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2009 (B) Osterzeti

Homilie zu den biblischen Texten des Ostermontags in der Frühmesse in St. Michael Neunkirchen

===>> Die biblischen Texte des Ostermontags (B)
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Den Auferstanden mit dem Herzen sehen[1]   

Mit dem Herzen sehen

ist nicht die Stärke unserer Kultur. Wir sehen eher mit den äußeren Augen des Verstandes. Die Sicht des Verstandes ist das Entweder-oder. Der Blick des Herzens ist das Sowohl-als-auch, der Blick, der das Ganze sieht und über sich selbst hinausweist.
  • Es ist der Blick, mit dem wir die Welt und uns selbst neu, sozusagen »von innen, von Gott her« sehen. Wo wir zuvor Brot nur als Nahrungsmittel sahen, ist es nun auch Brot des Lebens. Mit dem Herzen sehen wir die Spuren Gottes oft gerade dort, wo wir sie am wenigsten erwarten. Nicht an den Orten hehrer Ideale, sondern an den Orten des Leidens, in den Kämpfen des Alltags.
  • Anton Rotzetter schreibt dazu im »Christ in der Gegenwart«: „Das Auge sieht zu wenig weit und immer nur Ausschnitte. Das Ohr dagegen hört Dinge, die das Auge von sich aus nicht sieht. Erst das Ohr gewährt uns Zugang zur umfassenden Wirklichkeit. Darum ist es unsere Aufgabe, hörende Wesen zu werden und über das bloße Sehen hinauszukommen.“
In meiner Osterpredigt sagte ich gestern in Hetzles:
  • »Es ist das Unglück unserer Tage, dass wir alle Augenmenschen geworden sind, überfüttert mit tausend Bildern. Es ist das Unglück vor allem für unsere jungen Menschen, dass ohrenbetäubende Musik ihr Gehör zerstörend nur noch ihren Bauch als Sitz des Triebhaften erreicht. So verlieren sie die Fähigkeit mit dem Herzen und mit wachem Verstand hören können. Darum kommt die Botschaft von der Auferstehung heute vielen so unwirklich vor.«
  • Kein Wunder, die Gottlosigkeit ist bei uns wieder schick. Auf Großstadtbussen wird dafür Reklame gemacht. In Großstädten wie Nürnberg wird Ostern zum Frühlingsfest degradiert. Am Karsamstag pünktlich zu Ostern hat es begonnen. Die Nationalsozialisten und kommunistischen Atheisten in der früheren DDR haben diese Verdrängung christlicher Feste schon vor Jahrzehnten praktiziert. Heute präsentiert sich vor der prächtige Fassade des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes das Nürnberger Frühlingsfest als weltlicher Osterersatz.
Wie kann man sich dieser Entleerung christlicher Feste entziehen? Was dagegen setzen? Hören wir in die 1. Lesung hinein.

1 »In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst«[2]

  • Die Predigt des Petrus in Jerusalem[3] hat die Herzen der Zuhörenden entzündet, weil in ihm selbst ein Feuer brannte. Er konnte mit seiner Botschaft von der Auferstehung Jesu so begeistern, dass das Evangelium die »Enden der Welt« erreichte. Das rasche Wachsen rechnen die Apostel nicht sich selbst, sondern dem Wirken des Heiligen Geistes zu. Er sprengt die kulturellen und ethnischen Grenzen für die Verbreitung des Evangeliums, er erfüllt Petrus mit dem Mut, sich ohne Wenn und Aber zum Evangelium zu bekennen. Von der einstigen Furcht der Apostel, als Anhänger Jesu von den Juden angegriffen zu werden, ist nichts mehr zu spüren.
  • Wir spüren aber auch, dass Begeisterung der Kontrolle durch Herz und Verstand bedarf. Der impulsive Petrus schießt über das Ziel hinaus, wenn er »den Juden« unterstellt: »Ihr habt ihn ans Kreuz geschlagen und umgebracht.« Diese unhaltbare Pauschalverurteilung hat im Lauf der Geschichte zu einer verhängnisvollen Diffamierung »der Juden« als »Christusmörder« geführt. Historisch ist gesichert, dass die Kreuzigung Jesu ein abgekartetes Zusammenspiel zwischen der Jerusalemer religiösen Führerschaft, dem römischen Prokurator Pilatus und Herodes war.
  • Sie inszenierten die Zustimmung des »ganzen Volkes« - das sind alle und keiner - damit später niemand für Jesu Tod zur Verantwortung gezogen werden kann. Ob wir uns auch manchmal hinter dem »alle und keiner« verstecken, um nicht Stellung beziehen zu müssen?
In der 2. Lesung zeigt Paulus an seiner Person

2 Die verwandelnde Kraft der Auferstehung

  • Paulus formuliert hier das älteste schriftliche Zeugnis der Auferstehung Jesu Christi.[4] Sich selbst bezeichnet er als »Missgeburt«, dem der Herr »als Letztem von allen« erschienen sei. Der einstige fanatische Christenverfolger verleugnet seine Vergangenheit nicht. Denn sie macht die Gnade umso deutlicher, die ihm durch seine Bekehrung zuteil wurde. Sein Leben ist seitdem Bekennen und Verkündigen des Gekreuzigten und Auferstandenen, das Evangelium das Fundament, auf dem ersteht.
  • Der Frage, die er an die Korinther richtet, ob sie den Glauben vielleicht unüberlegt angenommen haben, müssen auch wir uns stellen: Welche Rolle spielt der Glaube für mich? Räume ich dem Gott Jesu den Anspruch auf mein ganzes Leben oder nur einen Teilbereich ein?
  • Glaube ist nicht abhängig von meinem Wohlwollen, von meiner Tagesform, von meiner Befindlichkeit. Glaube ist Ergriffensein und Erschüttert werden von Gott. »Niemals wird das Höhere in einfacher Lebensentwicklung erworben, Immer wird es mit Erschütterung und Gefährdung bezahlt« (Romano Guardini)
Im Evangelium[5] begegnet uns

3 Der Auferstandene als bekannter unerkannter Weggefährte

Besonders hervorgetan haben sich die Weggefährten Jesu nicht. Wie oft haben sie ihn zu seinen Lebzeiten nicht verstanden, und als er sie in seinen letzten Stunden gebraucht hätte, ließen sie ihn im Stich. Es waren ganz normale Leute - wie wir.
  • Ein Glück für uns! Denn an ihnen können wir ablesen, wie der Glaube an die Auferstehung Schritt für Schritt wächst. Die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus, zurück in ihre »alte« Welt, sind enttäuscht, mutlos, traurig. Mit der Kreuzigung Jesu sind alle ihre Hoffnungen auf den neuen König Israels zerschlagen worden. War denn alles vergeblich?
  • Während sie fragen und mit ihren Zweifeln ringen, gesellt sich Jesus zu ihnen. Doch sie erkennen ihn nicht. Jesus überwältigt sie nicht mit einem: »Ich bin es«, sondern er legt ihnen die Schrift aus, damit sie verstehen, warum dieser Tod nötig war.
  • Erst als er das Brot bricht, gehen ihnen die Augen auf. Jesus teilt sich mit, indem er das Brot austeilt. Nicht durch einen Donnerschlag, einen Blitz, ein Licht vom Himmel, sondern in einer alltäglichen Situation.
  • Gott, der Mensch wurde, leiblich wurde, in das Innerste der Materie einging, bedient sich des Alltäglichen, um sich zu zeigen, in den einfachen Gesten des Miteinanders, in den Menschen, die um uns sind. Ist es nicht das größte Wunder, dass das Osterleben mitten in unserem Alltag aufscheint, weil er mitten unter uns ist?
  • Der Auferstandene ist der bekannte oft von uns unerkannte Weggefährte. Nur die mit den Augen des Herzens Sehenden und mit den Ohren des Herzens Hörenden werden seine sie begleitende Gegenwart wahrnehmen. Der Prolog des Johannesevangeliums sagt vom Mensch gewordenen auferstandenen Herrn: "In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen." [6]


[1] Anregungen aus »Messbuch Maria Laach 2008«
[2] Augustinus
[3] Apg 2,14.22b-33
[4] 1 Kor 15,1-8.11
[5] Lk 24,13-35
[6] Joh 1,4

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