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2009 (B) Osterzeit

Homilie zu Apg 9,25-31 gehalten in der Sonntagvorabendmesse in St. Michael Neunkirchen und am Sonntag in der Heilig Grabkapelle zur Kirchweih

===>> Biblische und liturg. Texte des 5. Ostersonntags
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In und mit der Kirche Frucht bringen für Gott
1 Worum geht es bei der Berufung des Paulus?

Einer, der sich mit der Kirche schwertut, sagte: Würde mir der Auferstandene so begegnen wie dem Paulus vor Damaskus, dann bräuchte ich diese ganze Kirche mit ihrem Papst, den Bischöfen und Priestern, all diesem sich Christen nennenden Volk nicht. Ein gründliches Missverständnis der Berufung des Paulus, den der Herr zu seinem »auserwählten Werkzeug« machen wollte.

1.1 Berufung und Einbindung in die Kirche gehören zusammen

  • Paulus empfängt seine Berufung und Sendung in einer persönlichen Begegnung mit dem auferstandenen und erhöhten Herrn. Mit dieser Berufung und Sendung aber ist Paulus eingebunden in die Gemeinschaft der Jünger und Jüngerinnen, in die Kirche. Aus der Welt herausgerufen dem Herrn gehörend - das meinen die griechischen Worte ἐκκλησία und κυριακή, aus denen das lateinische Ekklesia und das deutsche Wort Kirche sich ableiten.
  • Im Licht des Auferstandenen hat Paulus vor Damaskus das Augenlicht verloren. Blind geworden war er darauf angewiesen, dass ihn Helfer nach Damaskus hineinführten. In einer Vision erhielt Hananias, ein in Damaskus lebender Jünger Jesu den Auftrag, dem Saulus die Hände aufzulegen, damit er wieder sehen kann und mit dem Heiligen Geist erfüllt werde.[1]
  • Als Konsequenz seiner Christusbegegnung lässt Paulus sich taufen. Später wird er an die Korinther schreiben: "Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt."[2] Die Christusbegegnung führt ihn also direkt in die nächstgelegene Christengemeinde hinein. Als Glied am Leibe Christi weiß er sich mit allen Christen über alle Unterschiede hinweg verbunden und der einträchtigen Sorge füreinander verpflichtet

1.2 Darum sucht Paulus den Kontakt mit den Aposteln und die Bestätigung durch sie.

  • Etwa im Jahre 37 geht er mit Barnabas nach Jerusalem und begegnet dort Petrus und Jakobus. Doch seine Vergangenheit als fanatischer Christenverfolger war ihm schon vorausgeeilt. Man begegnet ihm zunächst mit Skepsis und Zurückhaltung. Was durchaus verständlich ist.
  • Barnabas, Überbringer der Spenden aus Antiochien für die Jerusalemer Gemeinde, kann die Gemüter beruhigen. So erhält Paulus Zugang zur Jerusalemer Urgemeinde und gewinnt ihr Vertrauen. "Er ging bei ihnen ein und aus" und trat "unerschrocken im Namen des Herrn auf und führte Streitgespräche mit den Hellenisten."[3] Die Gemeinde bewahrt ihn schließlich vor einem Mordanschlag seiner früheren Gesinnungsgenossen. Sie bringt ihn nach Cäsarea hinab und schickt ihn von dort nach Tarsus.[4]

2 Was lernen wir aus all dem?
2.1 Keiner darf sich nur auf das eigene religiöse Erlebnis stützen.

  • Mag einem oder einer eine noch so tiefe Christusbegegnung zuteil geworden sein. Ganz zu Christus gehören sie erst, wenn sie sich eingliedern lassen in den Mystischen Leib des Herrn, der die Kirche ist. "Er ist das Haupt des Leibes, der Leib aber ist die Kirche.“[5]
  • Jeder Christ braucht die Glaubenserfahrung der Mitglaubenden, den Glauben der Gesamtkirche. In Christus werden die Glieder eins als sein Leib. Paulus bringt diese Glaubenswahrheit im 1. Brief an die Korinther auf den Punkt: "Denn wie der Leib eine Einheit ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden: So ist es auch mit Christus."[6]
  • Das heißt für jeden, der Christ sein will, auf Dauer kann ich nur als Glied der Jüngergemeinschaft die Kirche als Ganzes begreifen und den Glauben in seiner Fülle leben. Das meint etwas später das Apostolische Glaubensbekenntnis mit: "Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche."
  • Die Gemeinde Jesu war früher da als ich. Ich empfing den Glauben durch sie. Warum glaube ich? Weil meine Eltern in der Taufe mich auf die Spur des Auferstandenen gestellt, weil viele Christen im Lauf meines Lebens mir diesen Glauben durch Wort und Tat, durch Schrift und Beispiel, bezeugt und vorgelebt haben.
  • Paulus, als er noch Saulus hieß, war nach Damaskus geritten, weil ihm die Gemeinde Jesu ein Dorn im Auge war. Er glaubte Gott und der Welt einen Dienst zu tun, wenn er die Christen ausrottet. Gerade bei diesem Vorhaben stellte sich ihm der Auferstandene mit der Frage in den Weg: "Saul, warum verfolgst du mich?" Zweimal berichtet die Apg von der Antwort des Paulus: "Wer bist du, Herr? Er sagte zu mir: Ich bin Jesus, der Nazoräer, den du verfolgst."[7]
  • Dieses Ereignis wirft ihn aus seiner bisherigen Bahn. Aus dem blindwütigen Christenhasser wird ein demütiger, sehend gewordener Verkünder des Evangeliums Jesu. Selber durch die Kirche zum Christen geworden wird er

2.2 Jeder Christi empfängt das Christusleben durch die Kirche.

  • Sie ist gleichsam die Gebärmutter in dem das Kind Gottes heranwächst zum Vollalter Christi. ER in mir und ich in ihm, ja auch das Bleiben in ihm wurde und wird mir durch die Kirche des Herrn zuteil. Der Heilige Geist kann nicht an ihre Stelle treten oder sie ersetzen. Als der Geist des Auferstandenen aber wirkt er in der Gemeinschaft und aus ihr heraus. Das Pfingstereignis ist das beste Beispiel dafür.
  • Ohne die lebendige Gemeinde am Ort hört der Glaube an den Herrn Jesus Christus langsam aber sicher auf. 60 Jahre atheistische Diktatur haben im Osten unseres Landes 80 % Atheisten hinterlassen.
  • Als glaubende, hoffende und liebende Gemeinde am Ort sind wir die Garanten dafür, dass der Glaube an den Gott und Vater Jesu Christi der die Toten auferweckt Zukunft hat. Wir werden durch unser Glaubens- und Lebensbeispiel mithelfen, abseits stehenden, zweifelnden, gleichgültig gewordenen, sich an Gott, an Jesus, an seiner Kirche reibenden Menschen eine Chance zu eröffnen, dass sie wieder Boden unter den Füßen spüren, aus dem Gefängnis der Sinnlosigkeit herausfinden und zu Gott um- und heimkehren dürfen, der wie ein guter Vater auf den verlorenen Sohn wartend ihnen entgegen geht. Die Konsequenz daraus heißt:

2.3 Wir werden unsere Glaubenserfahrungen nicht für uns behalten, sondern mit unseren Mitchristen und Mitmenschen teilen.

  • Denken sie an die wunderbare Erfahrung, die uns der Freund Jesu, der Apostel Johannes heute in der 2. Lesung mitgeteilt hat. "Wenn unser Herz uns verurteilt, Gott ist größer als unser Herz, und er weiß alles."[8]  Der von Jesus am Kreuz gebetete Psalm 22 erinnert daran, die Treue Gottes nicht nur für uns allein, sondern "in großer Gemeinde zu preisen." [9] "Meine Seele lebt für ihn," bekennt offen vor versammelter Gemeinde der Sänger. Zugleich bekundet er es als seine Aufgabe und das Bemühen, seine ganze Verwandtschaft dazu zu bewegen, wie er für Gott zu leben: "mein Stamm wird ihm dienen." [10]
  • Ich bin überzeugt, viele Christen kennen ähnliche Erfahrungen und Einsichten des Glaubens, aber wir verschweigen sie vor einander. Schließlich wollen wir nicht für bigott und superfromm gehalten werden. Dennoch gilt für uns, was der Apostel Petrus in seinem 1. Brief schreibt: "Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt; aber antwortet bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen." [11] Also nicht besserwisserisch und aufdringlich, sondern »bescheiden und ehrfürchtig« soll unser Zeugnis sein.
  • Jesus hat seine Erfahrungen mit Gott nicht für sich behalten. Paulus hat seine mit dem Auferstandenen in Wort und Schrift den Gemeinden und Menschen seiner Zeit mitgeteilt. Das ist unser Glück. Davon leben wir noch heute.
  • Haben wir Mut, nicht nur übers Wetter und die neuesten Neuigkeiten bzw. Nichtigkeiten miteinander zu reden, sondern auch über unseren christlichen Glauben und unsere Glaubenserfahrungen, also über das, was unserem Leben Sinn gibt, was uns im Alltag trägt. Reden wir vor allem mit unseren Kindern und Enkeln darüber. Das Evangelium ermutigt uns dazu; denn

3 Wir sind Rebzweige am Weinstock Jesu Christi.

  • In ihm sind wir eins und dazu bestimmt Frucht zu bringen für Gott. Vor mehr als 30 Jahren hat Joseph Ratzinger von dieser Einheit mit Christus gesagt: "Sinn und Ziel dieser Einheit ist jedoch nicht allein das Heil des Einzelnen, sondern die Frucht für Gott."
  • Dabei denken wir an alle Früchte eines mit Christus verbundenen Lebens, vor allem an ein in Glaube und Liebe bewährtes Gemeindeleben. Das Evangelium bestätigt, was uns die Paulus-Geschichte einleuchtend gezeigt hat. Nur der aus der Gemeinschaft mit Christus Lebende vermag den christlichen Glauben glaubwürdig zu bezeugen.
  • Dieses aus Christus leben, wird durch das gemeinsame Hinhören auf sein Wort, durch das Eingehen in sein Opfer und das Einswerden mit ihm und untereinander im heiligen Mahl genährt und verstärkt.
  • Die Christusbeziehung wird sich auch im Alltag nur dann bewähren, wenn wir sie täglich im persönlichen Gebet vor dem Angesicht des Herrn vollziehen, alles vor ihn bringen, was uns begegnet, das Gute und das Böse, das Schöne und das Hässliche, Freude und Leid, unsere Sorgen und unser Versagen.
  • Beim Frucht bringen für Gott geht es um die Verherrlichung Gottes. Durch uns sollen die Menschen und die ganze Schöpfung erfahren, dass Gott ihr Herr ist, wo seine Gerechtigkeit, seine Liebe und sein Erbarmen regieren.
Wenn wir als Kirche, als Gemeinde Jesu, die Liebe Gottes leben, werden wir früher oder später Folgendes entdecken:
3.1 Jeder von uns hat mehr oder weniger die Macht, andere aufzuheitern oder zu deprimieren.
3.2 Den Nächsten aufzuheitern ist weit lohnender als ihn zu deprimieren.
3.3 Wenn wir einen Menschen dazu bringen sich besser zu fühlen, geht es uns selber auch besser.
  • Je mehr wir Menschen und Christen füreinander da sind, desto mehr wird Gottes Name verherrlicht, wird seine Liebe in unserer Mitte jetzt schon aufleuchten, erfahrbar werden.


[1] (vgl. Apg 9,10-15)
[2] 1 Kor 12,13
[3] Apg 9,28f.
[4] Apg 9,30
[5] Kol 1,18
[6] 1 Kor 12,12
[7] Apg 9,5; 22,8
[8] 1 Joh 3,22
[9] Ps 22,26
[10] Ps 22,31
[11] 1 Petr 3,15