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2009 (B) Sonntage im Jahreskreis

Homilie am 28.Son.B2009 in St. Johannes Großenbuch

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Die Weisheit, die vor Gott zählt.

Wie werde ich ein kluger und weiser Mensch?
Klugheit und Weisheit fallen einem nicht in den Schoß. Sie sind Geschenk Gaben Gottes
Sie gehören nicht zur natürlichen Ausstattung des Menschen. Sie sind gleichsam etwas »Übernatürliches«, niemand besitzt sie von Geburt an. Sie wird dem Menschen als Geist gegeben, ist also gewissermaßen Auswirkung einer göttlichen Inspiration.

1 Weisheit und Klugheit werden einem betend zuteil

Diese Gaben Gottes wollen erbeten und erfleht werden. Das Gebet aber hat seine Voraussetzungen. Den echten Glauben, der sich alles von Gott erhofft. Religion, die Rückbindung an Gott, ist die Grundlage der Weisheit. Ein älterer Weisheitsspruch sagt. „Anfang der Weisheit ist die Gottesfurcht, die Kenntnis des Heiligen ist Einsicht.“[1]
  • Es kommt wesentlich auf das Gebet an, das der Frömmigkeit entspringt. Der Verfasser unserer Lesung will zeigen, dass die Weisheit keine Vorzugsgabe für wenige Erwählte, etwa dem König ist, sondern eine allgemeine Gabe Gottes an alle. Sie ist nicht bestimmten Männern oder auch bestimmten Ämtern vorbehalten, sondern jedermann zugänglich.
  • Der Verfasser der Lesung kennt neben dem Gebet andere wichtige Zugänge zur Weisheit. So nennt er als Prinzip der Weisheit die Sehnsucht nach Erziehung, die leidenschaftliche Liebe zur Bildung.[2] „Ihr Anfang ist aufrichtiges Verlangen nach Bildung; das eifrige Bemühen um Bildung aber ist Liebe.“[3] Bildung – disciplina - aber ist nach alter Auffassung ein hartes Geschäft, das man dem jungen Menschen nicht zu leicht machen darf.[4] Man kann sie nicht nebenher erwerben, sondern muss den ganzen Willen nach ihr ausspannen.
  • Schließlich muss man bereit sein, sich einem Lehrer, einem in der Weisheit Erfahrenen zu unterwerfen. Der Verfasser will ja mit seinem Buch den Leser nicht nur zum Gebet um Weisheit auffordern; Er will selbst gehört und studiert sein.[5]
  • Auch kann seiner Überzeugung nach die Weisheit unter den Menschen nur dann zunehmen, wenn jeder von seiner Erfahrung und Weisheit freigiebig mitteilt.[6] In Russland haben viele Babuschkas, Großmütter, während der atheistischen Diktatur des Kommunismus den christlichen Glauben an ihr Enkel weitergegeben. Viele Großmütter und Großväter nehmen auch heute bei uns diese Aufgabe mit Verantwortung wahr.
Tatsächlich hat der Verfasser der Lesung selbst sowohl die biblischen als auch außerbiblische Bücher studiert und über sie nachgedacht.

2 Will ich klug und weise werden, muss ich mich entscheiden.

Bei der Börse werden Vorzugsaktien gehandelt. Sie sind weniger Turbulenzen ausgesetzt und versprechen langfristig gute Gewinne. Die beste Anlage der an Gott Glaubenden und mit ihm Lebenden ist die von Gott geschenkte Weisheit. Sie ist unsere Vorzugsaktie. Sie ist nicht durch Geld erworben, sondern durch Eifer und Liebe.
  • Sie ist mehr zu lieben als Gesundheit und Schönheit. Gesundheit und Schönheit sind ein hohes Gut. Wichtiger ist, dass Gottes Weisheit mich erfüllt; denn er allein soll der Herr meines Lebens sein. Er hat mich aus Liebe erschaffen und will mir Anteil geben an der Fülle des Lebens in seinem Reich.
  • In diesem Zusammenhang ist das Gebet um Weisheit zu sehen; es ist eingebettet in eine bestimmte Lebenshaltung. Seine Voraussetzung ist leidenschaftliches Begehren nach Bildung, Hören auf das Wort der Wahrheit und auf die davon Erfüllten, beständiges Nachdenken über das Gehörte. Geht das Gebet aus dieser Haltung hervor, so, glaubt der Verfasser, wird es schnell erhört werden. Wer sich der Weisheit mit allen Kräften verschreibt, wird sie schnell finden.
Deshalb werde ich mich immer wieder fragen,

3 Wie bleibe ich klug und weise?


         Ich muss mir darüber in der Gewissenerforschung oder bei der Vorbereitung auf die Beichte fragen:

  •  Welchen Strebungen gebe ich den Vorzug? Worauf verwende meine meiste Energie? Wovon erwarte ich mir sinnvolles glückliches erfülltes Leben?
  • Die Weisheit ist allem Streben nach Macht und Reichtum, nach irdischem Glanz (Gold und Silber) vorzuziehen. Es mag einer strotzen vor Gesundheit oder allen Vorstellungen von Schönheit entsprechen, sein Geld mit Gewinn angelegt haben, wenn ihm die Weisheit Gottes fehlt, wird er versklavt an seine selbst gemachten Götter der Sinnlosigkeit und vielleicht sogar Verzweiflung anheimfallen. Denn nichts von dem, was er hier angehäuft, wird er mitnehmen. Er wird mit leeren Händen und leerem Herzen beim Gericht Gottes dastehen.
  • Darum bittet der Antwortpsalm 90: "Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz."[7] Wir werden daher am Morgen nicht bloß in den Tag hineinstolpern und seufzen über die Vielzahl der zu erwartenden Pflichten und Aufgaben. Wir werden vielmehr mit dem Psalm bitten: "Es komme über uns die Güte des Herrn, unsres Gottes. Lass das Werk unsrer Hände gedeihen, ja, lass gedeihen das Werk unsrer Hände!"[8]
  • Wir werden nicht hastig das Frühstück hinunterschlingen, sondern uns mit dem Herrn unseres Lebens in den Tag und zu unserer Arbeit aufmachen mit der Bitte: "Sättige uns am Morgen mit deiner Huld! Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsre Tage.[9]"
4 Ist es leicht oder schwer, weise zu werden?       

 

  • Für den Verfasser unserer Lesung ist die Weisheit sehr leicht zu erwerben. Schon im vorausgehenden Kapitel[10] hat er ausführlich dargelegt »Wer am frühen Morgen nach (Weisheit) ausschaut, braucht sich nicht abzumühen, denn er findet sie an seiner Türe sitzen« [11]! Wir merken, wie wichtig die gute Meinung am Beginn des Tages ist.
  • Der um ein gutes Jahrhundert ältere Jesus Sirach hält den Erwerb der Weisheit für schwieriger; zumal der Anfang ist nicht leicht.[12] Nach seiner Meinung erlangt man sie nicht nur durch Gebet, sondern vor allem durch inständiges Studium. Da kann ich ihm nur beipflichten.
  •          Sich religiös zu bilden, den richtigen Umgang mit der Urkunde unseres Glaubens, der Bibel, zu lernen, halten viele Getaufte für unwichtig. Wenn sie dann auch noch vom Gottesdienst fern bleiben und nicht mehr mit dem Wort Gottes in Berührung kommen verdunstet der Glaube schnell.
  •          Wer betend Gott seinem Schöpfer und Jesus Christus seinem Erlöser Raum gibt im Alltag, sein klärendes Wort, das kraftvoll und schärfer ist als jedes zweischneidige Schwert; das dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; das richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens[13], der wird im Sinne Gottes weise und klug.
  • Der im Sinne Gottes Kluge und Weise nützt jede Gelegenheit, sich im Glauben weiterzubilden: durch das Hören des Wortes Gottes und die aktive Mitfeier der Eucharistie und anderer Gottesdienste, durch das Lesen in der Bibel und im Katechismus der Katholischen Kirche. Radio Horeb bietet vielfältige Möglichkeiten der religiösen Weiterbildung, des Nachfragens, aber auch der Teilhabe am Stundengebet der Kirche. Exerzitien sind eine besondere Möglichkeit intensiver Glaubenserfahrung und Vertiefung.

5 Was stellt sich der Weisheit entgegen?

  • Es ist der Geist des Besitzen- und Haben Wollens, des Reichtums und der damit verbundenen Macht. Im heutigen Evangelium wird dies überdeutlich. Trotz der Sympathie, ja Liebe, die Jesus dem jungen Mann Jesus entgegenbringt, ist dieser an seinen Besitz und Reichtum emotional so stark gebunden, dass er traurig von Jesus weggeht.
  • Dieses traurige Weggehen weist auf den Widerstreit in seinem Herzen hin. Wenn man sich dann für eines entscheiden muss, ist man traurig, dass man nicht beides haben kann. Aus dem Wort »Niemand kann zwei Herren dienen, niemand kann Gott dienen und dem Mammon«[14] wird erkennbar, dass Jesus das Verhältnis des Menschen zum Reichtum als Sklavendienst betrachtet... Der Reichtum will erhalten und gepflegt werden, Minderung ist gegen sein eigenes Gesetz, das in der Mehrung besteht. Er verlangt Sorge und Fürsorge Tag und Nacht und nötigt einen auch zu Geiz und im Extremfall dazu über Leichen zu gehen.[15] (Klaus Berger)

6 Welches sind die Wirkungen, die Früchte der Weisheit?

  • Sie strahlt aus. Sie hat einen Glanz, der nie erlischt. Mit ihr kommt alles Gute zu uns. Sie bietet unzählbare Reichtümer. Sie strahlt über dieses Leben hinaus.         
  • Der Verfasser weiß Macht und Reichtum, Gesundheit und Schönheit zu schätzen; aber das alles hat keinen Wert ohne die Weisheit. Sie allein hat Bestand. Die Sonne scheint nur am Tag. Die Weisheit aber leuchtet auch über den Tod hinaus; sie bleibt dem Menschen als ewiges Licht der Gotteserkenntnis und Gottesgemeinschaft.[16]


[1] Spr 9,6
[2] Spr 9,10
[3] Weish 6,17b
[4] vgl Sir 30, 1-3; Spr 23, 13 f
[5] Weish 6,25
[6] Weish 6,22f.
[7] Ps 90,12
[8] Ps 90,17
[9] Ps 90,14
[10] Weish 6, 12-16
[11] Weish 6,14
[12] Sir 6, 24-27
[13] Hebr 4,12f.
[14] Mt 6,24; Lk 16,13
[15] Klaus Berger in Evangelim unseres Herrn Jesus Christus, lesejahr B
[16] Einführung zur Lesung Schott Messbuch I

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