PredigtenÜbersichtLesejahr 2011 (A) Homilie am Pfingstmontag zu1. LESUNG Apg 10, 34-35.42-48a; 2. LESUNG Eph 4, 1b-6; EVANGELIUM Joh 15, 26 - 16, 3.12-15; in Neunkirchen St. Michael
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Abendrot über ST. Michael an Pfingsten 2009 |
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Veni Creator Spiritus - Komm Schöpfer Geist [2] Was wir gewohnt, geht uns leicht von den Lippen. So auch das Lied »Komm Schöpfer Geist« oder »veni creator spiritus«.
1 Sind wir uns bewusst, worum wir bitten?
Wollen wir uns auf die Konsequenzen einlassen, die daraus entstehen?
- Im alten Testament gibt es ein eigenes Wort für "erschaffen" aus dem Nichts. Die hebräische Bibel beginnt mit den Worten: Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.[2] Das hebr. Wort bara wird nur im Zusammenhang mit Gott verwendet, der das All aus dem Nichts erschafft.
- Und gleich im 2.Vers heißt es „und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“[3] Er bringt Ordnung in das Chaos, in das Tohuwabohu. Er gibt der Schöpfung ihre Gestalt.
- Wenn wir den heiligen Geist anrufen als Schöpfergeist, dann müssen und sollen wir damit rechnen, dass er etwas Neues erschafft, Ordnung in unser Leben bringt, ihm eine Gott wohlgefällige Gestalt verleiht.
1.1 Das heißt die eigene Freiheit Gott geben.
- Ihm ganz und gar vertrauen. Heißt, wie der Prophet Jesaja zu Gott sprechen: "Du Herr bist unser Vater. Wir sind der Ton, und du bist unser Töpfer, wir alle sind das Werk deiner Hände." [4]
- Den Schöpfer Geist auf sich herab zu rufen, bedeutet also, sich dem freien Handeln Gottes zu überlassen, so wie wir es im Vater unser beten "dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden."
- Den Schöpfergeist auf sich herab zu rufen, bedeutet jede Bedingung fallen zu lassen und zu allem bereit zu sein. Es bedeutet Gott zu vertrauen so wie Maria, als sie sagte: "siehe, ich bin den Magd des Herren; mir geschehe, wie du es gesagt hast."[5]
Deshalb sieht Didymus von Alexandria, der Blinde, im vierten Jahrhundert in
1.2 Maria die erhabenste Offenbarung des Geistes als Schöpfer:
- "Die schöpferische Macht des Höchsten bildete den Leib Christi, als der heilige Geist über die Jungfrau Maria kam."[6]
- Schön und klar hat der heilige Basilius der Große das schöpferische Wirken Gottes durch den heiligen Geist beschrieben:
"Der Vater ist die Hauptursache, derjenige, aus dem alles ist; Der Sohn ist die wirkende Ursache, derjenige durch den alles erschaffen ist; Der Heilige Geist ist die vollendende Ursache." Ist dadurch die Handlungskraft des Vaters eingeschränkt? Fragt Basilius. Keineswegs. Es zeigt sich vielmehr die innergöttliche Einheit des Handelns: "Der Vater will durch den Sohn existieren lassen und durch den Geist zur Vollendung führen." [7]
Anhand der biblischen Texte am Pfingstmontag fragen wir:
2 Was macht der Heilige Geist mit uns?
2.1 Er weitet unseren Blick auf die Wirklichkeit [8]
- Der Geist bewirkt, dass Petrus erkennt, "Gott sieht nicht auf die Person, sondern ihm ist in jedem Volk willkommen, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist." [9]
- Die Lesung aus der Apostelgeschichte zeigt uns: Der Schöpfer Geist kommt auf Heiden herab, welche die Botschaft hören und annehmen, dass Jesus "der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten ist, und dass jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen die Vergebung der Sünden empfängt."[10]
- Wo Menschen dies glauben und verinnerlichen, hat der Schöpfer Geist freie Bahn. Deshalb werden Christen, die bitten »Komm Schöpfer Geist« auch immer wieder ihre Sünden bekennen und die Vergebung suchen.
- Und diese wird geschenkt, wo die Nachfolger der Apostel dazu geweiht und bevollmächtig sind, wie wir es gestern im Evangelium hörten. "Empfangt den Heiligen Geist, wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert." [11]
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Pfingstrose |
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2.2 Der Heilige Geist fördert die Einheit[12]
- Die Einheit der Christen hängt nicht nur von unserem guten Willen ab. Christus selbst hat am Kreuz alle Trennung überwunden. Er hat durch seine Liebes- und Gehorsamstat am Kreuz die trennende Scheidewand zwischen Gott und den Menschen niedergerissen. Ebenso die Gegensätze der Menschen untereinander aufgehoben.
- Paulus erinnert die Christen in Korinth und uns, was in der Taufe mit uns geschehen ist, „Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt.“[13]
- Alle haben durch Christus im Heiligen Geist die eine gleiche gemeinsame alle Unterschiede aufhebende Würde empfangen „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid « einer » in Christus Jesus.[14]
- Wer also ruft "Komm Schöpfer Geist" wird weder in der Familie, noch in der Kirche, noch im Berufsleben sich auf Machtspiele einlassen, er wird auch nicht immer das letzte Wort haben.
- "Seid demütig" heißt: Mutig an unserem Lebens- und Berufsplatz den Menschen, der Kirche des Herrn, dem Gemeinwesen dienen und jeden wertschätzen, zuerst unsere Mitchristen, aber auch alle anderen uns begegnenden Menschen. Denn durch die ihnen von uns geschenkte Wertschätzung werden sie empfänglich für den heiligen Geist.
- Wer betet "Komm Schöpfer Geist", der wird in allen Lebenslagen zum Geist sagen "mach mich zu einem friedfertigen Menschen, der mit Geduld ausgleicht, versöhnungsbereit und entgegenkommend ist, der von der Liebe geleitet sich an die Wahrheit hält“.[15]
- So werden wir unter dem Beistand des Heiligen Geistes „wachsen, bis wir Jesus Christus, das Haupt, erreicht haben.“[16]
- Und wenn keine Änderung zum Besseren sichtbar ist, gilt immer noch "einander in Liebe zu ertragen".[17]
2.3 Wir müssen den Heiligen Geist immer wieder in unser Leben hereinbitten.
- Er soll unser Denken und Handeln, auch unsere Gefühle mit der von Gott kommenden Liebe und dem von ihm geschenkten Frieden durchdringen. Er allein kann unserem Bemühen um Frieden die beständige Kraft verleihen, die Einheit des Geistes zu wahren.[18]
- In allen zwischenmenschlichen, kirchlichen und politischen Auseinandersetzungen und Herausforderungen ist unbedingt zu bitten "Komm Schöpfer Geist" lass mich das allen Christen Gemeinsame bedenken, wir sind "ein Leib und ein Geist" durch deine Einwohnung in uns.
- Wir alle haben eine gemeinsame Hoffnung, die der eine Herr Jesus Christus verbürgt. Durch den einen Glauben und die eine Taufe gehören wir zum dreieinigen Gott. Er verbindet uns über alle Unterschiede hinweg.
2.4 Der Heilige Geist vertreibt alle Furcht.
- Die durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossene Liebe macht stark in der Verfolgung. Der hl. Johannes schreibt in seinem 1. Brief: "Furcht gibt es in der Liebe nicht, sondern die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht."[19]
- In diesen Tagen werden zwei von den Nazis ermordete Kolpingspräsides selig gesprochen, heute der gebürtige Sorbe Alojs Andritzki. Er war Kolpingspräses in Dresden. Und am 25. Juni Eduard Müller Kolpingspräses in Lübeck. Vor kurzem wurde der ebenfalls von den Nazis ermordete Priester Georg Häfner in Würzburg in die Schar der Märtyrer aufgenommen.
- Zum Priestersein gehört die Kreuzesnachfolge. Sie ist nur in der Kraft des Heiligen Geistes möglich. Diese Märtyrer unserer Kirche und unseres Volkes – darunter sind auch viele Laien - ließen sich vorbehaltlos von Gott für das Evangelium Jesu in Dienst nehmen. Sie haben bis aufs Blut der Naziideologie und ihren Verbrechen widerstanden.[20]
- Rot ist die Farbe von Pfingsten. Rot ist die Farbe des Blutes und der Liebe. Der Epheserbrief mahnt: "Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den listigen Anschlägen des Teufels widerstehen könnt."[21] Die Rüstung Gottes ist der Heilige Geist. Darum „Komm SchöpferGeist!“
3 Gott war nicht nur früher mal der Schöpfer Er ist es immer.
- Er bewahrt die Schöpfung auch nicht nur, er stärkt sie unaufhörlich, teilt ihr ständig Sein und Energie mit, treibt sie voran, beseelt und erneuert sie. Martin Luther hat es sehr prägnant gesagt: "Erschaffen ist unaufhörlich erneuern."
- Der Heilige Geist lässt das Chaos zum Kosmos werden »Ungeordnetheit zur Ordnung, Wirrnis zur Harmonie, Verkrüppelung zur Schönheit«.[22]
- Der um die Mitte des 4. Jhts. in Caesarea in Kappadokien lebende und wirkende Kirchenvater Basilius warnt:
»Wenn du versuchst, der Schöpfung den Geist zu entziehen, geraten alle Dinge durcheinander, und ihr Leben erscheint ohne Gesetz, ohne Ordnung, ohne jegliche Bestimmung.«[23]
- Vor 1700 Jahren hat der noch unter Heiden lebende Basilius der Große das geschrieben. Weiß Gott, es trifft genau unsere Situation heute.
- Athenagoras, der 1972 verstorbene Patriarch der Orthodoxen Kirche hat treffend gesagt, was ohne Pfingsten bei uns los wäre und los ist:
Ohne den Heiligen Geist ist Gott fern, bleibt Christus in der Vergangenheit, ist das Evangelium ein toter Buchstabe, die Kirche ein bloßer Verein, die Autorität eine Herrschaftsform, die Mission Propaganda, die Liturgie eine Geisterbeschwörung und das christliche Leben eine Sklavenmoral.
Deshalb werden wir mutig aus tiefster Überzeugung immer wieder beten »Komm Schöpfer Geist!«
Oder wie Romano Guardini zu beten wagte: Sende deinen Geist, dass er mich umschaffe. Gib mir den neuen Sinn, der imstande ist, das Deinige von dir her zu denken.
[1] Homilie am Pfingstmontag zu 1. LESUNG Apg 10, 34-35.42-48a; 2. LESUNG Eph 4, 1b-6; EVANGELIUM Joh 15, 26 - 16, 3.12-15; Quelle: Raniero Cantalamessa, Komm, Schöpfer Geist, Verlag Herder 2007 2.Auflage S.46-59 PS: (Predigt in Abschnitt 1 und 3 wie am Pfingstsonntag, Abschnitt 2 Homilie zu den Texten des Pfingstmontags) [2] Gen 1,1 [3] Gen 1,2 [4] Jes 64,7 [5] Lk 1,38 [6] zitiert ebd. S.53 [7] Cantalamessa, Komm Schöpfer Geist S.54 o. [8] 1. LESUNG Apg 10, 34-35.42-48a [9] Apg 10,34f [10] Apg 10,42f. [11] Joh 20,22f. [12] 2. LESUNG Eph 4, 1b-6 [13] 1 Kor 12,13 [14] Gal 3,28 [15] Eph 4,15 [16] Eph 4,15 [17] Eph 4,2 [18] Eph 4,3 [19] 1 Joh 4,18 [20] vgl Hebr 12,4 [21] Eph 6,11 [22] Cantalamessa, Komm Schöpfer Geist S.54 [23] Zitiert bd. S.55
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