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2009 (B) Sonntage im Jahreskreis

Homilie zu den Texten des 25. So. B2009 in Großenbuch St. Johannes der Täufer, Pfarrei St. Michael Neunkirchen am Brand

===>> Zu den biblischen und Propriumstexten des 25. Sonntags
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Widerstand gegen das Böse - Leidenschaft für das Gute

1 Stärkung des bedrängten Volkes Gottes

1.1 30 Jahre vor Christus

Wurde in Alexandrien, der damaligen Weltstadt der Bildung, des Handels und des Reichtums, das Buch der Weisheit verfasst, aus dem wir in der 1. Lesung[1] einige Verse hörten.
  • Es will die vom Zeitgeist bedrängten gläubigen Juden trösten und stärken. Um sie herum lauter Menschen, die mit allen Mitteln versuchen, nach oben zu kommen, um ein Stück vom Kuchen der Reichen und Gebildeten zu erhaschen.
  • Den Alltag bestimmende Gier und Verantwortungslosigkeit sind immer Ausfluss der sich von Gott absondernden Menschen. Sie machen sich ihre eigenen Götter und heben sie auf den Thron. Die Folgen sind: Geld und Macht, Geilheit und Ausbeutung, Lug und Betrug, ausschweifendes Leben und Genusssucht halten Hirne und Herzen besetzt.

1.2 Gewalttat in unserer Mitte

Ein 17 und ein 18jähriger erschlugen auf dem Bahnhof von München-Solln den 50jährigen Geschäftsmann Dominik Brunner. Er war den von den beiden Schlägern bedrängten Kindern in der S-Bahn zu Hilfe gekommen.
  • Was die Lesung von den Frevlern damals sagt, macht sich auch bei uns breit, nicht nur in unserer Landeshauptstadt München. Was die 1. Lesung ausspricht, geschieht auch heute: Sie "tauschen ihre verkehrten Gedanken aus und sagen: Lasst uns dem Gerechten auflauern! Er ist uns unbequem und steht unserem Tun im Weg." [2]Gottlos, verführt und verdorben werden Heranwachsende zu Mördern.
  • Aus dem Antwortpsalm dürfen wir die Klage des ans Kreuz geschlagenen Jesus wie auch des umgebrachten Dominik Brunner vernehmen. "Denn es erheben sich gegen mich stolze Menschen. Freche Leute trachten mir nach dem Leben; sie haben Gott nicht vor Augen."[3] Es geht in den Bibeltexten dieses Sonntags um

2 Gerechte und Märtyrer

2.1 Der Verfasser des Weisheitsbuches bezeichnet die jüdische Gemeinde als gerecht.

Trotz ihrer schwierigen Lage in der Diaspora bleibt sie als Minderheit dem überlieferten Glauben treu. Ihre Feinde, »Frevler« genannt, setzen ihr hart zu. Warum handeln jene so grausam? Weil gerechte und gute Menschen für sie der Spiegels sind, in dem ihr Tun in seiner Bosheit offenbar wird. Solche Spiegel werden von ihnen zerschlagen, damit andere eingeschüchtert werden und sie unbehelligt ihre Bosheit weiter ausleben können.

2.2 Der Staat kann und muss hier eingreifen.

Er will ja ein Rechtsstaat sein und bleiben. Das Grundgesetz verpflichtet dazu. Aber auch mehr Zivilcourage und die Solidarität aller Zeugen solcher Ereignisse sind nötig. Vorbeugende Maßnahmen sind wichtig.

2.3 Und was tut Gott, werden Sie fragen?

  • Gott rettet, auf seine Art. Er greift in der Regel nicht in menschliche Konflikte ein. Er nimmt das Leiden nicht weg. Aber er gibt Kraft, durchzuhalten, standhaft zu sein, für das Gute einzustehen und in der Auseinandersetzung mit Unrecht und Gewalt zu wachsen.
  • Gott zeigt eine Perspektive auf, die über diese Welt hinausreicht. Im Antwortpsalm und am Schicksal Jesu leuchtet sie auf: "Doch Gott ist mein Helfer. Der Herr beschützt mein Leben."
  • Der äußerste Widerstand gegen das Böse zeigt sich in der Hingabe des Lebens. Nicht die andere in den Tod reißenden Selbstmordattentäter sind Märtyrer, sondern die wahren die göttliche Liebe bezeugenden Menschen, die bis aufs Blut dem Bösen,  der Lüge und dem Machtmissbrauch widerstehen.[4]
  • Ich glaube auch nicht, dass der vermehrte Einsatz von Psychotherapeuten und Psychologen uns letztlich vor solchen bösen Entgleisungen bewahren wird, wie wir sie am Donnerstag durch den Amoklauf des Georg B. im Carolinum, einem Gymnasium in Ansbach erlebt haben. Neun Jugendliche wurden verletzt, zwei Mädchen lebensgefährlich.
Schauen wir daher auf


3 Die Ursachen des Bösen und dessen Überwindung

  • Es sind oftmals die gestörten Familienverhältnisse- die Eltern des Amokläufers leben getrennt. Es sind die Verherrlichung von Gewalt in Filmen und Medien, der Verlust des Glaubens an Gott und Verantwortung vor ihm, die rein auf das Diesseits fixierte Wohlstandsgesellschaft, die nicht mehr »die Weisheit von oben« kennt. Die zweite Lesung aus dem Jakobusbrief beschreibt sie so:
  • „Die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedlich, freundlich, gehorsam, voll Erbarmen und reich an guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht. Wo Frieden herrscht, wird von Gott für die Menschen, die Frieden stiften, die Saat der Gerechtigkeit ausgestreut."[5]
  • Nur wenn diese »Weisheit von oben« in Ehe und Familie, in Kirche und Gemeinde gelebt wird, wird der Friede in den Herzen wachsen. Aber wen stellen Regenbogenpresse und manche Medien als Leitbilder vor uns hin? Die Schönen und Reichen, die durch ihre Skandale bekannt und berühmt werden; die Großverdiener im Sport und Showgeschäft.
  • Die Kleinen aber, die durch ihren täglichen treuen Einsatz die Wirtschaft tragen, für ihre Kinder sorgen, werden nicht wahrgenommen. Dabei werden im Kleinen vor allem in den Familien die Weichen für ein gelingendes und sinnvolles Leben gestellt.
  • Jesus geht mit gutem Beispiel voran. Ein Kind in die Mitte stellend, es auf seine Arme nehmend sagt er: "Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf;" [6]Die Kinder brauchen Zuwendung und Geborgenheit, sollen sie seelisch, geistig und leiblich gut gedeihen. In ihnen will Jesus von uns gesehen, angenommen und geliebt werden. In ihnen will Gott, von uns an- und aufgenommen werden.

3.1 Leidenschaft eine ambivalente Antriebskraft

  • Die Lesung aus dem Jakobusbrief spricht Klartext. Die Leidenschaften im Innern des Menschen führen zu Eifersucht und Streit und Krieg, Isolation und Hass, zu Gewalttat und Mord.
  • Manche östlichen Religionen erziehen den Menschen deshalb zur Leidenschaftslosigkeit. Sich nicht verwickeln lassen, außen vor bleiben. Alles ist »gleich gültig«. Das gibt Ruhe. Diese Gleich-Gültigkeit hat aber fragwürdige Folgen. Man wird Zuschauer, die Verhältnisse bleiben, wie sie sind. Leidenschaft ist eine Begabung des Menschen zum Guten wie zum Bösen.

3.1.1 Leidenschaft, die Leiden schafft

  •  Wenn unsere Leidenschaften sich nur aus unseren Bedürfnissen und Trieben speisen, dann schaffen sie Leiden. Der so leidenschaftliche Mensch leidet an sich selber, weil er abhängig geworden nicht mehr Herr im eigenen Lebenshaus ist und zum Getriebenen wird. Dieses Fixiertsein auf sich selber ist der Nährboden auf dem Aggression und Vernichtungswillen wachsen. Und gerade dadurch werden alle Menschen zu Feinden, die gemieden, gehasst, ja vernichtet werden müssen.
3.1.2 Leidenschaft, die Leiden überwindet
  • Wird aber diese Begabung zum leidenschaftlichen Engagement für andere. Dann besiegt sie Leiden. Wer sich leidenschaftlich für andere engagiert, kann am ehesten dem Teufelskreis der Eifersucht und des Hasses, des Zorns und Streits, der Frustration und Minderwertigkeitskomplexe entkommen.
  • An Jesus können wir ablesen, wie wir leidenschaftlich Menschen füreinander sein sollen. Im Evangelium heute erleben wir ihn unterwegs nach Jerusalem. Leben ist Unterwegssein. Jesu Ziel ist unsere Erlösung, unsere Befreiung von den zerstörerischen Todesmächten. Der Weg dorthin führt ihn jedoch durch Leiden und Tod. Gerade darin begegnet uns

3.2 Die rettende Leidenschaft Jesu

  • Fragen wir also: Welches Ziel streben wir an? Sind wir den Jüngern von damals so unähnlich? Geht es uns unausgesprochen nicht auch darum, eine bedeutende Rolle zu spielen, groß heraus zu kommen, anerkannt zu werden und angesehen zu sein?
  • Viele junge Menschen werden von Karriere- und Aufstiegsgedanken angetrieben. Da ist kaum mehr Platz für Gott, für die Heiligung des Sonntags, für Gottesdienst, für innere Ruhe, für das bei sich selber Sein. Sie möchten ja auf keinen Fall die Letzten sein.
  • Jesus hält den Rangstreitigkeiten der jünger, wer der Größte unter ihnen sei, die Grundordnung des Gottesreiches entgegen: »Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und aller Diener sein.«[7] Das geht gegen alle Ambitionen dieser Welt, das stößt jede Ehrsucht vor den Kopf. Wenn Rivalität und Konkurrenz unser Verhalten bestimmen, wird es zwangsläufig zu Neid, Eifersucht, Missgunst und Frustration kommen. Aggressionen gegen sich oder andere sind die verheerenden Folgen.
  • Dagegen steht die Haltung des Kindseins: die Haltung des Vertrauens und des Glaubens. Einerlei wie alt wir sind: Wer dem Himmel nahe sein will, muss von seinem Sockel herunterkommen. Wir sind »Kinder Gottes«, nicht Damen und Herren Gottes.
  • Lassen wir das Kindliche in uns leben, nehmen wir unser Großseinwollen zurück, damit wir die Wärme, Lebendigkeit, Zärtlichkeit spüren und weitergeben, die Gott uns als seinen Kindern entgegenbringt.[8]


[1] Weish 2,1a. 12.17-22
[2] Weish 2, 1a.12
[3] Ps 54,6
[4] vgl. Hebr 12,4
[5] Jak 3,17f.
[6] Mk 9,37
[7] Mk 9,35
[8] Laacher Messbuch 2009 S. 761

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