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Lesejahr B 2017/12 bis 2018/11

Predigtthema - Bereit zur Begegnung mit dem Erlöser

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Bereit zur Begegnung mit dem Erlöser
1 Jesus gehört Gott
2 Was geht in Maria und Josef vor, als sie sich auf den Weg zum Tempel machen?
2.1 Maria und Josef machen sich auf den Weg im Bewusstsein der Gnade
2.2 Kinder sind nie Eigentum der Eltern, sie sind ihnen geschenkt
2.3 Jammern über den Priestermangel
2.4 Maria und Josef geben Jesus aus der Hand
3 Hoffend und wartend dem Messias Gottes zu begegnen
3.1 Gerecht und fromm - das bedeutet soviel wie gottesfürchtig sein
3.2 Den persönlichen Glauben auch in der Öffentlichkeit zu bezeugen
3.3 Viele Menschen werden sich am Messias stoßen und viele aufrichten
3.4 Jesus im Martyrium folgen
3.5 Mitverantwortlich für Heil und Unheil
4 Jesus als den Erlöser aufzunehmen
4.1 In den Kindern Jesus aufnehmen
4.2 Selbst wie ein Kind werden, das sich von Gott alles schenken lässt
5 Ein erlebtes Beispiel


Bereit zur Begegnung mit dem Erlöser
1 Jesus gehört Gott
Der Mensch braucht Rituale, um seinem Leben Gestalt zu verleihen. Als die Kommunisten im Osten Deutschlands den Atheismus verordneten, die Parteimitglieder aus den Kirchen austreten mussten und ihre Kinder nicht mehr taufen lassen durften, erfand man als Ersatz für Erstkommunion und Konfirmation die Jugendweihe.
Im heutigen Evangelium begegnet uns auch ein Ritual, das den Menschen aber auf Gott hin ausrichtet. Vor Gott kann der Mensch nichts festhalten, sich selber nicht, auch nicht den Ehepartner oder die eigenen Kinder, auch nicht die vergänglichen Güter dieser Welt; denn alles gehört Gott ja schon.[1]
2 Was geht in Maria und Josef vor, als sie sich auf den Weg zum Tempel machen?
So wie die Evangelien sie schildern, handelt es sich bei ihrem Tun sicher nicht um ein rein äußerliches Ritual. So wie manche Christen ihre Kinder zur Taufe bringen, weil sich das halt so gehört.
Oder man bringt sie nicht mehr zur Taufe, weil sie sich später selber entscheiden sollen, was sie sein wollen. Wie aber soll sich ein Kind für etwas entscheiden, was es nie richtig kennen gelernt hat?
2.1 Maria und Josef machen sich auf den Weg im Bewusstsein der Gnade
 dass Gott sie liebend ansieht. Ihm wollen sie das von ihm geschenkte Kind weihen. Sie leben in dem Bewusstsein: Weil Israel seine Existenz Gott verdankt, gehört der Erstgeborene ihm.
2.2 Kinder sind nie Eigentum der Eltern, sie sind ihnen geschenkt
damit sie ihnen das Leben und das Christsein ermöglichen. »Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner«, singt der Psalm 24.
Kinder sind uns von Gott geschenkt und gehören Gott. Gott will, dass wir sie loslassen in die Berufung hinein, zur der er sie ruft, auch wenn er oder sie der Einzige oder die Einzige ist.
 Groß ist in den katholischen Gemeinden das
2.3 Jammern über den Priestermangel
 Aber wer von uns hat schon einmal zu einem seiner Kinder oder Enkel gesagt: Hast du schon einmal darüber nachgedacht, ob Jesus oder sein Vater im Himmel dich als Priester oder Ordenschrist braucht? Ich würde dich dabei unterstützen.
Meine Eltern hatten es Gott versprochen: Sollte eines unserer Kinder Priester werden wollen, werden wir das unterstützen. Sie haben es unter großen Opfern getan.
2.4 Maria und Josef geben Jesus aus der Hand
 Denn ihr Herz schlug für Gott. Deshalb werden sie Jesus loslassen für seine Berufung. Aber sie werden ihn mit ihrer ganzen Liebe begleiten und dabei verwundet werden. Die Mütter leiden immer am meisten. "Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen,“ prophezeit Simeon Maria.
Das Evangelium des Festes lädt vor allem dazu ein
3 Hoffend und wartend dem Messias Gottes zu begegnen
Von Simeon wird gesagt: »Er war gerecht und fromm, und wartete auf die Rettung Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm«.[2]
3.1 Gerecht und fromm - das bedeutet soviel wie gottesfürchtig sein
Immer und zu jeder Zeit mit Gott im Leben als den Gegenwärtigen rechnen. Simeon traut den Verheißungen, die Gott seinem Volk durch die Propheten gegeben hat. Er wartet auf die Rettung Israels und Gottes Geist auf ihm ruht.
Er hält sich nicht im Wartesaal des Todes, sondern im Tempel auf, wo Eltern ihre Erstgeborenen Gott darbringen, wo das Volk Gottes seinen Gott anbetet.
Simeon und Hanna beten Gott nicht nur im Kämmerlein ihres Herzens an, sondern zusammen mit dem Volk Gottes im Tempel.
Sicher waren sie Menschen, der innerlich auf Gott ausgerichtet lebten, sein Wort in den Psalmen meditierten und ihn anbeteten. Aber immer ist der Mensch auch hineinverflochten in die Geschichte und das Schicksal seines Volkes. Das mussten wir Deutsche besonders tragisch während der Herrschaft des Nationalsozialismus verspüren.
Deshalb ist es immer wichtig
3.2 Den persönlichen Glauben auch in der Öffentlichkeit zu bezeugen
zusammen mit den glaubenden Menschen auf Gott zu hören und zusammen mit ihnen IHN anzubeten. Denn nur dann wird der Glaube auch Leben und Kultur eines Volkes prägen.
Sicher hatten Simeon und Hanna die Worte des Propheten Jesaja im Ohr »Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht«.[3] Darum war der Glaube an Jahwe für beide, für Simeon und Hanna, immer auch eine öffentliche Sache.
Simeon wusste aus der Schrift,
3.3 Viele Menschen werden sich am Messias stoßen und viele aufrichten
 "Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird."[4].
Dieses Wort des Simeon hat die Menschen aller Zeiten im Blick. Der Glaube will öffentlich bezeugt und Gott öffentlich angebetet werden.
 Wird er öffentlich gelebt, dann muss er auch mit dem Widerspruch rechnen, der bis zur persönlichen Vernichtung gehen kann, wie wir an Jesus oder den Märtyrern unter der Herrschaft der Nationalsozialisten und der atheistischen Kommunisten erlebten. Auch heute sind die Christen, die am meisten verfolgten Menschen auf der Welt.
3.4 Jesus im Martyrium folgen
Ich denke an den Mord in Freiburg. Der Fall hat sich im August des Jahres 2016 ereignet. Die aus Paderborn stammende 31-Jährige war zehn Tage zuvor in die Studenten-Wohngemeinschaft in Freiburg gezogen, ihren Mitbewohner kannte sie nicht. Es hatte vor dem Einzug keine Vorgespräche zwischen den beiden gegeben. Sie war Christin und kirchlich aktiv, in Freiburg wollte sie in einem Gebetshaus arbeiten.
Am Tattag stürmte der Mörder in das Zimmer der Frau, fragte sie nach ihrem Standpunkt zur gleichgeschlechtlichen Ehe und stach dann, als sie ihre Ablehnung dieser Ehe ausdrückte, zu. In der Hosentasche hatte er ein Messer versteckt. Die auf dem Bett sitzende Frau hatte keine Chance. Sie flüchtete ins Treppenhaus, dort stach ihr der Mitbewohner mehrfach in den Rücken. Die 31-Jährige starb noch am Tatort. Vor Gericht bezeichnete sich der Mörder als Antitheist, der in der Studentin alle an Gott Glaubenden treffen wollte.
3.5 Mitverantwortlich für Heil und Unheil
Simeon und Hanna verstehen sich nicht nur als Einzelne vor Gott, sondern als Glieder des Volkes Gottes, für dessen Glaube oder Unglaube, und damit Wohl oder Wehe, Heil und Unheil sie mitverantwortlich sind.
Die innere Weite, die sogar die Grenzen des eigenen Volkes überwindet, wird im öffentlichen Jubelruf Simeons über das Kind Jesus deutlich: "Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel."[5]
Die 84jährige Hanna stimmt in diesen Gott lobpreisenden Jubelruf ein und wird zur Wegbereiterin des Messias, indem sie »über das Kind zu allen spricht, die auf die Erlösung Jerusalems warteten«.[6]
Beide zeigen uns worauf es ankommt für alle die an den Gott Israels den Gott und Vater Jesu glauben:
4 Jesus als den Erlöser aufzunehmen
4.1 In den Kindern Jesus aufnehmen
Es heißt: »Simeon nahm das Kind in seine Arme«. Simeon ist das Vorbild aller, die Kinder aufnehmen und somit Jesus empfangen.
Jesus wird später auf die Frage, »wer der Größte im Reich Gottes sei« ein Kind in die Mitte stellen und zu den Jüngern sagen: "Wer dieses Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt den auf. der mich gesandt hat"[7]
Deshalb werden Christen Mädchen und Frauen, die ungewollt schwanger geworden sind, beistehen und ermutigen, Ja zu dem gezeugten Kind zu sagen und von einer Abtreibung abraten.
4.2 Selbst wie ein Kind werden, das sich von Gott alles schenken lässt
"Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen."[8] Simeon, der Greis, ist wie ein Kind. Wie ein Kind vertraut er Gott, wie ein Kind wartet er auf die große Überraschung Gottes, den Messias; weil er sich wie ein Kind auf Weihnachten auf den als Kind kommenden Messias freut und dessen Kommen die Erfüllung seines Lebens sieht, darum kann er jetzt auch in Frieden sterben.[9]
Wem die Herrlichkeit Gottes in diesem Leben aufgestrahlt ist, der braucht den Tod nicht zu fürchten; denn er weiß, am Ende meines irdischen Lebens wartet der Christus auf mich, der mit mir bis in den Tod hinein solidarisch geworden ist und den Gott von den Toten auferweckt hat.
5 Ein erlebtes Beispiel
Ich erinnere mich an eine Beobachtung, die schon fast 40 Jahre zurückliegt. Ich erlebte sie in Münchberg, wo ich von 1968 bis 1982 Pfarrer war.
Eine Frau über 70, gekrümmt und fast gelähmt, auf zwei Stöcke gestützt, etwa 350 Meter von der Kirche entfernt wohnend, kam jeden Sonntag in das Haus Gottes, um die Sonntagsmesse mitzufeiern.
Sich in winzigen Schritten fortbewegend brauchte sie für den kurzen Weg von ihrer Wohnung zur Kirche eine gute halbe Stunde.
So wichtig war ihr die Begegnung mit dem Herrn, mit Jesus Christus, in seinem Wort, in seinem Opfer und Mahl, dass sie sich trotz des beschwerlichen Vorankommens nicht vom Gottesdienstbesuch abhalten ließ.
Als sie eines Tages plötzlich starb, war mir und vielen in der Pfarrei klar, dass ein außerordentlicher Mensch zu Gott heimgegangen ist. "Denn ihre Augen hatten Sonntag für Sonntag das Heil gesehen", das Gott uns in seinem Sohn Jesus Christus bereitet hat und das der greise Simeon im Evangelium besingt.
Wie der Greisin Hanna war es auch dieser Frau bei aller Beschwernis wichtig, im Tempel Gottes anwesend zu sein, um Gott für das Geschenk der in Jesus Christus geschenkten Erlösung zu preisen.
Diese Frau war nicht verheiratet. Sie lebte als ledige Tante bei Verwandten. In ihren gesunden Jahren war sie Pfarrhaushälterin.
Und doch ging trotz ihrer Behinderung von ihrem Leben ein Licht aus, das in die Gemeinde hineinstrahlte. Sie, die keine Mühe scheute, um im Tempel Gottes für die Begegnung mit dem Erlöser der Menschen sich bereit zu halten, konnte friedlich aus dem Leben scheiden, denn "ihre Augen hatten das Heil gesehen, das Gott vor allen Völkern bereitet hat."[10]

[1][1] Jes 66,2
[2] Lk 2,25
[3] Jes 7,9
[4] Lk  2,34
[5] Lk 2,29-31
[6] Lk 2,38
[7] Lk 9,48
[8] Lk 18,17
[9] Lk 2,29
[10] Lk 2,30