PredigtenÜbersichtLesejahr B 2014/12 bis 2015/11Predigt - Homilie zum Jahresschluss in St. Michael Neunkirchen und an Neujahr in Hetzles St. Laurentius
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Unsere Zeit und Gottes Ewigkeit 1
An diesem Tag endet ein Jahr, beginnt ein neues. Darauf hat man sich vor langer Zeit in unseren Breiten geeinigt. Für fromme Juden beginnt das Neue Jahr am 15.Sept.2015. Was wird es bringen? „Die Zeit wird es zeigen“, sagen wir.
1 Die Zeit beschäftigt ständig unser Denken und unsere Phantasie.
1.1 Man höre nur unsere Redensarten.
„Die Zeit vergeht wie im Flug.“ „Die Zeit steht still.“ „Die Zeit heilt Wunden.“ Die existenzielle Bedeutung der Zeit zeigt sich in Aussagen wie: Sie macht mich krank, man kann Zeit sparen, man kann sie vergeuden, man kann sich Zeit nehmen, man kann sie totschlagen. Wann hast du Zeit? Ich habe keine Zeit.
Ganze Seiten kann man mit solchen Redensarten füllen. So unterschiedlich die Zeit dabei erfahren wird, eines ist immer gleich - Zeit hat etwas mit uns zu tun. Wir erleben die Zeit, weil wir es sind, die mit der Zeit umgehen. "Was fasziniert euch an der Zeit?", fragte ich Jugendliche. Ein Mädchen sagte spontan: "Dass das meine Zeit ist!"
Obwohl sie unser ganzes Leben lang da ist:
1.2 Wir können uns ihrer nicht beliebig bedienen.
Vieles liegt fest, ist uns vorgegeben, im Beruf wie im privaten Leben eingegangene Verpflichtungen.
Aber auch die Zeit, die uns bleibt, steht uns nicht wahllos zur Verfügung. Die Vergangenheit nicht, so sehr wir auch manchmal möchten, Stücke aus der Vergangenheit noch einmal in die Verfügung zu bekommen, sei es, um sie verschwinden zu lassen, sei es, um sie besser zu machen. Aber ob wir es dann anders machen würden, steht dahin.
2 die Zeit ist ein Geheimnis
"Dass die Zeit ein Geheimnis ist, eines der größten, das nehmen wir kaum wahr in der Eile des Lebens."
Mit großer Wucht trifft uns die Aussage des heiligen Paulus im Galaterbrief:
2.1 „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn.“
Die Zeit hat also mit Gott zu tun. Er ist der Vater aller Menschen, aber auch der Vater der Zeit. Durch ihn wird Zeit zur Heilszeit.
Eines Menschen Zeit, Mariens Zeit, nimmt er dafür in Anspruch. Darum heißt es, dass der Sohn Gottes „von einer Frau geboren“ wurde. Es ist eine ganz bestimmte Zeit, mit einer besonderen gesellschaftlichen und religiösen Prägung. Deshalb heißt es, dass der Sohn „dem Gesetz unterstellt“ ist.
2.2 Die irdische Zeit des Sohnes hat eine ganz bestimmte Heilsaufgabe
nämlich die unter dem Gesetz Stehenden freizukaufen von der Knechtschaft und sie zu befreien zur Sohnschaft. Weil wir zur Sohnschaft gelangt sind, also wie der Sohn, wie Jesus, von Gott angenommen und geliebt sind, darum können wir zu ihm sagen. „Abba – guter Vater“. Es ist der Geist des Sohnes, der so in uns ruft.
Das erste Wort, das Markus von Jesus überliefert, ist ein Wort über die Zeit:
2.3 "Die Zeit ist erfüllt." Damit hat er sich gemeint.
ER – Jesus - ist die Erfüllung der Zeit, jeder Zeit, auch meiner Zeit. Wenn ich sehe, wie Jesus gelebt hat, mit der Zeit umgegangen ist, kann ich eine Menge lernen.
Jesus hat so gelebt, als ob er hundert Jahre Zeit gehabt hätte. Ich weiß von keinem, der so gelassen war wie er. Zeit und Heil gehören von Gott her zusammen. Das ist ihr innerstes Geheimnis. Deshalb dürfen sagen:
3 Zeit ist Leben, das Gott schenkt, Leben ist Zeit, die Gott schenkt.
Renate Hegemann hat recht, wenn sie sagt: "Mache ich nicht diese Zeit zu meiner Zeit, läuft sie an mir vorbei und zerrinnt mir zwischen den Händen". Es ist wichtig, wie wir mit unserer Zeit umgehen, was wir aus ihr machen.
3.1 Mit der Zeit recht umgehen
kann heißen:
- auf den Herrn achten, denn er ist gegenwärtig. - auf den anderen achten, denn er ist von Gott geschaffen und bejaht. - auf mich selbst achten, denn ich bin liebenswert in seinen Augen. - ganz bei der Sache sein in allem, was ich lebe und bin, denn nichts in der Welt ist und geschieht ohne Gottes Anwesenheit und Nähe.
3.2 In der Eucharistie bündelt sich geheimnisvoll der ganze Reichtum der Zeit:
eingeladen sind wir, "allezeit und überall dem Vater zu danken in Jesus Christus, seinem Sohn". Anrufend, flehend leben wir, indem wir um Gottes Geist und damit um die Verwandlung unserer Gaben wie unseres Lebens bitten...
3.3 Die Zeit zum Segnen zu nützen.
Das legt uns die erste Lesung nahe. Den Segen auf Israel zu legen trägt Gott dem Mose auf. Paulus steht ganz in dieser Tradition und darum kündigt er den Christen in Rom an: „Ich weiß aber, wenn ich zu euch komme, werde ich mit der Fülle des Segens Christi kommen.“
Und kurz vorher fordert er dieselben Christen auf: „Segnet eure Verfolger; segnet sie, verflucht sie nicht!“ Und von sich selber sagt er zu den Korinthern: „Wir werden beschimpft und segnen.“ Nur wenn wir segnende Menschen sind, sind wir selber und unsere Zeit gesegnet.
Es geht daher um
3.4 Die Verwandlung unserer Zeit
dass sie offen bleibt oder offen wird für die Ewigkeit. Karl Rahner hat das wunderbar ausgedrückt:
„Wer als Mensch die kleine Zeit an das Herz der Ewigkeit nimmt, die er selbst in sich trägt, der merkt plötzlich, dass auch die kleinsten Dinge unsagbare Tiefe haben . . . wie Wassertropfen sind, in denen sich der ganze Himmel spiegelt.
Wir bewegen uns in der Zeit, aber ursprünglicher noch bewegt auch die Zeit uns. Und wir sind nicht über die Zeit und ihre Bewegungen Herr, aber sie scheint über uns Herr zu sein. Freilich so, dass sie uns immer wieder einen Spielraum der Freiheit eröffnet.
Bernhard Welte sagt es in einem tiefen Bild: Ist die Zeit nicht wie ein Strom? Sein stilles Wasser trägt und bewegt uns. Es erlaubt uns, die Arme auszustrecken und in ihm zu schwimmen, aber wir könnten es nicht, wenn der Strom uns nicht tragen würde.
3.5 Die Zeit unter dem Blick der Toten
Und dann ist ja da noch etwas anderes, und das ist das allermerkwürdigste in diesem strömenden '"Lauf der Zeit".
Es fallen uns bisweilen die Toten ein, die wir gekannt haben. Deren Zeit scheint ganz vergangen zu sein. Waren sie bedeutend in den Augen der Menschen, dann sagt man, sie seien in die Geschichte eingegangen.
Was immer dies heißen mag, es heißt jedenfalls: Wir leben von dem, was sie hinterlassen haben, von ihrem Vermögen, von ihren Gedanken, von ihren Impulsen. Wir als die in unserer Zeit Lebenden sind immer Erben derer, die in die seltsame Vergangenheit des Todes hinweggenommen worden sind.
Dabei fällt uns ein: Auch wir selber werden früher oder später in diese seltsame Vergangenheit des Todes hinweggenommen. Es ist eine gewaltige Symphonie des Lebens in die wir eingefügt sind.
Und winkt nicht in jedem Takt der Symphonie auch schon der letzte Takt, jener, in dem das Werk erst ganz und vollendet sein wird in dem Augenblick, in dem es ganz vergangen sein wird?
Denn erst dann steht es ganz vor uns, erst ist es auf wunderbare Weise als ungeheures Ganzes durchsichtig.
4 Woher kommt die Zeit? Wohin geht die Zeit?
4.1 Wir bewegen uns, wie es scheint, in der Mitte des Stromes,
aber wir sehen weder seinen Ursprung, seine Quelle noch seine Mündung. Der Strom der Zeit kommt aus den Bergen der Ewigkeit. Er hat beständig etwas von ihrer Klarheit und von ihren Abgründen in sich. Und er strömt in die Unendlichkeit, in das Meer der Ewigkeit. Dieses ist voll von Verheißungen.
JESUS hat uns Gott, als seinen und unseren Vater geoffenbart, der in ihm seit Ewigkeit liebt und bis in Ewigkeit lieben wird. Er ist der Vater aller Menschen und aller Zeiten und der Ewigkeit.
4. 2 Edith Stein hat es gewagt ihre Zeit in die Hände dieses Vaters zu legen, der Zeit und Ewigkeit umschließt:
„Lass blind mich, HERR, die Wege gehn, die Dein sind! Will Deine Führung nicht versteh’n, bin ja Dein Kind. Bist Vater der Weisheit auch Vater mir. Führst durch Nacht Du auch, führst doch zu Dir. HERR, lass gescheh’n, was Du willst, ich bin bereit! Auch wenn Du nie mein Leben stillst in dieser Zeit. Bist ja der Herr der Zeit: Das Wann ist Dein - Du ew’ges Jetzt, einst wird es sein.“
Ja, in der Ewigkeit werden wir die Zeit, unsere Zeit ganz verstehen. Weil sie dann Gottes Zeit ist, wird sie auch ganz zu unserer Zeit werden - eingeborgen in den Heilswillen Gottes - in zu die Ewigkeit.
Wer hat das intensiver gelebt als Maria, die Mutter Jesu, des Sohnes Gottes? Ihr Hochfest feiert die Kirche morgen am 8.Tag nach der Geburt Christi.
Maria ermutigt uns, die von Gott geschenkte Zeit vor Gott und mit ihm zu leben; so zu leben und zu handeln, dass unsere Zeit eine Zeit des Heiles ist für uns selber und durch uns für unsere Mitmenschen, mit denen wir leben und uns begegnen.
1 1. L Num 6,22–27; 2. L Gal 4,4–7; Ev Lk 2,16–21
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