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Lesejahr 2012 (B)

Homilie zu Offb 12,1-10

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Maria als Bild der bedrohten und geretteten Kirche

1. Ein Buch mit sieben Siegeln
  • Die Apokalypse, die Offenbarung des hl. Johannes ist für die meisten Menschen und auch für viele Christen ein Buch mit sieben Siegeln, dh. sie können wenig oder gar nichts damit anfangen. Und doch ist
1.1 Die Apokalypse das große Trostbuch der Christen
  • Die Apokalypse verschließt sich nicht nur dem heutigen Menschen, sondern ihre Absicht war es von Anfang an "dunkel" zu bleiben. Und doch war sie in Zeiten der Bedrängnis der Kirche immer das große Trostbuch der Christen, damals vor allem als sie geschrieben wurde, aber auch im 20. Jahrhundert z.B. bei uns während der Nazizeit oder bei den Christenverfolgungen im kommunisti­schen Machtbereich. Auch heute sind von den 100 Millionen Verfolgter 80 % Christen.
1.2 Die Apokalypse erschließt sich nur den Einsichtigen
  • Die Offenbarung des Johannes ist nur für die bestimmt, die verstehen: Die jene innere Einsicht haben, die aus dem Gehorsam, der Hingabe an Gott und aus dem Glauben an das Heilsgeschehen in Christus kommt.
  • Jenen wird diese Einsicht geschenkt, die in den Bildern der Apokalypse das eigene Leben erkennen wollen: die eigenen Leiden und die Hoffnung auf Rettung.
  • Der Schreiber wendet sich mit dem ersten seiner sieben Zeichen an eine Gemeinde, die verfolgt wird und deren Erhalt ernstlich bedroht ist.
  • Zwar wird unsere Gemeinde nicht unmittelbar von außen bedroht, aber die Bedrohungen unserer Tage sind nicht weniger gefährlich. Und damit sind wir beim 3.
1.3 Die Apokalypse macht sensibel für heutige Bedrohungen
  • So besteht die Gefahr, dass wir, ohne es zu merken, einfach dem Zeitgeist verfallen, und nur jene Aussagen des Evangeliums gelten lassen, die uns passen, also unsere Religion nach eigenem Gutdünken zusammenbasteln. Unterliegen wir nicht ständig der Versuchung, dem Trend der Lauheit, der Unverbindlichkeit und der moralischen Laxheit nachzugeben?
  • Auch der Bestand unserer Gemeinde ist bedroht durch das Wegbleiben vom Gemeindeleben und vom Gottesdienst, durch Überbewertung der weltlichen Geschäfte, des Freizeitangebotes, durch das Überhandnehmen von Nichtigkeiten, mit denen wir unsere Zeit vertun oder totschlagen. Totgeschlagene Zeit ist vor Gott ohne Bedeutung, vergänglich, weil ohne Ewigkeitsbezug. So gesehen, können die Bilder der Apokalypse auch für uns be­deutsam werden.
2 Was sagen uns die in der Lesung aufgeleuchteten Bilder?
2.1 “Die Frau als das große Zeichen am Himmel“
Meint das von Gott erwählte Volk Israel mit seinen 12 Stämmen.
  • Die Sonne bezeichnet die Schönheit und Kraft dieser Erscheinung, während das milde Licht des Mondes ihren Charme, ihre liebendwürdige Anziehungskraft versinn­bildlicht.
  • Die Bilder greifen auf atl. Vorbilder zurück: von Gott geliebt und erwählt, und diese Liebe macht die Schönheit des Gottesvolkes aus. Die Kirche versteht sich von Anfang an als das neue Israel, das neue Volk Gottes, aus allen Völkern, Stämmen und Nationen.
  • Doch so schön und glücklich ist die Wirklichkeit der Gemeinde nicht, an die Johannes schreibt.
2.2 Das Volk ist in seiner Existenz bedroht
  • Für diese Bedrohung steht der Drache, mit seinem mäch­tigen Zeichen: diese gewiss politische Macht greift nach den Sternen.
  • Viele sehen in diesem Bild einen Hinweis auf die damalige Weltmacht Rom, die nicht nur Unterwerfunq, sondern auch die Anbetung ihres zur Gottheit erhobenen Kaisers verlangte. Die Gemeinde ist dieser Macht, die sie be­drängt, hilflos ausgeliefert. Nicht nur damals.
  • In welchem Jahrhundert nach Christus hatten die Menschen und vor allem die Christen mehr unter einen gnadenlosen Politik zu leiden als im 20. Jahrhundert?
  • Wann waren Christen dem Diktat und der Verführungskraft technischer Mittel und Medien mehr aus­geliefert als heute! Dank Internet agieren heute Bilder und Botschaften, auch ein aggressiver Atheismus ohne Zeitverzögerung weltweit. Dies begünstigt die Auflösung der örtlichen Lebensräume und der Gemeinden vor Ort.
2.3 Die Hilflosigkeit der christlichen Gemeinde
  • Wird in ei­nem 3. Bild dargestellt: die Frau soll gebären und das Kind, ihre Hoffnung und Zukunft, scheint keine Chance zu haben.
  • Die Gemeinde denkt hier wohl an den Messias, an Christus; denn der Angriff, der gegen sie vorgetragen wird, gilt eigentlich nicht den Gläubigen, sondern Jesus, an den die Gemeinde glaubt, dem sie nachfolgt, nach dem sie sich aus­richtet, den sie verkündet durch ihr Leben.
Das vierte Bild zeigt
2.4 Doch beide, das Kind und die Mutter werden gerettet
  • Jesus wird entrückt, er findet bei Gott, dem Vater, Schutz. Die Gemeinde verbirgt sich, sie hat ihren Zufluchtsort beim Auferstandenen. In seiner dichtesten Form geschieht dies bei der Feier des heiligen Messopfers.
  • Wir werden es heute nach dem Agnus Dei vor dem Empfang der hl. Kommunion singen: „In deines Herzens Mitte, gib eine Zuflucht mir.“[1]
  • Wir dürfen der Verheißung trauen, die Gott seinem Volk gibt: "ICH-BIN-DER-ICH-BIN-DA".[2]
  • Jesus erneuert dieses Versprechen Gottes in­dem er seinen Jüngern sagt "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“[3] Miteinander zu Gott flüchten, sich bei ihm bergen, das hat Verheißung.
  •  Durch den Propheten Jesaja verheißt uns Gott "Ihr werdet von mir getragen seit euerer Geburt. Ich bleibe derselbe, so alt ihr auch werdet. Ich werde euch auch wei­terhin tragen, ich werde euch schleppen und retten." [4]
  •  Der Seher Johannes erkennt, dass die Rettung der Gläubigen unmittelbar bevorsteht, und zwar durch das hoffnungslos unterlegene Kind.
  • Mit der Kirche danken heute alle katholischen Christen Gott für seinen Sohn der aus der Jungfrau Maria geboren durch seinen Tod und seine Auferstehung die Auferstehung in die Welt gebracht hat. Jubelnd verkündet Paulus den Korinthern und uns: „Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden.“[5]
Die Kirche hat schon früh erkannt und geglaubt,
2.5 Im Zeichen dieser Frau ist Maria  mitgezeich­net und gemeint.
  • Was Maria in ihrer Not erfahren hat - denken wir nur an die Geburt Christi, an die Flucht nach Ägypten, an die Verurteilung und Hinrichtung Christi ihres Sohnes- war und ist für die Kirche und für jede Gemeinde Ausdruck ihres eigenen Schicksals.

 

2.5.1 So ist und bleibt Maria das Urbild der Kirche.

 

             - Wie Maria sind wir als Kirche ganz eng mit Christus und seinem Schicksal verbunden.
             - Wie sie werden wir als Kirche mit Christus leiden.
             - Wie sie erfah­ren wir als Gemeinde Jesu Christi die Bedrohung  
               und Anfechtung durch die Mächte dieser Welt.
             - Wie Maria erfahren wir in der Treue zu Christus und im Glauben an ihn die Rettung.
             - Wie sie werden wir auch Anteil an seiner Auferstehung erleben.

2.5.2 Dieser Glaube und diese Treue lassen über uns die Sonne der göttlichen Kraft aufgehen
  • Durch sie wird die Kirche wie Maria zu der von der Sonne Gottes umkleideten Frau.
  • Sie schenkt jene milde Liebenswürdigkeit, die das Mondlicht ausstrahlt. Hier erfährt der Psalmvers seine Bestätigung: ”Kostet und seht, wie gut der Herr, selig der Mensch, der zu ihm sich flüchtet (bei ihm sich birgt).“[6]
  • Niemand hat dieses sich mit Jesus zu Gott Flüchten mehr gelebt als Maria. Sie ist bei Jesus geblieben im Leben und auch unter dem Kreuz. Sie wurde Zeugin seiner Auferstehung. Inmitten der Kirche erbittet und empfängt sie den von ihm verheißenen Heiligen Geist.
  •  Wenn wir uns ihrer Fürbitte und ihrem mütterlichen Schutz anver­trauen, wie sie inmitten der Kirche mit und für Jesus Christus leben, dann brauchen wir die Zukunft nicht zu fürchten, mag auch das Böse gegen uns Krieg führen.[7]
  • Laut ruft die Stimme vom Himmel „Jetzt ist er da der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und Vollmacht seines Gesalbten.“[8]

[1] Bamberger Anhang Gotteslob 878/4+5
[2] Ex 3,15; Jes 42,8
[3] Mt 18,20
[4] Jes 46,4
[5] 1 Kor 15,22
[6] Ps 34,9
[7] Offb 12,18
[8] Offb 12,10a