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2008 (A) Osterzeit

Predigt am Pfingstsonntag in der Filialkirche St. Johannes der Täufer in Großenbuch zu Joh 14, 15-16.23b-26

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Das Innerste der Apfelblüte ist Schönheit, Licht, Fruchtbarkeit
Das Innerste der Apfelblüte ist Schönheit, Licht, Fruchtbarkeit
Der heilige Geist - das intimste Geschenk Gottes an uns[1]

»Was bringts«? fragen Menschen, die alles, was auf sie zukommt, nach dem praktischen Nutzen beurteilen.

1. Was bringt uns Pfingsten?

  • Für Eltern mit Kindern sind die Pfingstferien angebrochen. Viele verreisen. Möglichst weit weg vom Alltag und seinen Pflichten! Der Slogan könnte lauten: Bitte die Urlaubs- und Ferienstimmung nicht stören! Hoffentlich gibt es bei uns keinen Wirbelsturm! Wir lieben ruhiges Wetter. Wollen unsere Ruhe haben; denn der Alltag ist anstrengend genug. Wir könnten auch anders fragen:

2. Was braucht der Mensch?

  • Der Mensch braucht Zeiten der Entspannung, der Erholung, der Muße, um neue Kraft für seine Aufgaben zu sammeln. Der Philosoph Josef Pieper sagt in seinem Büchlein »Muße und Kult«[2]: »Muße sei eines der Fundamente der abendländischen Kultur«. Das Gegenteil von Muße ist Geschäftigkeit. Schon der griechische Philosoph Aristoteles meint: Die Muße sei der Angelpunkt, um den sich alles drehe.[3] Der Christ arbeitet nicht um der Arbeit willen, sondern um seinen Lebensunterhalt zu sichern und um der Muße willen.
  • Muße bedeutet nicht Faulheit, sondern wird in der europäischen Tradition mit »vita contemplativa« beschrieben. Ein kontemplatives Leben führen, bedeutet zur Ruhe zu kommen, um das Gute, Schöne und Wahre in seinem Wesen zu erkennen, wahrzunehmen. Muße will mich empfänglich machen, für das Wehen des Geistes Gottes.
  • Wenn dieser uns im Innersten berührt, werden wir unser kleines Ich, das Paulus im Römerbrief »Fleisch« nennt, ihm hinhalten, werden wir unseren kleinen eigenen Geist und seine Anstrengungen überschreiten. Wir werden offen für den Geist Gottes, der Jesus von den Toten auferweckt hat und der unserm Geist bezeugt, dass wir Kinder Gottes, und als solche von Gott angenommen und schon immer geliebt sind.[4]
Vom »Fleisch« her, vom Haben-Wollen her beurteilt, sind die Geschenke an Pfingsten unbedeutend. Wer aber von Innen und vom Sein her denkt und empfindet, der erkennt:

3 An Pfingsten beschenkt uns Gott mit dem, was sein Innerstes ist, mit der Person gewordenen Liebe, seinem Heiligen Geist

3.1 Diese Liebe ist es, die von Anfang an über der Schöpfung schwebt und sie zum Leben erweckt.

In der hebräischen Bibel ist der Geist, die Ruach, weiblich, denn durch ihn, durch sie ist Gottes Liebe in die Herzen der Glaubenden ausgegossen.[5]
  • Alles Leben ist Werk des Heiligen Geistes Gottes. Darum singen wir heute: "Komm, Heiliger Geist, der Leben schafft" oder in der ökumenischen Übersetzung: "Komm, allgewaltig heiliger Hauch, der alle Kreatur belebt." Weil Gottes Geist alles belebt, deshalb konnte sich das Leben zu immer höheren Formen entwickeln bis es im Menschen sich seiner selbst bewusst werden Gott erkennen konnte.
  • Jeder Mensch ist Werk des heiligen Geistes. Dieser bewirkt unsere Gottebenbildlichkeit und schenkt uns jenen göttlichen unsterblichen Lebensodem, den wir GeistSeele nennen. Der heilige Geist befähigt den Menschen, dass dieser zum Bild Gottes wird für die Schöpfung werden kann. Im Herzen eines jeden Menschen will der Heilige Geist dies bewirken.
  • Das Herz ist "der verborgene Ort der Begegnung mit dem Heiligen Geist, mit dem verborgenen Gott. Genau hier wird der Heilige Geist zur sprudelnden Quelle, deren Wasser ewiges Leben schenkt", wie Johannes Paul II in seiner Heilig-Geist-Enzykilka »Dominum et vivicantem«, geschrieben hat. Deshalb bitten wir in der Pfingtsequenz den Geist: "Komm, der jedes Herz erhellt."
  • Wo das Herz vom Licht des Geistes, von der Liebe Gottes erfüllt ist, da fängt es an, nach außen zu strahlen. Solche Ausstrahlung geschieht durch den heiligen Geist. Darum unsere inständige Bitte in der Pfingtsequenz vor dem Halleluja: "Komm, o du glückselig Licht, fülle Herz und Angesicht, dring bis auf der Seele Grund."

3.2 Unter dem Wirken des Heiligen Geistes öffnet sich der Mensch der göttlichen Liebe.

  • Als Liebender wird er unabhängig von äußerer Bedürfnisbefriedigung. Er lebt aus einer Quelle, die in ihm sprudelt, aber nicht aus seinem Ich und Selbst gespeist wird, sondern durch den heiligen Geist. Darum schreibt Paulus an die Römer: "Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, es ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist ... Lasst uns also nach dem streben, was zum Frieden und zum Aufbau der Gemeinde beiträgt"[6]
  • Wenn Gott bei uns das Sagen hat, dann geht es nicht mehr darum, uns auf Kosten anderer, auf Kosten der Schöpfung, allen nur denkbaren Luxus zu leisten. In uns gewinnt vielmehr die Bereitschaft die Oberhand, miteinander zu teilen und versöhnlich miteinander umzugehen. Der Geist Gottes bewegt uns, Gerechtigkeit und Frieden über den persönlichen Vorteil zu stellen. Dadurch wird in uns und unter uns eine tiefe Freude lebendig; eine Freude, gegen die das Vergnügen, das wir uns mit allen möglichen Genüssen selbst bereiten, wie Unrat ist, um mit Paulus zu sprechen.[7]
  • Der Heilige Geist ist das intimste Geschenk Gottes an uns Menschen, weil er aus dem Innersten Gottes kommt. Zugleich ist er die Liebe, die zwischen dem ewigen Gott, dem Vater und seinem menschgewordenen Sohn hin und hergeht. Diese in uns einwohnende Liebe befähigt uns, Jesus zu lieben und an seinem Wort fest zu halten[8]

3.3 Jeder Mensch und die ganze Menschheit werden in den innergöttlichen Dialog der Liebe mit hineingenommen.

  • In der Taufe wurde uns dies zugesagt, als wir auf den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist getauft wurden. In der Taufe wurde der Liebesplan Gottes, der ein Plan zur Befreiung, Erlösung und Gemeinschaft ist, für uns Wirklichkeit.
  • Deshalb werden wir uns als Christen nicht für die Konfrontation, sondern für den Dialog, für das Gespräch einsetzen. Wir werden den geistigen Austausch sowohl in der Kirche, wie auch in den weltlichen Gemeinschaften und mit den Religionen und Völkern pflegen. Unser Papst Benedikt XVI geht uns auf diesem Weg beispielhaft voran. Denn »jedem wird die Offenbarung des Geistes geschenkt», so schreibt Paulus den Christen in Korinth, »dass sie anderen nützt«.[9]

3.4 Der Geist überwindet die Schranken zwischen den Menschen

  • Der Heilige Geist ist es, der uns in Christus zu einem einzigen Leib verbindet. Er befreit die von ihm Erfüllten aus ihrem rassistischen, nationalistischen, oder von dem auf den eignen Clan fixierten Gefangensein. Er führt sie zu einer fundamentalen Gleichheit.
  • Dabei wird die Verschiedenheit der Herkunft, der Rasse und Sprache nicht geleugnet, aber es wird gezeigt, wie der eine Geist Gottes, der Liebe ist, eben alle Unterschiede überwindet. Je mehr sich die Menschen diesem einen Geist Gottes öffnen, desto eher werden sie ihre konfliktträchtigen Unterschiede überwinden, ob diese nun Rassismus, Nationalismus, religiöser Fanatismus oder Clan fixiertes Verhalten heißen.
»Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt«.[10]
  • Das Geschenk des Geistes wird sowohl die Sprachlosigkeit wie die Verständnisschwierigkeiten zwischen den Völkern und den einzelnen Menschen aufheben, wie es beim ersten Pfingstfest in Jerusalem geschah.
  • Wo aber er Stärkere den Schwächeren frisst, entstehen Unfrieden und Hass, wird jener Ungeist offenbar, den die Nationalsozialisten bis zum Exzess der Welt vorgeführt haben, bis er in einem Meer von Blut und Tränen und unter Trümmern erstickte.
  • Dieser Ungeist lebt immerwieder auf. Es ist die Ursünde: Der Mensch will sein wie Gott. Er überhebt sich über seinen Schöpfer, indem er selber bestimmt, wer Lebensrecht hat und wer nicht, welches Leben lebenswert ist und welches nicht. In der vorgeburtlichen Untersuchung der Schwangeren wird schon darüber entschieden, ob ein Kind Lebensrecht hat oder nicht. Selektion nannten die Nazis diesen Vorgang, den sie an Juden, Zigeunern und sog. Geisteskranken anwandten. Selektion = Ausssonderung zur Vernichtung. Da für Katholiken das Leben eines Menschen mit der befruchteten der Eizelle beginnt, lehnt die Kirche die selektive Diagnostik entschieden ab.

4. Der Heilige Geist zeigt den rechten Weg.

  • Freilich wer vom Heiligen Geist sein Denken, Reden, Entscheiden und Handeln bestimmen lässt, der muss mit Widerstand, Verleumdung, ja manchmal mit das Leben bedrohenden Angriffen rechnen. Fritz Gerlich, Redakteur einer Münchner Zeitung, wurde von dieser 1932 nach Konnersreuth geschickt, um die stigmatisierte Resl zu besuchen. Als er sich auf den Weg dorthin machte, sagte er: "den Schwindel werde ich aufdecken". Er kam bekehrt nach München zurück.
  • Von nun an deckte er den Schwindel der Nationalsozialisten auf, ihr rassistischen, nationalistischen, antichristlichen Geist. Diesen bekämpfte er mit seiner Zeitschrift: "Der Rechte Weg". Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde seine Zeitschrift verboten. Man riet ihm, sich in die Schweiz abzusetzen, um seine Haut zu retten. Er sagte: Mein Platz ist hier. Hier werde ich Widerstand gegen den Ungeist der Nazis leisten. In der Redaktion wurde er überfallen und brutal misshandelt. Er starb an den Folgen der Misshandlungen.
  • Muße und Kult, das bei sich Sein, in sich Ruhen, und das Hören auf Gott, das Wachsein für das Wehen seines Geistes, die Anbetung Gottes gehören im Innersten zusammen. Wenn Muße und Kult in eins gehen, werden wir vor Gott und Jesus, dem Auferstandenen und beim Vater Erhöhten, begeistert Gottesdienst feiern.
  • Pfingsten wird von vielen als Fest ohne Geschenke wahrgenommen. Das könnte heuer zumindest für die Mütter positiv ausfallen, weil heute auch Muttertag ist. Aber für den Christen kann es zum Tag des intimsten Gottesgeschenk werden. Die Muße schließt uns im Kern unserer Person auf für Gott und Jesus, dem Auferstandenen. Wir werden in uns ruhend, also inständig, um das Geschenk des Heiligen Geistes bitten: "Komm herab, o heiliger Geist, der die finstre Nacht zerreißt, strahle Licht in diese Welt." [11] Komm, Heiliger Geist, zeige uns den rechten Weg! Und es kann die Verheißung Jesu wahr werden: "Alles, um was ihr in meinem Namen bittet, werde ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht wird."[12]


[1] Evangelium Joh 14, 15-16.23b-26
[2] Josef Pieper, Muße und Kult, 1947
[3] Politik 8,3
[4] Röm 8,16
[5] Röm 5,5
[6] Röm 14,17.19
[7] Phil 3,8
[8] Joh 14,23
[9] 1 Kor 12,7
[10] 1 Kor 12,1
[11] GL 244/1
[12] Joh 14,13

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