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2008 (A) Österliche Bußzeit

===>> Biblische und liturgische Texte des Aschermittwochs
===>> Gottesdienstvorlage und Predigt zum herunterladen

Fasten - Nahrung für die Seele

  • Fasten ist „in“. Millionen Menschen, von der Hausfrau bis zum Topmanager, legen von Zeit zu Zeit eine Pause ein, achten auf gesunde Ernährung, auf Fettreduzierung und körperliche Fitneß. Zeitschriften aller Art, vom Klatschblatt bis zum medizinischen Fachblatt, bringen dazu Anregungen, wertvolle Ratschläge und ärztliche Gutachten. Die Wohlhabenderen ziehen sich dazu auch noch in ein Wellness-Hotel zurück. Doch die meisten Fastenwilligen richten ihre Fastenzeit nicht nach dem liturgischen Kalender, sondern nach ihren persönlichen Bedürfnissen und Urlaubsplanungen. Hat das was mit „unserer“ Fastenzeit zu tun?
  • Der Aschermittwoch ist ebenfalls „in“. Feinschmeckerrestaurants haben ihn entdeckt und laden ein, sich mit Fischspezialitäten verwöhnen zu lassen. Die Parteien haben ihn entdeckt und laden zur Generalabrechnung mit dem politischen Gegner ein, anstatt in sich zu gehen und die eigenen Fehler und Versäumnisse beim Namen zu nennen und zu überwinden. Das hätte mit unserer österlichen Bußzeit allerdings zu tun.
  • Wir haben uns versammelt, um mit diesem Gottesdienst am Aschermittwoch unsere österliche Bußzeit zu beginnen. Wir wollen versuchen, ein wenig Ordnung in die allgemeine Verwirrung um das Thema „Fasten“ zu bringen.
  • Das Wort „Fasten“ hat seinen Ursprung im Althochdeutschen und heißt eigentlich „Sich fest machen“. Das heißt, es geht nicht nur um Gewichtsabnahme. Es geht um einen höheren Wert. Es geht darum, geistig und geistlich wieder festen Stand zu gewinnen. Es geht um das höchste Ziel, die Fülle des Lebens bei Gott, das ewige Leben.
  • Der Schauspieler, der fastet, hat ein Ziel: Er braucht für eine bestimmte Rolle eine bestimmte körperliche Verfassung. Der Boxer, der fastet, hat ein Ziel: Er will nicht in eine andere Gewichtsklasse eingestuft werden.

Welches Ziel hat ein Christ, der fastet?

  • Das Zeichen, das den Aschermittwoch prägt, die Asche, möchte uns helfen, dieses Ziel zu erkennen. Beim Auflegen der Asche hat der Zelebrant zwei Gedanken zur Auswahl. Nach alter Tradition kann er sagen: „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.“ Das soll uns an unsere Vergänglichkeit erinnern.
  • Der Tod, den wir gerne verdrängen, kommt unweigerlich, früher oder später, auf jeden von uns zu. Wenn wir heute ganz konkret daran erinnert werden, dann beinhaltet das auch die Mahnung, so zu leben, dass der Tod jederzeit kommen kann. Wer im Alter oder bei unheilbarer Krankheit seinen eigenen Tod herannahen fühlt, kann sich darauf vorbereiten, kann noch vieles in Ordnung bringen. Wenn uns der Tod aber unvorbereitet trifft? Haben wir dann alles in Ordnung? Die österliche Bußzeit mahnt uns, so zu leben, dass wir immer bereit sind, vor den Herrn gerufen zu werden.
  • Deutlicher sagt uns das ein anderer Gedanke – im Messbuch ist es sogar der erste. Der Zelebrant kann zur Auflegung der Asche sagen: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ Der Ruf zur Umkehr begegnet uns in der Bibel sehr oft. Umkehr setzt aber voraus, dass ich erkenne, wenn ich auf dem falschen Weg bin. Der Umkehr geht also das Erkennen voraus. Selbsterkenntnis ist der erste Weg zu Besserung. Dieser Weg ist aber wenig beliebt; denn die meisten Menschen möchten Wahrheit über sich selbst gar nicht wissen. Sie fürchten die Achtung vor sich selbst zu verlieren. Weil Selbsterkenntnis so schwer fällt, ist es gut mit dem Psalm 139 Gott immer wieder zu bitten: "Sieh her, ob ich auf dem Weg bin, der dich kränkt, und leite mich auf altbewährtem Weg." (v. 24)
  • Wenn ich auf der Straße merke, dass ich falsch abgebogen bin, und dennoch stur weiterfahre, werde ich nicht ans Ziel kommen. Merke ich, dass ich mich verfahren habe, dann muss ich umkehren. Das gilt auch für die Wege unseres Lebens, und zwar im doppelten Sinn.

Fasten hat zunächst schon etwas mit meinem Körper zu tun.

  • Wenn ich in meiner Ernährung falsche Wege gegangen bin, dann werde ich jetzt aufgerufen umzukehren. Mein Körper muss entschlackt werden. Es gibt bestimmte Grundnahrungsmittel, die mein Körper braucht. Auf die soll ich auch in der Fastenzeit nicht verzichten.
  • Aber es gibt so viele Nahrungsmittel, die mein Körper nicht unbedingt braucht. Jetzt wäre die Zeit, einmal bewusst darauf zu verzichten. Das weiß inzwischen jedes Kind, dass viele Genußmittel wie Zigaretten, Alkohol, aber die Fress- und Naschsucht dem Menschen schaden und die Gesundheit ruinieren. Jetzt wäre die Zeit, bewußt umzukehren.
Fasten hat aber nicht nur mit meinem Körper zu tun.
  • Leib und Seele gehören zusammen. Die Fastenpräfation sagt es treffend: „Durch das Fasten des Leibes hältst du die Sünde nieder, erhebst du den Geist, gibst uns Kraft und den Sieg.“ Es geht nicht nur um das Entschlacken des Körpers, sondern auch um das Entschlacken der Seele. Und da empfehle ich die gleiche Regel: Grundnahrungsmittel weiter einnehmen, auf Überflüssiges verzichten!
  • Wir werden in unserer Gemeinde versuchen, in der Fastenzeit die Grundnahrungsmittel für die Seele verstärkt anzubieten. Und ich lade sie ein, auch persönlich nach diesen Grundnahrungsmitteln zu suchen:
  • Da ist einmal das Gebet, das lebendige Gespräch mit Gott. Sie können es hier in der Gemeinschaft des Gottesdienstes führen oder daheim im persönlichen Rahmen.
  • Da ist die Bibel, unser Glaubensbuch. Sie können es in der Gemeinschaft eines Bibelkreises lesen oder sich daheim regelmäßig Zeit dafür nehmen. Im »Augustinus« ist immer die ökumenische Schriftlesung für jeden Tag angegeben.
  • Da ist der Austausch mit Gleichgesinnten, das geistliche Gespräch. Sie können das in den Gruppen und Kreisen unserer Gemeinde pflegen oder in ihrem Bekanntenkreis daheim.
  • Da ist das Bußsakrament, das Zeichen der Versöhnung mit Gott und seiner Kirche. Sie können es hier in der Kirche empfangen, Sie müssen aber auch daheim in Ihrem Umfeld für Frieden und Versöhnung eintreten.
  • Die Liste der Grundnahrungsmittel für die Seele ließe sich noch lange fortsetzen. Prüfen Sie selbst, was Sie wirklich brauchen. Dann erkennen Sie auch die Nahrungsmittel, die Ihre Seele nicht braucht, die z. B. über die Medien an Sie herangetragen werden. Hier können Sie fasten, darauf können Sie verzichten.

Und das Ziel?

  • Das leuchtet uns vierzig Tage lang entgegen. Wer fastet, wird frei für das Existenziellste, für die Feier von Tod und Auferstehung Jesu, und damit auch für die Feier der eigenen Auferstehung, der eigenen Erlösung und Vollendung.
  • Wer dieses Ziel vor Augen hat, der braucht wirklich kein „finsteres Gesicht“ zu machen, für den ist die Fastenzeit eine „Zeit der Gnade“, wo Gott mit seiner schöpferischen Liebe uns ganz nahe kommen will. Wer auf Überflüssiges und Schädliches verzichtet, der macht sich scharf für Ostern. Er wird sensibel für das Sterben und das Auferstehen mit Christus, das in unserer Tauf begonnen hat. Die österliche Bußzeit will die Seele fit machen für das neue Leben, für die Fülle des Lebens, die uns Ostern eröffnet hat.