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2010 (C) Heilige

Homilie am 11. Juli 2010 zum Titularfest in St. Heinrich Zell, Kuratie Sparneck

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Herrschaft als Dienst - Steinmosaik in Zell St. Heinrich
Herrschaft als Dienst - Steinmosaik in Zell St. Heinrich
Geistl. Rat Veit Dennert bei der Festpredigt
Geistl. Rat Veit Dennert bei der Festpredigt

 

 HEINRICHS SORGE FÜR DIE KIRCHE ‑ UNSERE SORGE
 
 
 
 
 
 
 
 
 

1 Wie wurde Kaiser Heinrich II. zum Reformer der Kirche?

  • Eine gute menschliche und christliche Bildung junger Menschen ist auch heute ein wichtiger Baustein für die Zukunft. Heinrichs Eltern wussten, ihr Sohn werde nur dann den künftigen Aufgaben als Herzog von Bayern gewachsen sein, wenn ihm eine gute religiöse und charakterliche Ausbildung zuteil würde.
  • Daher vertrauten sie ihren Sohn Erziehern an, die den katholischen Glauben beispielhaft lebten und denen die Zukunft der Kirche Jesus Christi als Werkzeug des Heils am Herzen lag. Durch seine Erziehung war Heinrich früh mit den Reformbestrebungen der Kirche bekannt geworden. Sein erster Lehrer war Bischof Abraham von Freising. In seiner Geburtsstadt Hildesheim besuchte er die Domschule. Dort erhielt er die Ausbildung eines angehenden Geistlichen.
  • In der damaligen Hauptstadt Bayerns, in Regensburg, wurde die Erziehung des jungen Herzogs durch den heiligen Wolfgang, dem Bischof von Regensburg, und Ramwold, dem Abt von St. Emmeran vollendet. So sehr verehrte Heinrich den Abt von St. Emmeran, dass er den im Jahre 1000 Verstorbenen persönlich mit zu Grabe trug. Diese beiden großen Benediktiner Wolfgang und Ramwold waren die Führer der Reformbewegung in Bayern. Sie erfüllten Heinrich mit glühendem Eifer für die Erneuerung der Kirche.
  • Mit dem heiligen Odilo, dem Abt des berühmten Klosters Cluny in Burgund und geistigem Haupt der Reformbewegung stand Heinrich ebenfalls in enger Beziehung.
  • Die Texte der Bibel prägten sein geistliches Leben. Heinrich hatte von König Salomo gelernt, in Verantwortung vor Gott zu leben und zu regieren.[1] Heinrich und seine Gemahlin Kunigunde waren betende Herrscher. ”Ein hörendes Herz“ erbaten sie von Gott, um „das Gute vom Bösen unterscheiden“ zu können. Wie dem Salomo, so hat Gott auch Heinrichs und Kunigundes Gebet erhört. Ihre Herrschaft wurde eine segensreiche für die Menschen und den christlichen Glauben in unserem Land.
  • Beides lag Heinrich und Kunigund am Herzen das Wohl der Menschen und ihr ewiges Heil. Nach der Festigung und Sicherung des Reiches in den ersten Regierungsjahren nahm er sich intensiv der Erneuerung der Kirche an.

1.1 Als erstes nahm er sich die Klöster vor

  • Sie waren ja die geistlichen Zentren des Glaubens, der Kultur, aber auch erfahren in Ackerbau und Viehzucht. Heinrichs Ziel war es die verweltlichten Mönche wieder zu einem wahrhaft geistlichen Leben im Sinne der Regel des heiligen Benedikt des »Ora et labora - bete und arbeite« zu bewegen.
  • Radikal war die Art und Weise, wie Heinrich mit den z.T. verweltlichten Klöstern verfuhr. Er setzte den alten Abt kurzerhand ab und ernannte eigenmächtig ohne Rücksicht auf das Wahlrecht der Mönche einen Mann der Reform zu dessen Nachfolger. Er stellte die Mönche vor die Wahl, sich der Reform zu unterwerfen oder das Kloster zu verlassen.
  • Dass sich die Mönche Heinrich zum Teil widersetzten ist begreiflich. Die meisten von ihnen waren in die reichen Konvente eingetreten, um ein bequemes Leben zu führen. Jetzt aber entzog der König ihrem üppigen Dasein die Grundlage, in dem er rücksichtslos in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klöster eingriff. Er nahm ihnen, was über ihren wirklichen Bedarf hinausging.
  • Aber anders als bei der Säkularisation 1803, wo sich die Fürsten und auch die Bayerischen Könige den gesamten Klosterbesitz in Bayern, Franken und der Pfalz unter den Nagel rissen, war Heinrich jede persönliche Habgier fremd. Er nahm ein, um wieder zu schenken. Er ließ neue Kirchen und Klöster bauen. Er stiftete den Dom von Basel. Erneuerte das Bistum Merseburg. Er gründet die Bistümer Bamberg und Bobbio in Italien.
  • In großartiger Weise entsprach Heinrich dem Ideal, das der Krönungsritus für den deutschen König entwirft: Der Herrscher sei "der Fürsorger für Kirchen und Klöster in der großen Güte königlicher Freigebigkeit!'“

1.2 Das Königtum und das Bischofsamt

  • Zur Zeit Heinrichs war das Königtum erst durch die kirchliche Weihe unanfechtbar. Anderseits war die Ernennung des Bischofs Sache des Königs. Sicher eine nicht unproblematische Verquickung von Kirche und Staat.
  • Heinrich erweist sich auch hier als ein wirklich christlicher Herrscher. Er übergab freigewordene Bistümer nur Männern, die den Interessen der Kirche und des Reiches am meisten entsprachen.
  • Unter den 50 Bischöfen, die von ihm ernannt wurden, befand sich kein einziger, der sich als unwürdig erwiesen hätte. Alle waren Personen, deren Auswahl von einer überaus großen Menschenkenntnis zeugt. Mit Absicht gab Heinrich die ärmsten Bistümer den reichsten Männern.
  • Die meisten der Erwählten waren seine Hofkapläne gewesen. So konnte er gut beurteilen, ob sie für die Aufgabe als Bischof taugten. Unter Heinrichs Regierungszeit wirkten Bischöfe, die Großes für die Erneuerung der Kirche und Seelsorge leisteten. Nicht wenig von ihnen wurden heilig oder selig gesprochen. "Nie früher oder später haben in Deutschland eine so auserlesene Schar von Bischöfen gewirkt, wie unter Heinrich II." schreibt ein Historiker. Kunigunde stand ihm dabei mit Rat und Tat, und oft auch ausgleichend zur Seite.

2.  Was lernen wir heute von Heinrich und Kunigunde?

Vielleicht sagen wir: Was soll's, ich bin weder Kaiser noch König, weder Bundeskanzler noch Ministerpräsident, weder Bischof noch Papst, weder Pfarrer noch Bürgermeister. Viele meinen, sie hätten weder Einfluss noch Macht und könnten deshalb auch nichts ausrichten.
Im Danklied nach der Kommunion singen wir "Gott liebt diese Welt und wir sind sein eigen. Wohin er uns stellt, sollen wir es zeigen:

2.1  Gott liebt diese Welt[2]
  • Kaiser Heinrich hat das an seinem Platz, wohin ihn Gott gestellt hatte, gezeigt, dass er Gott gehört und ihm in seinem Handeln verantwortlich ist. Dass Gott die Welt liebt, kann jeder an seinem Platz zeigen. Er kann es als Vater und Mutter, als Oma und Opa, als Vereinsvorstand und Vereinsmitglied, als Chef und als Mitarbeiter, als Schüler, als Lehrling, als Mitglied des Pfarrgemeinderates, der Kirchenverwaltung, als Ministrantin und Ministrant, als Pfarrer oder Kaplan, als Gemeindereferentin oder Pastoralreferent. Wir lernen von Heinrich und Kunigunde
2.2 An der Erneuerung der Kirche mitarbeiten
  • Heinrich hat sich für die Reform der Kirche eingesetzt. Reform heißt »zurück zur ursprünglichen dem Evangelium Jesu gemäßen Form der Botschaft Jesu«. „Ekklesia semper reformanda“ - die Kirche und wir als Glieder am Leibe Christi bedürfen immer der Erneuerung - stellt das 2. Vat. Konzil fest.
  •  Auch wir können und sollen mithelfen, dass sich die Kirche in uns und in unserer Gemeinde erneuert. Das wache, aber auch kritische Mitdenken und Mitmachen bietet die Möglichkeit an der Erneuerung der Gemeinde und damit der Kirche mitzuwirken. Jeder muss sich fragen, wie kann ich noch mehr nach dem Evangelium und in der Nachfolge Jesu leben, damit unser Glaube ausstrahlt auf unsere Umgebung. Wir teilen mit Heinrich und Kunigunde
2.3 Die Sorge um die Leitung der Kirche
  • Heinrich hat sich mit großem Eifer für die Leitung der Kirche eingesetzt. Die Kirche braucht Hirten und Hirtinnen, die mit ihrem ganzen Leben sich für die ihnen anvertrauten Menschen einsetzen, und zwar in jedem Lebensbereich, in der Pfarrfamilie und der natürlichen Familie genauso wie in der Politik.
  • Die Sorge um geistliche Berufe ist allen Gläubigen von Jesu aufgetragen: " Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden".[3] Ist diese Sorge ständig in unserem Gebet? Gibt es in eueren Gemeinden Gebetskreise, die sich diesem Anliegen besonders verpflichtet wissen? Die Kirche möchte, dass sich die Gemeinden am Vorabend des Herz-Jesu-Freitags zur Anbetung vor dem Allerheiligsten und zum Gebet um geistliche Berufe in ihrer Kirche versammeln. Das wäre auch hier in Zell möglich
  • Schaffen wir für geistliche Berufe ein positives Klima in unseren Familien? Ermutigen wir Kinder und Enkel zu einem Dienst am Heil der Menschen? Zukunft gibt es in der Kirche und Gesellschaft nur dort, wo Menschen ihre priesterliche und königliche Sendung ernst nehmend sich herschenken an Gott und an die Menschen und so dem Heil der Menschen dienen. Wir lernen von Heinrich und Kunigunde
2.4 Mit der Kirche zu leben
  • Mitarbeit in der Kirche, in der Pfarrei darf nicht heißen, wie komme ich dabei groß heraus, setze ich meine Ideen durch,  sondern ich will die mir übertragenen Aufgaben und Dienste im Sinne Jesu und seiner Kirche ausüben.
  • Aufbauende Kritik und in die Zukunft weisende Anregungen stehen jedem in der Kirche Engagierten zu. In ihrer tiefen Liebe zu Christus und seiner Kirche sind Heinrich und Kunigunde ein überzeugendes Beispiel, für das wir heute am Titular- und Patronatsfest in St. Heinrich die Eucharistie feiernd Gott danken.
  • Dazu gehört auch Sorge für das Gotteshaus, für seine Schönheit, Sauberkeit und seinen Erhalt. Jedes Gotteshaus ist die Visitenkarte einer christlichen Gemeinde. Vor allem muss sie es beleben durch die Mitfeier des Gottesdienstes. Kaiser Heinrich hat beim Gottesdienst im Gewand des Diakons das Evangelium vorgetragen.
  • Auch außerhalb des Gottesdienstes sollte es Zeiten geben, wo die Kapelle offen ist; denn sie ist nicht nur ein Versammlungsort der Gemeinde, sondern hier ist der Herr im Brot der Eucharistie im Tabernakel immer gegenwärtig.
  • Diese Woche erhielt ich einen Brief von einer einst evangelischen zum katholischen Glauben konvertierten aus Münchberg stammenden Frau. Sie hatte am vergangenen Sonntag den Gottesdienst zum Silbernen Priesterjubiläum von Jürgen Benisch in Helmbrechts mitgefeiert. Sie schrieb: „Eines aber hat mir immer gefehlt: Die Form, in der die Eucharistie in der katholischen Kirche gefeiert wird und die bleibende Anwesenheit des HERRN (auch nach der Abendmahlsfeier). Wenn ich in eine katholische Kirche komme, so ist Christus dort für mich anwesend. Dies ist etwas, was ich in lutherischen Gotteshäusern immer, also auch schon früher, vermisst habe.“ Wir lernen von Heinrich und Kunigunde
2.5  Politik ist Dienst an der Welt
  • Heinrich war ein Politiker, der sein Amt als Dienst verstand und in Verantwortung vor Gott durchführte. Christen können und dürfen sich nicht aus der Politik heraushalten. Nicht die sich für kompetent haltenden Stammtischpolitiker verdienen unsere Aufmerksamkeit, sondern die sich oft bis zur Erschöpfung für das Wohl unseres Landes und Gemeinden einsetzenden Frauen und Männer. Sie brauchen unsere Wertschätzung und vor allem unser Gebet, damit sie das Notwendige und Richtige erkennen und in die Tat umsetzen.
  • Der politisch tätige Christ aber, wird sich immer wieder prüfen, ob sein Tun und Handeln wirklich vom christlichem Geist gespeist in Verantwortung vor Gott geschieht.

3 Heinrich und Kunigunde machen uns Mut auf dem Weg durch die Zeit

  • Die Kinderlosigkeit des kaiserlichen Paares machte ihre Hoffnung zunichte, Leben und Macht an ihre Nachkommen weiterzugeben. Die Erkenntnis Gottes und seines Gesalbten Jesus Christus bewahrte sie vor Frustration und Resignation. Der 2. Petrusbrief, eine Spätschrift des NT, sagte ihnen, „Gott schenkt in seiner Macht alles, was für unser Leben und unsere Frömmigkeit - für unsere Beziehung zu ihm - gut ist.“[4]
  • Die Erkenntnis Gottes und Jesu Christi schenkt Anteil an der göttlichen Natur, befreit vom weltlichen Denken, das auf Macht und Befriedigung der eigenen Bedürfnisse aus ist; schenkt Selbstbeherrschung und Ausdauer im Guten. Der 2. Petrusbrief macht auf die Frucht aufmerksam, die den Menschen auszeichnet, der auf die Macht Gottes baut: "Wenn dies alles bei euch vorhanden ist und wächst, dann nimmt es euch die Trägheit und Unfruchtbarkeit, sodass ihr Jesus Christus, unseren Herrn, immer tiefer erkennt."[5]
  • Heinrich und Kunigunde auf die Wiederkunft des Herrn hin lebend haben mit dem, was Gott ihnen an Gaben des Leibes, des Geistes und der Seele geschenkt hat, hervorragend gewirtschaftet. Bei seiner Wiederkunft will der Herr sehen, welchen Gewinn nicht nur Heinrich und Kunigunde erwirtschafteten, sondern jeder von uns.
  • So ist ihre Kinderlosigkeit zum Segen für die Kirche geworden. Ihr persönliches Vermögen der Kirche von Bamberg vermachend ermöglichten sie die Gründung unseres Bistums, das damals schon bis zum Waldstein reichte. Ihr Vermächtnis lebt seit 1000 Jahren bis heute fort. So sind Heinrich und Kunigunde auf eine neue und beständige Weise fruchtbar geworden.
Mit 52 Jahren starb Heinrich auf einer Dienstreise durch den nördlichen Teil Deutschlands. Seine Kraft war verbraucht im unermüdlichen Einsatz für das Reich und die Kirche. Er hat uns vorgelebt, was es heißt: "Gott liebt diese Welt, und wir sind sein eigen. Wohin er uns stellt, sollen wir es zeigen: Gott liebt diese Welt."


[1] Lesung 1 Kön 3,5-9.9-14;
[2] Gotteslob 297
[3] Lk 10,2
[4] 2 Petr 1,3
[5] 2 Petr 1,7

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