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2010 (A)

Homilie am 8.12.2010 in St. Michael Neunkirchen

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 »Unbefleckte Empfängnis Mariens« - Gottes zuvorkommende Gnade
 

1 Maria - die Begnadete

  • Der eben vernommene Abschnitt des Evangeliums, den die Kirche für diesen Tag ausgewählt hat, führt fast notwendig zu dem verbreiteten falschen Verständnis des heutigen Festes; wir glauben zu hören: der Engel bringt die frohe Botschaft, und Maria empfängt vom Heiligen Geist. Wir feiern heute aber ein ganz anderes Ereignis: nicht Maria empfängt, sondern Maria wird empfangen, wird Mensch unter dem Herzen ihrer Mutter Anna. Schon von diesem ersten Augenblick ihres Daseins an ist sie frei von der Macht der Sünde, erfüllt von Gottes Leben, umhegt von seiner Gnade.
  • Gott hat in seiner allem menschlichen Tun zuvorkommenden Liebe Maria schon im ersten Augenblick ihrer Menschwerdung im Schoß ihrer Mutter zur Mutter seines Sohnes erwählt und sie für diese Aufgabe geheiligt. Diese zuvorkommende liebende Zuwendung Gottes preist die Kirche heute am Beginn der Messfeier die Worte des Propheten Jesaja Maria in den Mund legend: "Von Herzen will ich mich freuen über den Herrn. Meine Seele soll jubeln über meinen Gott. Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Rettung und schmückt mich köstlich wie eine Braut." [1]

2 Der Lobpreis auf Gottes zuvorkommende Gnade

  • Gottes zuvorkommende Gnade besingt Maria in ihrem Lobgesang, dem Magnifikat, und die Kirche stimmt jeden Tag in der Vesper in diesen Lobpreis Mariens mit ein: "Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut." "Quia respexit humilitatem ancillae suae". Unser deutsches Wort Respekt hat hier seinen Ursprung. Wir übersetzen es mit Rücksicht oder Wertschätzung. Es meint also die wertschätzende Aufmerksamkeit und Ehrerbietung mit der wir einer anderen Person begegnen.
  • Weil Gott Maria mit solchem Respekt, mit Wertschätzung begegnet, an ihr handelt, deshalb werden auch wir Maria mit solchem Respekt, mit Wertschätzung begegnen. Sie selber und mit ihr die junge Kirche haben das vorausgesehen. Darum spricht sie im gleichen Atemzug "Siehe von nun an preisen mich selig alle Geschlechter."[2] Die Katholische und noch mehr die Orthodoxe Kirche haben das Marienlob immer praktiziert.
  • Diese Maria zuteil gewordene zuvorkommende Gnade Gottes ist der Grund, warum die Kirche heute festlich Eucharistie feiert. Wir danken Gott für die Erwählung Mariens.

3 Das ursprüngliche heile Konzept Gottes wird sichtbar

  • Der Gruß des Gottesboten verdeutlicht diese zuvorkommende Gnade Gottes, seine liebende Zuwendung. Als er bei ihr eintritt, ruft er Maria zu: Du Begnadete (oder, uns geläufiger: Du bist voll der Gnade), der Herr ist mit dir! Hier wird uns sozusagen von höchster Stelle bestätigt: Nichts trennt Maria von Gott; keine Sünde steht wie eine Barriere zwischen ihr und Gott, Gottes Liebe durchdringt sie ohne jedes Hindernis, durchströmt sie ungehemmt, ungebremst.
  •  »Immaculata conceptio« übersetzen wir im Deutschen mit »unbefleckte Empfängnis«. Der Klang der lateinischen Worte legt folgende Übersetzung nahe: »das ursprünglich heile und unversehrte Konzept Gottes« begegnet uns in Maria vom ersten Augenblick ihres Daseins an.

4 Die Antwort Mariens auf Gottes zuvorkommende Gnade

  • Nicht auf den ersten Blick, in Wahrheit aber noch bedeutsamer ist das andere Wort, das Maria spricht: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn." In diesem Wort drückt sich ihre Offenheit für Gott aus, ihre ganze Bereitschaft für den Anruf Gottes, ihre Verbundenheit mit seinem rettenden Willen. Hier wird noch deutlicher, dass sie durch nichts sich von Gott trennen lässt, dass die Sünde, die uns von Gott fernhält, keine Macht über sie hat.
  • Gottes zuvorkommende Liebe zu Maria geschah zu unserem Heil und unserer Erlösung. Gottes schöpferisches ewiges Wort soll durch sie »Fleisch Mensch« werden. In Maria und durch sie will Gott uns in Jesus sein menschliches Antlitz zeigen.

5 Gottes zuvorkommende Gnade in den Getauften

  • In der Taufe ist uns Gottes zuvorkommende Gnade, seine uns zugewandte heilende Liebe zugesagt und zuteil geworden. Er hat uns durch Jesus Christus »mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel«. [3]
  • Seine zuvorkommende Gnade, sein uns erwählendes liebendes Zugewendetsein beseht seit Ewigkeit »vor der Erschaffung der Welt«.[4] Als Gott alles ins Dasein rief hat er uns schon mitgedacht und in seinem Heilsplan vorgesehen. Es geschah »aus Liebe« und »zum Lob seiner herrlichen Gnade«. Durch uns, so ist es der Plan Gottes, sollte seine zuvorkommende Liebe, »seine herrliche Gnade« zu unserer Zeit und in unserem Lebensbereich sichtbar und erfahrbar sein.[5]
  • Diese seine zuvorkommende Liebe ist uns in seinem geliebten Sohn ein für allemal personal geschenkt. Dafür danken und preisen wir in jeder heiligen Messe Gott, den Vater »durch Christus, mit ihm und in ihm im Heiligen Geist«.

6 Unser Ja zum ursprünglichen Konzept Gottes

  • Das heutige Fest ermutigt uns, erneut nein zu sagen zu den Einflüsterungen des Bösen, das auf vielfältige Weise sich immer wieder schlangenhaft in unser Denken, Fühlen und Leben einschleicht. In Maria stellt uns Gott sein ursprüngliches heiles Konzept vor Augen. Beim Beten des »des Engel des Herr« werden wir davon erfasst. Darum empfiehlt uns die Kirche ihn jeden Tag zu beten. Die Angelus-Glocke am Morgen am Mittag und Abend erinnert uns daran.
  • Wie Maria sollen wir als Getaufte auf die uns ergreifende zuvorkommende und erwählende Liebe Gottes mit der Bereitschaft antworten, uns ganz und gar von Gott in Dienst nehmen zu lassen: "Siehe ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe, wie du es gesagt hast."
  • Im Ja Mariens wirkt Gott das Wunder der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. In ihm geht Gott mit uns durch alle Höhen und Tiefen des Menschseins. Mit ihm dem Auferstandenen sind wir schon jetzt mit dem Himmel verbunden. In seiner Kraft und auf die Fürbitte seiner Mutter vermögen wir am Erlösungswerk Gottes mitarbeitend Großes zu wirken.
  • Wenn nachher die Gaben für das Opfer und Mahl bereitet werden, dürfen wir wie Maria unserer Herz bereitend zu Gott sagen: Siehe ich bin die Magd, der Knecht des Herrn. Deinem in Jesus Christus geschenktem Heil will ich dienen. Durch ein heiliges und untadeliges Leben will ich versuchen »zum Lob deiner herrlichen Gnade« und deiner zuvorkommenden mich erwählenden Liebe beizutragen.

 

[1] Jes 61,10
[2] Lk 1,48
[3] Eph 1,3
[4] Eph 1,4
[5] vgl Eph 1,12

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