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2009 Vortrag

1. Vortrag: im Kloster St. Anton Forchheim bei den Redemptoristen Patres am 22. 1. 2009

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Die Repraesentatio Gottes und Jesu Christi
 
Vorbemerkung:

  • Mit der Repraesentatio - Vergegenwärtigung Gottes verhält es sich anders als wie mit der Jesu Christi. Denn Gott wurde in Jesus Christus Mensch, deshalb sagt Paulus von ihm: „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.“[1]
  • Gegenüber der Vergegenwärtigung durch das Bild hat die jüdische Tradition auf eine andere Form der Repräsentation gesetzt: das Wort.
  • Alle Formen der wirksamen Vergegenwärtigung Gottes im Raum der Glaubensgemeinschaft sind als Repräsentationen der ansonsten unzugänglichen Wirklichkeit Gottes zu verstehen. Die Wirklichkeit, von der sie handeln, sie besteht bereits – auch ohne ihre Darstellung, ihre Äußerung, ihre Verkündigung. Auch das sakramentale Wortgeschehen ist bloßer Widerschein einer »extra nos« – außerhalb der geschöpflichen Verfügung – gegründeten Wirklichkeit, die Gott selbst ist.
  • Und so ist es nur konsequent, wenn der Torarolle in der Synagoge in ähnlicher Weise Ehrerbietung zuteil wird wie den alten Götterbildern.
  • Unter Karl dem Großen gab es einen regen künstlerischen Austausch mit der Kirche von Byzanz, die im 8. Jht. fast am Ikonklasten-Bilderstreit zerbrochen war. In der Pfalzkapelle zu Aachen wird konsequenter Weise nicht Gott dargestellt, sondern das Buch der Heiligen Schrift nimmt den Platz auf dem Thron ein. {Bild}
Und doch finden wir auf den ersten Seiten der heiligen Schrift schon ein Bild Gottes, des Unsichtbaren: der von Gott geschaffene Mensch als Mann und Frau.

1) Der Mensch als Mann und Frau Repräsentant Gottes in der Schöpfung

  • Die Beschreibung der Schöpfungswerke am Beginn des Buches Genesis gipfelt in der Aussage,„Gott schuf den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie“[2]. Ähnliche Bedeutung wie die zweimal, also mit Nachdruck, verwendete Bezeichnung „Abbild“ (Säläm in der LXX mit kat ei˙kona theou[3] übersetzt, in der Vulgata mit imago)[4] hat der Begriff „Gleichheit“/ „Ähnlichkeit“ (demut – Gen 1,26; 5,1.3).
  • Der Mensch, und zwar in der Einheit von Mann und Frau, hat eine bes. Würde. Sein Leben ist unantastbar (Gen 9,6). Seine Nachkommen sind zugleich seine „Abbilder“ (Gen 5,3). Ihm ist die Sorge für die Schöpfung anvertraut. Er soll gleichsam als Repräsentant Gottes und in der Weise eines guten Königs über die anderen Geschöpfe „herrschen“ (rdh – Gen 1,26.28) und sich die Erde „untertan machen“ (kbsˇ – Gen 1,28).

2) Jesus Christus der wahre Repräsentant Gottes

  • Die Briefe des Paulus enthalten Aussagen über Jesus als das „Abbild“/„Bild“(eiko¯n) Gottes, die zwei Hauptaspekte erkennen lassen, nämlich die einzigartige Beziehung Jesu zu Gott (1 Kor 15,49) und Gottes Selbstoffenbarung in Jesus (2 Kor 3,18; 4,4; Kol 1,15).
  • Der Christushymnus im Kolosserbrief beginnt mit der Feststellung: Jesus ist „das Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ (Kol 1,15). „Bild“ bedeutet hier (wie auch in 2 Kor 3,18; 4,4) nicht nur Abbild einer Person und ihre Repräsentation, sondern auch das Sichtbarwerden und die Offenbarung ihres (unsichtbaren) Wesens.

3) Die Jünger Repräsentanten Jesu Christi

  • Mit den Aussagen über Christus als „Bild“ Gottes verbinden sich Verheißungen für jene, die an ihn glauben. Sie werden verwandelt in sein Bild (Röm 8,29; 1 Kor 15,49; 2 Kor 3,18).
  • Der von den Toten auferweckte Jesus ist gleichsam der neue Adam, an dessen Wesen und Gestalt wir teilhaben werden. „Wie wir nach dem Bild des Irdischen gestaltet wurden (= Adam, vgl. Gen 1,26 f; 5,1–3), so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden (= Christus) “ (1 Kor 15,49). Den „Leib“ der Auferstehung (vgl. 1 Kor 15,44) erlangen heißt auch das „Bild“ Christi tragen.

4) Präsent, gegenwärtig sein

  • bedeutet sich hineinverschenken in den Augenblick, in das Tun, in die Begegnung. Damit machen wir anderen ein Präsent. Ja, wir heiligen damit den Namen Gottes, der sich dem Mose als Jahwe, als der "Ich-Bin-der-Ich-Bin-Da" offenbart.
  • Der Gott Israels muss also nicht herbeigezaubert werden. Weil er der Da-Seiende, der Präsente, der Gegenwärtige ist, ist er uns immer und überall nah. Solche immerwährende Nähe verheißt der Auferstandene seinen Jüngern und Jüngerinnen. »Ich bin bei euch alle Tage, bis zum Ende der Welt». Mt 28,20

5) Die Präsens Gottes macht es uns möglich selber ganz präsent zu sein

  • für sein Wort, für sein sakramentales Heilshandeln, für die Menschen, die uns brauchen. Und gerade dadurch, dass wir uns in unsere Berufung, unseren Auftrag hineinverschenken, werden wir uns selbst geschenkt. In schwierigen beruflichen und menschlichen Situationen mich an die Messfeier hingebend bin ich spätestens beim Friedensgruß geheilt.
  • Der Philosoph Carl Jaspers spricht vom Menschen, den er unbedingt liebt, so: "Er ist gegenwärtig und tut, was an der Zeit ist." (Philosophie II Existenzerhellung S.44) Oder um es mit dem Weisen Chinas Laotse zu sagen: »Was du tust, das tue ganz«.

 6) Repraesentatio = Vergegenwärtigung

  • In der im Auftrag Jesu mit der Kirche gefeierten Eucharistie wird in der Kraft des Heiligen Geistes ein in der Vergangenheit sich ereignendes Heilsgeschehen vergegenwärtigt. Es geschieht Re-praesentatio Christi, seines erlösenden Todes und seiner selig machenden Auferstehung, und zwar bis er kommt in Herrlichkeit.
  • Es ist immer wieder hilfreich für mein hellwaches Anwesendsein, wenn ich mir ich mit der Intention zum Altar gehe:Ich feiere die heilige Messe jetzt so, als wäre es meine letzte vor dem endgültigen Kommen des Herrn. Als P. Ruppert Maier am Allerheiligentag 1945 am Altar der Schlag traf, waren seine letzten Worte: "Es ist der Herr."

7) Erinnern und Vergegenwärtigung

  • Beim Feiern der Liturgie feiern geht es nicht nur um ein das Sich erinnern der Heilstaten Gottes in der Geschichte, sondern kraft der Gegenwart des auferstandenen und erhöhten Herrn geschieht im Heiligen Geist Repraesentatio = Vergegenwärtigung. Gottes Gnade ist es, die uns die Messe zelebrieren lässt. Denn Gott ist uns liebend und befreiend nahe durch den Heiligen Geist, den er in der Taufe in unsere Herzen ausgegossen hat. Die in der Taufe einwohnende Liebe Gottes ist der Ursprung jeder dienenden Repraesentatio Christi.
  • Zum priesterlichen Dienst geweiht und bevollmächtigt nimmt uns Christus in seinen Dienst, ihn in der Eucharistiefeier zu repräsentieren. Das verpflichtet uns, die Liebe zu Jesus zu pflegen und aus seinem Wort zu leben, damit wahr wird, was Paulus von sich zu sagen wagt: "Nicht mehr ich leben, sondern Christus lebt in mir." Gal 2,20
  • So wird das von uns verkündete Wort Gottes als »δυναμις του θεου« als »Gottes Kraft und Gottes Weisheit« 1 Kor 1,24 erfahren werden. Die Einwohnung Gottes in uns gibt der Repraesentatio Gottes und Christi in der Liturgie ihre Strahlkraft.

8) Wie werde ich ein würdiger Repräsentant Christi?

  • Cyprian von Cartago († 258) bezeichnet den Bischof als Repräsentanten Jesu Christi. Wir Priester sind vom Bischof dazu geweiht und gesandt, dieser Repraesentio, dieser Vergegenwärtigung Christi zu dienen. In besonderer Weise geschieht dies bei der Verkündigung und Auslegung des Evangeliums, bei der Feier der Sakramente, besonders bei der Feier des Herrenmahles.
  • Es ist daher der Wunsch der Kirche nach dem Konzil, dass in jeder heiligen Messe in einer kurzen Homilie das Wort der Schrift ausgelegt wird. Bevor jemand als Lektor zugelassen wird, sollte er intensiv darauf vorbereitet werden. Dabei geht es nicht nur um die technisch-praktische Seite dieses Dienstes - wie wird's gemacht? - sondern unbedingt um die innere geistliche Vorbereitung und Einstellung. (Lektorenschulung, Erfahrungen auf Burg Rothenfels).
  • Freilich manche Priester haben dagegen Vorbehalte gegen die Repraesentatio. Der Pastoraltheologe Zulehner beschreibt vier Priestertypen der Gegenwart in Europa: Der 4. Typ, der zeitgemäße Gemeindeleiter wisse sich gemeindlich gebunden. Er schätze das Priestertum, das aus der "Christenweihe" der Taufe komme, hoch ein, er wisse sich als Bruder unter Brüdern und Schwestern. Den alten Bildern der Christus-Repräsentation wie der Gemeinde-Repräsentation traue er wenig. Wichtig ist ihm das kirchengemeindliche Leben. Er habe ein "ekklesiales Amtsverständnis".

Es hilft sicher nichts, ständig vor der Gemeinde zu betonen, dass wir Repräsentanten Gottes und Jesu Christi sind. Wichtig ist, dass wir uns vom Wort des Herr treffen und von der Eucharistie verwandeln lassen.

  • Nicht nur Brot und Wein sollen in der Messe zum Leib und Blut Christi verwandelt werden, sondern auch wir sollen uns verwandeln lassen und so zu dem neuen Menschen werden, »der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um hin zu erkennen«. Je mehr ich sein Bild bin, also Christus ähnlich, von ihm geprägt, desto mehr werde ich Gott erkennen. Je mehr ich ihn erkannt habe, desto besser und klarer kann ich sein Gegenwärtigsein durch mein Sein und Wort bezeugen.
  • Die Rückbesinnung auf die Urkunde unseres Glaubens die Heilige Schrift hilft uns dabei. Im Johannesevangelium fragt Judas Thaddäus Jesus, »Herr, warum willst du dich nur uns offenbaren und nicht der Welt?« Aus der Antwort Jesu hören wir heraus, die sich ihm und dem Vater ganz öffnenden Jünger seien seine Repräsentanten, durch die er sich der Welt offenbaren wird: »Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen."[5]  Als von im "voraus Erkannte"[6] und in Christus "vor der Erschaffung der Welt" Erwählte[7]  wollte er, dass wir »an Wesen und Gestalt seines Sohnes« teilhaben, »damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei«.[8]
  • Die Einwohnung des dreieinigen Gottes gibt bei aller Anforderung innere Gelassenheit und Ausstrahlung. Dies sind Voraussetzungen dafür, dass wir nicht nur »die Messe halten oder Lesen«, sondern zelebrieren.
  • Im Duden steht unter zelebrieren auch »etwas feierlich gestalten, betont langsam u. genussvoll ausführen«. Ich selber werde als Zelebrant jedes Wort, das mir die Liturgie in den Mund legt mit Bedacht - das meint langsam - auskosten, es mit seinem Sinn in mich einlassen. Wer gegen die Uhr und Zeit zelebriert, verliert seine Glaubwürdigkeit und seine Ausstrahlung.
  • Wichtig ist, dass ich mich selber von dem, was ich tue und spreche, anrühren und innerlich berühren lasse. Denn was ich verkünde, ist zuerst mir gesagt. Was ich bete und singe, ist zuerst mein Gebet, mein Lobpreis. Repraesentatio ist nicht machbar, sie muss demütig gelebt werden.
  • Der Priester ist kein nicht selbstbezogener blendender Animateur, sondern ein um seine Armut und Sündhaftigkeit wissender, demütiger Vormacher und Vorausgeher. Wenn ich als Betroffener rede, verkünde, bete und singe, bin ich ein guter Repräsentant Jesu Christi.
  •  Jesus lebte vor Jahwe, dem »Ich bin der Ich bin da«, dem gegenwärtigen Gott, den er »Abba, lieber Vater« nennt. Auf ihn hinhorchend geht er zu den Menschen. »Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der (göttliche) Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten." [9]
  • Aus der Begegnung mit dem menschgewordenen, gekreuzigten und auferweckten Herrn möge das ein klein wenig wahr werden, was Paulus den Korinthern in seinem 2.Brief schreibt: "Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn." [10]


[1] Kol 1,15
[2] Gen 1,27
[3] κατ εικονα θεου
 [4] creavit Deus hominem ad imaginem suam ad imaginem Dei creavit
 [5] Joh 14,23
[6] Röm 8,29
[7] Eph 1,4
[8] Röm 8,29
[9] Mk 1,22
[10] 2 Kor 2,18

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