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Lesejahr B 2014/12 bis 2015/11

Predigt - Homilie

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JESUS SEUFZT UND HEILT[1]
1 Jesus seufzt
  • Als ich das heutige Evangelium aufmerksam las, blieb ich an einem Wort hängen, nämlich, dass Jesus seufzt.
  • Warum seufzt Jesus? Fühlt er sich von dem, was man von ihm erwartet, überfordert? Oder seufzt er angesichts des schweren Schicksals dieses Menschen, der weder hören noch sprechen kann? Wie schwer ist es, sich einem solchem Menschen mitzuteilen und wie viel schwerer noch für ihn, sich anderen mitzuteilen.
  • Jesus seufzt aber nicht nur angesichts dieses schweren Schicksals, er blickt zum Himmel auf und seufzt.
  • Wenn uns etwas schwer auf dem Herzen liegt, seufzen wir. Aber was hilft uns das Seufzen?

2 Seufzen mit dem Blick zum Himmel
  • Ich denke an die ungezählten Menschen, die von anderen leiblich  und seelisch gequält worden sind und immer noch gequält werden. Wie sollen sie mit ihrem Elend fertig werden, wie sollen wir es aushalten, dass solches geschah und immer wieder geschieht?
  • Das Alte Testament ermutigt uns in ganz verschiedenen Lebenslagen seufzend unser Elend vor Gott zu bringen.
2.1 Das Seufzen des Propheten Jeremia wird zum Stöhnen
In seinen Klageliedern beklagt der Prophet die Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahr 586 v.Chr. durch die Babylonier.

Angesichts der eigenen und der Demütigung Jerusalems ruft er vor Gott aus „All ihre Bosheit komme vor dich. Tu dann an ihnen, wie du an mir wegen all meiner Sünden getan; denn ich stöhne ohne Ende und mein Herz ist krank."[2]
2.2 Das Seufzen der Susanna
Das Buch Daniel berichtet von ihr, wie sie von zwei lüsternen Männern im Bad überfallen wird und sie von ihr verlangen, dass sie ihnen zu Willen ist.

Von ihr heißt es "Da seufzte Susanna und sagte: Ich bin bedrängt von allen Seiten: Wenn ich es tue, so droht mir der Tod; tue ich es aber nicht, so werde ich euch nicht entrinnen."[3]

Sie widersetzt sich ihnen und kommt dafür auf die Anklagebank. Nur das weise Eingreifen des Propheten Daniel rettet sie.[4]

2.3 Das Seufzen des blinden Tobit
Von dem blinden Tobit wird uns berichtet, dass seine Frau ihn wegen seines Vertrauens auf Gott verspottet.

Als sie eine Ziege mit nach Haus bringt fragt er sie besorgt, ob sie diese auch rechtmäßig erworben und nicht gestohlen habe.

Wütend wirft sie ihm vor, dass seine Hoffnung auf Gott und sein Almosen-geben ihm nichts eingebracht habe. Und was bleibt dem blinden Mann? "Da seufzte Tobias tief auf, fing an zu weinen und zu beten".[5]
3 Das Seufzen Jesu, der Schöpfung und der Kirche
Im 8. Kapitel des Mk-Evangeliums wird uns noch mal von Jesus berichtet
3.1 Jesus seufzt
als die Menschen von ihm ein ganz besonderes Zeichen fordern, das ihn als Messias ausweisen soll. Ein Zeichen vom Himmel sollte es sein.

Sie sperren sich gegen seine Botschaft von der Königsherrschaft Gottes, die Liebe und Erbarmen ist. Sie wollen etwas Spektakuläres, Aufsehen Erregendes, Außergewöhnliches.

Wie reagiert Jesus auf dieses Unverständnis? "Da seufzte er tief auf und sagte: Was fordert diese Generation ein Zeichen? Amen, das sage ich euch: Dieser Generation wird niemals ein Zeichen gegeben werden." [6] Matthäus und Lukas fügen hinzu „es wird ihr kein anderes gegeben werden als das Zeichen des Jona.“[7]

3.2 Die Schöpfung seufzt
Paulus hat dies schon im Römerbrief deutlich gemacht. Papst Franziskus spricht in seiner Enzyklika Laudatio si davon. Durch den „unverantwortlichen Gebrauch und Missbrauch der Güter“ befindet sich unsere unterdrückte und verwüstete Erde „unter den am meisten verwahrlosten und misshandelten Armen“. Sie „seufzt und liegt in Geburtswehen“.[8]

3.3 Wir Christen seufzen
Wie viele Verkünder des Wortes Gottes, wie viele Priester und Katecheten leiden und seufzen, dass viele das Evangelium nicht mehr hören wollen, dass die Feier der Eucharistie als etwas Langweiliges empfunden wird, weil die Antenne für das Geistliche abgebrochen ist.

 Wie viele Eltern sind ratlos, weil ihre Kinder der Kirche und dem Glauben den Rücken kehren.

Mancher seufzt unter der Last einer heillosen Beziehung, für die es keine Zukunft zu geben scheint.

Viele seufzen unter Minderungen und Krankheiten, die über sie gekommen sind und das Leben schwer machen.

Ja, wir dürfen seufzen, aber vergessen wir dabei nicht den Blick zum Himmel.

4  Jesus seufzt nicht nur, er handelt
4.1 Jesus braucht Helfer
Die Leute, die den Taubstummen zu Jesus bringen, bitten dass er ihn berühre.[9] Jesus geht darauf ein, aber ohne daraus ein Spektakel, eine Schau zu machen. "Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg."[10]

Und was macht er? "Er legt ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel und sagte zu dem Taubstummen: Effata! d.h. öffne dich!"

Hier geschieht etwas ganz Intimes, etwas was man sich nur zwischen Liebenden vorstellen kann. Im liebenden Berühren übertragen sich Kräfte auf den anderen Menschen. All seine Sinne öffnen sich. Solches bewirkt Jesus durch sein intimes, liebendes Berühren "Effata - Öffne dich!" Und  der Taubstumme kann sich ganz öffnen. Heilung beginnt immer dort, wo sich ein Mensch öffnet. Darin geschieht Befreiung, Lösen der Fesseln.

4.2 Seufzend zu Gott aufschauen und berühren
Wir können über dem Gefesselt-sein der Menschen, ihrer Herzen, ihres Geistes seufzen und im Schmerz versinken. Wir sollten aber zum Himmel aufschauen und handeln.

Auch angesichts des Schicksals der Taubstummen war die Kirche, waren Christen erfinderisch. Unsere Erzdiözese unterhält mit der Taubstummenanstalt in Bamberg – heute Förderzentrum für Hörgeschädigte eine große Einrichtung, die das Los der Betroffenen lindert. Sie hat für diese Menschen eigene Seelsorger angestellt. Es wurde eine Zeichensprache entwickelt, mit der sich die Taubstummen untereinander und ihre Mitwelt mit ihnen unterhalten können.

Wir seufzen heute besonders über die Verfolgung unserer Glaubensbrüder und -schwestern in vielen Ländern der Erde. Davon berührt werden wir ihnen als Erste unsere Zuwendung und Aufnahmebereitschaft zukommen lassen.
5 Geburtswehen für Neues
  • Es gibt so viel, über das wir seufzen müssen und dürfen. Paulus sagt im Römerbrief "Denn wir wissen, die gesamte Schöpfung seufzt bis zum heutigen Tag und liegt in Geburtswehen."[11]
  • Seufzen hat also mit Geburtswehen zu tun, ein schmerzvoller Prozess, der Neues hervorbringt.
  • Deshalb es ist gut, so wie Jesus mit dem Blick zum Himmel auf Gott hin zu seufzen. Am Ball zu bleiben - in Berührung mit dem was da defekt, kaputt, gefesselt, verschlossen ist.
  • Es wie Jesus liebend und auf Gott vertrauend berühren und mutig sprechen: Öffne dich! So wie Jesus zu Gott aufschauend seufzen und heilend helfen.


[1] Homilie zu Mk 7,31-37
[2] Klg 1,22
[3] Dan 13,22
[4] vgl Dan 13
[5] Tob 3,1
[6] Mk 8,12
[7] Mt 12,39; 16,4; Lk 11,29
[8] Röm 8,22; Papst Franziskus, Laudato si 2
[9] Mt 7,23
[10] Mk 7,33
[11] Röm 8,22