliche Entwicklung, die nicht eine bessere Welt und eine im Ganzen höhere Lebensqualität hinterlässt, kann nicht als Fortschritt betrachtet werden.” 3.3 Schuld und Vergebung Da wir den Neuen Bund feiern, den Gott mit uns schließen will, damit wir sein Volk bleiben, so wie er immer unser Gott bleiben wird, will er uns unsere Schuld vergeben. Die vielleicht größte Schuld unserer Zeit ist die Achtlosigkeit gegenüber der Natur und dem Leben der Ungeborenen, unser Mangel an Empathie für die Armen und Ausgegrenzten, unsere Selbstsucht und Gier, die uns zu Opfern der Wegwerfkultur macht. 3.4 Folgen der Schuld Wieder und wieder lesen wir in der Bibel, dass die Schuld seines Volkes nicht ohne Folgen bleibt. Jesaja ermahnt Ägypten wegen seiner Schuld und sagt voraus: „Das Wasser im Meer versiegt, der Fluss trocknet aus.“ Jeremia predigt über die Menschen, denen die Schuld vergeben wurde: „Gesegnet der Mensch, der auf den Herrn vertraut und dessen Hoffnung der Herr ist. Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt: Er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt; seine Blätter bleiben grün; auch in einem trockenen Jahr ist er ohne Sorge, er hört nicht auf, Frucht zu tragen.“(Jeremia 17,7-8) 3.5 Neues Leben - neue Zukunft Der Herr will uns ein neues Leben schenken, eine neue Zukunft, eine neue Art zu leben. Ja, wir können die Welt verändern, und zwar heute: Wir können sie in unserem Umfeld verändern, indem wir unsere Ressourcen schützen und sie umsichtig nutzen. Wir können die Welt um uns verändern, indem wir Menschen, z.B. in Indien, dabei unterstützen, ökologischere Lebensweisen wiederzugewinnen und für ihre Rechte einzustehen. Möge Gott uns die Gnade, die Weisheit und den Mut geben, die wir brauchen, um unser Leben nach dem Neuen Bund zu führen, im Gehorsam gegenüber dem Vater, der uns dazu anhält, für unser gemeinsames Haus zu sorgen, und Opfer zu bringen, die anderen Leben schenken. Amen.
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