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2008 (A) Osterzeit

Homilie zu Mt 28,16-20 bei der Feldmesse in Gleisenhof Pfarrei Neunkirchen am Brand

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Blick von der Zeltöffnung in die Kirschgärten
Blick von der Zeltöffnung in die Kirschgärten
In jener Zeit gingen die elf Jünger nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.[1]

Menschen steigen auf Berge

  • Heute besteigen viele Menschen das Walberla, weil es am 1. Mai so Brauch ist, vielleicht auch weil der Anbruch des Frühlings Leib und Seele beflügelt. Sicher auch um die Betriebsamkeit und den Blick auf die blühenden Bäume am Fuß des Berges zu genießen. Oder sich an die heidnischen Kelten zu erinnern, die eins dort oben ihren Wohnort hatten und ihren Göttern opferten. Oder auch um Gott für die Hl. Walburga und den christlichen Glauben zu danken, den diese Frau vor 1300 Jahren gelebt und verkündet hat.
  • In unserer Pfarrei besteigen heute etliche den Lindelberg, um heut am Fest Christi Himmelfahrt dort das Wurzhüttenfest zu begehen. Wer sich dort bei schönem Wetter einfindet, wird mit einem herrlichen Blick auf Rödlas, Ermreuth und Walkersbrunn belohnt und sicher auch durch Essen und Trinken gestärkt.
  • Und Sie? Sie sind heute nach Gleisenhof heraufgekommen, weil die Dorfgemeinschaft eingeladen hat, hier am Fest Christi Himmelfahrt die heilige Messe zu feiern, Gottes Wort zu hören und die Hingabe Jesu Gott preisend zu begehen. Wir wollen Gott auch für die Kirschblüte danken, die uns jedes Jahr den Segen der schöpferische Liebe Gottes verheißt. Anschließend können wir zusammen von dem essen und trinken, was uns fleißige Hände bereitet haben. Wir können miteinander reden und uns freuen über Gottes herrliche Schöpfung und die frische unsere Lungen erquickende Luft.
Drei Gruppen von Menschen tun das Gleiche: Sie steigen auf einen Berg. Und doch ist es nicht das Selbe. Denn entscheidend ist die Frage:

Wer oder was bewegt mich, heute auf einen Berg zu steigen?

Das Evangelium beginnt so: "In jener Zeit gingen die elf Jünger nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte."[2]
  • Berge können nach der Bibel Orte der Gottes Offenbarung sein. Mose empfängt auf dem Sinai das Bundesgesetz des Volkes Gottes, die 10 Weisungen.
  • Jesus wird auf einem Berg vor seinen engsten Freunden verklärt, offenbart sich ganz als der von der Herrlichkeit und dem Licht Gottes Erfüllte.
  • Berge können aber nach der Bibel aber auch die Kulthöhen für die Götzen der Heiden sein, die durch Opfer freundlich gestimmt werden sollten.

Entscheidend ist, von wem wir gerufen sind, wem wir auf den Bergen begegnen wollen.

In der Tradition des ersten Gottesvolkes stehend
wissen die Jünger und die ersten Christen sehr wohl, was es zu bedeuten hat, dass Jesus sie auf einen Berg ruft, um von dort heimzugehen zum Vater.
  • In die Enge getrieben durch tückische treulose Menschen, von Feinden bedrängt bittet der Psalmenbeter: "Sende dein Licht und deine Wahrheit, damit sie mich leiten; sie sollen mich führen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung." [3]
  • Für das Volk Israel war dieser heilige Berg, der Ort wo der Tempel stand, wo Israel seinen Gott anbetete. Auf den Zionsberg steigend sangen sie: "So will ich zum Altar Gottes treten, zum Gott meiner Freude. Jauchzend will ich dich auf der Harfe loben, Gott, mein Gott."[4]
  • Auf dem Berg Gottes werden die Glaubenden verwandelt, "Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen."[5] Dies wird deshalb geschehen, weil das Land "erfüllt ist von der Erkenntnis des Herrn."[6] Wer Gott als den Gegenwärtigen, als Jahwe, den Ich-BIN-Da, erkannt hat, wer weiß, dass er Gerechtigkeit und Liebe ist, der wird nichts Böses mehr tun. Er wird vielmehr, wie Jesus es uns nahe legt, versuchen in der Liebe vollkommen zu werden, wie der Vater im Himmel.[7]

Die Jünger besteigen nicht irgendeinen Berg, sondern den vom Auferstandenen genannten.

  • Ob sich der Aufstieg lohnt? ”Einige hatten Zweifel", sagt der Evangelist Matthäus. Was bringt’s, wenn ich zur Messfeier nach Gleisenhof hinauf steige oder fahre? So hat sicher auch heute mancher gefragt und ist daheim geblieben oder woanders hingegangen.
  • Nach dem Empfinden vieler Menschen ist man auf einem Berg dem Himmel näher. Aber wie ist das mit dem Himmel Gottes? Den suchen wir doch heute nicht mehr über den Wolken. Der Himmel, in den Jesus heimgeht, hat eine andere Qualität. Er ist jenseits der irdischen Wirklichkeit, jenseits der Schöpfung und doch auf geheimnisvolle Weise ganz nahe, weil Gott der Ich-Bin-Da ist. Und wo Gott ist, ist der Himmel; und wer Gott bei sich einlässt, der lässt den Himmel, die dreifaltige und dreieine Fülle des Lebens und der Liebe ein.

Was also könnte die Absicht des auferstandenen Herrn sein,

dass er die Jünger auf einen Berg befiehlt, um von dort zum Vater heimzugehen und zugleich bei ihnen zu bleiben?
  • 1) Sie sollen begreifen, der heilige Berg, wo Gott von jetzt an wohnt, ist dort, wo ER, der Auferstandene, ist. Durch ihn, mit ihm und in ihm sollen seine Jüngerinnen und Jünger von nun an Gott anbeten, den Gott ihrer Freude begegnen, ihn loben und preisen.
  • 2) Er ruft sie auf einen Berg nicht der schönen Aussicht wegen, sondern damit ihnen aufgeht, dass sie durch ihn und mit ihm und in ihm dem Himmel nahe sind. Dem Himmel, wo Gottes Liebe vollendet alle erfüllt und selig macht.
  • 3) Er ruft sie auf einen Berg, nicht nur weil man dort einen Überblick über das ganze Land genießt, sondern dass sie erkennen, dass ihm von Gott "alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist." Dass ihm, wie der Epheserbrief heute verkündet, Gott "alles zu Füßen gelegt und ihn, der als Haupt alles überragt, über die Kirche gesetzt hat. Sie ist sein Leib und wird von ihm erfüllt, der das All ganz und gar beherrscht."
  • 4) Er sendet sie mit seiner von Gott gegebenen Vollmacht vom Berg hinunter in die Niederungen des Lebens, in die Alltäglichkeit der Menschen, zu allen Völkern. Sie sollen alle Menschen zu Jüngern Jesu machen und sie taufen auf den Namen des dreieinigen Gottes. Sie sollen sie alles, was er ihnen geboten hat, vor allem das neue Gebot der Liebe, lehren.
  • 5) Sie sollen die Menschen vom Wahn der Selbsterlösung befreien und einfügen in das Geheimnis des dreifaltigen und dreieinigen Gottes, der als Vater der Ursprung von allem ist, der als Sohn Gottheit und Menschheit in sich vereinend unser Leben und unseren Tod auf sich nimmt, um nun für immer beim Vater und bei uns zu sein. Gott der als Heiliger Geist auf dem Grund unser Seele wohnt, in uns betet, in uns liebt, uns hinsehnt und hinzieht zum Ursprung der Liebe und des Lebens, der in dreifaltiger Vielfalt einer, nämlich Liebe und Fülle des Lebens ist.
  • 5) Gestärkt von der Zusage »bis ans Ende der Welt bei uns zu sein«, sendet er sie und uns hinunter, um in diesen Tagen vor Pfingsten miteinander um die Gaben des heiligen Geistes zu bitten. Denn nur von seinem Geist erfüllt werden wir das Werk der Heimholung der Menschheit und der ganzen Schöpfung zu ihrem Ursprung und Ziel mit Freude und Elan immer wieder neu zu wagen.
  • 6) Jesus, der Gekreuzigte und Auferstandene, will der Berg des Heils für uns sein und bleiben. Durch ihn sind wir dem Himmel nahe, im Willen und in der Liebe Gottes geborgen. Ihn dürfen wir täglich um seinen Geist bitten, damit die Liebe Gottes in uns zum Elan wird, die Menschen für den die Erkenntnis Gottes zu gewinnen, der uns liebend und erbarmend nahe ist. Durch seinen Geist werden wir gereinigt von allem Bösen und aller Lieblosigkeit, die Liebe, Leben, Glück und Zukunft zerstören.
  • 7) Er sendet uns aber auch in eine Welt, in der sich viele Menschen von Gott entfernt haben und selbst gemachten Götzen dienen. Wie den Propheten Jesaja ermächtig er uns, die Menschen »die den Herrn verlassen«, zu warnen und ins Gewissen zureden. Viele Getaufte in den Ländern der westlichen Welt haben Christus, den »heiligen Berg Gottes vergessen, dem Glücksgott den Tisch gedeckt und dem Gott des Schicksals den Weinkrug gefüllt." [8] Wer die Anbetung Gottes, den Gottesdienst vernachlässigt oder gar verachtet, der wird schnell allen möglich Heilsversprechen nachlaufen.
  • 8) Als Gericht kommt bei Jesaja das Schwert über sie, also Krieg. Über Radio Horeb wurde am Montag eine Sendung über die Religion Hitlers und der Nazis ausgestrahlt. Danach dürfte jedem klar sein, was die Ursache der schrecklichen Verbrechen war.[9] Der Neunkirchner Pfarrer Heinrich Hamm hat in seiner Predigt vor der Reichstagswahl 1933 gesagt: "Wer Hitler wählt, wählt den Krieg." An unserem Volk wurde auf schreckliche Weise wahr, was Gott durch Jesaja den Abtrünnigen ankündigt: "Ihr müsst euch alle ducken und werdet geschlachtet. Denn ihr gabt keine Antwort, als ich euch rief, als ich zu euch redete, hörtet ihr nicht, sondern ihr habt getan, was mir missfällt, und habt euch für das entschieden, was ich nicht will."[10]

Schlussvotum

  • Die erste Lesung mahnt uns durch zwei Männer in weisen Gewändern, also durch Engel Gottes: Nicht dem Herrn sollen wir nachschauen, sondern in der Welt werden wir nachschauen, was zu tun ist; wie wir als Christen den Glauben, die Hoffnung und die Liebe überzeugend leben können; denn nur das gelebte Evangelium ist glaubwürdig, macht den Auferstandenen für die heutige Welt sichtbar und erfahrbar.
  • Erst wenn der Himmel in uns ist, werden die uns begegnenden Menschen wieder an den Himmel glauben, den Christus uns geöffnet hat; werden die Menschen aufhören, denen nachzulaufen, die ihnen weiß machen, dass sie sich selbst erlösen können. Werden sie dankbar und froh sein, dass sie einen Erlöser haben, der sich aus Liebe ganz für uns hingegeben hat und auferweckt beim Vater und doch mitten unter uns lebt und wirkt.


[1] M 28,16
[2] ebd.
[3] Ps 43,1-3.
[4] Ps 43,4
[5] Jes 11,9
[6] ebd.
[7] Mt 5,48
[8] Jes 65,11
[9] Podcast: www.horeb.org Quelle: Radio Horeb, Standpunkt "Hitlers Religion - Die fatale Heilslehre des Nationalsozialismus". Referent: Michael Hesemann, Duesseldorf (Historiker und Autor)
[10] Jes 65,12