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2009 (B) Osterzeit

Homilie zu den Lesungen und Evangelium vom 3. Ostersonntag B 2009 in Hetzles St. Laurentius in gekürzter Form gehalten.

===>> Biblische Texte aus dem Schottmessbuch
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Der Auferstandene inmitten seiner Jünger[1]

Alles aus?

Ein Vater, dem gerade seine 40 Jahre alte Frau gestorben war, entdeckt im Zimmer seines neunjährigen Sohnes ein Blatt Papier mit einer erschütternden Zeichnung. Ein Grabstein, auf dem nur drei Buchstaben stehen: AUS.
  • Ähnlich mag es all jenen gehen, denen der Glaube an den die Toten zum ewigen Leben erweckenden Gott und Vater Jesu Christi abhanden gekommen ist,  stehen sie am Grab eines geliebten Menschen. Waren nicht auch die Jünger Jesu nach dem gewaltsamen Tod ihres Meisters in einer ähnlichen Seelenlage? Alles aus! Klingt das im heutigen Evangelium Gehörte nicht wie ein Märchen?
  • Die Jünger sind verängstigt und zurückgezogen. Kurz zuvor war Jesus den aus Jerusalem nach Emmaus fliehenden Jüngern begegnet. Unerkannt schloss er ihnen die Schrift auf. Ihre Herzen entbrannten. Die Augen aber gingen ihnen auf, als er beim Mahl ihnen das Brot brach. Genügt es also einfach zu sehen, die Augen aufzumachen? Keineswegs! Erst am Brotbrechen erkennen sie ihn, also an jener Geste, mit der er im Abendmahlsaal das Brot brechend und austeilend sagte: »Nehmt und esst, das ist mein Leib«, das bin ich, der für euch am Kreuz hingegeben wird.
  • Es braucht die durch die Aussagen der Heiligen Schrift - hier des Alten Testaments - aufgeschlossenen inneren Augen, die Augen des Herzens, um den Auferstandenen inmitten der Jüngergemeinde wahrzunehmen. Wie wird sie erfahren

Die Gegenwart des Auferstandenen?

Als die Emmaus Jünger den Aposteln von ihren mit dem auferstandenen Herrn gemachten Erfahrungen erzählen, gewährt er ihnen erneut seine Gegenwart.
  • »Während sie noch darüber miteinander redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!« Es ist also unbedingt nötig, unsere Glaubens Erfahrungen einander mitzuteilen. Auch darin will sich der Auferstandene mitteilen. Das hat nichts mit Einbildung oder Sinnestäuschung zu tun.
  • Die Apostel erfahren den Auferstandenen nicht als Geist oder Gespenst, sondern als den mit ihnen durch Palästina gewanderten, am Kreuz verwundeten und getöteten Herrn, als den von Gott auferweckten ganzen Menschen, mit Leib, Seele und Geist. Eindringlich gibt Lukas in seinem Evangelium diese Erfahrung der Jünger Jesu wieder. Er bezeugt also die im Glauben gewonnene Erfahrung.
  • In der Lesung aus der Apostelgeschichte beschreibt Lukas die in den Jüngern Petrus und Johannes weiterwirkende Gegenwart des Auferstandenen. Sie haben gerade im Namen Jesu den Gelähmten an der schönen Pforte des Tempels geheilt. Petrus, der vor kurzem noch Jesus verleugnet hat, ist nicht wieder zu erkennen. Er spricht als Verwandelter: „Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr verraten und vor Pilatus verleugnet habt.“ Er verkündet die Auferstehung Jesu und verweist darauf, dass die vorausgehende Heilung des Gelähmten wie auch die Auferweckung Jesu von den Toten allein auf Gottes Heilshandeln zurückzuführen ist.
  • Petrus möchte dass sein Weg, der seiner Zuhörer wird. So nennt die Schuld beim Namen »Ihr habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und den Urheber des Lebens getötet«. Er war selber an seinem Herrn durch Verleugnung schuldig geworden. Darum äußert er Verständnis für die Blindheit seiner Zuhörer, die den Messias Gottes dem Tod überliefert haben. Was er aber an sich selber erfahren hat, kann er auch ihnen verkünden: die Tilgung ihrer Sünden durch Umkehr und Buße.
  • In der 2. Lesung setzt sich der heilige Johannes mit der um die Wende des 1. Jahrhunderts verbreiteten Gnosis auseinander. Die Gnostiker strebten nach Erkenntnis, die sie durch Einweihung in die Mysterien oder durch Ekstase zu erlangen suchten. Sie haben ihre modernen Nachfahren in manchen esoterischen Gruppen und ihren Praktiken.
Sie wähnten sich über alles Materielle und Sündhafte erhaben. Gegen diese Überheblichkeit wendet sich der erste Johannesbriefe.
  • Aus dem Vorwurf gegen die Gnostiker folgt nicht, dass die Sünde im Leben der Christinnen und Christen die Regel ist. Vielmehr will das Schreiben von der Sünde fernhalten. Der Briefschreiber setzt dem gnostischen Erkennen das christliche Erkennen entgegen.
  • Echte Gotteserkenntnis äußert sich in dem alle Gebote Jesu umfassenden Tun der Liebe. Die Irrlehrer widerlegen ihre angebliche Gotteserkenntnis durch ihr Leben. Christinnen und Christen unterscheiden sich von Irrlehren dadurch, dass sie versuchen, so leben wie Jesus gelebt hat. Um Jesu willen werden daher die Gläubigen die Sünde meiden.
In allen Lebensbereichen wird der Christ

Den Glauben an den Auferstandenen bezeugen.

Wenn jemand mich fragt: »Glauben Sie an die Auferstehung?« Dann werde ich antworten: »Ja ich glaube, dass Gott die Toten auferweckt; denn er hat Jesus auferweckt«.
  • Wenn er dann zu mir sagt: »Beweisen Sie mir das«. Dann werde ich sagen, das kann ich ihnen nicht beweisen. Aber ich glaube an den lebendigen Gott, der den ganzen Kosmos in seiner Vielfalt erschaffen hat und durch seinen Geist mit Leben erfüllt. Und dieses Leben wird sich im Menschen seiner selbst bewusst. Daher kann der Mensch seinen Schöpfer aus dessen Werken erkennen. Dieser Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, kann uns auch durch den Tod hindurch verwandeln und neu schaffen.
  • Und ich werde den Fragenden auf die ungezählten Menschen hinweisen, die ihren Glauben an den Auferstandenen durch Folter und Tod hindurch bezeugt haben. Ich werde auf die vielen Wunder der Liebe hinweisen, die an bis zum letzten Atemzug liebenden Christen bis heute erfahrbar werden.
  • Ich werde von der befreienden und Frieden stiftenden Botschaft des unter den Menschen lebenden und dafür den Tod erleidenden und von Gott auferweckten Jesus, dem Messias Gottes, sprechen. Ich werde davon sprechen, wie der Mensch inmitten seines vom Tod bedrohten Lebens aufatmen kann, wenn er  sich von den irdischen vergänglichen Götzen abkehrt und sich hinwendet zu dem lebendigen Gott und seinem auferweckten Gesalbten Jesus.
  • Sie haben richtig gehört: Diesen Glauben will der Evangelist bezeugen. Er ist also nicht zu beweisen. Damals nicht und heute nicht. Aber: Dieser Glaube konnte damals nur von jenen weitergegeben werden, die sich auf das Wagnis des Glaubens einlassend ihre Erfahrungen mit der Gegenwart des Auferstandenen gemacht haben. Wie intensiv diese Erfahrungen gewesen sein mussten, zeigt die Tatsache, dass sie dafür mit der Hingabe ihres Lebens Zeugnis ablegten.
  • Auch heute kann niemand die Botschaft von der Auferstehung beweisen. Das einzige was weiterhilft ist das Bekenntnis der einzelnen Christinnen und Christen, das Bekenntnis der Jüngergemeinschaft. Diese trägt seit nunmehr 2000 Jahren die Botschaft von der Auferstehung weiter. Sie legt Zeugnis davon ab, dass dieser Jesus, der Auferstandene, mitten unter uns ist.

Die folgende erhellende Geschichte mag uns dazu ermutigen.

  • Ein berühmtes Kloster war in große Schwierigkeiten geraten. Seine Gebäude waren früher voll junger Mönche. Seine große Kirche war von ihrem Chorgesang erfüllt. Jetzt kamen keine Menschen mehr dorthin, um sich im Gebet Stärkung zu holen. Eine Handvoll alter Mönche schleppte sich mühsam durch die Kreuzgänge. Sie priesen Gott mit schwerem Herzen.
  • Am Rande des Klosterwaldes hatte ein alter Rabbi eine Hütte gebaut. Von Zeit zu Zeit pflegte er dorthin zu kommen, um zu fasten und zu beten. Eines Tages entschloss sich der Abt, den Rabbi aufzusuchen und ihm sein Herz auszuschütten. Als er sich der Hütte näherte, sah er den Rabbi in der Tür stehen, die Arme weit zum Willkommensgruß ausgebreitet.
  • Im Inneren der Hütte stand ein hölzerner Tisch, auf dem die geöffnete Heilige Schrift lag. Einen Augenblick saßen sie dort - in der Gegenwart des Buches. Dann fing der Rabbi an zu weinen. Der Abt konnte sich nicht halten. Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen und begann auch zu weinen. Zum ersten Mal in seinem Leben weinte er sich richtig aus.
  • Als die Tränen versiegten und alles wieder still war, hob der Rabbi den Kopf. "Du und deine Brüder dienen dem Herrn mit schwerem Herzen", sagte er. "Du bist gekommen, um dir von mir Rat zu holen. Ich werde dir eine Weisung geben, aber du darfst sie nur einmal wiederholen. Danach darf niemand sie wieder laut aussprechen." Der Rabbi schaute den Abt offen und ernst an. Dann sagte er: "Der Messias ist unter euch."
  • Eine Weile war alles still. Dann sagte der Rabbi: "Du musst nun gehen." Ohne ein Wort, ohne auch nur zurückzuschauen, ging der Abt fort. Am nächsten Morgen rief er seine Mönche im Kapitelzimmer zusammen. Er erzählte ihnen, dass er vom Rabbi, der im Wald wohnte, eine Weisung erhalten habe und dass diese Mitteilung nie wieder laut ausgesprochen werden dürfe. Dann schaute er seine Brüder einzeln an und sagte: "Der Rabbi hat gesagt, einer von uns ist der Messias."
  • Die Mönche waren von dieser Aussage bestürzt und fragten sich, was das bedeuten könne. "Ist Bruder Johannes der Messias? Oder Pater Matthäus? Oder Bruder Thomas? Bin ich der Messias?" Alle waren ganz verwirrt von diesem Wort des Rabbi. Aber keiner erwähnte es jemals wieder.
  • Mit der Zeit begannen die Mönche, einander mit einer ganz eigenen Ehrfurcht zu begegnen. Etwas Edles und Aufrichtiges, etwas warmherzig Menschliches war unter ihnen, das schwer zu beschreiben, aber leicht zu bemerken war. Sie lebten zusammen wie Menschen, die endlich etwas gefunden hatten. Gemeinsam betrachteten sie die Heilige Schrift wie Menschen, die immer voll Erwartung waren. Besucher fühlten sich tief bewegt vom Leben dieser Mönche. Und immer mehr Menschen kamen. Dass Kloster füllte sich mit neuem Leben. Denn in jedem war der Auferstandene wirkend gegenwärtig.
Wenn einer starb, sagte keiner, »Aus, vorbei«. Aus einem tiefen Empfinden heraus konnten alle sagen: Er ist bei Gott geborgen, der die Toten auferweckt, wie er Jesus auferweckt hat.
  • Bei diesem Zeugnis für den Auferstandenen werden die Jüngerinnen und Jünger nicht allein gelassen. Jesus selbst verspricht uns dafür seinen Geist - die Kraft aus der Höhe. In dieser Kraft ist das Zeugnis für die Auferstehung möglich.
  • Zur Feier der Eucharistie versammelt bekennen wir »Jesus Christus ist auferstanden. Er lebt. Er ist mitten unter uns. Er lässt uns nicht im Stich. Hier nicht, im Alltag nicht und auch beim Sterben nicht«.

 
 

[1] 1. L Apg 3,12a.13–15.17–19; 2. L 1 Joh 2,1–5a; Ev Lk 24,35–48

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